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Chemnitz (Glösa) A72 > A72 Hof A9 > Bayreuth > A9 Nürnberg A6 > A6 Weinsberg (Heilbronn) A81 > A81 Leonberg A8 > A8 Pforzheim (Süd)
Dienstag früh 8.30 Uhr zum Frühstück fiel die Entscheidung: Ich fahre doch noch nach Sagres (Portugal), und zwar allein und sofort. Bis zu diesem Zeitpunkt zweifelte ich an meinem Vorhaben. Auf die Gründe möchte ich hier nicht eingehen. Ich hatte bereits Ende Januar 4 Wochen im Aparthotel Navigator in Sagres gebucht, musste nochmals umbuchen und konnte trotzdem den Anreisetermin nicht einhalten. Per E-Mail hatte ich dann meine Ankunft für kommenden Freitag oder Samstag angemeldet. Bis gestern dachte ich, aus der Reise wird nichts. Eigentlich hätte ich gestern (Mo 21.9.) schon in Sagres sein müssen. Doch wie gesagt, heute früh gewann mein Fernweh die Oberhand. Einschließlich dem heutigen Dienstag würden mir also maximal 5 Tage bleiben, um die rund 3000 Kilometer zurückzulegen.
Die erste Etappe von Chemnitz bis Pforzheim war nur ein Katzensprung (469 km) im Vergleich zu den 3000 Kilometern bis Sagres.
Das Auto war noch nicht gepackt. Was ich mitnehmen musste, war schon im Vorfeld geklärt. Sinnvoll für solche Gelegenheiten ist eine Checkliste, die dann nur noch abgearbeitet wird. Auf jeden Fall musste alles dabei sein, um notfalls mehrere Tage autonom im Auto leben zu können. Ich bin kein Restaurant-Freak, und Hotels sehe ich lieber von außen. Das bedeutet aber, selbst ist der Mann.
Zur Ausrüstung gehören: Lebensmittel (Wasser, Brot, Konserven usw.), Schaumstoffmatratze im Auto, Schlafsack, Camping-Artikel (Kocher, Auto-Tauchsieder, Schüssel, Teller, Topf, Besteck, Kopflampe), Zelt, Iso-Matte, Klappstuhl, Hygieneartikel, Kleidung (auch für die Nacht, für Kälte, für Hitze), Wanderausrüstung (kleiner und großer Rucksack, hohe Wanderschuhe, Regensachen), Hausapotheke (vorsorglich auch Antibiotika, Medikamente gegen Verstopfung/Durchfall, Erkältung, Verstauchung, Verletzung, Entzündung, Schmerzen).
Das Autozubehör (Werkzeug usw.) muss ich nicht gesondert erwähnen, ich habe sowieso immer einige Ersatzteile dabei. Wichtig ist auch der 9-Liter-Kanister im Reserverad.
Die zu bereisenden Länder sind zwar alle mitten in Europa, aber es ist doch ärgerlich, wenn man zum Beispiel wegen einer Ersatzlampe in die Werkstatt muss, weil keine geeignete Verkaufsstelle auffindbar ist.
Die Foto- und Videoausrüstung sowie der Laptop dürfen natürlich auch nicht fehlen. Geeignete Ladegeräte, Netzkabel, Verteilungen und genügend Batterien (bzw. Akkus) nebst Speichermedien (externe Festplatte, USB-Sticks, SD-Karten) sind ebenso wichtig.
Sehr nützlich ist ein Spannungswandler, um unterwegs im Auto 230 Volt Netzspannung zu haben. So ist man unabhängig von 12V-Adaptern. Allerdings sollte zwischen Wandler und 12V-Anschluss eine Batterie-Spannungsüberwachung (mit Abschaltung) geschaltet sein. So wird mit Sicherheit die unzulässige Tiefentladung der Autobatterie verhindert. Der 12V-Anschluss sollte auch Spannung liefern, wenn die Zündung aus ist bzw. wenn der Zündschlüssel nicht steckt. Die meisten neueren Autos haben diesen Anschluss nicht, eine Nachrüstung ist deshalb nötig. Wie gesagt, es ist besser, man hat alles dabei. Unvorhergesehenes kommt sowieso.
Die gesamte Route hatte ich schon geplant, in Teilstrecken gegliedert und im Navi hinterlegt. Mit Google Map kann bequem die günstigste Strecke ermittelt werden. Wichtig für mich ist zum Beispiel, keine Mautstraßen benutzen zu müssen, trotzdem auf Autobahnen und Schnellstraßen zu fahren, Großstädte und Gebirge zu meiden und möglichst schnell mein Ziel bei angemessenen Tagesetappen zu erreichen. Manche Wünsche widersprechen sich. Um so mehr ist die Routenplanung per Computer wesentlich besser gegenüber dem blinden Navi-Vertrauen.
Hat man den Routenvorschlag nebst Alternativen auf dem Bildschirm, lässt sich bequem der beste Weg, d.h. die Route, welche den genannten Bedingungen entspricht, festlegen und abspeichern. Ich arbeite dabei nicht mit Städtenamen, sondern ermittle für jedes Teilstück die Koordinaten. Diese gebe ich dann für das entsprechende Teilstück als Start und Ziel in das Navi ein.
Die Koordinaten kann man bequem ermitteln, indem man mit der rechten Maustaste auf den entsprechenden Kartenpunkt klickt. Es öffnet sich ein Menü unter anderem mit dem Eintrag "Was ist hier?". Mit Klick darauf werden die Koordinaten dieses Punktes angezeigt.
Diese Arbeitsweise hat den Vorteil, dass man zum Beispiel Stadtumgehungen perfekt planen kann. Man muss nur genügend weit in die Karte hineinzoomen und klickt dann einfach auf die Fahrbahn. Schon hat man den Punkt genau definiert und kann diesen als Zwischenziel in die entsprechende Route einbauen.
Günstig ist es, wenn ein Zwischenziel nicht irgend ein Fahrbahnpunkt ist, sondern wenn die Koordinaten auf einem Parkplatz liegen, oder zumindest an diesem Punkt eine Haltemöglichkeit besteht. Sind Manipulationen am Navi nötig, sollte dies niemals während der Fahrt erfolgen.
Ich habe ein großformatiges Garmin-Navi mit lebenslang freiem Karten-Update für Europa. Dieses Navi hat sich als das Bessere gegenüber dem im Auto eingebauten Navi erwiesen. Vorteil ist nicht nur, dass die Updates kostenlos sind, sondern man kann das Navi auch mit ins Hotel nehmen und dort in Ruhe programmieren, oder eben am Schreibtisch vor der Reise die Route mit Zwischenzielen eingeben.
Es wurde 12.30 Uhr, bis ich an der Tankstelle die letzten Reisevorbereitungen traf (Benzin, Luftdruck). Brot fehlte auch noch, Aldi ist in der Nähe. 13 Uhr war ich endlich auf der Autobahn. Erstes Ziel war Pforzheim, da ich dort bei Freunden schlafen kann. Der Ort liegt am Weg, denn diesmal wollte ich nicht durch die Schweiz, sondern auf mautfreien Straßen durch Frankreich fahren.
Das Fahren in der Schweiz gefällt mir zwar besser. Man fühlt sich sicherer. Es gibt aber keine Möglichkeit, die Maut für eine begrenzte Zeit zu zahlen. Die Jahresmaut von über 60 Euro ist mir für nur zwei Durchfahrten zu hoch.
Zur Fahrt nach Pforzheim ist nichts Bewegendes zu berichten. Sonnenschein wechselte sich mit Regen ab. Als Proviant hatte ich noch ein Stück Kuchen mitgenommen, aus Zeitgründen hat es aber auch mit Wasser geschmeckt. Der Auto-Tauchsieder braucht mehr als 5 Minuten, bis der Wassertopf für den Instant-Kaffee heiß ist.
Nach Pforzheim musste ich auch noch telefonieren, sie wussten noch nichts von ihrem Glück, einen Nachtgast zu haben. Aber das ist bei Freunden kein Problem. Nach dem üblichen Stau am ABK Weinsberg (Stuttgarter Raum) kam ich schließlich gegen 19.15 Uhr an.
Der Himmel war bedeckt, nicht so schön wie auf dem Foto von 2009. Es roch förmlich nach Regen. Doch vielleicht wird es morgen besser. Und es musste besser werden, denn schließlich fuhr ich vor allem wegen der Sonne in Richtung Süden.
Pforzheim in Baden-Württemberg, eine Stadt mit viel Grün (Foto 2009, aufgenommen vom Wallberg aus, einem ehemaligen Trümmerberg des 2. Weltkrieges mitten in Pforzheim)
Pforzheim (West) A8 > Ettlingen A5 > Offenburg > Freiburg > A5 franz. Grenze A36 > Mulhouse > Belfort > Besançon > A36 Beaune A6 > A6 Chalon N80 > N70 > N79 Digoin A79 > N7-D707 Moulins, F1-Hotel (46.532583, 3.349778)
Nachdem ich gestern mit R. die Aufteilung der Route noch geändert hatte, bleiben mir 4 Tage, um Sagres zu erreichen. Es sind zwei F1-Übernachtungen in Frankreich und eine Nacht in Spanien geplant. Die französische F1-Hotelkette bietet sich an, wenn man kostengünstig ein Bett und eine Dusche braucht. Wesentlicher Vorteil ist außerdem, dass das Auto nachts sicher bei abgeschlossenem Tor auf dem umzäunten Hotelgelände steht. Ich könnte zwar auch im Auto schlafen, aber das ist nur für den Notfall vorgesehen. Außerdem sind jetzt die Nächte schon recht kalt. Richtig im Süden ist das alles kein Problem. Im Gegenteil, eine Auto-Nacht am Meer ist durch kein klimatisiertes Hotel zu ersetzen – meiner Meinung nach. Wer die Natur liebt, muss auch zu ihr gehen.
Nach einem guten Frühstück und einem recht ausgedehntem Plausch einschließlich mentaler Unterstützung durch meine Freunde startete ich lebenshungrig meine Reise in den Süden. Es war 9.20 Uhr, an der Tankstelle 9.25 Uhr. Aber schon um 10 Uhr bekam ich auf der Autobahn Richtung Freiburg meinen ersten Dämpfer, es goss in Strömen.
Die Vorstellung, in Frankreich auf zwar mautfreien, aber dafür mit Kreisverkehren gespickten Landstraßen bei diesem Sauwetter rund 600 Kilometer zurücklegen zu müssen, ließ mich anhalten. Mein Entschluss stand fest: Navi umprogrammieren mit der Option Maut und somit Freigabe der direkten Fahrt auf Autobahnen ohne Landstraßenumwege. Es ergab sich eine ca. 10 Kilometer längere Fahrstrecke, nicht viel. Die Mautkosten wusste ich nicht. Diese Entscheidung sollte mich später noch ins Schwitzen bringen.
Auf der A36/E54 in Frankreich (nach der Umfahrung Mulhouse) begann ab Abfahrt Belfort die erste Mautstrecke. Ein Ticket musste ich nicht ziehen. Einige Kilometer später kam die Zahlstelle, hier noch normal mit händischer Kassiererin (2,80 Euro).
Die nächste Mautstrecke ließ nicht lange auf sich warten, ab Abfahrt Pontalier war wieder Mautbeginn. Ein Ticket musste ich erst nach etwa 10 Kilometern ziehen.
Von Chemnitz bis Moulins waren es 1072 km, teilweise mit Maut.
Weitere 190 Kilometer hatte ich zwar das Vergnügen, auf gut ausgebauter Autobahn fahren zu können, aber eben mit Bezahlung. Ich musste über Ausfahrt Chalon-Süd die A6 verlassen, um dann über die Landstraßen N70, N79 und N7 zum Ziel nach Moulins zu gelangen. Doch bis dahin hatte ich noch ziemlichen Ärger.
Schon vor der Chalon-Süd-Ausfahrt war auf der A6 Rückstau bis zur Zahlstelle. Nach etwa 15 Minuten Stop-And-Go stand ich endlich vor der Schranke und suchte erst die Kassiererin, dann die Öffnung für die Papier-Euros und dann schließlich den Schlitz für die Coins. Nichts dergleichen war zu finden. Ich dachte schon, einen Schalter erwischt zu haben, wo man nur bargeldlos seine Schulden begleichen kann.
Also fuhr ich rückwärts, um mich in die Schlange am Nebenschalter einzureihen. Zum Glück war niemand hinter mir. Doch auch hier begann das Suchspiel erneut. Der freundliche LKW-Fahrer hinter mir hupte schon. Vielleicht wollte er für mich bezahlen? Den Coins-Schlitz fand ich dann doch noch. 17 Euro in Münzen einzustecken dauert seine Zeit. Das honorierte der LKW mit erneutem Hupen. Freundlich, dieser Franzose.
Nun gut, das Maut-Bezahl-Problem war erst einmal erledigt. Mir blieben noch etwa 135 Kilometer Land- und Autostraßen bis zum Ziel. Ich musste erstmal Pause machen und das Brötchen essen, das mir M. mitgegeben hatte. Die Sonne schien auch, mir ging es wieder gut.
Das letzte Stück bis Moulins führte die Route über schmale Landstraßen und tiefste Provinz, linksseitig der Flughafen von Moulins und dann noch einmal ein Stück ausgebaute N7. Der Ausbau von überregionalen Landstraßen nützt aber nicht viel, wenn man ständig aufgrund von Geschwindigkeitsbegrenzungen und Kreisverkehren die Fahrt gewissermaßen unterbrechen muss.
Es gibt in Frankreich fast keine Kreuzungen mehr, überall fressen Kreisverkehrsflächen am Kuchen der Natur. Ob dies der Weisheit letzter Schluss ist, bezweifle ich. Es mag zwar sein, dass die Unfallzahlen dadurch marginal sinken. Ob aber das notwendige Abbremsen und wieder Beschleunigen in Abständen von manchmal nicht mal einem Kilometer zur wirtschaftlichen Fahrweise und damit zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes beiträgt, ist erwiesenermaßen zu verneinen. Früher war auf überregionalen Landstraßen (jetzt Bundesstraßen) das Fahren einfacher: Wer von einer Nebenstraße kam, musste warten. Auf der Hauptstraße dagegen floss der Verkehr gemächlich dahin, ohne ständiges Bremsen und Beschleunigen. In verkehrsruhigen Zeiten war fast kein Unterschied zu Autobahnen.
Kreisverkehr sollte nur dort sein, wo wirklich viel Platz ist. In Spanien zum Beispiel gibt es viele große und mehrspurige Kreisverkehre, die zügiges Fahren erlauben. Da wird man nicht oder nur gering ausgebremst. Auch ist für die langen LKW-Züge ein großer Kreisverkehr besser als die kleinen viel zu eng gebauten Kreisel. Manchmal scheint es, ein Kreisverkehr muss her, nur weil es modern ist, egal, ob genügend Platz ist, wieviel es kostet und ob die Verkehrsteilnehmer die Maßnahme wirklich gut finden.
Das F1-Hotel lag wie üblich in einem Industriegebiet. Um 17.43 checkte ich ein, ohne Frühstück waren 31,40 Euro zu zahlen, für mich gerade noch akzeptabel.
Generell ist die F1-Kette aufgrund des Preises eine feine Sache. Es ist keine Vorbestellung nötig, zumindest außerhalb der Urlaubssaison. Man könnte auch übers Internet oder telefonisch vorbestellen. Die Zimmer sind sauber und ausreichend groß. Man hat alles Nötige und das Auto steht auf dem umzäunten Hotel-Gelände sicher. Wer will, kann sogar im Hotel frühstücken, die Preise dafür sind kaum zu unterbieten. Sparsam wie ich bin, habe ich das aber noch nie genutzt.
F1-Hotel in Standard-Bauweise auf sicherem Gelände
F1-Hotel Moulns Süd an der D707
Nachts ist das Eingangstor geschlossen und nur mit Gästekarte zu öffnen. Das Auto steht relativ sicher.
Nach dem Umparken hatte ich mein Auto vom Zimmer aus im Blick.
Im Herbst sind die Tage schon kurz, es wird zeitig finster. Ein kleiner Trost ist der Fernseher, da überall zumindest die englischen Nachrichten-Sender im Angebot sind. Da ist der Abend doch nicht ganz so langweilig. Ich hatte schon Bedenken wegen der Bahnlinie gleich angrenzend hinter dem Hotelgelände. Doch es war kein Zug zu hören. Entweder fahren hier so wenig Züge in der Nacht, oder ich habe doch so fest geschlafen.
In F1-Hotels ist es mit dem Duschen manchmal etwas schwierig. Im Zimmer gibt es nur die drei Betten (zwei normale und ein Hochbett), ein Waschbecken, einen kleinen Ecktisch, einen Stuhl und ein TV-Gerät. Ein Bad oder dergleichen fehlt. Die Plastik-Duschkabinen sind auf jedem Flur an zentraler Stelle zu erreichen. Daneben sind meist einige Toilettenkabinen, ebenso zur leichten Reinigung völlig aus Plastik.
Nun ist das Problem, dass fast alle Gäste nur eine Nacht da sind. Morgens wollen alle noch auf die Toilette und duschen, und das fast zeitgleich, denn die meisten haben wie ich eine lange Fahrt vor sich oder müssen zur Arbeit. Da steht man dann mit Handtuch und Badetasche in der Hand im Flur und wartet, bis jemand fertig ist.
Wichtig ist auch, dass man immer den 6-stelligen Code zum Öffnen der Zimmertür dabei hat. Die Türen haben nur ein elektronisches Schloss. In einem anderen F1-Hotel habe ich es schon erlebt, dass eine der Tasten der Öffnungselektronik nicht mehr richtig funktionierte. Dann muss man zur Rezeption Hilfe holen, in Badelatschen und Bademantel, nicht sehr angenehm.
Mit Frau und Kind würde ich in keinem dieser Hotels übernachten. Es sind in meinen Augen tatsächlich nur Notunterkünfte, oder es ist eben eine billige Übernachtungsmöglichkeit, wenn man unterwegs ist und unbedingt eine Dusche braucht. Aber ich glaube auch, der Anspruch des Betreibers der Kette geht genau in diese Richtung.
Hervorzuheben ist, dass es mittlerweile in fast allen F1-Hotels kostenloses WLAN gibt. E-Mail-Check und Internetzugang für die Reise-Route sind also kein Problem. Schwierig wird es nur, wenn das vermeintlich Kostenlose nicht uneingeschränkt gilt. So ist es mir vor Jahren passiert, dass ich zusätzlich zu meinen Anmeldedaten im Hotel auch noch eine E-Mail-Adresse für den Wifi-Zugang angeben sollte. Wer da nichts Böses vermutet ist naiv. Es war aber kein F1-Hotel.
3 Schlafplätze, spartanisch eingerichtet und wenig Platz, aber günstig. Für eine Nacht auf Reisen ist der Komfort ausreichend, für einen Urlaub aber ungeeignet.
Im Zimmer gibt es nur ein Waschbecken mit Warm- und Kaltwasser. Duschkabine und Toilette werden gemeinschaftlich genutzt und sind nur über den Flur erreichbar.
Mein Zimmer war sogar mit Blick in die Natur ohne Betonsilos, die Bahn störte nicht.
Die F1-Hotels befinden sich meist in Industriegebieten und nahe an verkehrsreichen Straßen oder Autobahnen. Oft sind es Arbeiter auf Montage oder auf Baustellen, die diese Unterkünfte nutzen. Oder es sind solche armen und deshalb sparsamen Typen wie ich.
Moulins D707-N7-A79 > A79 Cressanges D65 > D33 > D945 > D22 Cosne-d'Allier D94 > A714 Montluçon N145 > Guéret > PP Aire de L'Espérence (2 km nach Saint-Vaury) > N145 Bellac N147-D951 Limoges D951 > N141 > N141 Angouléme N10 > N10 PP Aire de Bedenac Ouest (45.173339, -0.334262) > N10 > A10 Bordeaux A63 > D834 Moustey, Kirche Notre-Dame (44.360111, -0.761642) > D43 Liposthey A63 > Castets D947 > D824 > D810 > D112 > D54 > D817-D810 Bayonne, F1-Hotel, Rue de Chalibardon (43.489652, -1.450647)
Gegen 5.30 Uhr bin ich schon aufgestanden, an Schlaf war angesichts der nächsten 630 Kilometer nicht mehr zu denken. Wie gewohnt: Nach der Dusche habe ich in Ruhe gefrühstückt, dabei CNN-TV geschaut und mich wieder reisefertig gemacht.
Etwa um 7.30 Uhr bin ich losgefahren, habe ganz in der Nähe getankt und dann eine ziemlich lange Strecke Wald und Felder bei strahlender Morgensonne genossen. Die Strecke führt auf schmalen Landstraßen durch einige Ortschaften, bis man die Autobahn A714 erreicht. Natürlich habe ich im Navi die schon in Pforzheim festgelegte mautfreie Route aktiviert. Nochmals 17 Euro in Form von Münzen in einen Schlitz bei hupendem LKW reinzufummeln wollte ich mir ersparen. Außerdem hatte ich nicht mehr soviel Kleingeld, ich habe ja nicht gewusst, wieviel Coins ich noch gebraucht hätte.
Die A714 ist mautfrei, also über 120 Kilometer entspanntes Fahren. Die folgende N145/E62 ist ebenfalls gut ausgebaut. Es gibt meist in jeder Richtung 2 Spuren. Gegen 8.45 Uhr landete ich an einer normalen Autostraße (keine Autobahn) auf einem fast menschenleeren Rastplatz mit vorbildlicher Ausstattung.
Der Parkplatz Aire de L'Espérence sah aus wie ein Naherholungsgebiet: viel Grün, Bäume, Bänke, Wasserstelle, für LKW und PKW getrennte Parkflächen und ein Toiletten-Häusl, das äußerlich einem Wochenendhaus ähnelte. Die mit Naturholz und Natursteinen verkleideten Mauern lassen erst auf den zweiten Blick den Schluss zu, dass es sich um eine Bedürfnisanstalt handelt.
Warum das Häusl eine obere Etage hat, ist mir nicht klar. Vielleicht sind dort technische Einrichtungen untergebracht oder der Aufbau dient nur zur Belüftung. Von unten aus war kein Aufstieg erkennbar. Das Innere war, wie meistens in Frankreich, sauber und gepflegt mit einem angenehmen Duft, der nun wirklich nicht an eine Bedürfnisanstalt erinnert. Sogar die Abfallbehälter sind mit Holzlatten verkleidet.
Bisher bin ich 1716 km gefahren. Das ist etwas mehr als die Hälfte bis zum Ziel.
Parkplatz Aire de L'Espérence an der N145/E62 in Frankreich (46.216135, 1.732018)
Selbst das Toiletten-Häusl ist mit Holz und Natursteinen verkleidet.
Hervorzuheben ist auch die Sauberkeit auf dem gesamten Gelände. So sollten alle Parkplätze aussehen. Mit Grauen denke ich an manchen Autobahn-Haltepunkt in Deutschland – von Rastplätzen kann man da ja nicht sprechen. Vor allem nicht, wenn anstelle von Verbesserungen für den Autofahrer ein Zaun zur Abgrenzung zum anschließenden Wald gebaut wird, der die dringende Verrichtung der Notdurft verhindern soll. Das Geld sollte man lieber für den Bau fehlender Toilettenhäuser ausgeben.
Vor meiner Weiterfahrt montierte ich noch die Videokamera im Auto, um probeweise doch noch einmal die Eignung meiner Befestigungsvorrichtung zu testen. Ohne hier darauf näher einzugehen, das später ausgewertete Ergebnis kann man nur als Misserfolg bezeichnen. Die Erschütterungen auf dem Armaturenbrett sind so groß, dass sich die resultierenden Verwacklungen durch die Kamera und auch durch zusätzliche spätere Bearbeitung nicht mehr ausgleichen lassen. Schade, denn in Frankreich ist das Filmen aus dem Auto heraus uneingeschränkt erlaubt. Ich werde an anderer Stelle noch einmal auf das Problem eingehen.
Sauberkeit auf einem Parkplatz sollte, so wie hier, eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Videos aus dem Dacia heraus sind wegen der Erschütterungen kaum zu gebrauchen. Exportierte Video-Fotos dagegen sind qualitativ ausreichend.
Meine Mittagspause hielt ich auf einem nicht ganz so schönen, aber dafür dreimal so großen Autobahn-Rastplatz. Es war inzwischen 13 Uhr geworden. Der Parkplatz Aire de Bedenac Ouest ist gut für Camping und Übernachtung geeignet. Während mein Tauchsieder mit dem Wasser im Kaffeetopf zu kämpfen hatte, fiel mir ein kleines Auto auf. Es war vollgepackt mit Camping-Sachen, einem Zelt und sogar ein kleines Surfbrett war dabei. Ein braungebrannter langhaariger Typ war damit beschäftigt, seine Sachen umzuräumen. Neben dem Auto standen der Gaskocher, ein Klappsitz und eine Holzkiste mit Lebensmitteln. Das P auf dem Nummernschild verscheuchte bei mir den Gedanken, ein Gespräch zu suchen.
Mein Kaffeewasser war inzwischen heiß, das Brot von Chemnitz mit einer harten Wurst schmeckte auch noch, mein Hunger war wieder gestillt. Zum Weiterfahren hatte ich noch keine Lust. So pirschte ich mich schließlich doch an den Portugiesen heran, vielleicht konnte ich mich mit ihm verständigen. Immerhin hatte ich an diesem Tag zum letzten Mal frühmorgens mit einem Menschen gesprochen.
Aire de Bedenac Ouest an der N10 (45.173339, -0.334262)
Bei meinem Mitteilungsbedürfnis war es also an der Zeit, mit irgend jemand zu reden. Und es klappte. Er konnte sogar außer Englisch etwas Deutsch. Er sei zuletzt in Tschechien an einem großen See gewesen und befände sich jetzt auf der Heimfahrt. Er sei schon mehrere Monate in Europa unterwegs, aber jetzt im nahenden Winter wäre es in seiner Heimat in Nordportugal am schönsten. Er kenne auch Leipzig und sei schon durch Chemnitz gefahren. Ich nahm ihm das glatt ab, er sah wirklich aus wie ein Globetrotter. Mein Woher und Wohin erzählte ich ihm natürlich auch. Er sei in Sagres auch schon gewesen.
Nach der verkehrsreichen Umgehung von Bordeaux kam ich in eine Gegend, die dem mecklenburgischen Ostsee-Vorland ähnelt. Viele Kiefern stehen auf sandigem Boden, das Land ist flach, der Atlantik ist förmlich zu riechen.
Wenig später, es war 14.18 Uhr, musste ich auf Navi-Anweisung hin die Autobahn verlassen, da offensichtlich wieder Maut drohte. Ich kam über die D834 durch sehr ländliches Gebiet mit kleinen Dörfern. In Moustey stehen nebeneinander zwei Kirchen. Eine davon ist die Pfarrkirche Saint-Martin, die andere ist die Kapelle eines ehemaligen Klosters. Zum Anhalten nahm ich mir leider keine Zeit. Auch durch Moustey verläuft einer der vielen Pilgerwege in Richtung Santiago de Compostela. Von hier bis Santiago sind es 1000 Kilometer.
Ein weiterer Ort auf dieser Maut-Umfahrung war Pissos. Um 14.32 hatte mich die Autobahn A63 wieder. Es war demzufolge kein großer Umweg. Warum ausgerechnet auf diesem kurzen Stück Autobahn eine Maut verlangt wird, ist mir schleierhaft. Es könnte aber mit einem Naturschutzgebiet in der Nähe von Bordeaux zu tun haben.
Pfarrkirche Saint-Martin (rechts) und Kirche Notre-Dame (links) in Moustey am Jakobs-Pilgerweg nach Santiago de Compostela
Titel original: Les deux églises de Moustey (Saint Martin à gauche, Notre-Dame à droite) dans le département français des Landes (Author: Jibi44)
Lizenz: CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication (No Copyright), Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Moustey_2_%C3%A9glises.jpg
Die Pfarrkirche Saint-Martin stammt aus dem 13. Jh. Die Kirche Notre-Dame stammt aus dem 15. Jh. und ist die Kapelle eines ehemaligen Klosters (Hospital zur Versorgung der Jakobs-Pilger). Es ist selten, dass 2 Kirchen so nahe beieinander stehen.
Die nächste kleine Rast an der A63 machte ich auf einem völlig leeren Parkplatz. Auch hier hat man das Toiletten-Haus mit Holzlatten verkleidet. Mir gefällt so etwas. Naturmaterial zu verwenden ist immer noch die beste Methode, Gebäude menschenfreundlicher zu gestalten. Ich halte nichts von Glas und Beton, schon garnicht außerhalb einer Stadt. Wie negativ Beton wirken kann, werde ich später in Sagres erleben.
Im weiteren Verlauf der A63 fielen mir die großen elektronischen Anzeigetafeln auf. Sie zeigen den nächsten LKW-Parkplatz mit dessen exakter Belegung an. Außerdem gibt es einen Hinweis auf den übernächsten Parkplatz. So kann der LKW-Fahrer frühzeitig entscheiden, ob er hält oder nicht. Meiner Meinung nach ist das eine gute Sache. In Deutschland habe ich es schon oft erlebt, dass Parkplätze einschließlich Einfahrt völlig zugeparkt waren, da die Fahrer wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Einhaltung der Lenkzeiten keine andere Möglichkeit mehr sahen. Es gibt viel zu wenig LKW-Parkplätze in Deutschland.
Wieder ein Toiletten-Haus, das wohltuend für's Auge ist.
Flaches Land wie in Mecklenburg. Das Meer kann nicht weit sein.
Bei all meinem Interesse für die andersartigen, aber sehr sinnvollen Parkleiteinrichtungen habe ich dann die letzte Abfahrtsmöglichkeit vor der nächsten Mautstrecke verpasst. Das kommt davon, wenn man nicht auf die freundliche Dame im Navi hört. Ich musste kein Ticket ziehen. Am Ende der kurzen Mautstrecke überraschte mich wieder mal ein anderes Bezahlsystem. Die auf einem Display verlangten 2,50 Euro wurde ich auf den ersten Blick nicht los. Es war zwar ein Bezahlschlitz für Papiergeld vorhanden, aber wegen 2,50? Etwas ratlos musterte ich den Automaten. Bloß gut, dass nicht wieder ein ungeduldiger LKW hinter mir stand. Doch da, ein paar abgebildete Münzen neben einem Plastiktrichter gaben mir den entscheidenden Hinweis. Ich schmiss also die Coins einfach in den Trichter, und siehe da, die Schranke öffnete sich. Später erfuhr ich, in Amerika seien solche Trichter üblich. Für mich war das neu.
Am Horizont zeigten sich schon die Pyrenäen, dahinter liegt Spanien. Etwa 40 Kilometer vor Bayonne verließ ich die Autobahn A63 und kam über verschieden Landstraßen (D810, D54, D817) in das Stadtgebiet. Das Navi hatte mich wieder vor einer Mautstrecke bewahrt. Allerdings musste ich später feststellen, dass die Zahlung einer kleinen Maut kurz vor Bayonne besser gewesen wäre. Über Landstraßen ist das Industriegebiet, in dem das F1-Hotel liegt, relativ schwierig bzw. umständlich zu erreichen. Zusätzlich erschwert der starke Berufsverkehr die Orientierung. Fährt man die Autobahn weiter, führt eine Ausfahrt nach wenigen hundert Metern direkt zum Hotel. Den Anweisungen des Navis nicht rechtzeitig folgend kam ich zwei Mal von der vorgeschriebenen Route ab. Der zweite Fehler war besonders fatal, vom letzten Kreisverkehr aus vor dem Industriegebiet landete ich wieder auf der Autobahn, diesmal aber schon weiter südlich vom Hotel. Nach einigen Ab- und Auffahrten (gedankt sei dem Navi) kam ich wieder auf den besagten Kreisverkehr. Diesmal erwischte ich aber die richtige Straße und erreichte nach wenigen Metern das F1-Gelände.
Um 16.44 checkte ich ein, ohne Frühstück waren 39,60 Euro zu zahlen. Diesmal empfing mich ein nettes, keine 25 zählendes, junges französisches Mädchen, die mit ihrem Freund vor dem Hotel-Eingang saß. Kein Vergleich zum mürrischen Empfang im letzten F1-Hotel in Moulins.
F1-Hotel in Bayonne, nördlich des Adour
HotelF1 Bayonne, Rue Saint-Frédéric II, 64100 BAYONNE France, Telefon +33(0) 891705176
Gleich hinter dem Hotel liegt die Autobahn A63
Bayonne D932 > Ustaritz > D932 Cambo les Bains D918 > D918 Saint-Jean-Pied-de-Port D933 > D933 Arnéguy (span. Grenze) N-135 > Roncesvalles > N-135 Pamplona A-12 > Logroño > A-12 Santo Domingo de la Calzada N-120 > Castildelgado > Belorado > N120 Burgos A-62 > Valladolid > A-62 Salamanca A-66 > A-66 Cáceres N-523 > N-523 Puebla de Obando, Hostal Her Manos Méndez (39.173981, -6.623354)
Die bisher längste Strecke führte mich über die Pyrenäen zunächst nach Pamplona, dann weiter schräg durch Spanien über Burgos und Cáceres bis nach Puebla de Obando, einem kleinen verlassenen Nest etwa 50 Kilometer vor Badajoz bzw. vor der portugiesischen Grenze. Ich hätte von Bayonne aus auch an der Küste entlang weiterfahren können, um nicht über die hohen Berge der Pyrenäen zu müssen. Doch diese etwa 40 Kilometer kürzere Route wäre mit viel Verkehr verbunden gewesen. Außerdem ist es schön, durch die Berge zu fahren.
Heute früh, als ich das Hotel um 7.40 Uhr verließ, war Bodennebel, der sich im Vorgebirge der Pyrenäen noch verdichtete. Zeitweise musste ich mit voller Nebel-Beleuchtung fahren. Über dem Nebel war Sonne, die konnte ich manchmal sehen, wenn es über einen Berg ging.
2532 km von Chemnitz bis Puebla de Obando. Sagres ist nur noch etwas mehr als 400 Kilometer entfernt, angesichts der Geamtstrecke wieder nur ein Katzensprung. Um das so zu sehen muss man das Autofahren lieben. Bin ich mit Auto unterwegs, ist es für mich ein Gefühl der Freiheit, keine Last.
Die fast 100 Kilometer lange Fahrt von Bayonne bis Pamplona ist kurvenreich und führt nahe dem Ort St. Jean-Pied-de-Port vorbei, der nördlicher Ausgangspunkt für den Camino nach Santiago de Compostela ist. In diesem kleinen Ort in Frankreich hatte auch Hape Kerkeling seine Pilgerreise begonnen. In seinem Buch "Ich bin dann mal weg" beschreibt Kerkeling seine Erlebnisse beim Pilgern.
Erstes Ziel ist das spanische Roncesvalles auf dem Kamm der Pyrenäen. Die Strecke ist rund 25 Kilometer lang und führt von Saint-Jean-Pied-de-Port aus fast nur bergauf über den Ibañeta-Pass. Ob man nun einen der ausgeschilderten Jakobswege nimmt oder auf der Straße N-135 bleibt, in beiden Fällen muss man über die Pyrenäen. Da bekommt der Wanderer gleich einen Vorgeschmack vom insgesamt doch recht beschwerlichen Weg bis nach Santiago.
Vor 6 Jahren waren auch wir auf den Spuren Hape Kerkelings, allerdings mit dem Auto. Wir waren neugierig auf die Orte und Wege, die Kerkeling so schön beschreibt. Außerdem hatten wir einen ganz persönlichen Anlass, alle unsere Wünsche und Hoffnungen dem Apostel Jacob in Santiago vorzutragen.
Im Nebel kaum zu erkennen: Von Roncesvalles nach Santiago de Compostela sind es noch 790 km.
Beim Anblick dieser Pilger musste ich unweigerlich an die Pilger des Mittelalters denken, die unter weit schwierigeren Bedingungen diesen Weg auf sich nahmen. Damals war das Pilgern entbehrungsreich und gefährlich zugleich. Und trotzdem, die Menschen taten es in der Hoffnung, von mancher Last befreit zu werden.
Die Kathedrale in Santiago ist Ziel aller Pilger. Sie ist Endpunkt der vielen Pilgerwege vom Norden, Osten und Süden Europas. Der Weg vom französischen St. Jean-Pied-de-Port kann als Hauptweg bezeichnet werden, da dieser Camino die vielen anderen zulaufenden Wege bündelt. Den Abschluss der langen (und in früheren Zeiten entbehrungsreichen) Wanderung bildet die Pilgermesse, in der dem Heiligen Jakob gehuldigt wird.
Doch darüber hinaus nehmen viele Pilger die weiteren 90 Kilometer bis zum "Ende der Welt" auf sich. Hoch auf den Klippen neben dem Leuchtturm von Finisterre verbrennen dann die Pilger ihre Wandersachen, um alle Mühen des Wegs (und teils auch ein altes Leben) hinter sich zu lassen mit dem Ziel eines Neubeginns.
Bis zum "Ende der Welt" sind auch wir damals gereist und haben die spirituelle Erfahrung der Pilger nachvollziehen dürfen. So wie Finisterre im Norden Spaniens ein Ende der Welt ist, so wird auch der äußerste Südwestzipfel Portugals als das Ende der Welt bezeichnet. Die portugiesischen Seefahrer des 15. Jh.s wussten, genauso wie vorher die Phönizier, Griechen, Karthager, Römer und Araber, warum Sagres seit jeher ein heiliger Ort ist. Die Unendlichkeit und vor allem Unberechenbarkeit des vor Sagres liegenden Ozeans hatte die Menschen schon frühzeitig zu ehrfürchtigen Geschöpfen werden lassen. Und nun war ich auf dem Weg dorthin!
Kathedrale in Santiago de Compostela mit den Gebeinen des Heiligen Jakobus, Ziel der Jakobs-Pilger (Foto 2009)
Das "Ende der Welt", Ende und Neuanfang für die Jakobs-Pilger (Foto 2009)
Von Saint-Pied-de-Port aus sind es nur wenige Kilometer bis zum Grenzort Arnéguy an der spanischen Grenze. Auf der spanischen Seite ist links die erste spanische Tankstelle, an der man im Gegensatz zu Frankreich billiger tanken kann. Leider hat die Tankstelle nachts geschlossen. Von da aus heißt die Straße N-135 und führt kurvenreich hinauf zum Pyrenäen-Pass Ibañeta, auf dem auch die Wallfahrtskirche San Salvador de Ibañeta aus dem 11. Jh. steht. Ein Stopp wäre wenig sinnvoll gewesen, der Nebel hatte den Kamm komplett im Griff.
Kurz danach verläuft die N-135 durch den Pilgerort Roncesvalles und weiter bergab nach Pamplona. Normalerweise führt das Navi um Pamplona herum, aber die falsche Abfahrt genommen und schon ist man mitten in der Stadt. Die Durchfahrt hat zwar Zeit gekostet, war aber dank Navi nicht besonders schwierig.
Zu meiner Rechtfertigung muss ich bemerken, dass die Straßen und Kreisverkehre nicht immer im Navi exakt hinterlegt sind. Manchmal wird eine nicht benutzbare Kreisverkehr-Ausfahrt mitgezählt, manchmal aber auch nicht. So heißt es z.B. bei einem Kreisel mit 5 Straßen einmal, man solle die 4. Ausfahrt nehmen, obwohl die 2. Ausfahrt sowieso wegen Verkehrsverbot nicht benutzbar ist, aber mitgezählt wird. Ein anderes Mal ist die verbotene Ausfahrt nicht mitgezählt, so dass die Anweisung erfolgt, die 3. Ausfahrt sei zu benutzen. Natürlich helfen in solchen Fällen die namentlichen Hinweisschilder, doch auf unbekanntem Terrain kann man sich schnell falsch entscheiden. Da nützt es auch nicht, wenn man den Kreisverkehr mehrmals umrundet. Einen Zugewinn an Information bringt dies meist nicht, und Anhalten, um auf eine Karte zu schauen, geht sowieso nicht.
Die weitere Fahrt war eigentlich sehr angenehm: Sonne und wenig Verkehr. Oft konnte ich den Tempomat einschalten, um meinen Gasfuß zu schonen.
Zum Tanken in Santo Domingo de La Calzada musste ich die A12 kurz verlassen, bei 1,18 Euro pro Liter hat sich das gelohnt.
Kurz darauf kam ich durch Castildelgado. In diesem Ort haben wir 2009 auf der Rückfahrt von der Pilgerreise übernachtet. Entsprechende Erinnerungen wurden wach. Im weiteren Verlauf waren auch diesmal an der N120 viele Pilger unterwegs. Hier verläuft der Jakobsweg direkt neben der Straße.
Mein Ziel, Puebla de Obando, kannte ich auch schon. Wir hatten damals im Hostal gegenüber der Tankstelle auf der anderen Straßenseite übernachtet. Bei meiner Ankunft wollte ich eigentlich dort wieder nach einer Übernachtung fragen, aber alles war zu. Erst dachte ich, das Restaurant hat geschlossen. Aber Ruhetage kennen die kleinen Bars und Hostals sowieso kaum. Durch die Scheiben war ein wildes Durcheinander von Kisten und Mobiliar zu erkennen. Offensichtlich räumte man um oder aus.
Ich war etwas enttäuscht, hatte ich doch gehofft, abends wieder mit volkstümlicher Musik einschlafen zu können. Damals feierten die Spanier den Abend (oder ein Fest?) mit Gesang und Tanz bis tief in die Nacht hinein. Ein eigentümlicher Zauber hatte sich über den Ort gelegt und wir waren glücklich, wenigstens akustisch die spanische Lebensweise miterleben zu können.
Eine Alternative fand ich schnell. Kurz nach dem Bahnübergang Richtung Badajoz bot das Hostal Her Manos Méndez ein günstiges Bett. Gegen 18 Uhr bekam ich für 22 Euro den Schlüssel und die TV-Fernbedienung.
Landschaft bei Castildelgado (Foto April 2009)
Unser Hostal von 2010 gegenüber der Tankstelle ist pleite.
Hostal Her Manos Méndez in Puebla de Obando
Die Preise für die Nacht sind günstig, inklusive Parkplatz
Wie der Fuhrpark auf dem relativ großen Parkplatz zeigte, ist dieses Restaurant sehr beliebt. Es gab nicht nur etliche Übernachtungsgäste, es waren auch viele Einheimische bis spät in die Nacht an der Bar, zum Frühstück ebenfalls. Da ich hier nur übernachtet habe, kann ich die Speisekarte nicht beurteilen. Insgesamt dürfte aber der Service gut sein, und das bei moderaten Preisen. Verglichen mit den F1-Hotels in Frankreich bekommt man hier auf jeden Fall für weniger Geld wesentlich mehr geboten.
Puebla de Obando N-523 > N-523 Badajoz A-5-A5 > port. Grenze A6 > A6-IP7 > N4 Elvas N373 > N373 Redondo R381 > R381 Montoito M513 > M513 Vendinha N256 > IP2 Monte do Trigo IP2 > Portel > IP2 Parque de merendas (38.250566, -7.787471) > IP2-N18 Beja N18 > N18 Ervidel N2 > N2 Aljustrel N263-N123 > N263-N123 Odemira N120 > Odeceixe > Rogil > Aljezur N120 > N268 Carrapateira N268 > N268 Vila do Bispo N268 > N268 Sagres, Aparthotel (37.006812, -8.934704)
Bis 7.30 Uhr habe ich geschlafen ohne auch nur einmal wach zu werden. Die Belastung auf der Straße forderte ihren Tribut. Da der Zeit- und Kilometerplan doch recht straff war, konnte ich keine größeren Pausen machen. Doch nur noch 410 Kilometer trennten mich jetzt vom Ziel, ich hatte nun Zeit.
Ein wenig Vorfreude hatte ich schon. Bald war ich wieder am Meer mit seinen stillen Buchten und steilen Klippen. Ob sich wohl etwas verändert hat? Immerhin sind 5 Jahre seit unserem letzten Urlaub in Sagres vergangen. Vor allem freute ich mich auf die reine Luft, das Rauschen des Meeres, die fast leeren Strände, die bizarren Felsen, den nach jeder Flut jungfräulichen Sand, die Gelassenheit der Portugiesen, den blauen Himmel, die angenehm warme Sonne, die ständig frische Brise, das komfortable Appartement und so weiter und so fort. Ich freute mich einfach auf alles, was da kommen würde.
Beim Frühstück im Zimmer hörte ich, wie sich die Bar füllte. Viele Spanier (und auch Portugiesen) kommen früh in ihr Restaurante (auf deutsch Stammkneipe), um zum Kaffee eine Kleinigkeit (Tapas) zu essen, dabei zu rauchen und um die neuesten Nachrichten auszutauschen oder im fast immer laufenden Fernseher zu verfolgen. Danach erst geht man zur Arbeit oder zum Nachbarn, um ihm beim Hausbau usw. zu helfen. Nachbarschaftshilfe wird groß geschrieben, natürlich nicht ganz umsonst, aber das muss ja keiner wissen. Man muss ja schließlich irgendwie über die Runden kommen. Reguläre Arbeit ist sowieso für viele nicht möglich. Die Arbeitslosigkeit wird zwar durch verschiedene staatliche Maßnahmen relativ niedrig gehalten, aber eine Vollbeschäftigung haben viele Portugiesen trotzdem nicht.
Wer garnichts zu tun hat, geht nach dem Frühstück einfach wieder nach Hause, um sich am späten Nachmittag nach der Siesta erneut zu treffen. Jedenfalls geht der Spanier (und auch der Portugiese) den neuen Tag gelassen an und hetzt nicht dem Uhrzeiger hinterher.
Von Chemnitz bis Sagres waren es insgesamt nur 2931 km, also nicht über 3000 km. Heute war es nur noch ein Katzensprung gegenüber der Strecke, die hinter mir lag.
Puebla de Obando, Blick Richtung Norden, hinten rechts am Ortsausgang die Tankstelle
Auch mein Frühstück war geruhsam und wurde von CNN-TV-Nachrichten begleitet. Mit Vorfreude im Herzen und Morgensonne am Himmel verstaute ich meine wenigen Sachen im Auto. Obwohl es ein wenig fahrlässig ist, so viel im Auto zu lassen, nehme ich immer nur wirklich Notwendiges und Wertvolles mit in die Unterkunft. Die Diebstahlgefahr steigt mit der Größe der Städte.
Auf dem Lande, insbesondere weit ab vom Touristentrubel, passiert relativ wenig. Ich glaube, die ländlichen Spanier sind viel zu stolz, um andere zu beklauen. Diesbezüglich habe ich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Hoffentlich bleibt das so. Großstädte meide ich sowieso, nicht nur wegen der Hektik.
Bis zur Tankstelle musste ich ein paar hundert Meter zurückfahren. Der Tank war zwar nur zur Hälfte leer, aber ich wollte mit vollem Tank nach Portugal kommen. Die Benzinpreise in Spanien sind günstiger.
Mir kam der Tankwart bekannt vor. Schließlich hatte ich vor fünf Jahren auch hier getankt. Ich versuchte, ihm dies klar zu machen. Plötzlich zeigte er auf das Auto und meinte nur "Opel". Ich begriff nicht gleich, war doch der Dacia nun wirklich nicht mit einem Opel zu verwechseln. Dann fiel der Groschen, er hatte mich tatsächlich erkannt und wusste noch, dass da ein Deutscher vor Jahren mit einem Opel (unser guter alter Omega Caravan) an seiner Tankstelle war. Nun kam das Gespräch, soweit man es so bezeichnen kann bei den wenigen gegenseitig verstandenen Wortbrocken, erst richtig in Gang. Der Tankwart meinte zu dem geschlossenen Hostal, es habe Probleme mit dem "Government" gegeben. Sicherlich meinte er die Behörden, das Finanzamt oder die Bank. Vielleicht waren es Steuerprobleme oder was auch immer. Jedenfalls war das Hostal pleite.
Noch lange dachte ich bei der Weiterfahrt Richtung Badajoz über den Tankwart nach. Zwar ist Puebla de Obando wirklich ein kleines Dorf, wo sich die Füchse Gute Nacht wünschen (Wenn es dort welche gäbe.). Aber dass er mich wiedererkannt hat, ehrt mich. Oder es kommt dort wirklich so selten ein Deutscher zum Tanken, dass man sich zwangsläufig daran erinnern muss. Überhaupt ist festzustellen, Deutsche sind in Spanien und Portugal abseits der üblichen Touristenrouten nur sehr wenige unterwegs. Ich meine Autos mit deutschem Nummernschild. Insofern kann es schon sein, dass in Puebla de Obando vielleicht nur zwei oder drei deutsche Autos im Jahr ausgerechnet an dieser Tankstelle tanken, wenn überhaupt.
Etwa um 9.20 Uhr war ich auf der Badajoz-Umfahrung und sah einen riesengroßen Ballon sehr tief über die Häuser ziehen. Man konnte sogar die Leute erkennen. Aha, dachte ich, also werden auch hier Ballonfahrten angeboten. Wenig später erreichte ich die A6/E60 in Portugal. Es war inzwischen 8.35 Uhr geworden. Nein, das ist kein Schreibfehler. Ich stutzte auch, als ich diese Uhrzeit auf dem Navi-Display bemerkte.
Tankstelle (39.175160, -6.621087) in Puebla de Obando
Puebla de Obando Richtung Süden (Badajoz)
Schmale Straße in Portugal zur Maut-Vermeidung. Fast immer sind die Landstraßen gut ausgebaut. Die Verkehrsdichte ist auf dem Lande sowieso sehr gering.
Doch dann begriff ich: Die Portugiesen stehen im Süden eine Stunde später auf, d.h., wenn es in Spanien (und Deutschland) schon 9 Uhr ist, zeigt in Portugal die Uhr erst 8 an. Das verbesserte meinen Zeitplan glatt um eine Stunde. Ich konnte mir also noch mehr Zeit nehmen. Aber ich fuhr trotzdem wie gewohnt zielstrebig weiter, ohne mich durch vermeintliche Sehenswürdigkeiten aufhalten zu lassen.
Die generell schmaleren Straßen in Portugal sind nicht ganz so gut wie in Spanien. Es gibt zwar keine Schlaglöcher, aber der Teerbelag ist doch oft uneben und ausgebessert. Außerdem muss man besonders auf dem Lande immer mit unvorhersehbaren Begegnungen rechnen.
Ich meine nicht die am Straßenrand grasenden Schaf- und Ziegenherden, die sind ja nicht zu übersehen. Aber einmal stand in Fahrtrichtung rechts eine Ziege, die mir regungslos entgegenschaute. Bis dahin dachte ich mir noch nichts dabei und fuhr entsprechend langsamer. Fatal war nur, dass die Ziege an einem Baum am anderen (!) Straßenrand festgebunden war. Den recht dünnen Strick erkannte ich erst im letzten Moment und musste scharf bremsen. Den Strick straff gespannt fing sie auch noch an zu meckern. Ich musste lachen, sie sagte wohl: "Mach mich los!" oder "Was willst DU denn hier!".
Dazu muss ich aber bemerken, dass die Straße wirklich sehr schmal war und überhaupt keine Autos unterwegs waren. Mein Navi hatte wieder mal den zwar kürzesten Weg errechnet, dabei aber nicht den Fußgängerverkehr der Landtiere beachtet.
Mir blieb nichts weiter übrig, ich musste die Ziege auf die andere Straßenseite jagen. Das war aber alles andere als einfach. Schlau oder auch dumm wie sie war, hatte die Ziege ihren Strick um einen dünnen Baumstamm gewickelt. Sie war wohl mehrmals um den Stamm gelaufen und hatte sich damit selbst festgebunden. Nun, ich kann zwar einigermaßen mit Tieren umgehen, doch dieses Viech war äußerst störrig. Am liebsten hätte ich den Baum umgesägt, aber ohne Säge? Ein Messer zum Durchschneiden des Stricks hätte ich zwar gehabt, doch dann wäre die Ziege frei und sicherlich weggelaufen.
Mit viel Mühe und Schimpfen meinerseits, die portugiesische Ziege verstand ja hoffentlich sowieso kein Deutsch, gelang es mir schließlich, den Strick vom Baum zu lösen und das Tier auf die andere Straßenseite zu jagen. Bloß gut, dass der Bauer nicht daher kam, wer weiß, was der gedacht hätte.
Den Strick habe ich natürlich kürzer gebunden, um zu verhindern, dass sie nicht wieder Spaziergänge quer über die Fahrbahn unternimmt und den Fahrzeugverkehr absperrt. Ich hoffte, der Bauer macht das nicht wieder rückgängig.
Erste Rast an einem See bei Elma in Portugal
Überall gibt es Rinder, Schafe und Ziegen.
Die mautbelastete Autobahn, aber ohne Ziegen
So ähnlich sah die Straßenziege aus. Diese hier habe ich erst später kennengelernt.
Gegen 10 Uhr (Ortszeit) durchquerte ich Évora, eine Stadt mit historischem Zentrum, das schon 1986 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Erste Ansiedlungen gab es nachweislich schon im 3. Jahrtausend vor Christus. Die heutige Stadtmauer entstand im Mittelalter, römische Wehrtürme gab es aber schon im 2. Jh. In den verwinkelten Straßen des Zentrums gibt es mehrere Kirchen und andere historische Bauten, deren Besuch sich auf jeden Fall lohnt.
Zu nennen wäre z.B. die römisch-katholische Kathedrale aus dem 12. Jh. mit ihren zwei ungleichen Türmen, die weithin sichtbar die Silhouette der Stadt prägen. Nachdem der Raubritter Giraldo Sempavor die Stadt im Jahre 1165 von den Mauren zurückerobert und dem König übergeben hatte, begann man 1186 mit dem Kirchenbau, um für alle Ewigkeit die Herrschaft der Christen zu dokumentieren. Giraldo Sempavor hatte als Raubritter eigentlich den Tod verdient, wurde aber aufgrund der Rückeroberung von Évora vom König begnadigt. Sempavor ist auf einem Bild hoch zu Ross mit abgeschlagenen Köpfen des Sultans zu sehen.
Bemerkenswert ist auch die Knochenkapelle (Capela dos Ossos), andernorts auch Seelhaus oder Beinhaus genannt, in der Kirche São Francisco, unweit von der Kathedrale entfernt. In der Kapelle, einst der Kapitelsaal des Klosters, sind Totenschädel und Gebeine von über 5000 Verstorbenen zu sehen. Die Skelette wurden im 16. Jh. von fünf Friedhöfen der Stadt exhumiert und in der Kapelle sichtbar an den Wänden und Säulen zur letzten Ruhe gebracht.
Diese Praxis der Aufbewahrung sterblicher Überreste an einem zentralen Ort entsprach dem Glauben der damaligen Zeit, dass die Verstorbenen in der Kapelle in die Nähe Gottes rücken würden. Das Leben war nur eine endliche Etappe auf dem Weg zu Gott in Ewigkeit.
Für heute bedeutet das, an diesem Ort inne zu halten, sich der eigenen Endlichkeit bewusst zu werden, sich loszulösen von den nichtigen Sorgen des Alltags, um Kraft zu haben auf dem Weg in die Ewigkeit. Dabei sollte man sich erinnern an Diejenigen, die diesen Weg schon gegangen sind.
Nur die Erinnerung der Lebenden lässt die Vergangenheit nicht endgültig sterben.
Einfahrt in Évora, vom Norden kommend (IP2)
Kathedrale in Évora aus dem 12. Jh.
Die Kathedrale und das Museum enthalten viele historische Kunstschätze, z.B. eine aus dem 13. Jh. stammende französische Madonna aus fein geschnitztem Elfenbein, die zwölf Apostel aus Marmor am Eingang und auch die älteste Orgel Europas von 1526.
Die Igreja de São Francisco ist eine gotische Kirche aus dem 16. Jh., gegründet aber schon als romanische Kirche im Jahre 1226. Sie ist wie die Kathedrale ein Nationaldenkmal Portugals, allerdings schon seit 1910. Vor allem wegen der Knochenkapelle ist diese Kirche eines der am meisten besuchten Gotteshäuser in Èvora. Aber auch die Kirche selbst ist nahezu einmalig in Portugal, da sie aus einem einzigen riesigen Kirchenschiff mit Kreuzrippengewölbe besteht. Die seitlichen 12 Kapellen sind alle mit wertvollen barocken Schnitzereien ausgestattet.
Für die Knochenkapelle und das Museum muss man ein Ticket lösen, der Eintritt in die Kirche ist frei.
Im weiteren Verlauf meiner Fahrt hielt ich auf einem mir schon bekannten Parkplatz mit einem prägnanten Wandgemälde. Es zeigt ein Mädchen, das O MELHOR DO MUNDO SAO AS CRIANCAS an die Wand schreibt, was soviel bedeutet wie: DAS WERTVOLLSTE DER WELT SIND DIE KINDER. Irgendwie hat mich das Bild berührt.
Der Maler lässt ein Kind schreiben, was wir wissen, aber allzuoft nicht immer beachten. Das Mädchen steht fast auf Zehenspitzen, damit das Geschriebene möglichst hoch ist und von allen gelesen wird. Sie mahnt uns, an was wir immer denken sollen: Nichts ist wichtiger, nichts ist wertvoller. Nichts bleibt, wenn wir vernachlässigen, was die Zukunft trägt.
Auf diesem Parkplatz hatten wir vor 5 Jahren schon ausgiebig Rast gemacht. Der Platz selbst ist schön angelegt. Es existieren unter parkähnlichem Grün einige Tische und Bänke, eine Wasserstelle, eine Grill-Stelle, Container zur Müllentsorgung, Parkboxen für Wohnmobile und eine Aussichtsplattform. Allerdings war der Platz damals schon schlecht gepflegt. In diesem Jahr muss man von Vermüllung sprechen. Überall liegt Unrat herum, Hundehaufen auf Schritt und Tritt, kein Wasser mehr, umgeworfene zerborstene Container und abgeladener Hausmüll. Dazu kommen noch etwa 10 Katzen, die erbärmlich aussehen und um Nahrung betteln.
Trotzdem war ich nicht allein. Franzosen mit zwei Wohnmobilen hatten ebenfalls Rast gemacht und waren gerade dabei, aufzubrechen. Einer schaute sich erst mein Auto an und kam dann zu mir. Ich hatte mich an einen der Tische gesetzt. Er fragte mich nach dem Preis für den Dacia und interessierte sich für Ausstattungs-Details. Er wolle auch einen Dacia für seinen Sohn kaufen. Er habe auch schon gehört, dass der neue von Renault entwickelte 3-Zylinder-Motor sparsam ist und trotzdem gute Leistung hat. Wir haben uns noch eine ganze Weile unterhalten. Er konnte recht gut Deutsch. Sie wollten noch nach Faro.
DAS WERTVOLLSTE DER WELT SIND DIE KINDER.
Parkplatz Parque de merendas an der IP2
Das war noch die sauberste Ecke.
In Odemira war erstmals Stau. Vor der großen eisernen Brücke, die den Fluss Mira überspannt, war eine Baustelle. Der Verkehr wurde wechselseitig über die Brücke geleitet. Die historische Brücke selbst ist sehenswert.
Zum Fluss Mira ist anzumerken, dass sich seine Mündung weit ins Landesinnere erstreckt. Die Flut vom Meer wirkt sich bis zum 20 Kilometer entfernten Odemira und dann noch weiter flussaufwärts aus.
Am Ortsausgang überraschte mich das Aldi-Schild. Ich hätte nicht erwartet, dass es hier diesen Supermarkt gibt. Ich nutzte die Gelegenheit, da Samstag war und der mir bekannte Lidl in Vila do Bispo hätte geschlossen sein können. Das Weltmeister-Brot war noch warm. Körnerbrötchen gab es auch. Die Versorgung fürs Wochenende war gesichert. Genau 13 Uhr fuhr ich weiter, meinem Sehnsuchtsziel entgegen.
Von Odemira bis Sagres sind es knapp 80 Kilometer. Die Route führt über Aljezur, Bordeira, Carrapateira und Vila do Bispo, wobei Bordeira etwas abseits von der Straße liegt. Besonders in Carrapateira spürt man die Nähe des Meeres. Das Navi zeigt dort nur 6 Meter über Null an.
Leider muss man in dieser Gegend mit kurvenreichen, schmalen und unebenen Straßen rechnen. Schnelles Fahren wird wirksam unterbunden, zumindest für die Touristen. Man könnte meinen, die Portugiesen haben an ihren Autos besondere Fahrwerke. Unter 90 km/h wird nur gefahren, wenn es unbedingt sein muss. Über 90 ist normal, man hat es immer eilig.
Vila do Bispo zu sehen bedeutet, Sagres ist ganz nah. Nur noch 8 Kilometer, dann würde ich am Ziel der langen Reise sein. Eigentlich gehört Sagres zu Vila do Bispo, erst vor einigen Jahren wurde Sagres eine eigene Gemeinde. Die letzten Kilometer habe ich richtig genossen. Eile war nicht mehr nötig. Der blaue Himmel ließ mich das Schmuddelwetter in Frankreich vergessen. Ich war angekommen!
Odemira, Aldi an der N120 (38 37.576971, -8.668645)
Aljezur an der N120, ab 1249 wieder christlich
Carrapateira, Ortsausgang Richtung Sagres
Vila do Bispo (Stadt des Bischofs) vom Westen (Meer) aus gesehen, noch 8 km bis Sagres
Heute Nachmittag bin ich bei 26°C und strahlend blauem Himmel im Hotel in Sagres angekommen. Die Empfangsdame, eine alte Bekannte von der letzten Sagres-Reise, hatte uns schon erwartet. Sie hatte meine zwei E-Mails erhalten, in denen ich wiederholt meinen voraussichtlich späteren Ankunftstermin dem Hotel mitgeteilt hatte. Es war nicht so einfach, die E-Mail-Adresse im Internet zu finden.
Ich habe fast das gleiche Appartement bekommen, früher war es die Nummer 308, jetzt ist es 307. Es ist das vorletzte Appartement im obersten Stock im Seitenflügel (nicht an der Straße). Ich habe deshalb einen herrlichen Ausblick auf das Meer, die Festung und den Leuchtturm.
Aparthotel Navigator, Rua Infante Dom Henrique, 8650-381 Sagres, hotel.navigator@mail.telepac.pt
Blick vom Balkon auf die Mareta-Bucht und die Festung
Auch der größte Teil von Sagres liegt mir zu Füßen. Es ist die Westseite des Hotels, die Sonnenuntergänge sind ein Highlight. Die Appartements 308 und 307 sind die besten des Hotels.
Vorhin war ich noch schnell im acht Kilometer entfernten Vila do Bispo bei Lidl, so dass ich nun fürs Wochenende versorgt bin. Im Angebot waren portugiesische Weintrauben, die das Kilo nur 0,67 Euro kosteten. Dafür sind aber andere Sachen, vor allem die importiert werden müssen, relativ teuer.
Blick vom Balkon auf den südwestlichen Teil von Sagres
Sagres mit den Strandzugängen und Luxus-Unterkünften
Mareta-Bucht. Am Meer war ich auch schon, allerdings noch nicht im Wasser. Morgen will ich eine kleine Wanderung am Meer machen.
Sagres mit Wasserturm, dahinter das Ende der Welt, das Kap Capo de São Vicente mit dem Leuchtturm und der "Letzten Bratwurst vor Amerika"
Trotz des zeitigen Zu-Bett-Gehens gestern um ca. 22.30 Uhr habe ich fast durchgeschlafen und bin gegen 8 Uhr aufgewacht. Es war noch finster, am Horizont graute der Morgen. Erst wunderte ich mich, aber da wurde mir bewusst, dass es ja 7 Uhr Ortszeit ist. Ich habe mich aber entschlossen mit der gewohnten MEZ zu leben, deshalb bleiben auch Handy-Zeit, Armbanduhr-Zeit und Foto-/Video-Zeit so wie immer. Die Navis richten sich allerdings nach der Ortszeit.
Sobald die Sonne aufgeht taucht sie Sagres, Strand und Festung in ein wunderschönes sanft-rötliches Morgenlicht. Allein dieses Licht fordert auf, das Frühstück auf dem Balkon einzunehmen. Der Anblick ist herrlich. Unberührt wartet der Strand, von den wenigen Touristen, die zu dieser Jahreszeit noch da sind, besucht zu werden. Bei ruhiger See, wie es heute der Fall war, kommen auch keine Surfer. Über allem thront die sagenumwobene Festung aus dem 15. Jh., in der Heinrich der Seefahrer die Seemacht Portugals vorantrieb.
Zuerst hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, mein Frühstück und alles andere in die Reihe zu bekommen. Wo steht was, was ist wo eingepackt, was muss ich noch alles tun, was nehme ich mit auf die Wanderung, wo verstecke ich einen Teil des Geldes usw. Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen, alles selbst zu machen.
So wurde es 11 Uhr, bis ich endlich loszog. An der Rezeption fragte ich nach dem Tresorschlüssel. Für 1,25 Euro pro Tag hätte ich einen Schlüssel bekommen. Ich lehnte ab. Den Tresor hatte ich im Schlafzimmer-Kleiderschrank entdeckt. Am Tresen stand eine Deutsche neben mir, so dass ich mich zu der Bemerkung hinreißen ließ: "Lieber lass ich mir mein Geld klauen, ehe ich 1,25 pro Tag zahle". Im Nachhinein war das natürlich dumm von mir, die Dame an der Rezeption versteht gut Deutsch.
Am Auto komplettierte ich meine Wanderausrüstung. Es ist schon vorteilhaft, wenn das Auto vor dem Hotel im Hof steht. Manche Sachen können so im Auto bleiben. Im kleinen Rucksack nahm ich nur das Nötigste mit: Wasser, 2 Äpfel, Fruchttasche vom Lidl, Unterhose, Ersatz-T-Shirt und die übliche Notversorgung (Klo-Papier, Sani-Päckchen, Messer, Kopflampe).
Sagres mit dem Wasserturm kurz nach Sonnenaufgang, Blick zum Cabo de São Vicente (Ende der Welt)
Morgenstimmung, Mareta-Bucht
Bucht am Hotel mit dem Mareta-Strand, oben die Sagres-Festung. Es ist noch Ebbe.
Außerdem hatte ich natürlich mein Waterproof-Belt-Case (wasserdichte Tasche), das Handy, den Fotoapparat am Gürtel und die Video-Tasche umgehängt. Kurze Jeans-Hose, alte Turnschuhe, T-Shirt im Armee-Look, durchbrochene Sommer-Schild-Mütze – in Chemnitz undenkbar. Ich fühlte mich wohl. So zog ich los.
Gerade losgelaufen kam ich aber nicht weit, den Ausblick vor dem Hotel auf die Bucht musste ich fotografieren (so wie jedes mögliche und unmögliche Motiv auf meinem Weg). Eine Menschenansammlung (Wandertruppe) machte mich neugierig, zumal deutsche Stimmen zu vernehmen waren. Die Truppe wurde von einer Portugiesin geführt, die Erläuterungen gab sie auf Deutsch. Ich stellte mich daneben und hörte mir an, was sie so über die Bucht und die Umgebung zu berichten hatte. Einiges wusste ich schon, anderes war neu und interessant. Sie klärte die Leute auch über das Sagres-Nachtleben auf und beschrieb, in welcher Bar laute Pop-Musik und in welcher Bar Musik zum "Abhängen" (chillen) gespielt wird. Sie hatte einen recht lockeren Stil, ihr Wissen an den Mann (die Frau) zu bringen. Bald ging die Truppe Richtung Sagres-Hafen, mein Weg führte in die andere Richtung zum Hotel-Strand. Somit trennten wir uns. Andernfalls wäre ich mitgelaufen und hätte den Ausführungen des Guide's gelauscht.
Zum Strand führt ein steiler Weg. Mir macht das keine Probleme, überhaupt bin ich freudig erstaunt, wie gut die Wanderei mit gelegentlicher "Kletterei" noch klappt. Vorausblickend sei aber erwähnt, dass ich mir heute einen mächtigen Muskelkater eingehandelt habe. Zu langes Rasten bedeutet eben Rosten. In letzter Zeit habe ich mich viel zu wenig bewegt.
Die Strandbeschreibung des Praia da Mareta spare ich mir, die Fotos sagen mehr als Worte. In diesem Bericht hier spreche ich einfach vom Hotel-Strand, da es die dem Hotel am nächsten liegende Badebucht ist. Der Strand ist etwa 750 Meter lang. Am hinteren Ende versperren Felsen den Weg zu einer weiteren kleinen Bucht. Diese verborgene Strandbucht ist etwa 190 Meter lang und nur über einen steilen Pfad vom oberen Rand der Klippen aus zu erreichen.
Läuft man vom Hotel bis zum Strand die Straße entlang, sind fast 400 Meter zu bewältigen. Der steile Trampelpfad ist nur halb so lang, ist aber wild (verboten), stückweise sehr steil und bei feuchtem Boden nicht benutzbar. Außerdem soll weiter unten ein Zaun den illegalen Weg versperren. Das Riesenloch im Maschendraht bietet ungehinderten Durchgang. Offensichtlich erfolgt keine Reparatur mehr.
Aussichtspunkt vor dem Aparthotel
Hotel-Strand mit dem Restaurante Telheiro Do Infante
Praia da Mareta. Das Hotel steht oberhalb der Klippen.
Die Bucht ist relativ windgeschützt und oft Ankerplatz für Segelboote. Die meist vorherrschenden Westwinde werden vom Festungsmassiv wirksam abgehalten. Blickrichtung vom Strand aufs Meer ist Süden. Der Sandstrand endet beidseits an unzugänglichen Felsen. Je nach Ebbe oder Flut ist der Strand mehr oder weniger breit. Bei Sturm treibt der Wind das Wasser bis an die Felsen. Vom Strand ist dann nichts mehr zu sehen. Aber das ist selten der Fall.
Ich lief bis zum Ende des Hotel-Strandes, um einen Weg am Meer entlang zu finden, der zur Festung führt, aber vergebens. Der Sand endet an unüberwindlichem Felsgestein. Ich musste wieder zurück (nicht dramatisch viel, ca. 300 Meter) und nahm den letzten Strandzugang am Restaurante Raposo, um auf die Klippen zu gelangen.
Mein Weg sollte ja immer möglichst nahe am Wasser sein. Allerdings sind zwischen Wasser und Weg meistens 40 bis 50 Meter Höhenunterschied, da man oberhalb der Felsen laufen muss (oder man schwimmt). Oben zu laufen hat aber auch den Vorteil der hervorragenden Aussicht auf Felsen, Buchten, Meer und sonstige Umgebung. Überhaupt ist die Gegend traumhaft, bizarre Felsen (oft als Tierkopf vorstellbar), nach jeder Wegbiegung eine neue Überraschung, kleinere aus dem Wasser ragende Felsen, viele Möwen, karge widerstandsfähige Vegetation und immer wieder das Rauschen des Meeres mit den sich brechenden Wellen, die den Salzgehalt der Luft noch bis auf die Oberseite der Klippen spüren lassen.
Die Festung ist allgegenwärtig und weithin sichtbar. Das Felsmassiv, auf dem sie steht, bildet gewissermaßen eine Halbinsel und ist nur über die Festung selbst zugänglich. "Heinrich der Seefahrer" soll dort im 15. Jh. eine Seefahrerschule betrieben haben. Wann genau die ersten Teile der Schutzanlage errichtet wurden, ist nicht bekannt. Sicher ist aber durch prähistorische Funde, dass die Gegend schon vor Christi besiedelt war. Sicher ist auch, dass die Festung seit langem der Verteidigung diente. Alte Kanonen, dicke Mauern, Schießscharten, Mannschaftsunterkünfte, eine Kirche, eine Zisterne und anderes zeugen davon.
Noch war ich aber nicht auf bzw. in der Festung. Vorläufig führte mich der Weg auf halber Klippenhöhe oberhalb der kleinen Sandbucht entlang und dann weiter hinunter zum Meer, keinesfalls jedoch hinauf zur Festung. Der Weg war eine Sackgasse und wird wohl hauptsächlich von den Anglern benutzt, die hier und da zu sehen waren.
Um weiter zu kommen, musste ich etwa 300 Meter zurück, beschwerlich genug aufgrund des steilen Pfades. Doch zum Laufen war ich ja schließlich unterwegs, also ging ich wieder hinauf und in Richtung Festung.
Ende des Hotel-Strandes, bei Ebbe schön breit
Oben die Fortaleza. Dieser Weg führt zum Meer.
Die Prainha das Pocas, hinten Praia da Mareta
Der Zugang zu der kleinen Sandbucht ist sehr steil und nichts für Spaziergänger oder normale Bade-Urlauber. Die kleine Bucht ist gewissermaßen die fast unzugängliche Fortsetzung der Hotel-Bucht. Wer den Zugang über den schrägen Klippenfels nicht scheut, hat Ruhe und besten Sichtschutz. Für mich war das heute kein Thema, ich wollte zur Festung.
An dieser Stelle schiebe ich einige Infos zu Heinrich der Seefahrer (Henrique el Navegadór) ein, da sein Leben und Wirken fest mit Sagres, mit der Festung und vor allem mit der Entwicklung Portugals zur Seemacht verknüpft sind:
Prinz Heinrich (Infant Henrique bzw. Prince Henry) lebte im 15. Jh.. Er wurde am 4. März 1394 als dritter Sohn des Königs von Portugal (König Johann der I. bzw. König Dom João I.) in Porto geboren. Seine Mutter war Dona Filippa von Lancaster. Heinrich hatte als drittgeborener keine Aussicht auf die Krone. Er war aber vom Heiligen Stuhl ernannter Großmeister der Christusmiliz (Militia Jesu Christi, Nachfolge des aufgelösten portugiesischen Templer-Ordens) und bestritt daraus die Expeditionen zur Entdeckung und Kolonialisierung entlang der afrikanischen Küste und weiterer Gebiete.
Heinrich war kein Seefahrer. Nur ein einziges Mal war er auf See, um 1415 das maurische Ceuta zu erobern. Zu Zeiten Heinrichs war die Erde noch flach, die Navigation nach den Sternen war nur ansatzweise möglich und Seeungeheuer verschlangen die Schiffe flottenweise, so die Überlieferung. Viele Expeditionen schlugen fehl, viele Schiffe kamen nicht zurück. Fakt ist, die Seefahrt steckte noch in den Kinderschuhen.
Doch Heinrich war ein Visionär Portugals. Er läutete das Zeitalter der Entdeckungen Portugals ein. Vor Heinrichs Zeit war der portugiesische Handel hauptsächlich auf den Mittelmeerraum beschränkt. Mit der Eroberung von Ceuta Ende Juli 1415, bei der Heinrich als junger Mann an der Seite seines Bruders Pedro heldenhaft mitkämpfte, begann Portugal seinen Machtbereich auszuweiten. Ceuta, eine Stadt auf der afrikanischen Seite der Straße von Gibraltar gelegen, war damals militärisch und wirtschaftlich bedeutend. Jetzt konnte Portugal den über Gibraltar führenden Handel kontrollieren und sichern. Die islamische Piraterie erlitt einen herben Rückschlag.
1419 wurde Prinz Heinrich zum Gouverneur der Algarve ernannt. Er organisierte nun die Entdeckungsfahrten an die westafrikanische Küste. Madeira und umliegende Inseln wurden kolonialisiert und 1427 die Azoren entdeckt. Danach werden gegen kastilische Ansprüche die Kanarischen Inseln besetzt. 1433 stirbt Heinrichs Vater und Heinrich siedelt endgültig an die Algarve.
Heinrich der Seefahrer. © Quelle Wikipedia, gemeinfrei 1
Schon 1434 gelang erstmalig die Umschiffung des Kaps Bojador. Da zuvor 15 Versuche scheiterten, wurde das Kap Bojador auch "Kap ohne Wiederkehr" genannt. Nicht verwunderlich, da das Kap 1300 Kilometer südwestlich vom heutigen Sagres liegt. 1441 kamen die portugiesischen Schiffe schließlich bis zum Kap Blanco, das liegt 650 Kilometer südwestlich vom Kap Bojador.
Diese Erfolge Heinrichs verschafften ihm 1443 das Monopol für die Erkundung und den Handel von Westafrika. Die vom regierenden Bruder Pedro gegebenen Vorrechte wurden von der damals ebenso mächtigen Kirche bestätigt.
Vom Papst Eugen IV. wurden der Christusmiliz in 1443 alle Inseln zugesprochen, die vom Großmeister Heinrich erobert wurden oder zukünftig erobert würden. 1452 bestätigte Papst Nikolaus V. das Eigentumsrecht Portugals an den derzeitigen und an zukünftigen Eroberungen. Die eroberten Inseln, Küsten und weitere östliche Gebiete seien unantastbares Krongut Portugals.
In der Folge drangen die Schiffe Portugals 1444 bis Arguin, 1445 bis zum Cabo dos Mastos, 1446 bis zur Gambia-Fluss-Mündung und weiter bis zum Fluss Geba vor. Als Heinrich starb, waren die afrikanische Küste bis etwa Sierra Leone (ca. 8° N) und der Atlantik bis zur Sargassosee (ca. 40° W) entdeckt.
1458 erobert Heinrich nach 8 Tagen mit 250 Tausend Mann die Stadt Alcãcer Seguer. Nach der Festnahme seines Bruders Fernando 1437 in Tanger und dessen Tod nach 11-jähriger Gefangenschaft war dies ein später Triumph über die Mauren. Denn Heinrich hatte es abgelehnt, seinen Bruder im Tausch gegen Ceuta auszulösen.
Die Kapverdischen Inseln wurden erst 1460 erreicht. Die westafrikanische Küste war nun kein unbekanntes Land mehr. In Lagos entstand der erste Sklavenmarkt Europas.
Heinrich starb 1460. Erst 1488 fand man den Seeweg um Afrika (Kap der Guten Hoffnung) und 1498 nach Indien.
Prinz Heinrich kam durch die Eroberungen und die entsprechenden päpstlichen Vollmachten zu großen Reichtümern. Doch auch die einfachen Leute der Algarve mussten ihren Beitrag leisten. Heinrich hatte z.B. das alleinige Recht zum Thunfischfang. Jeder "Zehnte" der Fischer ging an Heinrich.
Die Verdienste der Christusmiliz unter der Leitung Heinrichs bei der Ausweitung der von Portugal beherrschten Welt wurden vom Papst Calixtus III. und später 1514 vom Papst Leo X. bestätigt und festgelegt, dass über alle eroberten Gebiete der Christusorden Portugals die kirchliche Oberleitung erhielt. Der Christusorden war für die Missionierung der Heiden und Muslime außerhalb und innerhalb Portugals zuständig. Damit war der Grundstein zum portugiesischen Patronatsrecht über die Kirche Afrikas, Indiens und Chinas gelegt. 2
Im letzten Drittel seines Lebens widmete sich Heinrich vornehmlich der Weiterentwicklung der Seefahrt. Er zog sich in die Algarve zurück. Als er die Seefahrerschule gründete, waren zu Diensten Heinrichs in der Nähe Neusiedler nötig. Doch an einem so unwirtlichen Ort, wie es die Süd-West-Spitze Portugals schon immer war, wollte sich niemand niederlassen. Heinrich sicherte Verbannten Straffreiheit zu, wenn diese sich in Vila do Infante ansiedeln. Vila do Infante bedeutet Stadt des Prinzen und ist das heutige Sagres (sagris = heilig). Ein Franziskanerkloster mit Krankenhaus wurde gegründet. Das kleine Dorf gewann für die Seefahrt zunehmend an Bedeutung. Hünensteine aus dem 3. Jh. vor Christus belegen, dass dieser Ort eine alte Kultstätte und schon seit Urzeiten besiedelt war.
Das "Ende der Welt". (Foto einer Werbetafel)
Fortaleza heute. (Foto einer Tafel am Fortaleza-Eingang)
Portugiesische Karavelle um 1500. © Quelle Wikipedia (Public Domain Mark 1.0, gemeinfrei) 3
Denkmal der Entdeckungen in Lissabon (Ausschnitt mit portugiesischen Entdeckern, Prinz Heinrich an der Spitze). © Author: Plenumchamber 2007 (CC BY 3.0) 4
Das heutige Sagres entstand erst im 19. Jh., da der Ort 1755 durch ein großes Erdbeben völlig zerstört wurde. Das Erdbeben war die bisher größte Naturkatastrophe Portugals. Das Epizentrum lag vor der Küste zwischen Faro und Tavira. Die Flutwelle drang über 6 Kilometer in das Landesinnere vor und zerstörte auf ihrem Weg die meisten Häuser. Tausende Portugiesen fanden den Tod.
Auf der Ponta de Sagres (kleine Halbinsel von Sagres) steht die Festung. Die Fortaleza gab es schon vor Heinrichs Zeit. Heinrich richtete hier seine Seefahrerschule ein.
Die Festung diente also nicht nur Verteidigungszwecken, sondern beherbergte Zeitgenossen mit hohem Wissen über Schiffsbau, Kartografie, Astronomie, Handel u.a. So waren auch Martin Behaim aus Nürnberg und Christoph Columbus auf der Festung. Unter Heinrich wurde viel Wissen zusammengetragen und fachgebietsübergreifend weiterentwickelt. So wurde z.B. die Karavelle neu entworfen und 1441 erstmalig gebaut. Sie war jetzt ein wendiger, schneller und hochseetüchtiger Schiffstyp.
Heinrich der Seefahrer (1394 - 1460), überlebensgroße Statue im Zentrum von Sagres (eingeweiht 2009)
Schüler von Heinrich waren u.a. Magellan, Cabral und Vasco de Gama, die später Portugal zum Höhepunkt seiner Macht führten.
Heinrich war schon zu Lebzeiten ein Heiliger. Er blieb kinderlos und trank keinen Alkohol. Er starb am 13. November 1460 in Raposeira (nach anderen Quellen in Sagres), wurde in Lagos in der Igreja St. Maria beigesetzt und später in das Kloster Batalha in die Gruftkapelle König Johanns I. überführt.
Der Tod Heinrichs war auch das Aus für die Seeforschung auf der Fortaleza. Die wissenschaftlichen Aktivitäten wurden nach Lissabon verlegt. Vila do Infante wurde bedeutungslos und blieb lange Zeit im Rang eines kleinen Fischerdorfes.
Beim Überfall unter dem englischen Freibeuter Sir Francis Drake im Jahre 1587 wurden Festung und Sagres zum großen Teil zerstört (auch das Franziskanerkloster). Leider wurde auch die große Bibliothek Heinrichs vernichtet. Dadurch sind viele Spuren der Arbeit Heinrichs ausgelöscht. Überlieferte Informationen stammen entweder von Zeitgenossen oder späteren Berichten.
1 Bild: Heinrich der Seefahrer, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Henry_the_Navigator1.jpg, Ausschnitt aus einem Werk des portugiesischen Malers Nuno Gonçalves, 15. Jh. Foto des Werkes: From the Polytriptych of St. Vincent in the National Museum of Ancient Art, Lisboa.
Lizenz: https://creativecommons.org/publicdomain/mark/1.0/deed.de
(Public Domain Mark 1.0, gemeinfrei). Zuschnitt/Farbanpassung: Peter E. Burkhardt, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
2 Quelle: Katholisches Kirchenportal, http://www.kath-info.de/seefahrer.html (H. d. Seefahrer).
Allgemeine Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_der_Seefahrer
3 Bild: Portugiesische Karavelle um 1500, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Karavelle.png,
Lizenz: https://creativecommons.org/publicdomain/mark/1.0/deed.de
(Public Domain Mark 1.0, gemeinfrei). Zuschnitt/Farbgebung/Dateityp: Peter E. Burkhardt, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
4 Bild: Denkmal der Entdeckungen in Lissabon, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Padr%C3%A3o_dos_Descobrimentos2.jpg,
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.en (CC BY 3.0). Description original: Monument to the Discoveries is a monument that celebrates the Portuguese who took part in the Age of Discovery of the 15th and 16th centuries. It is located on the estuary of the Tagus river in the Belém parish of Lisbon, Portugal, where ships departed to their often unknown destinations.
Zuschnitt/Farbanpassung: Peter E. Burkhardt, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Nach den obligatorischen Fotos der Umgebung hörte ich in der Eingangspforte "Today is free". Ich hatte Glück. Heute zum Sonntag wird kein Eintritt verlangt. Ob dies an jedem Sonntag so ist, kann ich nicht sagen. Nun stand mein Plan fest: Ich schaue mir die Festung und den ganzen Komplex genauer an.
Beim letzten Besuch waren die Batterien des Fotoapparates leer und auch sonst haben wir auf vieles verzichtet, was man besichtigen kann. Heute habe ich ausgiebig jede Ecke erkundet sowie viele Fotos und Videos gemacht.
Die Festung hat eine bewegte Geschichte. Erste Wehranlagen wurden von den Mauren erbaut. Prinz Heinrich erweiterte sie zur Festung, vor allem auch zum Schutz des neu gebauten Franziskanerklosters. Doch bereits 1587 wurden die Festung, das Kloster und Vila do Infante (Sagres) zum großen Teil von der englischen Flotte unter Sir Francis Drake zerstört. 1632 war aber alles schon wieder aufgebaut. Die nächste Katastrophe kam 1755 mit dem großen Erdbeben. Die Zerstörungen waren insbesondere durch die riesige Flutwelle so groß, dass das Fort aufgegeben wurde. 1793 erfolgte eine Renovierung.
Erst zum 500. Todestage von Prinz Heinrich wurde 1960 die Anlage auf den alten Fundamenten neu errichtet, aber nicht vollständig. Einige Festungsreste aus dem 17. und 18. Jh. wurden abgerissen. Es sollte ein Wiederaufbau entsprechend der historischen Bausubstanz erfolgen. Allerdings wurde das Bauvorhaben gestoppt. Deshalb sieht der große Platz innerhalb der Festung so leer aus.
Ein modernes, aber nicht schönes, Ausstellungsgebäude wurde als Besucherzentrum eingerichtet. Dort kann man einen Film über Sagres und die Seefahrt sehen (englische Untertitel). In der linken Gebäudeseite waren früher Pferdeställe, heute ist dort eine Ausstellung. Das rechte Gebäude enthält eine Cafeteria, einen Souvenirladen und im 1. Stock neben Souvenirs eine umfassende Literatursammlung zur Geschichte Portugals (Seefahrt, Archäologie u.a.).
Beeindruckend ist das weit ins Meer ragende Klippenmassiv Ponta de Sagres von 1000 Meter Länge, 300 Meter Breite und 60 Meter Höhe. Die Festung mit dem Tor steht am Anfang der Landzunge und sperrt so die Halbinsel ab.
Eingang der Festung
Haupttor, 1793 von José de Sande Vasconcelos restauriert
Besucherzentrum, vorn die Windrose, rechts das Haupttor
Das Festungsmassiv (Ostseite)
Igreja de Nossa Senhora da Graça
Der Altar ist aus Holz und vergoldet.
São Vicente (Heiliger Vincent), 17. Jh.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die kleine Kirche, die Igreja de Nossa Senhora da Graça (Church of Our Lady of Grace), die auf dem Fundament der von Heinrich gebauten St. Mary steht. Sie ist natürlich immer geöffnet und lädt zu einer kurzen Andacht ein. Besonders wenn keine Besucher da sind, kommt die längst vergangene Zeit zurück.
An diesem Ort hat auch Prinz Heinrich gebetet.
Nossa Senhora da Graça
São Francisco (Heiliger Franziskus)
Auch ohne die Möglichkeit, eine Kerze anzuzünden, spürte ich unter dem kühlen Kirchgewölbe die spirituelle Nähe von Prinz Heinrich. Seine Bitten auf Hilfe hatten sicherlich mit Macht und Eroberungsträumen zu tun, mein Denken dagegen wurde in der Stille erfasst von Wehmut und Traurigkeit, dass ich diese Reise allein machen musste.
Die heutige "Kirche der Jungfrau der Gnaden" (Church of Our Lady of Grace oder auch Chapel of Our Lady of Grace) geht auf einen Neubau im Jahre 1570 zurück, der auf dem Fundament des Originalbaus Santa Maria errichtet wurde. Die St. Mary hatte Prinz Heinrich im Jahre 1459 bauen lassen. Während des Erdbebens 1755 wurde die Kirche stark beschädigt, wieder aufgebaut und dann mehrmals restauriert.
In der Kirche steht die Skulptur vom Heiligen Vinzenz. Es ist der Heilige der Seeleute und Winzer. Er fand im Jahre 304 den Märtyrertod. Im 12. Jh. soll ein Schiff mit seinem Leichnam am Kap gestrandet sein. Die Skulptur stammt ursprünglich aus dem Kloster am Kap Sankt Vinzenz.
Im linken Grab liegt der spanische Kommandant Dom Diogo Mísia Chirinos der Festungen von Sagres und São Vicente. Er starb am 14. Dezember 1627.
Im mittleren Grab liegt der Generalleutnant Álvaro Ascenso Barreto. Er war zwischen 1655 und 1663 Gouverneur (Kommandant) der Festung von Sagres und gehörte zum Ritterorden Santiago. Er starb am 16. November 1663.
Rechts liegt Juan Fernandes de Luna, einst Kompanie-Chef des Castelo de São Jorge in Lissabon (Lissabons älteste Burg). Er half mit seinen Männern im Jahre 1587 bei der Verteidigung der Fortaleza, als Sir Francis Drake die Festung angriff. Er starb am 29. Februar 1589.
Der spanische König Philip II. plante die Invasion Englands. Dazu sollten Schiffe aus Cadiz nach Lissabon auslaufen, um sich der Angriffsflotte anzuschließen. Sir Francis Drake zerstörte jedoch die Schiffe schon im Hafen von Cadiz. Weiterhin zerstörte er im Jahre 1587 große Teile der Befestigungsanlagen an der Südküste und machte auch vor den Thunfisch-Fischerbooten nicht halt, um so die Versorgung der Angriffsflotte zu erschweren. Lagos konnte sich allerdings erfolgreich verteidigen.
Da der Freubeuter Drake die See am Kap São Vicente kontrollieren wollte, landete er mit 800 Mann an, um die Sagres-Festung einzunehmen. Die Festungstruppe musste sich ergeben, ein Teil der Festung wurde zerstört, 8 Kanonen fielen in Drakes Hände. Auch die Festungen Forte do Beliche und São Vicente konnten nicht stand halten.
Kirche der Jungfrau der Gnaden
Die Kirche steht an der Westseite der Festung
Grabstätten im Kirchenboden
Blick auf Kirche und Besucherzentrum vom Süden aus
Die Kanone ist alt, aber bestimmt nicht aus Heinrichs Zeit.
Beeindruckend ist auch die Rosa dos Ventos, die kompassartige Windrose, die mit einem Durchmesser von 39 (bzw. 43) Metern im Festungshof zur Zeit Heinrichs angelegt wurde. Allerdings hat sie 42 Segmente. Üblich bei Windrosen sind aber 32 Segmente. Der Kreis könnte deshalb auch eine Sonnenuhr gewesen sein. Das mit Steinen markierte Objekt wurde erst 1928 freigelegt.
Dieser hässliche Betonweg führt entlang der Küste rund um das Festungsmassiv. Vor einigen Jahren war der Weg nur gepflastert. Jetzt überzieht ihn zusätzlich eine Betondecke. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis der Weg geteert ist und mit Autos befahren wird. Hoffentlich nicht! In dem Bestreben, beim Touristen Wohlgefallen auszulösen, wird die Natur immer mehr "zivilisiert". Aber will das der Tourist wirklich? Nicht umsonst suchen Menschen zunehmend einsame Gegenden auf, um Ruhe und Natur zu genießen. Doch wie kann ich Natur genießen, wenn die Waldwege eines Tages geteert sind und Shuttle-Busse mich von einem Jagen zum anderen fahren? Ich glaube, das ist die falsche Richtung. Renaturierung ist das Zauberwort, nicht Zivilisierung. Übrigens, das Geländer am Weg ist auch neu. Hoffentlich wird nicht die ganze Algarve eingezäunt. Klippen sind überall.
Am südlichen Ende des Plateaus steht ein kleiner Leuchtturm. Außerdem sind mehrere Spalten im Fels, die bis tief hinunter zum Meer reichen. Auch diese hat man mit Holzbarrieren abgesichert. Wirklich interessant ist aber die Flora, die natürlich nur beim aufmerksamen Betrachten auffällt. Höhepunkt ist schließlich der unvergleichlich schöne Rundblick an der Südspitze. Drei Seiten Meer, stets frischer Wind um die Nase und meistens (so wie heute) strahlende Sonne. Was will man mehr!
Windrose (Rosa dos Ventos) aus dem 15. oder 16. Jh.
Der über 3 km lange Rundweg auf dem Festungsmassiv
Am Ende des Plateaus blickt man an 3 Seiten aufs Meer
Die Flora trotzt den unwirtlichen Witterungsbedingungen.
Die Spalten reichen teilweise bis zum Meer.
Sehenswert bzw. erlebenswert sind die Spalten im vorgelagerten 60 Meter hohen Felsmassiv, durch die man das Meeresrauschen wahrnehmen kann. Die Geräusche des Wellenschlags werden durch die unterirdischen Hohlräume und den felsigen Kamin noch verstärkt. Bei jeder ankommenden Welle bläst ein kräftiger Aufwind ins Gesicht des nach unten schauenden Betrachters. Zieht sich das Wasser wieder zurück, gurgelt und zischt es und die Luft pfeift von oben hinunter in den Schacht.
Es existieren, ich glaube, drei dieser Kamine. Einer ist mit Mauern in Form einer Schnecke umgeben. Dadurch werden die Geräusche vom Meer noch verstärkt. Die anderen Spalten sind mit Geländern gegen Absturz gesichert. Man sagt, bei Sturm schnaubt und brüllt ein Ungeheuer aus der Tiefe.
Es ist der Sagres-Drache, der da schnaubt, faucht, grunzt, gurgelt und brüllt, je nach Laune und Wetter. Da "sagris" gleichbedeutend mit "heilig" ist, kann man davon ausgehen, dass es ein heiliger Drache ist. Er lebte, lebt und wird ewig leben im Untergrund des Massivs. Er zieht mit seinen Geräuschen jährlich viele Touristen an. Selbst wenn die See scheinbar glatt wie ein Spiegel ruht, ist der Atem des Drachens zu hören. Das heilige Sagres und sein Fortaleza-Drache, zusammen mystisch nahe am ENDE DER WELT, ist eine Verbindung für die Ewigkeit.
Das Klippen-Angeln ist ein beliebter Sport der Portugiesen. Es gibt viele, die diese hohe Kunst des Angelns beherrschen. Ob auch Touristen auf dem Festungsmassiv angeln dürfen, weiß ich nicht. Auf jeden Fall braucht man eine behördliche Genehmigung. Die Polizei kontrolliert das regelmäßig. Die Angler sind erfolgreich. Im brodelnden Wasser tummeln sich viele Fische, da sich hier das warme Algarve-Wasser mit dem kalten Wasser der Biskaya trifft. Der Fischreichtum wiederum lockt Haie und Schwertfische an.
Besonders fiel mir eine ältere Portugiesin im bunten Kleid beim Klippen-Angeln auf. Wie diese alte Frau die Angel mit Schwung in das bis 60 Meter weiter unten schäumende Wasser warf, war eine Augenweide. Sie muss das mindestens schon tausend Mal gemacht haben, denn vor Kraft strotzte sie wahrlich nicht. Sie war eher klein, zierlich und braungebrannt.
Dieser Schneckengang umschließt die Öffnung zum Meer.
Eine der Spalten, aus der bei Sturm ein Ungeheuer brüllt
Das Plateau-Ende, kein Problem für Klippenangler
Zum Angeln auf der Festung braucht man eine Lizenz.
Der kleine Leuchtturm steht wie üblich weit vorn am Plateau-Ende, ist aber nur von außen zu besichtigen. Er blinkt nachts regelmäßig, so auch jetzt, während ich schreibe und aus dem Fenster schaue. Die Festung wird nachts per Scheinwerfer angestrahlt, so das sich ein beeindruckendes Bild ergibt. Aufgrund der modernen Bauart des Turmes ist zu vermuten, dass es kein altes Objekt ist.
Trotz der rauhen klimatischen Bedingungen auf dem Festungsmassiv sind selbst im Oktober noch einige blühende Pflanzen zu sehen. Die Vegetation ist das ganze Jahr über aktiv. Im Sommer leben die Pflanzen von dem in ihren fleischigen Blättern gespeicherten Wasser. Im Winter gibt es wegen des warmen Meeres keinen Frost, so dass auch in dieser Jahreszeit das Wachstum nicht ins Stocken kommt.
Man könnte denken, dass die fleischigen Bodendecker wegen dem trockenen Klima eine einheimische Pflanze ist. Das ist aber nicht so. Die Hottentottenfeige ist eine essbare Mittagsblume und gehört zur Familie der Mittagsblumengewächse. Die Pflanze gab es früher im Mittelmeerraum überhaupt nicht. Sie wurde eingeschleppt und ist sehr invasiv, d.h. sie breitet sich dort, wo sie einmal Fuß gefasst hat, jährlich ein Stück weiter aus und verdrängt dabei andere langsamwüchsige Pflanzen. Das ist an manchen Stellen durchaus erwünscht, da sie extra zur Befestigung von Sanddünen angepflanzt wurde. Die auch als Hexenfinger bezeichnete Pflanze ist sehr genügsam und besiedelt sogar karge Klippenböden. Die Portugiesen nennen die Pflanze Tojo. Essbar sind die feigenähnlichen Früchte, die z.B. zu Marmelade verarbeitet werden. Aber auch der Pflanzensaft und das Pflanzenmark sind medizinisch nutzbar. Es besteht eine antiseptische Wirkung, deshalb benutzt man den Saft zur Reinigung von Wunden. Die Pflanze soll auch bei Ohren- und Zahnschmerzen helfen.
Neben der Pflanzenwelt gibt es viele Kleinigkeiten zu sehen, die auf den ersten Blick garnicht so auffallen. Man könnte ein Buch allein über die Festung schreiben. Gut, dass alle Schautafeln auch in Englisch geschrieben sind. Wenn ich auch nicht alles verstanden habe, fotografiert habe ich alle Texte. Es wartet also zu Hause noch viel Arbeit, das Gesehene auszuwerten.
Der Fortaleza-Leuchtturm sieht modern aus, Baujahr?
Die Hottentottenfeige (Carpobrotus edulus)
Die fleischigen Blätter speichern Wasser und können auch als Heilpflanze genutzt werden.
Die Pflanze stabilisiert zwar den Sandboden, breitet sich aber teilweise ungewollt aus und verdrängt die heimischen Pflanzenarten.
Nach ca. 3 Stunden Festungsbesuch (inklusive Brotzeit) wanderte ich weiter, immer auf den Klippen, tief unter mir das verhältnismäßig ruhige Meer. Plötzlich tat sich eine relativ große Sandbucht auf (nicht ganz so groß wie die Hotel-Bucht) und ich entdeckte viele Surfer. Sie versuchten, die lang anrollenden Wellen auszunutzen. Offensichtlich waren auch Teilnehmer einer Surfschule dabei. Der Strand nennt sich Praia do Tonel und ist etwa 330 Meter lang.
Weiter vorn kam ich dann an den Zugang zur Bucht. Der Strand ist mit Auto erreichbar, alles war zugeparkt. Eine kleine gut besuchte Strandbar ist auch vorhanden. Bis zum Wasser bin ich nicht gegangen, mir waren es zu viele Leute.
An Ortsausgang von Sagres Richtung Kap kann man von der Straße aus wieder auf die Klippen gehen. Nun wird der Blick frei auf den hinteren Teil des Praia do Tonel. Diese kleine separate etwa 95 Meter lange Bucht ist nur bei Ebbe entweder vom Praia do Tonel aus durch knietiefes Wasser zugänglich, oder man läuft an der Westseite der Bucht auf der steilen Felsplatte hinunter. Bei Ebbe ist dann der Gang zum Strand möglich, bei Flut dagegen nicht.
Menschenleeres Paradies, anders kann dieses Stück rauhe Schönheit nicht bezeichnet werden. Trotz Nähe zu Sagres findet der Einsamkeit liebende Asket hier Ruhe und andächtige Hingabe. Das gleichmäßige Rauschen und Klatschen der Wellen lässt Zivilisationslärm völlig in den Hintergrund treten.
Generell sind um Sagres und an der Atlantik-Küste Richtung Norden nur etwas wetterfestere Leute anzutreffen, die aber das rauhere Klima gerne in Kauf nehmen, um andererseits eine gewisse Freiheit zu spüren, die in reinen Urlaubs- und Touristengebieten so nicht zu finden ist. Der Wind und das auch im Sommer recht kühle Meer stört manchen Normal-Urlauber, so dass eben mehr Platz bleibt für Surfer, Wanderer und Ruhe suchende Naturfreunde.
Allerdings nimmt der Tourismus auch an der Costa Vicentina mit jedem Jahr immer mehr zu. Besonders in den Monaten Mai bis September sind die früher halbleeren Parkplätze voll belegt und an den leicht zugänglichen Stränden findet normaler Badeurlaub statt. Wer wirklich nahezu allein sein will, muss jetzt die Wintermonate nutzen. Und das geschieht auch.
Praia do Tonel, Blick vom Festungsmassiv
Auffällig ist der sandsteinartige rostrote Fels.
Der hintere Teil des Praia do Tonel (fast unzugänglich)
Durch Felsabbrüche und die Kraft des Wassers sind oft bizarre Tiere und Fabelwesen zu entdecken. Überall haben Wasser, Salz und Wind ihre Spuren hinterlassen. Kein Mensch könnte schaffen, was die Natur schafft: Unendliche Vielfalt! Vielleicht hat auch so mancher Natur-Gott sein Abbild in den Stein gehauen – zur ewigen Mahnung an uns, wer hier wirklich das Sagen hat.
Am Ortsausgang von Sagres in Richtung Kap (Cabo de São Vicente) ist rechter Hand ein einstöckiger Gebäudekomplex sichtbar, dessen vorderseitige Wände mit lauter bunten Keramiktellern verziert sind. Es ist ein relativ großer Keramik- und Sonstwas-Laden.
Die vielen Verkaufsregale waren gut und übersichtlich gefüllt. Im Laden ist so ziemlich alles zu finden. Wie gesagt, jede Menge Keramik (Teller, Tassen, Vasen, Skulpturen, ganze Service-Sets usw.), aber auch Haushalt-Textilien, Tischdecken, Bilder, Figuren aus Stroh, Strohblumen, Schilder, Postkarten, Bücher und vieles andere. Die ganze Anlage sieht relativ neu aus und wird durch große ca. zwei Meter hohe Vasen (ähnlich Amforen) markiert.
Das Töpfererbe der Algarve geht auf die Römer, aber auch auf die Kelten und Mauren zurück. Empfohlen wird ein Besuch der Töpferei Olaria de Porches. Dort soll 1000 Jahre alte Majolika-Technik zu sehen sein.
Keramikladen in Sagres an der Straße zum Kap
Dekoratives und markantes Corporate Identity
Der Name ist Programm.
Passend kreierte und zusammengestellte Motive
Oft sind portugiesische Landmotive zu finden.
Nur volle Regale. Wer nichts findet, ist selber schuld.
Gegenüber vom Keramikladen hat man an der Küste einen herrlichen Ausblick sowohl nach Westen in Richtung Kap als auch nach Süden in Richtung Festung. In der Nähe ist ein relativ großer (wilder) Parkplatz, den ich mir für den nächsten Tag vorgemerkt habe. Denn es war für mich Zeit, den Rückweg anzutreten. Bis zum Leuchtturm wäre es zu weit gewesen. Ich hätte bestimmt noch etwa 6 Kilometer laufen müssen und dann wieder zurück. Dazu kommt noch der Weg durch Sagres bis zum Hotel. Von dem Parkplatz aus werde ich morgen meine Wanderung am Meer bzw. oben auf den Klippen fortsetzen. Das sind dann nur etwa 12 Kilometer.
Der Rückweg führte mich über den großen öffentlichen Parkplatz vor der Festung. Und was sehe ich da: Einen für Reisezwecke optimierten LKW, am offenen Seiteneingang eine 3-stufige Treppe, an der Seite Tisch und 2 Stühle, Wasserbehälter und andere Reiseutensilien.
Dieser LKW sah ähnlich aus wie der LKW des Reise-Berichterstatters "My Home is my Car and my Garden is the World". Auf dieser Web-Site berichtete ein junger deutscher Aussteiger, wie er mit 17 begann, per selbst ausgebautem LKW die Welt zu erkunden. Ich habe seine Berichte aufmerksam und mit Hochachtung gelesen. Er hat mit dem LKW vor allem osteuropäische Länder bereist (auch Türkei und weiter östlich). Und nun stand der LKW mit einem D-Kennzeichen vor mir, so glaubte ich jedenfalls im ersten Augenblick.
Neugierig beäugte ich das Gefährt und schlich um das Auto herum. Niemand war zu sehen, nur ein großer brauner Hund lag an der Treppe, der mich argwöhnisch beobachtete. Ich wollte keine Konfrontation.
Also lief ich wenige Schritte weiter, bis mir ein kleinerer schwarzer Hund entgegenkam und sich vor mir auf den Rücken legte, um gekrault zu werden. Mit seitlichem Blick sah ich eine Frau, die vor einem großen Wohnmobil saß, wieder am Tisch mit mehreren Stühlen. Ich hatte das D-Kennzeichen schon gesehen. So fragte ich sie, ob ich den Hund anfassen (streicheln) darf. Sie bejahte. Der Hund war wirklich ein netter und fühlte sich offensichtlich wohl auf dem warmen Pflaster mit meiner kraulenden Hand auf der Brust.
Küste Richtung Festung (Standort nahe Keramikladen)
Küste Richtung Kap (Standort nahe Keramikladen)
Der Fortaleza-Parkplatz ist groß und extra für Wohnmobile gebaut worden. Ich nehme an, man hatte da hauptsächlich die Festungsbesucher im Blick. Übernachtungen werden toleriert, diesbezügliche Verbotsschilder gibt es nicht. Da der Parkplatz auf dem Plateau liegt, weht immer der Wind. Das Meer ist auch recht weit und außerdem tief unten. Die Natur ringsum ist gepflastert und tagsüber sind viele Leute und Autos unterwegs. Insgesamt ist es kein guter Platz für Dauer-Camping. Vorteile: Es gibt Müllcontainer, der Platz ist beleuchtet, es sind keine Gebühren fällig.
Plötzlich kam ein älterer Mann hinter dem Wohnmobil hervor und begann sich für mich zu interessieren. Was das für ein LKW sei, wollte ich wissen. "Das ist mein Sohn", antwortete er. Und schon kam auch sein Sohn um die Ecke, dunkelbraun gebrannt und über und über tätowiert. Nach kurzer Unterhaltung, in der ich deutlich machte, dass auch ich mit dem Auto hier sei, fragte ich, ob es keine Probleme mit der Polizei gebe, wenn man hier auf dem Parkplatz übernachtet. Denn das taten sie offensichtlich, und wie ich später feststellte noch mehr Wohnmobil-Besitzer. Nein, sie hätten noch nie Probleme gehabt. Ich tat so, als wenn dies auch für mich eine Option wäre, wohl wissend, dass dies nie der Fall sein würde.
Zufahrt zur Fortaleza de Sagres mit den Parkplätzen für PKWs, vorn nach rechts geht es zum Caravan-Parkplatz.
Der Weg zurück bis zur Hotel-Bucht war aufgrund jeder möglichen Abkürzung, die ich nahm, nicht so lang wie der Hinweg. Unten am Meer angekommen zog ich Strümpfe und Schuhe aus und begann, im knöchel- bis knietiefen Wasser im Meer entlang zu laufen. Das tat gut. Ich lief zuerst in die dem Hotel entgegengesetzte Richtung bis zum Buchtende, dann zum anderen Ende und dann wieder zurück bis zum Trampelpfad am Telheiro Do Infante, der auf kürzestem Wege nach oben führt.
Trotz des frühen Abends war ich fast allein am Strand. Zwar ist der Mareta-Strand schon aufgrund seiner Größe nie überlaufen, aber jetzt im Oktober sind auch wegen der Temperaturen noch weniger Leute da. Bei gutem Wind vom Süden ändert sich das. Dann ist es Zeit für's Surfen.
Das Laufen in Wasser und Sand trainiert nicht nur die Fußmuskulatur, es fördert auch den Gleichgewichtssinn. Das ständige Auf- und Abschwellen des Wasserspiegels in Verbindung mit dem an- und abfließendem Wasser stellt erhöhte Anforderungen an die eigene Standsicherheit. Manchmal war die seewärts gerichtete Strömung ziemlich stark, so dass ich schon aufpassen musste, um nicht nasse Sachen zu bekommen.
Juchhe, das erste Mal seit Jahren wieder im Meer, wenn auch nur mit den Füßen! Die Wassertemperatur ist nicht allzu hoch, vielleicht 18° bis 19°C. Für mich sind Küste und Meer das Beste, dort fühle ich mich am wohlsten und frei.
Die Gewissheit, dass hoch oben, aber doch sehr nahe, eine komfortable Unterkunft mit Dusche und Abendessen auf mich wartet, verstärkte dieses Glücksgefühl noch.
Der Hotel-Strand (Praia da Mareta) ist selten voll. Wegen des breiten Strands, der windgeschützten Lage und des flach abfallenden Ufers ist der Mareta-Strand vorzüglich für Familien mit Kindern geeignet. Aber auch Surfschulen geben hier ihren Unterricht, natürlich nur bei mäßigem Südwind. Die Übungen kann ich sogar vom Hotel aus beobachten.
Mareta-Strand mit dem Restaurante Telheiro Do Infante, oben das Hotel. Auch dieses Restaurant hat sich auf das Surf-Schooling spezialisiert, kein Wunder mit dem Meer vor der Tür.
Es war kurz vor 16 Uhr, als ich im Hotel ankam. Die Empfangsdame versuchte sich ein wenig als Lehrerin. Ich hatte schon bei der vorigen Sagres-Reise bemerkt, dass sie besser Deutsch verstand und sprach, als sie zeigte. Es hat den Anschein, dass sie möchte, dass die portugiesische Sprache von den Hotel-Gästen mehr akzeptiert und vor allem auch angewendet wird. Sie grüßt immer portugiesisch und erklärt auch grundsätzlich alles in Portugiesisch, nur notfalls in Deutsch bzw. Englisch. Als ich den Zimmerschlüssel auf Deutsch verlangte, hat sie mir die 307 mehrmals auf Portugiesisch vorgesagt. Als guter Schüler wiederholte ich die 307 mehrmals, um einigermaßen ihre Aussprache zu beherrschen. Aber, ich habe es schon wieder vergessen. Sie gäbe wirklich eine gute Lehrerin ab. Bei der vorigen Reise noch mit braunen Haaren sitzt sie jetzt silbergrau hinter dem Tresen. Wir werden alle älter. Sie mag wohl um die 60 sein. Sie wird in Zukunft "Die Graue Eminenz" heißen.
Im Zimmer (Appartement) angekommen freute ich mich wieder: Immer noch super Wetter, heute waren es bei blankem Himmel in der Spitze bis zu 28°C. Die Sonne scheint abends noch lange bis ins Appartement rein, wenn man will kann man sich auf dem Balkon oder auch im Bett (!) sonnen. Komfortabler geht's nicht.
Die beiden Kreuze kennzeichnen mein Appartement.
Abendstimmung am 27.09.2015 über Sagres
Der Pool ist die ganze Nacht über beleuchtet.
Der Rest des Tages verlief wie üblich und nötig. Duschen, Kaffee kochen (Instant), etwas essen, Geräte an die Ladekabel hängen, aufräumen, faulenzen usw.
Es ist gut, dass ich hier einen Kühlschrank habe. So ist es kein Problem, etwas Vorrat anzulegen. Auch die Weintrauben und anderes Obst bleiben schön kühl. Kochen kommt für mich nicht in Frage. Die Zeit verbringe ich lieber, um aufs Meer zu schauen. Es geht auch so.
Fast täglich ein Sonnenuntergang nach dem Lehrbuch
Abends beim Essen auf dem Balkon zu sitzen, um den Sonnenuntergang zu genießen ist – nicht übertrieben – ein Traum. Mit dem langsamen Verschwinden der Sonne ergießt sich das Abendrot übers Meer und taucht Sagres in ein unbeschreibliches warmes Licht – gerade so, als wolle der Schöpfer Natur und Mensch mit einer warmen Decke schützen.
Nachts wetteifern dann Himmel und Sagres um die schönsten Lichter vor dunkler Ewigkeit.
Die Nacht war nicht so prickelnd. Erstens bin ich durch die Bericht-Schreiberei erst gegen ein Uhr ins Bett gekommen, zweitens wurde ich gegen drei Uhr schon wieder aus dem Schlaf gerissen. Im Appartement unter mir (207) war lautes Hin und Her und dann wurde auch noch auf dem Balkon bei lauter Unterhaltung geraucht. Ich habe Neopren-Anzüge über dem Geländer hängen sehen, es sind also Surfer. Hoffentlich wiederholt sich das Spiel heute Nacht nicht wieder. Ich finde, es ist eine große Rücksichtslosigkeit, nachts so laut zu machen. Die Hotelwände sind ziemlich hellhörig und jedes Stuhl-Rücken hört sich an wie ein schleifender Balken auf hohlen Dielen.
Heute früh habe ich natürlich etwas länger geschlafen, so dass ich wieder erst gegen 11 Uhr das Hotel verließ. Wie geplant bin ich mit dem Auto bis zu diesem wilden Parkplatz am Sagres-Ortsausgang Richtung Leuchtturm gefahren. Von dort aus gings zu Fuß am Meer entlang Richtung Cabo São Vicente. Am Meer entlang wäre schön, wieder musste ich ca. 40 Meter oberhalb auf den Klippen laufen. Viele Buchten und vom Regen verursachte Einschnitte vervielfachen die Weglänge, so dass ich nur langsam voran kam.
Die Aussicht beim Wandern ist mit Blick aufs Meer schön, die Kühlung durch den Wind auch, die sperrenden Metallzäune der militärischen Anlagen aber nicht. Sicher ist so etwas nötig. Zäune mit Stacheldraht erinnern mich aber immer wieder an Gewalt und Unfreiheit, die von vermeintlich Mächtigen anderen Menschen angetan wird. Ja, ich weiß, Zäune sind auch zum Schutz des Umzäunten da, deshalb in diesem Falle meine Akzeptanz.
Es war wieder super Wetter, heute zusätzlich mit einer kräftigen Brise aus östlicher Richtung. Aufgrund des starken Windes hielt sich meine Schweißproduktion in Grenzen. Das Laufen war angenehm. Ich hatte wie am Vortag Sportschuhe an, die zunehmend Probleme machten. Die Sohlen sind viel zu weich, man spürt jeden Stein – und es gibt viele Steine auf dem Weg, manchmal nur felsiger Untergrund. Fazit, bei der nächsten Wanderung werde ich die hohen Wildleder-Wanderschuhe anziehen. Sie sind nicht nur fester und schonend für die Fußgelenke, sondern auch trittsicher.
Der wilde Parkplatz, den ich mir gestern vormerkte.
Oft kann man bis zur Klippe oder direkt zum Meer fahren.
Dieser hässliche Zaun eines militärischen Objekts verdirbt den Blick und versperrt den Weg.
Unterwegs habe ich eine Badebucht entdeckt, die zu Fuß über eine Treppe erreichbar ist. Es ist der Praia do Beliche. Ich kannte die Bucht noch nicht, also ging ich runter, um alles genauer zu inspizieren (sprich zu fotografieren und zu filmen). Am 450 Meter langen Strand gibt es sogar ein kleines Restaurant, das aber nicht geöffnet hatte.
Beim Hochsteigen fiel mir ein wirklich sehr kleiner Hund auf. Er war nicht größer als eine Katze, dafür aber sehr agil. Die Besitzer, eine Frau und zwei Spanier, erlaubten mir, das aufgeregte, manchmal kläffende Tier zu filmen. Die Kommunikation war natürlich wieder eine Katastrophe, ein Drittel englisch, ein Drittel deutsch und ein Drittel mit Händen, Füßen und Mimik. Aber es geht, was ich wissen wollte habe ich erfahren.
Der Hund wird nicht größer. Ich dachte erst, es sei ein ganz junger erst wenige Wochen alter Welpe. Aber nein, er war schon 7 Monate alt. Den Namen der Rasse habe ich zwar phonetisch verstanden, aber schon wieder vergessen. Jedenfalls war es ein kleines kurzhaariges hellbraunes Tier. Er hätte bequem in jeder Damenhandtasche Platz gehabt. Auffällig sind seine großen Ohren. Ob er dementsprechend gut auf seinen Besitzer hört, sei dahingestellt. Man muss sowas mögen, um es zu lieben.
Praia do Beliche, eine Badebucht Richtung Ende der Welt
Der Stand ist etwa 450 m lang und bei Ebbe sehr breit.
Man muss sowas mögen, der Handtaschen-Hund
Und immer wieder Blümchen, auch im September
Der Besitzer des Handtaschen-Hundes, Zugang zum Strand
Das Wandern ist nicht nur wegen der Hitze steinig.
Das Meer war durch den Wind ziemlich aufgewühlt, ich musste ständig aufpassen, die Mütze nicht zu verlieren. Heute hatte ich übrigens die langen Jeans angezogen, die kurzen Jeans gestern waren Ursache für leichte Hautrötung. Wegen des Windes spürt man die Sonne nicht und ruckzuck hat man sich verbrannt. Bei mir war es aber nicht schlimm, auf keinen Fall wird sich die Haut schälen.
Mein Weg führte auf die Straße zum Kap, da wieder mal ein eingezeuntes Militärobjekt im Wege war. Neben der Straße hat man einen mit Schotter und Sand befestigten Fußweg angelegt, der bis zum Leuchtturm führt. Dieser Weg war vor einigen Jahren noch nicht vorhanden. Ich entschloss mich, auf dem Weg zu bleiben, denn bis zum Leuchtturm waren es noch schätzungsweise 3 Kilometer. Zurück zu den Klippen über dem Meer wollte ich nicht gehen, es wäre zu zeitraubend und beschwerlich gewesen.
Etwa einen halben Kilometer weiter vorn sah ich zwei Frauen und ich lief ziemlich schnell, um sie zu überholen. Bald merkte ich, dass es zwei Deutsche waren und so kamen wir ins Gespräch. Sie hatten nichts dagegen, dass wir den Rest des Wegs zu dritt absolvieren. (Höflich, wie ich bin, frage ich natürlich sowas.)
Sie erzählten, dass sie sehr viel zu Fuß unterwegs seien und auch schon 830 km Jakobsweg gemacht hätten. Beim Anblick ihrer leichten Badelatschen und die sonstige eher schmächtige Konstitution der beiden etwa 25 bis 30 Jahre jungen Frauen kamen mir allerdings Zweifel auf. Das Einzige, was sicherlich stimmte, war, dass sie aus Berlin kamen. Jedenfalls sprachen sie mit ausgeprägtem Berliner Dialekt. Ich ließ mich nicht auf detaillierte Erzählungen meinerseits ein, sondern ließ die beiden reden. Die ganze Konversation war recht oberflächlich. Allerdings hatte die Unterhaltung den Vorteil, dass wir schnell und fast unbemerkt am Kap ankamen.
Dort empfingen uns die Händler, die 7 Tage in der Woche ihre Ware anbieten. Außerhalb der Saison sind vor allem die handgestrickten Pullover und Jacken gefragt. Für einen warmen Pulli werden ca. 25 Euro verlangt, ein recht günstiger Preis. Andere boten allerlei Krims-Krams an, was kein Mensch braucht, aber trotzdem gekauft wird. Die Verkaufsstände waren auch schon vor 5 Jahren da. Mir scheint, es sind mehr geworden.
Da vorn die beiden Damen, meine Begleitung zum Kap
Im Hintergrund die Forte do Beliche (für den Rückweg)
Nicht schön, aber zielführend zum ENDE DER WELT
Der fliegende Markt vor dem Kap, jeden Tag neu
Natürlich fehlte auch die Bratwurst-Bude nicht, die von einem deutschen Ehepaar aus Vila do Bispo schon mindestens 15 Jahre betrieben wird. Auf Wunsch erhält jeder ein namentlich ausgestelltes Zertifikat zur Bestätigung, dass man hier war und die letzte Bratwurst vor Amerika gegessen hat. Ich verzichtete darauf, ich weiß wie die Bratwurst schmeckt und ein Zertifikat habe ich auch schon. Außerdem hatte ich meine Brotzeit im Rucksack, zwei Schwarzbrotschnitten mit Streichkäse und dazu zwei kleine Knacker.
Die letzte Bratwurst vor Amerika war übrigens der Auslöser für unsere Sagres-Reise im Jahre 2010. Ein Bekannter hatte davon berichtet. Es gibt zwar viele Bratwürste auf der Welt, aber ein passendes und einmaliges Ambiente mit Zertifikat dazu gibt es nur hier am Kap. Die 3000 Kilometer bis hierher sollten niemand davon abhalten, mit der Wurst in der Hand am Meer vom gelobten Land auf der anderen Seite zu träumen.
Für eine ruhige Brotzeit ging ich ca. 300 Meter nach Osten in die Klippen und suchte ein angenehmes Plätzchen mit Blick auf den Leuchtturm. Auch andere Leute wissen das Leuchtturm-Fotomotiv zu schätzen und so waren ganz in meiner Nähe einige dabei, den Leuchtturm mit meist Frau im Vordergrund zu fotografieren. Einem älteren deutschen Ehepaar (ca. 50) bot ich an, sie beide zu fotografieren. So kamen wir ins Gespräch. Sie kamen aus Stuttgart und erzählten, dass sie früher viel mit dem Motorrad in ganz Europa unterwegs waren. Höhepunkt ihrer Reise war eine Fahrt von der Ost- zur Westküste der USA mit einer Harley. Jetzt seien sie nur noch mit dem Wohnmobil unterwegs.
Mir scheint, arme Leute sind sie nicht. Es war nett, Reiseerlebnisse auszutauschen. Sie waren u.a. auch in Granada (Alhambra), auf Gibraltar, in Ávila und in San Remo. Ich habe mich natürlich von dem Mann auch filmen lassen, mit Leuchtturm im Hintergrund.
Die Costa Vicentina ist eine Perle der Natur, einsame Strände und wilde Klippen. Von den Römern wurde dieses Land um das Kap als Promontorium sacrum (Heiliges Vorgebirge) bezeichnet. Es war das ENDE DER WELT und von Göttern bewohnt. Die Christen gaben dem Kap den Namen des Heiligen Vinzenz von Saragossa, Schutzpatron der Seefahrer.
Rota de São Vicente. Beweis: Ich war hier!
"Letzte Bratwurst vor Amerika" – also doch noch nicht das ENDE DER WELT, wie es in Urzeiten behauptet wurde. Aber woher sollten es auch die Scheibenbewohner vergangender Zeiten wissen, dass nach 5000 Kilometern Wasser wieder ein Ort zum Leben ist.
Genauso unvorstellbar, aber längst bewiesen und durch die Raumflüge sogar sichtbar gemacht ist, dass man an der Rückseite der Bratwurstbude losgelaufen nach 37.400 Kilometern an der Vorderseite wieder ankommt. Naja, mit 3 Metern geht's auch, wenn man um die Bude rum läuft.
Blick vom Kap aus in Richtung Norden. Am Horizont ist der rote Fels der Telheiro-Bucht sichtbar, etwa 3 km Luftlinie. Der zugehörige einsame Strand ist ein Geheimtipp.
Das Kap-Ende ist durch die Leuchtturmanlage abgesperrt. Das Innere erreicht man nur durch ein Tor, das äußerste Ende ist unzugänglich. Dort stehen der Leuchtturm (Farol de São Vicente) und einige weitere Gebäude. Der heutige Leuchtturm existiert schon seit 1846. Zu Anfang sorgten 16 Öllampen mit Parabolspiegeln für das Licht. Im Jahre 1881 ersetzte man diese Erstausrüstung durch 5 Petroleumleuchten und einer Kristalloptik von 100 Zentimeter Durchmesser. Doch bald genügte diese Technik mit ihrer begrenzten Leuchtweite nicht mehr den Anforderungen. 1908 wurde der 22-Meter-Turm umgebaut und um 5,8 Meter erhöht. Gleichzeitig bekam das System eine neue Optik. Die Fresnell-Linsen mit einem Durchmesser von 2,66 Metern zählen immer noch zu den größten der Welt.
Der seit 1926 elektrisch betriebene Leuchtturm ist jetzt vollautomatisiert. Ein Leuchtturmwärter (Faroleiro) ist nicht mehr nötig. Vorher musste die tonnenschwere Optik beim Start noch von Hand unterstützt werden.
Der Farol de São Vicente ist der lichtstärkste in Europa. Der alte Antrieb ist noch vorhanden. Mit Gewichten wie bei einer Standuhr werden über Ketten die Glaslinsen in Drehung versetzt. So dreht sich der Lichtstrahl, das Licht selbst ist fest. Die Lampe hat 3000 Watt Leistung. Das Leuchtfeuer ist noch in 60 Kilometer Entfernung zu sehen (nach anderen Quellen bis 90 km). An Nebeltagen ertönen zusätzlich zwei große Nebelhörner. Der tiefe Ton ist weithin hörbar.
Für die Seefahrer war das Kap schon in Urzeiten eine wichtige Landmarke, aber auch gefährlich. Die See fällt steil ab. 20 Kilometer vor dem Kap sind es 1000 Meter Wassertiefe, noch weiter draußen dann schon 4000 Meter. Heute ist der Schiffsverkehr von großen Öl-Supertankern geprägt, die man von der Küste aus beobachten kann. Um so mehr ist, trotz Radartechnik, ein kräftiges Leuchtfeuer nötig. In Portugal gibt es über 50 Leuchttürme (inkl. Inseln).
Die Gebäude und dicken Mauern um den Leuchtturm herum wurden 1846 errichtet. Vorher stand an gleicher Stelle ein Kloster der Franziskaner (16. Jh.). Im Jahr 1587 zerstörte die englische Flotte unter Sir Francis Drake auch diese Klosteranlage (neben der Sagres-Festung, dem Ort Sagres, die Festung Forte do Beliche u.a.).
Leuchtturm des Kaps (Original: Leuchtturm bei Sagres - Algarve, Urheber Dr.G.Schmitz, 2006, © nach CC BY-SA 3.0) 5
Leuchtturm von Land aus gesehen
Das Cabo de São Vicente oder auch Promontorium sacrum
3 kW und riesige Linsen sorgen für Licht bis über 60 km
5 Bild: Leuchtturm des Cabo de São Vicente, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Leuchtturm_-_Sagres_20060422.JPG, Lizenz:
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de, Zuschnitt/Farbanpassung: Peter E. Burkhardt, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Die Besichtigung des Leuchtturms selbst war wieder nicht möglich, nur die Toiletten und einige Stände im Innenhof hatten geöffnet. Übrigens sind die Toiletten neuerdings mit Geldautomat versehen, so wie es jetzt auch in Raststätten an deutschen Autobahnen gang und gäbe ist.
Früher waren die Toiletten des Leuchtturms ohne Bezahlung benutzbar. Allerdings deuten die wenigen Benutzer und die Verschmutzung in der Leuchtturm-Umgebung darauf hin, dass die Leute lieber das Geld sparen und in das Klippengelände gehen. Wenn ich höflich bleiben soll, fehlen mir dazu die Worte.
Noch eine Bemerkung zur Besichtigung des Turms. Einer Web-Info zufolge soll ab und zu, d.h. unregelmäßig, doch eine Besichtigung mit Führung möglich sein. Wie gesagt, bestimmte Zeiten gibt es nicht und der Leuchtturmwärter (Faroleiro) ist nicht immer greifbar. Da der Leuchtturm keiner Bedienung mehr bedarf, ist vermutlich ein Wärter garnicht immer anwesend. Man soll eben diesen Mann ansprechen, damit dieser dann eine Führung macht. Ich meine, eigentlich ließe sich mit regelmäßigen Rundgängen, auch z.B. in der ganzen Anlage oder sogar in der näheren Umgebung, Geld verdienen. Es wären alle die Gewinner, der Tourist und die portugiesische Touristen-Verwaltung.
Die Römer richteten am Kap den spanischen Priester Vinzenz aus Valencia hin. Seine Leiche wurde in einem kleinen Boot auf den Atlantik hinausgeschickt, damit sie auf Nimmerwiedersehen vom Ende der Welt verschluckt werde. Nach dem Horizont vor dem Kap war der Erdscheiben-Rand erreicht, das Ende der Welt begann. Viele Fischer und Seefahrer kamen von dort nicht mehr zurück. Deshalb war dieser Ort schon immer mystisch und heilig zugleich.
Doch das Boot verschwand nicht wie erwartet am Ende der Welt, sondern die Leiche von Vinzenz wurde in die Klippen von Sagres getrieben. Nach christlicher Überlieferung sollen zwei Raben den Leichnam begleitet haben. Die Reliquien sind später in die Igreja do Corvo (Rabenkirche) gebracht worden, die sich auf den unwirtlichen Klippen befand. Von nun an waren die dort anwesenden Raben die Wächter des Priesters. Der Priester Vinzenz wurde heilig gesprochen. Das Kap erhielt den Namen Cabo de São Vicente.
Spitze des Leuchtturms vom Cabo de São Vicente
Nebelhörner auf dem Cabo de São Vicente
Raben, die den Heiligen Vinzenz begleiteten
São Vicente (Heiliger Vinzenz)
Die rund 6 Kilometer bis zum Hotel im Kopf machte ich mich bald auf, den Rückweg anzutreten. Zunehmend schmerzte mein Fuß und ich nahm den Weg neben der Straße, da dies die schnellste Möglichkeit war, wieder zum Auto zu kommen. Also keine Klippen, wenig Fotos. Unterwegs fiel mir eine kleine Festung auf, in deren Inneren ein Gotteshaus in Form einer Moschee steht. Das Gebäude hat eine Kuppel mit Kreuz.
Es ist die Festungsanlage Forte do Beliche aus dem 14. Jh. Nach ihrer Zerstörung 1587 durch die englische Flotte unter Sir Francis Drake wurde sie unter Filipe III im Jahre 1632 komplett wieder aufgebaut. Doch das große Erdbeben 1755 beschädigte die Anlage erneut schwer. Anlässlich des 500. Todestages von Prinz Heinrich in 1960 erfolgte unter Salazar die Restaurierung.
Die Kuppelkapelle Capela de Santa Catarina ist der Heiligen Katarina geweiht. Sie wurde von Prinz Heinrich wenige Jahre vor seinem Tode gestiftet. In der Kapelle steht aber die Statue des Heiligen Antonius, Schutzpatron des Militärs.
Die Kapelle war durch abgestürzte Felsbrocken unterhöhlt und deshalb stark absturz-gefährdet. Nachdem auch aus finanziellen Gründen zunächst eine Rettung unmöglich erschien, wollte man aber in 2001 mit der Restaurierung beginnen. Doch heute im Jahre 2015 ist der Zustand immer noch beängstigend.
Auf dem Gelände steht auch ein kleines Restaurant. Die wenigen Zimmer werden zur Zeit von der Pousada von Sagres vermietet. Leider war das Tor zum Innenhof verschlossen.
Innerhalb der Festung führt ein steiler Trampelpfad hinunter zum Meer, den ich aber nicht gegangen bin. Stückweise ist der Weg auf dem Fels sehr steil und deshalb schwierig, da helfen auch die verbliebenen Stützen der ehemaligen Stahlseile nicht viel. Früher befand sich unten eine Anlegestelle für Segelschiffe, die ihre Trinkwasservorräte erneuerten.
Ziemlich müde und schon fast hinkend kam ich am Auto an. Ich hatte mir zwar vorgenommen, nach einem Lidl-Einkauf in Vila do Bispo noch zum Hotel-Strand zu gehen, um im Wasser zu laufen. Den Einkauf habe ich noch geschafft, aus dem Wasser-Laufen wurde nichts mehr. Ich war froh, endlich im Hotel zu sein.
Forte do Beliche, hinten der Leuchtturm vom Kap Vinzenz
Forte do Beliche, vom Leuchtturm aus gesehen
Forte do Beliche, Eingang zum Innenhof
Ostseite der Capela de Santa Catarina. Da die Apsis der Kuppelkapelle bis jetzt (2015) immer noch nicht gestützt wurde, ist sie weiterhin absturzgefährdet. Dieser Zustand verschlimmert sich jedes Jahr. Schon in 2001 wollte man die Kapelle sanieren und mit einem stabilen Unterbau versehen. Bis jetzt ist noch nichts geschehen.
Würde man die Bereitschft der Touristen nutzen, für Besichtigungen und geführte Rundgänge Geld auszugeben, könnten die historischen Objekte effektiv vor dem endgültigen Verfall gerettet werden.
Wie schon eingangs gesagt, morgen ist Strandtag. Mein rechter Knöchel ist auch wieder etwas angeschwollen. Was braucht der Mensch? Richtig, Bewegung – aber auch Ruhe. Von beiden zuviel auf einmal ist ungesund.
Ein Highlight ist die kostenlose Wifi-Verbindung des Hotels. Das Einloggen klappte problemlos, Username und Passwort hatte ich per Ausdruck beim Einchecken erhalten. Was mich wundert, wenn ich den Laptop ausmache und später wieder an, bin ich automatisch eingeloggt. Das heißt, ich kann z.B. sofort ins Internet, ohne mich anzumelden. In den F1-Hotels musste ich mich immer neu anmelden.
So, nun sitze ich schon einige Zeit (Stunden), um diese Zeilen zu Papier, Verzeihung, in den PC zu bringen. Bloß gut, dass ich eine separate Funkmaus und eine separate Tastatur habe. Beides ist beim zügigen Schreiben sehr förderlich. Das Laptop-Pad ist eine Katastrophe und auch die Laptop-Tasten sind schwammig, unsicher und beim 10-Finger-Schreiben nicht zu gebrauchen. Selbst bei teuren Markengeräten habe ich derartige Defizite feststellen müssen.
Wenn ich wie eben aus dem Fenster schaue, herrlich, dieses Sagres-Nacht-Panorama. Der Himmel ist klar. Die Sichel des Mondes liefert genügend von leichten Wellen gebrochenes Licht für die Zeichnung des Horizonts, wo Meer und Himmel sich berühren. Hier leuchten die Sterne noch, trotz Sagres-Beleuchtung.
Das Meer brandet und beide Leuchttürme blinken. Der kleine Leuchtturm an der Festung blinkt rot, der große Leuchtturm hat ein drehendes sehr helles Leuchtfeuer. Die Festungsmauern erstrahlen wieder im Scheinwerferlicht. Trotzdem: Die Sterne sehe ich, das Mondlicht auf dem Meer auch, kein Licht-Smog großer Städte, Natur pur.
Wer hier lebt, hat sicher nicht den schlechtesten Ort der Welt gewählt. Früher war es eine gottverlass'ne Gegend, in der sich zu Heinrich's Zeiten nicht einmal die Strafgefangenen ansiedeln wollten. Heute ist die Wohnlage fast schon privilegiert. Aber es ist so, als Einheimischer merkt man das nicht. Uns ging es ja damals in Aschau im Chiemgau ebenso. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich an die schöne Gegend und im Alltag nimmt man nicht mehr wahr, dass man in einer außergewöhnlichen Landschaft lebt.
Mein Handwerkzeug für den Abend
Die Mondsichel hängt über dem Meer und kämpft gegen die Sagres-Lichter.
Die Mauern der Festung werden jede Nacht angestrahlt.
Der äußerste Südwesten Portugals mit Sagres (Bildmitte) und dem Cabo de São Vicente, das Kap des Heiligen Vinzenz am "Ende der Welt" (links im Bild)
Leaflet CyclOSM Map data: © OpenStreetMap contributors
Die vergangene Nacht war wieder normal, keine Störenfriede im Appartement unter mir. Ich habe trotzdem relativ lange geschlafen. Gegen 11 Uhr verließ ich das Hotel. Heute waren Strand und Sagres angesagt. Erlebt habe ich wenig, dafür mehr Fotos und Videos gemacht.
Schon am Morgen wehte eine steife Brise von See kommend, so dass die Wellen in der Hotel-Bucht das Wasser fast bis an die Felsen trieb. Das geschah aber nicht immer, manchmal wurde das Meer ruhiger und zog sich zurück, um dann wieder mit einer Folge von anrollenden Wasserbergen auf sich aufmerksam zu machen. Das alles war heute früh vom Balkon aus zu beobachten. Die ersten Surfer waren schon da, als ich noch frühstückte.
Bei Schlüsselabgabe stand erstmals ein sehr junges hübsches Mädel am Tresen. Sie spricht mit den Gästen nur englisch, es sei denn, es sind Portugiesen. Sprachschule hatte ich also nicht zu befürchten. Die "Graue Eminenz" hatte heute wahrscheinlich frei. Auch bei meiner Rückkehr am Nachmittag war sie nicht da.
Meinem gewohnten Schleichweg folgend ging ich hinunter in die Hotel-Bucht. Schnell waren Schuhe und Strümpfe ausgezogen und die Hosenbeine hochgekrempelt. Ich hatte heute wieder die langen Jeans angezogen, um meine Beine vor der Sonne zu schützen.
Von links beginnend (seewärts gesehen) spulte ich meine Wassergymnastik ab. Oh, wie gut das tat. Die große Blase von gestern schmerzte im Wasser überhaupt nicht mehr. Während meiner Fußtherapie blieb ich immer wieder stehen, um das Gesehene um mich herum zu verewigen. Die Wellen waren manchmal wirklich hoch, zwar keine Sturmwellen, aber es reichte, um meine Jeans bis über die Knie nass werden zu lassen.
Mehrere Surfschulen versuchten den Teilnehmern das Standhalten auf den Brettern beizubringen. Erst fanden Gleichgewichts- und Bewegungsübungen an Land statt und dann durften die Schüler versuchen, die Anweisungen des jeweiligen Trainers im Wasser umzusetzen. Die Surflehrer waren durchweg tief braun gebrannte Typen, meist mit viel Tätowierungen, langem Haar, Pferdeschwanz oder Dutt.
Nicht super, aber ausreichend waren die Wellen zum Surfen an diesem Morgen in der Mareta-Bucht. Für die Surfschulen dürfen die Wellen nicht zu klein, aber auch nicht zu groß sein.
Erst in der Nähe sieht man, dass sich das Surfbrett lohnt.
Nach der Trockenübung geht's ins Wasser.
Das Filmen bei so heller Sonnenbeleuchtung ist nicht leicht. Auf dem Display ist fast nichts zu erkennen. Man kann nur ahnen, wo Wellen und Surfer sind. Wünschenswert wäre eine Funktion des Camcorders (Legria HF R506), die beim aktiven Filmen das Display so weit wie technisch möglich hell schaltet. Der Fotoapparat (Powershot SX130 IS) ist etwas besser, aber auch da ist das Motiv kaum auszumachen.
Ideal ist natürlich eine Kamera mit Sucher. Das elektronische Sucherbild ist immer kontrastreich und außerdem gegen die Umgebung abgeschirmt, egal wie hell die Sonne knallt. Das wurde mir gestern wieder bestätigt, als ich das ältere Ehepaar auf den Klippen am großen Leuchtturm fotografierte. Ich hatte ja schon berichtet, dass die Stuttgarter wenig arm zu sein scheinen. Dazu passend war auch die hochwertige Spiegelreflex-Systemkamera letzter Ausgabe, die mit großem Objektiv bestimmt 1,5 Kilogramm wog. Ich hatte so eine Kamera lange nicht in der Hand gehabt und suchte den Zoom-Hebel, um das Paar bildfüllend auf die Linse zu bekommen. Der Mann musste mir erst zeigen, dass man da vorn am Objektiv drehen muss. Natürlich! Früher bei meiner Spiegelreflexkamera, die noch auf Plastik-Film aufnahm, habe ich das schon tausend Mal gemacht. So geht es einem, wenn man verarmt ist und nur noch billige Elektronik kaufen muss.
Die ganze Szenerie war für mich natürlich Anlass, Videos zu machen. Dabei musste ich höllisch aufpassen, um nicht mit meinem ganzen Equipment ins Wasser zu fallen. Keine der großen Wellen hat sich bei mir angemeldet. Oft kamen sie so überraschend, dass ich, wie schon gesagt, untenrum nass wurde. Ich hoffe, es hat sich gelohnt.
Nach ca. zwei Stunden Wasser-Waten und Filmen ging ich zum Ausgangspunkt zurück, zog Schuhe und Strümpfe an und rollte die Hosenbeine wieder runter. Was ich da sah, war nicht nett. Die Wellen hatten jede Menge Sand in die Krempelfalten gespült. Doch das war mir egal. Es würde alles trocknen und der Sand abfallen. So einfach ist das.
Mein Weg führte mich nochmals oberhalb der Mareta-Bucht am Parkplatz der Festung vorbei. Ziel war die Stadt, um einige aktuelle Fotos zu machen.
Auf diesem Platz am Hotel-Strand dürfen Camper noch stehen. Ein größerer Platz weiter oben wurde gesperrt und bleibt seitdem leer.
In Amerika öfter, in Europa eher selten zu sehen, sind solche auch zum Dauerwohnen geeigneten Mobile. Allerdings braucht man viel Platz.
Wer wagt, gewinnt, doch es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Sicherlich sind solche Sprüche hier unangebracht. Noch einer: Worten sollten Taten folgen.
Not Footprint in the sand but Sandprint on the pants.
Unterhalb des Camper-Parkplatzes ist die gut besuchte Strandbar Raposo mit vernünftigen Preisen. Das Haus dahinter steht leer, wie lange eigentlich noch?
Restaurante O Telheiro do Infante direkt unterhalb des Aparthotels mit Zimmervermietung, eigenem Parkplatz, Garten und Surfschule.
Einzige Zufahrt nach Sagres, die N268 von Vila do Bispo
Surfschulen und Unterkünfte, oft mit viel Rabatt
Das Aparthotel Navigator ist sicher vor einer Meeresflut. Der steile Fußweg am Hang (eigentlich verboten) verkürzt den Zugang zum Meer.
Straße vom Parkplatz der Sagres-Festung nach Sagres-Stadt. Eigentlich hat Sagres immer noch den Status eines Dorfes, was aber die Sagresianer nicht gerne hören.
Eines der besseren Ferienhäuser
Das neue Wahrzeichen von Sagres, ein Anker.
Leider hat Sagres kein richtiges Ortszentrum, eine Altstadt sowieso nicht. Einige ältere Häuser stehen in der Nähe des Hafens. Zuerst ging ich zum großen Wasserturm, umrundete ihn und konnte beim besten Willen nichts Näheres erfahren. Es gibt keine Beschriftung o.ä.
Nächste Etappe war der Supermarkt. Doch die Preise sind weit höher als die vom Lidl. Somit war Einkauf kein Thema. Zumal die Weintrauben dreimal so viel kosteten und schon anfingen zu vergammeln. Übrigens sind auf dieser Straße einige interessante Geschäfte. Surfschulen habe ich mehrere gesehen, zur Zeit mit 60 % Rabatt.
Auch sind mir die vielen Übernachtungsangebote aufgefallen. Überall werden auch von Privat Zimmer und Appartements angeboten, teilweise 4-sprachig mit Deutsch.
Eigentlich wollte ich mal nach Preisen fragen, aber es war Siesta-Zeit. Selbst zwei der drei Tankstellen haben in der Mittagszeit geschlossen.
Igreja de Nossa Senhora da Graça (Kirche der Jungfrau der Gnaden) nennt sich die 1998 gebaute Kirche von Sagres. Ein absolut hässlicher großer Betonbau. Das Grau des Betons steht im krassen Gegensatz zu den übrigen weißen und bunt getünchten Häusern der Portugiesen. Als wenn die Erbauer sagen wollten: Religion ist etwas Graues, Finsteres, nicht Lebensfrohes. Von innen konnte ich die Kirche nicht sehen, sie ist nur stundenweise geöffnet.
Da mich ansonsten Geschäfte nicht so interessieren und architektonisch Sagres sowieso nichts zu bieten hat (soweit mir bekannt), bin ich, jetzt schon wieder mit schmerzendem rechten Fußballen, zurück zum Hotel gegangen. Es war 15 Uhr, also noch früh am Tage. Die Fruchttasche von Lidl und den Instant-Kaffee habe ich richtig genossen. Wenn man wenig hat, wird das Wenige wertvoller.
Wasserturm, nicht schön, aber weithin sichtbar
Supermarkt in Sagres, für mich zu hohe Preise
Surferbedarf und Surfschulen, oft mit Rabatt
Betonkirche und Museum
Ob die Sagresianer das wirklich schön finden?
Während ich jetzt gerade schreibe steht die Sagres-Sonne schon tief, braucht aber bestimmt noch eine halbe Stunde, bis sie untergeht. Dabei ist es schon nach 20 Uhr MEZ. Heute war wieder ein ausgesprochen schöner Sommertag. Vielleicht mache ich mir noch ein Linsengericht, natürlich vorgekocht aus der Büchse vom Chemnitzer Aldi. Brot und Weintrauben hab ich auch noch dazu.
23 Uhr, es hat geschmeckt. Gute Nacht.
Sagres, Hauptstraße zum Hafen (EN286-1)
Ein echter Hingucker
Schiffs- und Surf-Ausrüstung sowie Piraten-Souvenirs
Der Pirat...
Zweifelhafte Kunst auf einem verlassenen Haus
So etwas sieht man in Deutschland kaum noch.
...und seine Kanone.
Heute früh hatte ich meine hohen Wildleder-Wanderschuhe angezogen. Es ergaben sich wesentlich bessere Bedingungen für meine Füße. Mit meinen alten Sportschuhen hätte ich die steilen Pfade am Meer garnicht bewältigen können. Aber, ich will der Reihe nach berichten.
Gegen 11 Uhr verließ ich das Hotel. Ziel war der Küstenstreifen zwischen dem großen Leuchtturm und Vila do Bispo. Dazu nahm ich die Ausfallstraße von Sagres nach dem Cabo de São Vicente. Ich bog in die letzte vor dem Kap rechts abgehende Straße ein. Vorn stand ein Schild mit den typischen Wanderwege kennzeichnenden Farbtafeln. Die beiden jungen Frauen, mit denen ich gestern die letzten Kilometer zum Kap gelaufen bin, hatten mir erzählt, das dies der beschilderte Wanderweg entlang der Westküste Portugals ist. Der Weg führt auf jeden Fall nach Vila do Bispo und dann weiter an der Küste entlang Richtung Norden.
Weg ist untertrieben, denn die ersten 2,5 Kilometer sind geteert. Was mich erwarten würde, wusste ich nicht. Die Teerstraße wird immer schmaler und hört an einem Bauernhof (würde man in Deutschland sagen) auf. Ein mir entgegenkommender Bus wartete extra, während ich den letzten Kilometer absolvierte. Ausweichmöglichkeiten gibt es keine.
Durch die verziehende Staubwolke hindurch hörte ich schon das Gekläffe der Hunde. Aber die beiden waren lauter als groß. Man muss ja schließlich sein Revier verteidigen. Der Leuchtturm des Kaps ist nicht weit. Eine Wanderung vom Leuchtturm bis hierher müsste sich lohnen, dachte ich. Die Hunde beruhigten sich und streiften um mein Auto. Ich zögerte noch, auszusteigen. Schließlich verschwanden sie in einem der Gebäude. Ich glaube der Fahrer des LKWs, der auf dem Hof stand, hatte gepfiffen.
Ich stellte das Auto auf einer Weggabelung vor dem Anwesen ab. Wohin ich wandern sollte, war mir noch nicht klar. Eine Schotterstraße führt weiter Richtung Norden nach Vila do Bispo (steht auf einem Schild), ein zweiter Weg führt Richtung Westen, also Richtung Meer. Der Weg in Richtung Norden war Teil der Rota São Vicente, d.h. Teil der Wander-Route entlang der Westküste bis zum Kap Vinzenz. Das wurde mir aber erst später klar. Ich wollte zum Meer.
Schmale Zufahrtsstraße von der Hauptstraße aus
Ich stand in der Mitte, ringsum die Bauernhäuser
Kläffende Hunde zur Begrüßung, hinten das Kap
Strohlieferung für die Tiere. Hier wächst zu wenig.
Der Bauernhof besteht aus einem Dutzend verstreut liegender Gebäude, darunter flache altportugiesische Wohnhäuser sowie Rinder-, Schaf- und Ziegenställe, aber auch zerfallene Häuser. Bewirtschaftet ist aber der ganze Komplex, denn ich sah zum Beispiel einen Traktor mit Scheibenegge. Auch ein LKW mit Strohballen war zu sehen. Dieser kam aber woanders her, denn von einem Feimel oder sonstwie einem abgeernteten Getreidefeld war nirgends etwas zu sehen. Im Gegenteil, die rotbraunen Felder sind staubtrocken. Ich frag mich nur, warum der Bauer jetzt mit der Scheibenegge drüber geht. Wahrscheinlich saugt der dann aufgelockerte Boden den kommenden Regen besser auf und speichert so das Wasser. Denn erfahrungsgemäß sickert Wasser bei festem Sandboden nicht ein, sondern fließt an der Oberfläche ab.
Einigen Häusern war anzusehen, dass sie nicht mehr genutzt werden. Das ist nicht verwunderlich. Auch Portugal leidet unter Landflucht. Während ein Teil der verlassenen Höfe dem Tourismus zugute kommen, werden viele Häuser und Stallungen einfach sich selbst überlassen. Sie machen einen trostlosen Eindruck und verfallen. Ganze Dörfer, die verlassen wurden, habe ich allerdings nicht gesehen.
Neben dem Hof waren braune und auch schwarze Kühe, Schafe und Ziegen auf der Weide. Dabei glich die Weide eher einem vertrockneten Steppenland. Grünes ist in dieser Jahreszeit (Oktober) sowieso nicht vorhanden. Und das wenige flache, oft mit Stacheln besetzte und noch dazu bittere Buschwerk ist für das Vieh nicht genießbar. Es gibt viele Distelgewächse. Jede Kuh aus Deutschland würde verhungern. Ein Pferd oder einen Esel habe ich auch nicht entdecken können, obwohl in dem einen halb verfallenen Haus ein alter Einspänner steht. Er ist bestimmt schon viele Jahre nicht mehr benutzt worden.
In Portugal ist die Landwirtschaft relativ ineffizient. Es hat trotz EU-Mitgliedschaft nie eine wirkliche Modernisierung der Landwirtschaft gegeben. Über die Hälfte aller Nahrungsmittel werden eingeführt. Besonders im Süden, also gerade hier an der Süd-Westküste, ist das Land karg, steinig und regenarm. Dementsprechend sind die Erträge bescheiden. Einzig die Viehzucht bringt noch etwas ein, vom Fischfang einmal abgesehen. Oft reicht es aber nur für den Kleinmarkt bzw. Eigenverbrauch.
Der weiß getünschte Teil wird wahrscheinlich genutzt.
Eine seltsame Architektur, Salvador Dalí lässt grüßen
Diese Häuser sind ungenutzt und verfallen.
Diese Karren kenne ich aus meiner Kindheit. Als Zugtier kommt ein Ochse, Esel oder Pferd in Frage.
Ich nahm den Weg Richtung Westen, um zu sehen wie die Küste aussieht. Es sind 1,2 Kilometer, bis man Wasser sieht. Es ließ sich dank meiner Wanderschuhe gut laufen.
Der Weg endet auf einem Wende- und Parkplatz. Unten war eine Sandbucht zu sehen, deren Name ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste. Es war der Praia do Telheiro. Der Sandstrand ist etwa 350 Meter lang und nur über einen Kletterweg zu erreichen. Mit Klettern meine ich nicht Kletterwege in den Alpen, sondern Pfade, die allerdings ziemlich steil und stufig nach unten führen. Ungeübte sollten den Weg meiden. Aber eben das ist der Vorteil. Kein Mensch war am Strand zu sehen. Grüne Vegetation hinunter bis zum Sand, was selten in dieser Gegend ist und der Unberührtheit der Natur zu verdanken ist. Nur Vogelspuren im Sand. Ein Traum. Ich stieg hinunter und lief an das nördliche Strandende, um meine Brotzeit zu machen. Brotzeit ist übertrieben: ein Apfel und Wasser.
Gleich neben mir waren große mit Muscheln und Algen besetzte Steine. Ich war also während der Ebbezeit hier. Bei Flut steht alles unter Wasser, fast bis an die Steilküste heran. Das erklärt auch die grüne Vegetation bis zum Sand. Und um sich zu sonnen, dürfte während der Flut zu wenig sicherer Platz sein.
Beim Sitzen am Meer entdeckte ich doch eine Menschenseele, ein einziger Surfer, der immer wieder die flachen anrollenden Wellen zum Surfen nutzte. Allerdings hatte ich, als ich abstieg, oben kein Auto mehr stehen sehen. Weiter draußen ankerte ein kleines Boot. Vermutlich war es ein Einheimischer, denn Fremde kommen kaum per Schiff zum Surfen.
Nach etwa einer halben Stunde, ich hatte das Rauschen, Rollen und Klatschen der Wellen und die sonstige pure Natur mit voller Kraft in mich aufgesogen, ging ich zum anderen Strandende. Und wieder überraschte es mich. Hinter dem Grünzeug einer Mündung hatte sich eine Familie mit zwei Kindern niedergelassen. Ich war also doch nicht so allein wie ich dachte. Weiter abseits lagen zwei Surfbretter. Ohne Mühe sprach mich der vielleicht 14-Jährige an: "Hi, where are you coming from?". Ich war so überrascht, dass ich im ersten Moment garnicht sicher war, was er meinte: das Land oder das andere Ende des Strands. Natürlich wollte er das Land wissen.
Parkplatz des Praia do Telheiro oberhalb der Klippen
Nördliches Ende der Telheiro-Bucht
Diese rote Schichtung ist so ziemlich einzigartig.
Ein ehemaliger Wasserzulauf von den oberen Weiden
Mit der laufenden Videokamera in der Hand stieg ich hinauf. Was ich gefilmt habe, weiß ich jetzt noch nicht, denn ich konnte nicht aufs Display schauen. Das wäre viel zu gefährlich gewesen. Andererseits wollte ich unbedingt einmal später nacherleben können, solch einen Pfad zu bewältigen. Auf etwa halber Höhe kamen mir zwei junge Männer mit Surfbrettern entgegen. Platz war nicht da, ich musste an geeigneter Stelle zur Seite treten und warten. Das war mir gleich recht so, ich war sowieso außer Atem. Die beiden unterhielten sich auf Deutsch. Das war für mich wieder Anlass, ein Gespräch zu beginnen. Sie meinten, die Bucht sei eine der am wenigsten genutzten Surfstrände. Die meisten Surfer wollen ihre Bretter nicht unbedingt 50 Meter hinab und 50 Meter wieder hinauf schleppen. Die Surfbedingungen seien aber aufgrund der langen Wellen sehr gut, besonders bei Westwind. Seit gestern hatte ja der Wind von Südost auf West gedreht. Es waren Österreicher, nahe Salzburg.
Oben angekommen habe ich dann ein ziemlich altes Vehikel gesehen, es sah fast aus wie ein alter VW-Bus, es war aber keiner. Nun hatte ich also wieder eine Bucht erkundet. Um weiter zu kommen, musste ich zurück zum Auto, denn direkt an den Klippen entlang zu laufen wäre zu unwegsam. Es war heiß, wie ich später durch die Außentemperaturmessung des Autos feststellte, sollten es heute 32°C werden. Anfangs war ein Schäfchenwolkenfeld am Himmel, die Schäfchen verharrten wie angewurzelt direkt über mir, so dass ich für Film und Foto teilweise keine richtige Sonne hatte.
Plötzlich kam mir ein kleines Auto entgegen, drinnen zwei Französinnen. Woher ich das nun wieder weiß? Nun, die beiden fragten mich, wo der Weg hinführt, was ich artig im schrecklichen Englisch beantwortete. Eine der beiden konnte aber doch ein wenig Deutsch, so lief die kurze Unterhaltung zumindest verständlich. Kaum 5 Minuten später kam das Auto zurück. Die 50 Meter Höhenunterschied war den Damen wohl doch zu viel. Sie boten mir einen Platz in ihrem 2-Türer an, was ich höflich ablehnte. Ich hatte keine Lust, bei dieser Hitze in die hinterste Ecke ihres kleinen Autos zu kriechen.
An meinem Auto angekommen war ich trotzdem erst einmal froh, wieder zu sitzen und mit eingeschaltetem Motor für Kühlung zu sorgen.
Ein Video-Schnappschuss beim Aufstieg vom Strand
Blick oberhalb des Praia do Telheiro Richtung Nordwesten
Wanderweg oberhalb der Telheiro-Bucht Richtung Norden
Rückweg vom Praia do Telheiro, hinten der Bauernhof
Mit dem Auto fuhr ich den anderen Schotterweg Richtung Vila do Bispo, keine Ahnung was mich erwarten würde. Unterwegs überholte ich einige Rucksack-Läufer. Die sieht man hier relativ oft. Manche wandern weite Strecken an der Westküste Portugals entlang. Es sind meist junge Leute, oft zu zweit, darunter auch Mädels.
An einer Kreuzung zweifelte ich. Drei Straßen führten ab. Beim näheren Hinsehen war mir klar, dass nur eine Straße öffentlich war, aufgrund des Wanderschilds nehme ich das wenigstens an. An den anderen beiden Straßen steht jeweils ein wirklich sehr kleines rundes Verbotsschild, etwa 10 Zentimeter im Durchmesser. Zusätzlich waren an den Straßenrändern Schilder zu sehen, die wohl auf ein Naturschutzgebiet hinweisen. Insgesamt ist die Wegkennzeichnung sehr schlecht, kein Vergleich zu Wanderwegen in Deutschland.
Ich stellte das Auto abseits von der Straße an einem kleinen Wald ab und machte mich auf, zu Fuß zum Meer zu laufen. Bald merkte ich aber, dass der Weg mich zwar parallel zur Küste führte, aber ich wollte ja zum Meer. Also nahm ich den nächst möglichen Trampelpfad, der in Richtung Meer ging – trotz Naturschutzgebiet. Ich muss allerdings an dieser Stelle einflechten, dass ich immer vermeide, auf irgendwelche Pflanzen zu treten. Die sowieso schon karge Vegetation muss geschont werden.
Viele Touristen nehmen den Naturschutz nicht so ernst. Ich habe schon mitten im unwegsamen naturbelassenen und eigentlich gesperrten Gelände Plastik-Flaschen und anderen Zivilisationsmüll gesehen. Außerdem haben manche Leute keine Hemmungen, die Gegend mit Papiertaschentüchern u.ä. zu verunzieren. Bei dieser Trockenheit dauert es ewig, bis auch solcher sich zersetzender Müll wieder verschwindet. Wenn es wirklich nicht anders geht und man sein Geschäft verrichten muss, hilft nur eingraben oder zumindest alles mit großen Steinen abdecken. Viele Leute denken nicht einmal an so etwas.
Die karg bewachsene Landschaft verleitet zu der Annahme, dass hier wenig Tiere leben. Das Gegenteil ist der Fall. Viele kleine Käfer, Insekten und auch Eidechsen oder sogar Kaninchen fühlen sich in der warmen Trockenheit wohl. Man muss sich nur hinsetzen, sich Zeit nehmen und die Umgebung beobachten. Dann begreift man schnell, was es da alles zu schützen gibt.
Straße bis nach Vila do Bispo, Teil der Rota S. Vicentina
Kreuzung ohne Hinweisschilder. Links der Weg zum Meer.
Kein Weg zur Küste, das kleine Verbotsschild ist wichtig.
Weg zum Meer. Man sollte die Vegetation schonen.
Und dann kam das Meer. Nein, ich kam hin. Zuerst spürt man immer eine frische Brise, dann sieht man entfernt das Meer und dann erkannt man den Verlauf der Klippen, um schließlich festzustellen, ob eine Bucht in der Nähe ist oder nicht. Ich hatte Glück, rechter Hand (Richtung Norden) war eine Bucht. Mein Trampelpfad führte mich hinunter. Doch auf etwa halber Klippenhöhe kam ich nicht weiter. Der Pfad verlor sich in niedrig wachsenden Büschen. Die Aussicht war zwar herrlich und ich konnte den über 600 Meter langen Sandstrand sehen, aber ich hätte beim weiteren Hinabsteigen auf so manche Pflanze treten müssen. Also umkehren, das bedeutete wieder hinauf und einen, von mir aus gesehen, bestimmt zwei Kilometer langen Umweg nehmen. Dabei stieß ich auf einen befahrbaren Weg und bald erkannte ich, dass die Bucht zumindest mit PKW erreichbar ist. Wohnmobile müssen allerdings oben abgestellt werden, eine entsprechende Freifläche ist vorhanden.
Die Zufahrt zur Bucht ist knapp einen Kilometer lang und endet nicht am Sandstrand, sondern etwa 20 Höhenmeter vorher. Der kleine Parkplatz war ziemlich voll. Hier waren etliche Surfer im Wasser und auch sonst waren Familien mit Kindern zu sehen, die offensichtlich nur zum Sonnen und Baden hier waren. Wie schon in der vorigen Bucht ging ich bis fast ans nördliche Ende, setzte mich auf einen Stein und machte meine zweite Brotzeit: Apfel und Wasser.
Komischerweise waren hier die Wellen höher, die Flut hatte wohl schon wieder eingesetzt. Übrigens, dieser Tage war Vollmond, da ist die Flut besonders hoch. Jedenfalls waren wirklich einige gute Surfer im Wasser, eine Surfschule war auch da. Die Gelegenheit, ein paar gute Filmchen zu machen, ließ ich mir nicht entgehen.
Allgemein ist festzustellen, je besser eine Bucht erreichbar ist, desto mehr Leute sind da. Buchten mit Kletterpfaden sind meist menschenleer und dazu noch die schönsten.
Der Aufstieg war trotz der Fahrstraße anstrengend. Monoton trabte ich bergauf, Blicke für die Umgebung hat man dann nicht mehr. Auch das Fotografieren tritt in den Hintergrund, wenn die Beine schwammig werden und jeder Handgriff zu viel ist. Aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie mühsam der Rückweg zum Auto wirklich werden würde.
Praia do Ponta Ruiva, der nördliche Abschnitt
Parkmöglichkeit oberhalb des Praia do Ponta Ruiva
Praia do Ponta Ruiva Richtung Süden
Aufstieg vom Strand zurück auf Klippenhöhe
Schlau wie ich bin, nahm ich wieder einen Weg abseits der Fahrstraße nach Vila do Bispo, um abzukürzen. Diesmal hatte ich mich aber mächtig verkalkuliert. Der anfänglich breite Weg, auf dem noch alte Reifenspuren zu erkennen waren, mündete plötzlich auf einem bewirtschafteten Acker. Der besitzende Bauer hatte offensichtlich den Weg zugeackert (hochdeutsch: zugepflügt). Somit konnten keine Autos mehr fahren und auch der Fußweg war zu Ende. Nun ist es schon ein Unterschied, ob man in Deutschland oder in Südportugal einen Sturzacker überqueren muss. Der Sand ist so weich und nachgiebig, dass man meint im Quark zu laufen. Bloß gut, dass ich hohe Schuhe anhatte. Nicht nur, dass man nur langsam vorankommt, sondern schweißtreibend ist die ganze Sache auch noch. Zu diesem Zeitpunkt war die Hitze mit ca. 32°C am größten.
Stückweise fühlte ich mich wie in der Wüste, trotz der halben Flasche Wasser im Rucksack. Aber ein Unglück kommt selten allein. Man soll ja nicht allzusehr an Sprichworte denken oder etwa auch noch danach leben, aber manche Wahrheit steckt schon in diesen überlieferten Weisheiten. Ich erinnere mich oft an Aussprüche meines Stiefvaters, die ich damals als Kind nicht verstand oder als Lehrmeisterei empfand. Jetzt habe ich bei vielen Gelegenheiten plötzlich solche Sätze auf den Lippen, ohne auch nur einmal früher damit umgegangen zu sein. Im Kindesalter prägt sich so ganz nebenbei manches ein, was erst viel später bei passender Gelegenheit wieder zum Vorschein kommt.
Also, ein Unglück kommt selten allein. Die frisch gepflügte Sandwüste endete, aber die pure Natur begann. Kein Weg oder Trampelpfad in Sicht. Was sollte ich machen? Übers Feld zurücklaufen und die Straße nehmen? Den Gedanken verwarf ich schnell. Die portugiesischen Felder können groß sein, besonders bei Hitze. Mir blieb nichts anderes übrig, als um jede Pflanzeninsel herumzulaufen und mir einen Weg zwischen den Büschen und Sträuchern zu suchen. Zwischen den Vegetationsinseln war sehr wohl etwas freier Sand sichtbar, der auch einigermaßen fest war. Aber an ein zielgerichtetes Fortkommen war nicht zu denken.
Und prompt verlief ich mich auch. Die Sonne schien senkrecht auf mich und war deshalb ein schlechter Wegweiser. Wo das Meer war, konnte ich durch die leichte Brise spüren.
Vom Bauer zugepflügter Weg, Betreten verboten
Weg gesperrt wegen zu vieler Touristen-Autos
Verloren zwischen Hottentottenfeigen, Betreten verboten
Zwischen den fleischigen Pflanzen leben viele kleine Tiere.
Wo genau das Auto stand, war mir unklar. Ich wusste nur, es steht am Rande eines kleinen Kiefern-Wäldchens. In der fraglichen Richtung waren aber zwei, eines weiter nördlich und eines im Süden. Im Moment wusste ich überhaupt nicht, wohin. Ich machte aus der Not eine Tugend. Nach dem Hinsetzen und einem Schluck aus der Wasserflasche sah ich mich genauer um.
Es gibt hier trotz des permanenten Wassermangels viele verschiedene Pflanzenarten. Schade nur, dass ich die meisten davon nicht mal dem Namen nach kenne. Auch Vogelspuren, Eidechsenspuren (denke ich jedenfalls) und Spuren größerer Tiere waren zu sehen. Hundespuren konnten es nicht sein, es waren zu viele und in dieser Einöde wird kein Hund Gassi geführt. So holte ich also den Fotoapparat raus und verewigte das Gesehene.
Ich beschloss, mich weiter südlich zu halten. Begreiflicherweise kam ich wegen der vielen Vegetationsinseln nur langsam voran. Immer vorausschauend, wo genügend Sand unter den Füßen sein würde, bahnte ich mir den Weg durch die Natur, die ja immerhin offiziell unter Schutz steht. Dann kam wieder ein gepflügtes Feld, durch dessen Wattesand mir bald die Knöchel schmerzten. Etwas Buschwerk unterbrach den eintönigen Acker. Da die Sonne hoch stand, war kaum Schatten zu finden. Trotzdem, ich hockte mich hin und ließ genüsslich den letzten Rest Wasser die Kehle hinunterlaufen. Das trieb mir wieder Schweiß in den Nacken. Am liebsten wäre ich sitzen geblieben. Doch ich musste weiter. Die paar Büsche bildeten nur eine Insel auf dem riesigen Feld. Ich hatte wirklich die Nase voll, ärgerte mich über mich selbst und tröstete mich: Viele Wege führen nach Rom.
Es dauerte bestimmt eine Stunde, bis ich eine Fahrstraße erreichte. Und siehe, es war die Sand-Schotterstraße nach Vila do Bispo, auf der ich mit dem Auto von den Bauernhäusern gekommen war. Nur, ich war viel zu weit südwärts gewandert, musste also ein großes Stück den Weg laufen, auf dem ich vorher mit dem Auto gefahren war. Das war alles andere als angenehm. Doch jetzt hatte ich wenigsten festen Boden unter den Füßen. Die Kreuzung mit den vier Straßen erreichte ich auch, das Auto stand noch unversehrt (hoffentlich immer) am Waldrand.
Mühsam ist des Wanderers Weg.
Allgegenwärtig sind Distelgewächse, jetzt vertrocknet
Erstaunlich, dass hier am Meer so große Kiefern wachsen.
Ausgetrocknet und müde kam ich wieder zum Auto.
Gerade war ich beim Ablegen des Rucksacks, hielt ein kleines rotes Auto hinter der Kreuzung, fuhr zuerst in die eine Richtung, dann in eine andere. Die wussten wohl auch nicht, wo es langgeht. Schließlich kamen sie zurück und hielten bei mir an.
Wie sich herausstellte, war es ein älteres Ehepaar (bestimmt weit über 60) aus Belgien stammend. Sie konnten beide relativ gut Deutsch. Meine Einlassung, dass ich Kelmis kenne usw. honorierten sie nach anfänglicher Reserviertheit mit wachsendem Zutrauen. Sie erzählten, dass sie in Ostende wohnen und nur wegen des warmen Klimas nach Südportugal fahren, und das schon jahrelang. Außerdem sei der Ärmelkanal, an dem ja Ostende liegt, zunehmend sehr verschmutzt. Dabei sind es nicht die sichtbaren Verschmutzungen wie Plastik, Oel usw., sondern es ist die chemische Verschmutzung der Nordsee, die ihnen Sorgen macht. Es gibt immer noch Schiffe, die giftigen Müll ins Meer verknappen.
Ich zeigte ihnen den Weg nach Vila do Bispo, doch sie fuhren wegen der schlechten Schotterpiste wieder zurück, um die Hauptstraße von Sagres aus zu nehmen. Es ist schon eigentümlich, das man als Deutscher mit einem belgischen Ehepaar in Südportugal über die Umweltverschmutzung der Nordsee diskutiert. Auch das hat seinen Reiz, aus meiner Sicht natürlich.
Ich hatte jetzt genug von Entdeckungen und vom Wandern. Die Rückfahrt nach Sagres endete nicht dort, sondern in Vila do Bispo beim Lidl. Weintrauben brauchte ich und ein Vorrat an AA-Batterien konnte auch nicht schaden.
Nachzutragen ist, dass ich heute früh zum ersten Mal im Pool war. Das tut gut. Man kommt so besser in die Gänge. Die steifen Knochen werden beweglich und die Lunge ist frei. Mir geht's wenigstens so.
Für morgen habe ich mir noch nichts Bestimmtes vorgenommen. Die natürliche Reihenfolge an der Westküste nordwärts wäre ein Rundgang durch Vila do Bispo inklusive nahem Strand. Aber erst einmal habe ich den heutigen Abend bei herrlichstem Sonnenuntergang genossen. Während ich jetzt diese Zeilen schreibe, ist es schon tiefe Nacht und die Leuchttürme blinken. Morgen wird wieder schönes Wetter.
Fahrstraße nach Vila do Bispo. Ich war zu weit nach Süden gekommen und musste deshalb zum Auto zurücklaufen.
Lidl in Vila do Bispo ist wegen seiner Nähe zu Sagres nicht nur praktisch, sondern auch noch grundsätzlich billiger als die portugiesischen Supermärkte.
Das Hotel in Sicht lässt die beschwerliche Wanderung des Tages vergessen. Plötzlich kommen die Kräfte wieder.
Mein kärgliches Mahl bei warmer Abendsonne.
Vila do Bispo muss warten. Heute habe ich die südöstliche Seite vom Aparthotel inspiziert. Dazu gehören die sich dem Hotel-Strand anschließenden Klippen und der Hafen von Sagres. Etwas länger schlafen, das Schwimmen im Pool und ein langes Frühstück führten dazu, dass ich erst 11.30 Uhr das Hotel verließ. Das Auto habe ich stehen lassen.
Der Weg Richtung Meer führt an einer Pousada vorbei (staatlich geführtes Ferienobjekt). Danach läuft man auf Holzstegen, die offensichtlich die Natur schützen sollen. Fußspuren im Sand und kleine Trampelpfade zeigen aber, dass viele nicht die künstlichen Wege benutzen. Wie soll das auch gehen? Klippenangler angeln nicht vom Holzweg aus, auch Klippenkletterer machen ihre Seile nicht am Holzsteg fest. Es ist zweifelhaft, ob der Aufwand gerechtfertigt ist, zumal das Holz sowieso wieder verrottet.
Vom Aussichtspunkt Ponta da Atalaia hat man auf der Westseite einen schönen Blick auf die Hotel-Bucht, östlich ist die Hafeneinfahrt mit den vier kleinen Felsinseln zu sehen. Dahinter zeigte sich der über 900 Meter hohe Berg Fóia, der zum Monchique-Gebirge gehört.
Ostseite des Aparthotels Navigator an der Rua Infante Dom Henrique
Pousada von Sagres, staatlich geführtes Luxus-Hotel
Weg zum Aussichtspunkt Ponta da Atalaia
Aussichts- und Geometriepunkt Ponta da Atalaia
Von der Pousada ausgehender Weg zum Meer
Praia de Mareta, der Hotel-Strand
Südküste, am Horizont der Fóia des Monchique-Gebirges
Die Inseln in der Sagres-Hafen-Bucht
Kleine Bucht mit Schlauchboot zum Angeln
Überall wachsen widerstandsfähige Pflanzen
Steilwand bis zum Aussichtspunkt, Kletterwände
Es gibt Haltepunkte an den Wänden für Schiffe
Die Anglerbucht von der anderen Seite gesehen
Nahe dem Aussichtspunkt
Von den Klippen aus hat man eine schöne Aussicht auf den Hafen. Der Tag war wieder strahlend blau, keine Wolke am Himmel. Es waren bestimmt wieder an die 30°C. Doch am Meer spürt man davon nichts, da ständig ein frisches Lüftchen weht. Im geschützten Hafen dagegen war es trotz Wassernähe heiß.
Der Hafen liegt in einer Bucht und ist deshalb windgeschützt. Schon Heinrich der Seefahrer erkannte diesen Vorteil, liegt doch sein Vila do Infante (Stadt des Prinzen, das heutige Sagres) zwischen Hafenbucht und Fortaleza-Massiv. Damalige Pläne, den Hafen auszubauen, wurden aber erst sehr viel später realisiert. Zu Heinrichs Zeiten und auch später wurden die meisten Expeditionen im nahe gelegenen Lagos vorbereitet und gestartet. Dort war mehr Platz.
Sagres ist übrigens auch der Name für ein großes Segelschulschiff Portugals: die Sagres III. Das Schulschiff dient ähnlich der Gorch Fock in Deutschland ausschließlich der Ausbildung von Marine-Kadetten. Die Sagres III wurde einst 1937 in Deutschland gebaut und hat seit 1961 ihren Namen.
Der Platz für die Hafenanlage ist ziemlich begrenzt. Für ein neues großes Gebäude an der Südseite musste jede Menge Fels weichen. Nur so kann neue Fläche gewonnen werden.
Lange Mole gegen den Sturm, vorn das Fischerei-Gebäude
Hafen mit Blick Richtung Sagres-Stadt
Linker Teil des Martinhal-Ressort, Ferienhäuser
Weg zum Leuchtturm
Rechter Teil des Martinhal-Ressort, Appartements
Oben auf der Molenmauer zu laufen ist nicht einfach.
Neues Gebäude an der Südseite, 2010 noch Fels
Das neue Gebäude, Eingänge vom Hafen aus
Bekannt und beliebt ist der Hafen vor allem wegen der Fischerei. Täglich fahren die Fischer mit ihren Booten raus, um am Nachmittag fangfrischen Fisch zu versteigern. Die Auktion findet täglich (außer Sonntags) in der Doca do Pesca (Gebäude der Fischereigenossenschaft) statt. Es können aber nur Händler und Küchenchefs daran teilnehmen. Der Zugang von Touristen bzw. Privatpersonen ist nicht möglich. Man kann aber das Treiben vom Café aus durch eine große Glasscheibe verfolgen.
Zwei kleine Unternehmen bieten Bootsfahrten an. Es können verschiedene Touren genutzt werden. Dazu zählen Vogel- und Delphin-Touren, aber auch Rundfahrten zum Kap oder nur in der näheren Umgebung. Die kleinste Rundfahrt kostet schon 20 Euro, die Delphin-Tour minimal 35 Euro. Mir sind die Boote zu klein. Maximal 8 Leute haben Platz. Sie sitzen zweireihig hintereinander mit wenig Bewegungsspielraum. Man muss unförmige Schwimmwesten anlegen. Ich werde wohl in Sagres keine Bootsfahrt machen.
Hier entsteht eine weitere Halle für die Fischer.
Sehr hohe Schiffs-Anlegestege wegen Ebbe und Flut
Anlegestelle für die Fischerboote
Anbieter von Bootsfahrten (Delphine, Vögel, Felsbuchten)
Es gibt keine Info-Schilder.
Sind Touristen nicht so gut zu Fuß (soll vorkommen), kann die Sagres-Bahn eine Lösung sein. Man kann vom Hafen aus eine Rundfahrt durch Sagres machen. Es ist mir zwar schleierhaft, was es da Sehenswertes gibt, aber wenn keine Bedarf wäre, gäbe es die Bahn nicht. Ich weiß allerdings nicht, wie weit die Bahn fährt. Die einzigen wirklich interessanten Ziele sind ja meiner Meinung nach nur die Fortaleza und das Kap Sankt Vinzenz (Cabo de São Vicente). Bis zum Kap sind es fast 8 Kilometer. Ich glaube nicht, dass die Bahn soweit fährt.
Eine Tauchschule ist auch vorhanden. Ansonsten bietet der Hafen nichts Besonderes. Es wird an mehreren Stellen gebaut.
Viele Möwen warten, ob bei den Fischerbooten Fangreste (Beifang) zu holen sind. Solange kein Schiff einfährt sind sie ruhig. Das Gezetere, der Streit und vor allem das laute Schreien geht dann schon los, da hat das Fischerboot noch garnicht angelegt.
Nachmittags bin ich direkt vom Hafen zum Auto im Hotel-Hof gegangen. Ziel war, das erste richtige Bad im Meer zu nehmen. Fotoausrüstung und Brieftasche habe ich im Auto gelassen. Für den Autoschlüssel nahm ich die wasserdichte Tasche mit, die ich über Amazon bezogen hatte. Sie hat sich bestens bewährt. Kein Wassertropfen ist ins Innere gelangt.
Das Wasser in der Hotel-Bucht war super. Kaum Wellen, die Wassertemperatur mindestens 19°C. Endlich hatte ich beim Schwimmen wieder Salzwasser um die Ohren. Zum Abschluss tat ich noch etwas für meine Füße und watete am Strand entlang. Anfangs brannte meine inzwischen aufgeplatzte Blase, aber das war mir egal. Es kann ja nur besser werden. Salzwasser beschleunigt die Heilung.
Altertümliche Anlage oberhalb des Hafens
Die Sagres-Bahn für Rundfahrten. Start und Ziel im Hafen.
Warten auf ein Fischerboot
Die Treppe führt vom Hafen nach Sagres-Stadt.
Gegen 17 Uhr landete ich wieder im Hotelzimmer. Auch heute habe ich beim Abendessen den Sonnenuntergang gefilmt. Das macht keine Arbeit, die Kamera läuft ja nebenbei. Die besten Sonnenuntergänge werde ich lassen und entsprechend bearbeiten. Der Rest wird gelöscht. Speicherkapazität habe ich genug.
Zum Essen gabs Kaffee, Brot und zwei harte Würstchen. Vorher hatte ich wie üblich Kaffee getrunken und eine Fruchttasche dazu gegessen. Das Ganze ist natürlich immer mit Obst garniert (Weintrauben, Äpfel, früh eine Kiwi).
Nun ist es Nacht geworden. Das Meer ist ganz ruhig. Ganz leise höre ich das Schlagen der Brandung. Die Sichel des Mondes hat noch genügend Kraft, etwas Licht aufs Wasser zu werfen. Die beiden Leuchttürme blinken. Die Festungsmauer reflektiert das Scheinwerferlicht. Sagres hat sein Nachtkleid an, das durch seine Lichtpunkte klar und glänzend die Konturen zeigt. Die Pool-Beleuchtung wurde schon abgeschaltet. Nur bei zwei Appartements brennt noch Licht. Keine Windgeräusche, Stille, tiefe Nacht. Und dann dieser Sternenhimmel! Bei längerem Hinschauen entdecke ich immer mehr Lichtpunkte, einige helle und viele ganz schwache, die fast verschmelzen. Ich glaube auch, das Band der Milchstraße zu erkennen. So habe ich den Himmel viele Jahre nicht mehr gesehen. Schon als Kind hat mir mein Stiefvater die Sternbilder erklärt: der große Wagen, der kleine Wagen usw. Ich suche diese Bilder und finde den großen Wagen.
Zuhause verbietet das der Chemnitzer Licht-Smog und der Smog unserer heißgeliebten Esse, die eigentlich nach der Wende verschwinden sollte. Doch wer wird auf ein funktionierendes Heizkraftwerk mitsamt Schornstein mitten in der Stadt nur aus Umweltschutzgründen und schon garnicht wegen ein paar Nörglern aus der Sparte Lebensqualität verzichten wollen? Die durch Abwicklung zusätzlich ruinierte Wirtschaft konnte sich das einfach nicht leisten. Und so steht die Esse heute noch, dampft tagsüber brav nur ungiftigen Wasserdampf (hoffentlich), speit dafür aber nachts schubweise irgendwelche stinkenden Abbrandprodukte in die Luft. Die an der Leine trocknende Wäsche kann schon lange nicht mehr über Nacht hängen bleiben, sie müsste nochmals gewaschen werden. Und mein Nachtschlaf muss sich mit geschlossenem Fenster zufrieden geben.
Der Mareta-Strand ist am späten Nachmittag fast leer.
Das Meer ist ganz ruhig.
Sagres hat sein Nachtkleid an.
Doch der Mensch ist ein Gewohnheitstier und wird, wie alle aus der Gewohnheit geworfenen Subjekte, nur an sein Gewohntes erinnert, wenn Ungewohntes ins Leben tritt. Das Ungewohnte – die klare atembefreiende Luft, das Licht der Sterne und die beruhigenden Meeresgeräusche an den Klippen von Sagres – lässt mich an dieses Gewohnte in Chemnitz denken, allerdings nicht unbedingt mit Sehnsucht.
So, jetzt ist Schluss, PC aus und Gute Nacht! Ich bin hier und nicht in Chemnitz. Ich werde zufrieden schlafen, die vielen Milliarden Lichtlein geben Hoffnung: Es wird nie völlig dunkel in dieser Welt!
Heute war es schon 11.30 Uhr, als ich das Hotel verließ. Gestern Abend und heute Morgen war keine Internetverbindung über das Hotel-Wifi da. Ich sagte es der Grauen Eminenz, sie bestätigte den Fehler, den sie aber im Laufe des Vormittag schon wieder beseitigt hatte. Sie scheint etwas von Computern zu verstehen. Nach dem Frühstück war ich wieder im Pool.
Nachdem ich nun gestern nicht aus Sagres rausgekommen bin, wollte ich nach Vila do Bispo fahren. Auf dem Hotel-Hof kam ein älterer Mann von seinem Audi A5 und ging Richtung Tor. Das Auto war mit deutschem Nummernschild und GRZ im Kennzeichen. Den Typ musste ich unbedingt kennenlernen. Ich hatte noch mit meinem Rucksack zu tun, fuhr dann aber schnell los, um den Mann noch zu erwischen. Auf der Straße vor dem Hotel hielt ich und sprach ihn einfach an. Ja, er käme auch aus Deutschland und wäre schon oft hier gewesen. Er habe es jetzt aber eilig, seine Frau würde weiter unten warten. Ich nahm ihn die 300 Meter mit.
Die Frau hatte ich gestern schon am Strand gesehen. Sie war mit Krücke direkt an der Wasserkante im Sand entlang gelaufen, eigentlich mehr gehumpelt. Ich dachte auch noch mit Hochachtung, selbst Frauen mit so einem Problem genieren sich nicht, am Strand im Badeanzug mit Krücke zu laufen.
Nun erfuhr ich, dass sie vor zwei Jahren gestürzt war. Der Sturz endete mit Oberschenkelhalsbruch. Seitdem hat sie sich noch nicht wieder erholt. Und trotzdem ist sie dieses Jahr mit ihrem Mann wieder im Urlaub. Die beiden scheinen sich gut zu verstehen. Sie quasselten mit mir, was das Zeug hält. Sie kommen aus Thüringen, ihre Tochter wohnt in Chemnitz und arbeitet an der TU. Deshalb waren sie schon oft in Chemnitz. Er und sie sind weit über 70. Auch sie fahren mit dem Auto fast jedes Jahr im Herbst wegen des schlechten Wetters in Deutschland nach Sagres. Sie sind nur noch bis Montag im Hotel Navigator, dann fahren sie in die Nähe von Faro, um weitere 14 Tage Urlaub zu machen. Übrigens, ein Surfbrett hat der Mann auch mit, und das mit 77 Jahren. Sie schwimmt morgens manchmal im Pool. "Schwimmen geht besser als laufen.", meinte sie. Ich kann nur bestätigen: Man ist so alt, wie man sich fühlt.
Die Kirche in Vila do Bispo ist eine barocke Pfarrkirche aus dem 17. Jh. In ihr gibt es schöne blaue Azulejos (Wandkacheln) aus dem 18. Jh. und vergoldete Holzschnitzereien.
Die Kirche war wieder geschlossen, sie öffnet erst am späten Nachmittag und natürlich Sonntags zum Gottesdienst.
Vila do Bispo strahlt im Weiß, aber nicht überall.
Das Wetter meinte es nicht ganz so gut mit mir, nach dem anfänglichen Sonnenschein am Vormittag zogen Schäfchenwolken auf. Bald setzte sich aber wieder die Sonne durch. Vila do Bispo kenne ich vom letzten Sagres-Urlaub, aber man entdeckt immer wieder etwas Neues.
Vila do Bispo hat einen ähnlichen Wasserturm wie Sagres, aber auch hier war nichts Näheres zu erfahren. In unmittelbarer Nähe wurde eine kleine parkähnliche Anlage gebaut. Bänke sind auch da. Die erhöhte Position des Turmes lässt eine gute Aussicht zu. Doch direkt davor liegt Brachland. Dies ist vollkommen zugemüllt. Es sind zwar in der Hauptsache Touristen, die den Müll produzieren (nehme ich wenigstens an), aber die Gemeinde könnte ruhig mehr tun, um die geschaffenen Anlagen in Ordnung zu halten.
Überhaupt ist mir aufgefallen, dass zwar viele Einrichtungen, Wege, Hinweistafeln an Aussichtspunkten usw. für die Touristen geschaffen wurden, dass aber vieles, um nicht zu sagen alles, wieder verfällt, verwittert oder verschmutzt. Ob der Ausbau des Tourismus mit EU-Hilfen und der jetzige Verfall mit der Portugal-Krise und dem Sparzwang zu tun hat, weiß ich nicht. Man könnte dies fast annehmen.
Ein Problem ist auch der allgegenwärtige Hundekot. Bloß gut, Gehwege und Straßen sind nahezu frei davon. Doch an den Gehwegrändern und überall sonst, wo nicht unmittelbar gelaufen wird, sind die Überreste vom Gassi-Gehen zu sehen. Und es gibt in Portugal viele Hunde, die Gassi gehen müssen, noch mehr als in Deutschland. Allerdings führen die Portugiesen die Hunde oft nicht an der Leine, die Hunde werden einfach durch das Hoftor rausgelassen. Meist sind es Touristen, die den Hund an die Leine nehmen. Tretminen, die in Deutschland oft einen Schuhneukauf erforderlich machen, sind hier nicht so häufig, da der Hundekot durch Hitze und fehlenden Regen schnell durchtrocknet.
Vila do Bispo heißt Stadt des Bischofs. Um 1650 wurde das Gebiet vom König Portugals (D. Manuel der I.) seinem Freund Fernando Coutinho, Bischof der Algarve, als Jagdrevier geschenkt. Vorher war die Ansiedlung ein Dorf mit Namen Santa Maria do Cabo. Mit der Schenkung erhielt der Ort den Namen Aldela do Bispo (Dorf des Bischofs). Erst in 1662 wurde daraus durch König Pedro II. die Kleinstadt Vila do Bispo.
Wasserturm in Vila do Bispo, im Dach sind Löcher
Vila do Bispo vom Westen aus gesehen
Eine der Dreck-, Müll- und Hundekot-Ecken, direkt am Wasserturm von Vila do Bispo
Eine seltene Ausnahme, aber schon in 2010 haben wir diesen Schandfleck bewundern dürfen. Trotz aller Achtung des Privateigentums dürfte so etwas von Gesetzes wegen nicht zugelassen werden.
Nächstes Ziel war der Praia do Castelejo, die dritte größere Badebucht dieser Küste nach der Festung Richtung Norden (Costa Vicentina). Eine gut beschilderte und geteerte Straße führt zu einem größeren Parkplatz, auf dem auch Dauer-Camper stehen. Von dort aus sind verschiedene Wanderwege beschildert, die durch Wald und halbhohes Buschwerk führen.
Fährt man am Parkplatz vorbei ins Tal hinunter, kommt man zu zwei Stränden, zum Praia do Castelejo und noch weiter nordwärts zum Praia da Cordoama. Die schmale Straße zum Praia do Castelejo windet sich ziemlich steil und kurvenreich bis zum Meer hinunter.
Kurz vor dem Straßenende ist ein größerer Parkplatz, auf dem ich das Auto abstellte. Der Strand ist bewirtschaftet, die kleine Strandbar war trotz der nur 22°C gut besucht.
Ich ging auf dem Strand südwärts bis zu einem Stein in Wassernähe, auf dem ich sitzen konnte. Brotzeit mit Apfel und Wasser war angesagt. Dabei hatte ich immer das Meer im Blick, aus Sorge, es könnte näher kommen. Der Praia de Castelejo ist sehr flach, die Flut treibt das Wasser bis an die Klippen. Ich wusste nicht, ob gerade Flutbeginn war oder nicht, deshalb die Sorge. Wenn das Wasser kommen würde, hätte ich schnell und weit laufen müssen, um mit trockenen Schuhen davon zu kommen. Mir kamen Gedanken an Leute im Watt an der Nordsee, die es nicht mehr geschafft hatten, vor der Flut höheres Terrain zu erreichen. Unvorsichtige sollen schon ertrunken sein. Ganz so schlimm war die Situation hier nicht, aber 'Vorsicht ist die Großmutter der Porzellankiste'.
Parkplatz an der M1265 von Vila do Bispo zu den Stränden Castelejo und Cordoama, Übernachtung möglich
Außergewöhnlich, sowas sieht man selten.
Restaurante Castelejo, ganzjährig geöffnet, Donnerstag ist Ruhetag.
Praia do Castelejo. Bei Ebbe breiter Sandstrand, bei Flut schlägt das Wasser bis an die Klippen.
Der Castelejo-Strand ist über 600 Meter lang und gut mit dem Auto erreichbar.
Nach ausgiebigem Genuss des Sitzens am Meer (Nur wer dies schon getan hat weiß, was ich meine.), ging ich noch ein wenig südwärts in Richtung Klippen. Und siehe da, ein zwar steiler, aber offensichtlich oft benutzter Trampelpfad führte nach oben. Ich war froh, nicht wieder in der Bucht zurückgehen zu müssen. In der Absicht oben angekommen irgendwie wieder über die Berge zurück zum Strand zu gelangen, begann ich den Aufstieg.
Teilweise auf allen Vieren ging's bergauf. Bergab möchte ich diesen Weg nicht gehen. Bei dem vielen losen Geröll in Form von kieselgroßen scharfkantigen Steinen vermischt mit Sand war es schon hochzu beschwerlich genug, runterzu möchte ich dort nicht ins Rutschen kommen. Außerdem verläuft der Pfad auf einem Kamm, rechts und links ist es steil abschüssig. Aber ich war gut drauf und so schaffte ich einen Höhenmeter nach dem anderen.
Man muss wissen, dass hier die Klippen in kleine Berge münden. Die höchste Stelle in der Umgebung ist der 156 Meter hohe Aussichtspunkt mit dem Torre de Aspa, ein schwarz-weiß bemalter Wachturm. Früher wurde bei Gefahr vom Meer, bei Sturm oder auch bei Bränden die Turmglocke geläutet, um so die Bevölkerung der Umgebung zu warnen.
Noch frohen Mutes stieg ich weiter bergan und legte ab und zu eine kleine Pause ein, in der ich zurückschauend die Küstenlandschaft genoss. Mein T-Shirt (das von R. mit der Harley drauf) war völlig durchgeschwitzt. Aber ich hatte ja Wasser dabei, die Flasche war noch halb voll. Der Weg war nicht gleich steil, sondern verlief manchmal etwas sanfter ansteigend und dann wieder vor der nächsten Kuppe etwas steiler. Den wirklich etwa 100 Meter langen sehr steilen Abschnitt hatte ich hinter mir. Dies war der erste Abschnitt des Wegs, ausgehend vom Strand. Hinter jeder Kuppe also, wenn man denkt, man ist schon oben, erscheint der nächste zu bewältigende Hügel.
Die Berglandschaft ähnelt Flusstälern, die alle im Meer oder an Klippen enden. Die Vegetation ist üppig. Die Sträucher und Büsche sind teilweise 1,5 Meter hoch. Viele davon sind mit Dornen besetzt oder haben klebrige Blätter. Auch gibt es viele Disteln, deren Samen ähnlich Pusteblumen bei Berührung leicht davonfliegen.
Pfad in die Berge vom südlichen Ende des Castelejo
Die nächste Höhe, die ich vor mir habe
Blick zurück auf den Castelejo-Strand
Wieder eine Kuppe geschafft. Es geht weiter bergan.
Rechts oben auf der gegenüberliegenden Talseite sah ich ein flaches Haus stehen. Es leuchtete weiß in der Sonne und konnte eigentlich nur zum Miradouro da Grota gehören. Den Hinweis hatte ich bei der Herfahrt auf einem Caravan-Rastplatz gelesen. Diesseits des Tals, also auf meiner Seite, führte der Pfad in einen Wald, wurde breiter und endete schließlich an einer Kreuzung. Weiter geradeaus war der Weg jetzt befahrbar, der rechts abgehende Weg ebenfalls. Da dieser Weg auf der anderen Talseite Richtung Meer verlief, entschied ich mich für diesen. Es ging immer noch leicht bergan. Ich hatte deshalb die Hoffnung, so zum Aussichtspunkt Miradouro da Grota zu gelangen.
Und siehe da, das weiße Haus tauchte bald auf. Ich wusste nicht, was es beherbergte. Es sah unbewohnt bzw. ungenutzt aus. Die Fensterscheiben waren eingeschlagen und auf der Seite zum Meer war die Tür eingetreten. Ich traute mich nicht, das Haus zu betreten. Durch die Tür sah ich Möbel und Gestelle, wie man sie in Ausstellungsräumen verwendet. Auch Schreibtische waren zu sehen. Alle Schubfächer und Türen standen auf. Brauchbares schien nicht mehr vorhanden zu sein. Hier hatten wohl schon die Vandalen gewütet. Das Haus ist einstöckig, hat längsseitig in der Mitte einen langen Flur und beidseitig verschiedene Räume. Das Dach und die übrige Bausubstanz ist übrigens noch in Ordnung. Lange kann das Haus noch nicht unbenutzt sein.
Nicht weit vom Haus steht eine große Hinweistafel, aber ohne dass man etwas darauf hätte erkennen können. Wind und Wetter haben Schrift und Grafik unkenntlich werden lassen. Die Tafel verriet mir also auch nicht, was die ganze Anlage zu bedeuten hat bzw. wofür das Haus gebaut wurde. Ich kann mir nur vorstellen, dass passend zum Aussichtspunkt Informationen zur Landschaft, zur Flora und zur Fauna gegeben wurden, vielleicht auch etwas Historisches.
Das ganze Areal ist mit Pfählen abgegrenzt, nach drei Seiten gibt es über 150 Meter hohe Klippen zum Meer. Die Aussicht war herrlich, besonders in nördlicher Richtung. Nach Süden hin Richtung Festung war es dunstig. Leider verzog sich die Sonne wieder ab und zu hinter die bekannten Schäfchenwolken, als wenn sie fröre und sich wärmen müsste.
Weg zum Aussichtspunkt Grota. So hohe Bäume sind selten an dieser Küste.
Leeres verlassenes Haus auf dem Miradouro da Grota.
Aussichtspunkt Grota. Immerhin steht noch ein Schild da.
Früher waren hier sicherlich eine Ausstellung und Informationsräume. Der Rest der Inneneinrichtung lässt auf solch eine Nutzung schließen.
Die kleine Wortspielerei der Überschrift sei mir verziehen. Wenn auch das Haus selbst verkommt, der Ausblick von da oben ist atemberaubend. Die Strände Castelejo, Cordoama und Barriga lagen mir zu Füßen. Der Aufwind vom Atlantik bescherte mir ein leichtes Frösteln, trotz der Nachmittagshitze. Hinter dem Haus war kein Wind und das ausgezogene T-Shirt konnte trocknen. Ich hatte mich zur zweiten Brotzeit hingesetzt. Der Rest aus der Wassrflasche und der letzte Apfel mussten reichen.
Die Fotos dieser Seite können nicht annähernd das wahre Gefühl des weiten Blicks vom Mirodouro da Grota widerspiegeln.
Vorn: Praia do Castelejo, dann Cordoama und Barriga
Südliches Ende des Praia do Castelejo
Klippenwand am südlichen Castelejo-Ende
Hinter dem ASPA-Stein hatte sich eine schwarzgraue Schlange versteckt. Sie schoss mir fast über die Füße, als ich noch mit dem Fotoapparat hantierte. Natürlich bin ich erschrocken und war froh, die langen Jeans und die hohen Wanderschuhe anzuhaben. Bisher und auch später war ich nie einer Schlange begegnet. Das war mir eine Warnung, im Gelände barfuß oder mit Latschen zu laufen. Es gibt im Süden mehrere Arten giftiger Schlangen.
Praia da Cordoama und hinten der Praia da Barriga
Restaurant des Praia do Castelejo
Wegweiser zum Torre de Aspa, 1,5 km vom Miradouro
Nun war es Zeit, zum Strand bzw. zum Strandparkplatz zurückzukehren. Der gleiche Weg zum Meer zurück war keine Option: zu steil, zu gefährlich. Also nahm ich den zweiten weiter südlich liegende Fahrweg, der aus Richtung Vila do Bispo kommt. Das war aber der nächste parallele Bergkamm. Lange Zeit war kein Weg, der links abbog. Ich musste ja irgendwie über die Berge zum Parkplatz unten am Meer kommen.
Viele der Wege sind zwar breit und befahrbar, aber sie sind privat und gehören zur Landwirtschaft der Region. Folgt man einem dieser Wege, landet man entweder auf einem Feld, einer Koppel oder auch auf einem Bauernhof. Gekennzeichnet sind diese Wege mit einem kleinen Verbotsschild, das man keineswegs ignorieren sollte. Nur wenige Wanderwege sind seit einigen Jahren ausgeschildert bzw. farblich markiert und in guten Reiseführern erwähnt.
Einer solchen Markierung folgend bog ich dann endlich links ab. Die Fahrstraße führte zu einem offensichtlich moderner Überwachung dienendem Objekt. Es ist eine runde Stahlkonstruktion mit zwei kleinen Steingebäuden in der Mitte, die wie DDR-Fertiggaragen aussehen. Das Stahlgerüst trägt im Kreise eine große Anzahl kleiner runder Töpfe, die an Antennen im Gigahertz-Bereich erinnern. Weiterhin ist in der Nähe, etwa 100 Meter abgesetzt, eine große umzäunte Sendeanlage mit Stabantenne zu sehen. Die Anlage ist eine Wetterstation, mit der Wetterdaten unterschiedlichster Art erfasst werden. Im umzäunten Gelände der Stahlkonstruktion stand ein Pick-up, ein Generator oder etwas ähnliches war zu hören, das Tor stand offen.
Rechts am Stahlzaun vorbei in Richtung Meer war ein befahrbarer Weg, im weiteren Verlauf ein Trampelpfad. Immer an einer rechter Hand liegenden Koppel entlang folgte ich dem Pfad. Bis hierhin war alles gut. Der Pfad wurde zwar offensichtlich nicht oft benutzt, aber er zeichnete sich deutlich zwischen den niedrigen Pflanzen und Büschen ab.
Ganz früher muss auch dieser Weg ein Fahrweg gewesen sein, so glaubte ich jedenfalls. Deutlich waren zwei Spuren zu sehen, allerdings von einem Kettenfahrzeug. Also war das auch für mich eine Möglichkeit, durch die Wildnis zu kommen, ohne irgendwo im Busch hängen zu bleiben. Doch das war ein fataler Irrtum.
Trampelpfade vom Meer nach oben führen manchmal nicht zum gewünschten Ziel.
Wetterstation zur Erfassung einer Reihe von Wetterdaten. Ein Weg führt rechts vorbei ins Ungewisse.
Kein Wanderweg, nur Buschwerk und Stacheldraht
Kein Weg, sondern eine Brandsperre. Auf dem Pfahl steht Route Vicentina. Das Zeichen bedeutet: Nicht benutzen! Ich musste von hier wieder 2 Kilometer zurück.
Nachdem ich bergan und bergab lief und mein Körper langsam aber sicher austrocknete, endeten plötzlich der vermeintliche Fahrweg und auch der Trampelpfad. Wie ich später bei näherer Betrachtung der Berge feststellte, war der Fahrweg eine mit Raupe in den Busch getriebene Schneise, die offensichtlich als Brandsperre dient. Und der Trampelpfad war nichts anderes, als ein immer wieder von Tieren benutzter Weg. Was das für Tiere sein könnten, weiß ich nicht. Spuren waren auf dem steinigen trockenen Boden nicht zu finden.
Nach der Wetterstation kam ich wieder auf den Weg, der zum 156 Meter hohen Torre de Aspa führt. Nun begann ich den im weiten Bogen führenden Rückmarsch auf verschiedenen Fahrwegen. Unweigerlich musste ich an den Film "Soweit die Füße tragen" denken, in der ein deutscher Kriegsgefangener aus Sibirien bis nach Europa heimmarschierte. Ganz so schlimm war es natürlich nicht, aber ich hatte noch mindestens 6 bis 7 Kilometer vor mir. Mich überholten einige Male Autos. Doch diese anzuhalten war ich zu stolz. Ich wollte ja wandern, also wanderte ich. Und wandern heißt laufen und nicht fahren.
Ich kam dann auf die geteerte Hauptstraße, die zum Strand führt. Mit brennenden Füßen bei brennender Sonne trabte ich die Serpentinen hinab. Stumpfsinnig den Blick auf den Boden gerichtet, hatte ich keinen Sinn mehr für Landschaft und Natur. In solchen Extremsituationen richtet sich das körperliche Augenmerk nur auf ein Ziel: Ankommen!
Und ich kam an. Die Rückfahrt im Auto war ein Genuss. Noch schnell bei Lidl ein Leckerli zum Kaffee geholt und dann ins Hotel, mehr ist dazu nicht zu sagen. Erst richtig gut habe ich mich wieder gefühlt, als ich nach der Dusche auf dem Balkon saß, mit Kaffee und Fruchttasche vor mir und Sagres zu meinen Füßen.
Nachzutragen ist noch, dass ich die vermeintliche Wegkennzeichnung weiß mit rot falsch interpretiert hatte. Es war ein weißer Querbalken, der aber schräg mit einem roten Balken durchgestrichen war. Das soll heißen, es ist kein Weg bzw. diesen Weg nicht benutzen. Darauf hätte ich gleich kommen können. So nahm meine Irr-Wanderei seinen Anfang. Vorteilhaft wäre es, ein Wander-Navi dabei zu haben. Altmodisch wie ich bin, steht mir das aber nicht zur Verfügung. Eine normale aktuelle Wanderkarte der Costa Vicentina würde allerdings auch reichen.
Dort musste ich hin, zum Parkplatz vor der Castelejo-Abfahrt und dann hinunter zum Auto.
Eine kleine Abwechslung auf dem Rückmarsch, der nicht enden wollte.
Stückweise gab es parallel zur Straße diesen Weg.
Endlich, da ist der Abzweig hinunter zum Strand Castelejo.
Nach der Anstrengung gestern habe ich mir heute einen Wellness-Tag gegönnt. Vormittags war der Himmel bedeckt, am Nachmittag ca. 3 Stunden Sonne, dann wieder Bedeckung. Ich hab mir Zeit genommen (wie eigentlich immer), nach Frühstück und Pool war es wieder 11 Uhr.
Ich bin vom Hotel aus gleich zum Praia do Castelejo gefahren. Dort steht das Auto gut. Meine Absicht war, auf dem Strand soweit wie möglich nach Norden zu laufen. Wieder mit langer Hose, hohen Wanderschuhen und zusätzlich meine Windjacke am Rucksack war ich gut gerüstet. Es hätte ja sein können, dass Regen aufzieht oder Sturm kommt. Nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil, die Sonne kam raus.
Auf dem feuchten Sand lässt es sich gut wandern. Man sinkt nicht ein, wie es bei trockenem Sand der Fall ist. Die Küste ist wirklich super. Es gibt die verschiedensten Felsformationen. Die Gegend ist geprägt vom schwarzen Schiefer. Dadurch kann man die Lage der Schichtung sehr gut erkennen. Die Schichten verläufen nicht nur waagerecht, sondern auch schräg, manchmal sogar senkrecht. Ich möchte nicht wissen, was hier vor Millionen Jahren los gewesen ist.
Auf den Felsgruppen, die bis ins Wasser reichen, stehen Angler. Andere, meist Einheimische, suchen am Fels Muscheln und anderes Getier. Auch die Surfer kommen nicht zu kurz. Trotz verhaltener Brise rollen viele lange Wellen an. Sogar kleine Jungs und Mädels, vielleicht 7 bis 12 Jahre alt, habe ich surfen sehen.
An diesem Küstenabschnitt reihen sich mehrere Strände direkt aneinander. Es sind der Praia do Castelejo (wo das Auto stand), der Praia da Cordoama (der ebenfalls bewirtschaftet ist) und der Praia da Barriga. Der letzte Strand ist ohne Strandbar und zwar mit dem Auto zu erreichen, aber von der Hauptstraße aus relativ schwer zu finden. In das schmale Ende des Fahrwegs passen nur wenige Autos. Es waren auch zwei deutsche Wohnmobile da. Wie es aussah, gehörten sie zusammen und waren schon längere Zeit an dieser Stelle. Mindestens 4 kleine Kinder waren auch dabei. Wie immer bei solchen Gelegenheiten kam ich mit den Leuten ins Gespräch. Ich fragte, ob es Ärger mit der Polizei wegen des wilden Campens gäbe. Nein, manchmal räumen sie einen Strand, aber ohne Strafe.
Bei Flut sind die mit Muscheln besetzten helleren Felsen unter Wasser.
Geschichteten Schieferfelsen gibt es hier überall.
Bei Ebbe gibt es Muscheln, Krebse und Krabben.
Der freigelegte Fels ist voller Leben, sogar kleine Fische bleiben in den Wassertümpeln bis zur nächsten Flut.
Ich ging vielleicht noch 500 Meter in Richtung Norden, dann war Schluss. Zwei Franzosen versuchten zwar, über die niedrigen aus dem Wasser ragenden Felsen zu klettern, kamen aber auch nicht weiter. Sie erzählten mir, es sei kein Durchkommen. Es müsse zwar einen Weg nach oben geben, den sie aber nicht gefunden hätten.
Von irgendwelchen Wegen nach oben, die vielleicht wieder im Nirwana münden, hatte ich genug. Die Odyssee gestern hatte gereicht. So lief ich Richtung Wasser, suchte mir einen passenden Sitzstein und machte Brotzeit. Diesmal gabs eine Brotscheibe, eine kleine harte Wurst und wie immer stilles Wasser aus der Flasche. Den krönenden Abschluss bildete ein Apfel. Ich liebe es, nahe am Meer zu sitzen, das Raunen und Klatschen der Brandung zu hören und dem Spiel der sich überschlagenden Wasserfront im kräfteverschlingenden Sand zuzuschauen.
Da die Sonne lachte und das kühlende Meer lockte, bin ich die etwa 3 Kilometer zurück im Wasser gelaufen. Dazu hatte ich die lange Jeans gegen eine kurze getauscht, meine Schuhe am Rucksack befestigt und somit beide Hände fürs Balancieren und Fotografieren frei. Der Rückweg war natürlich länger, denn immer dem knöcheltiefen bis maximal wadentiefen Wasser zu folgen ist nicht einfach. Es ergeben sich viele wegverlängernde Windungen. Aber es gab ja viel zu sehen: Angler, Surfer, Möwen, Klippen, Steine, Muscheln, Krebse und kleine Langusten. Vor allem aber hatte ich das Gefühl, etwas Gutes für meine Gesundheit zu tun.
Die vom Meer kommende Luft ist die reinste Solekur. Auch meine große Blase (die am Fußballen!) entwickelt sich gut, sprich, die abgestorbene Oberhaut hat sich gelöst und drunter ist heile Haut. Das Salzwasser wirkt auch hier wie eine Emulsion aus der Apotheke, nur nicht zum Apothekerpreis, sondern zum Nulltarif.
Insgesamt war ich ca. 4 Stunden am Strand unterwegs. Gegen Ende verkrümelte sich die Sonne wieder. Mir war's recht. Fotos hatte ich genug gemacht. Ich setzte mich auf den Stein, auf dem ich gestern schon gesessen hatte, und machte nochmal Pause. Außerdem mussten die Füße vom Sand befreit werden, was garnicht so einfach ist. Salziges Wasser klebt förmlich den Sand fest. Und Sand in den Strümpfen ist ein Greuel. Ich hätte meine Latschen mitnehmen sollen.
Heute war der Himmel bedeckt, nachmittags hat es sogar geregnet. In Sagres so sehr, dass Pfützen auf der Straße standen. Mich hat der Regen nicht getroffen. Warum? Ich bin heute gegen 11 Uhr vom Hotel aus losmarschiert. Ziel war die Küste ostwärts vom Hafen aus.
Mein Weg führte mich also zuerst zum Hafen, dann über den kleinen Strand Praia da Baleeira östlich vom Hafen. Man kann am Strandende über Treppen nach oben gelangen. Die Treppen gehören zu der sich oberhalb befindlichen Hotelanlage.
Biegt man kurz vor Ende des Aufgangs nach rechts ab, kann man im weiteren Verlauf an der Küste entlang gehen. Man gelangt relativ schnell zum Praia do Martinhal. Dieser Strand gehört zum Ressort Martinhal, das aus mehreren Häusern, Appartements und sonstigen Anlagen besteht. Die Preise des Ressorts sind relativ hoch.
Am Ende des Praia do Martinhal ist ein Trampelpfad, auf dem man weiter auf den Klippen am Meer entlang gehen kann. Ich bin einige Kilometer diesen Pfad gelaufen, der sich natürlich wie üblich immer wieder verzweigt. Aber das Meer ist die Richtschnur und so kann man sich nicht verlaufen.
Hervorzuheben sind die teilweise sehr gefährlichen Klippenabbrüche. Der Klippenrand hängt auch teilweise über, das heißt in der Luft über dem Meer. Zu nahes Herantreten an die Klippenkante ist gefährlich. Man sollte immer soviel Abstand halten, dass man beim Stolpern nicht über den Abhang fliegt.
Es gibt auch in einigem Abstand zum Klippenrand große Löcher, die bis zum 40 Meter weiter unten liegenden Meeresspiegel reichen. Ursache sind durch Unterspülungen verursachte Einbrüche. Vorsicht ist also angesagt. Da alles Natur ist, gibt es natürlich auch keine Absperrungen. Wozu auch? Wer da lang läuft muss wissen, was er tut.
Auf dem Weg habe ich ständig Schafsmurmeln gesehen. Jetzt ist das Gras zwischen dem Buschwerk trocken, aber im Frühling scheint hier alles grün zu sein. Dann lohnt es sich offensichtlich, die Schafherde durch diese Buschlandschaft zu treiben.
Praia da Baleeira, im Hintergrund der Hafen von Sagres.
Praia do Martinhal. Besucher kommen meist vom Luxus-Ressort Martinhal.
Gefährliche Löcher, die bis zum Meer reichen.
Diese Landschaft taugt nur noch für Schafe.
Nur etwa ein Kilometer nach dem Martinhal-Ressort ist ein weiterer ca. 100 Meter langer Strand, der sehr versteckt liegt. Es ist ein Kieselstrand und nur zu Fuß erreichbar. Dort traf ich ein jüngeres Ehepaar aus Erfurt, die im Martinhal Urlaub machen. Sie hatten ihre beiden Kinder abgegeben und sind alleine Wandern gegangen. Mir kam das komisch vor. Allerdings weiß ich nicht, wie alt die Kinder sind. Wir kamen auf die Herfahrt zu sprechen. Sie sind mit dem Flieger bis Faro geflogen und dann mit einem Mietauto, einem Kia, nach Sagres gekommen.
Ich erzählte vom Dacia. Es stellte sich heraus, dass der Mann keine blasse Ahnung von Autos hat, die Frau aber dafür umso mehr. Sie ist in einem Forschungsinstitut angestellt, dass sich mit der Entwicklung von Komponenten zum automatisierten Autofahren beschäftigt. Sie kannte auch den 3-Zylinder-Renault-Motor und war voll des Lobes.
Ich bin dann mindestens noch 5 Kilometer weitergelaufen, immer der Küstenlinie folgend. Das hört sich wenig an, aber 2 Stunden sind mindestens dabei vergangen. Ich kam bis in Höhe eines Hauses (wahrscheinlich landwirtschaftliches Gebäude), welches etwa 300 Meter von der Klippe entfernt steht.
Noch bis zum nächsten Hochpunkt musste ich laufen, um den weiteren Küstenverlauf einzusehen. Dann brach ich ab. Der nächste Strand Praia da Ingrina war zwar zu sehen, aber doch noch weit entfernt. Schließlich trägt mich niemand nach Hause, ich musste ja den ganzen Weg wieder zurückgehen. In der Ferne verschwand Sagres inzwischen hinter einem dichten Regenvorhang und auch der Wind frischte auf.
Ich machte Brotzeit, diesmal mit dem letzten Stück von dem Brot, das ich bei der Herfahrt vor 8 Tagen gekauft hatte. Dazu gabs ein hartes Würstl und wie immer Wasser. Nicht dass ich mich etwa absichtlich beschränke und abnehmen will, das Mitgenommene reicht mir. Es wäre für mich völlig überzogen, beim Wandern in einem Restaurant oder einer der Strandbars essen zu wollen. Trotzdem bin ich natürlich gespannt, ob die Reise mein Gewicht verringert. Den Gürtel habe ich auf jeden Fall schon ein Loch enger schnallen können.
Praia Rebolinhos, 1 km östlich vom Ressort Martinhal
Zerklüftet und steil, das Meer von oben nicht erreichbar
Bis zum Praia da Ingrina keine Strandbucht in Sicht
Solche Spalten erfordern große Umwege.
Wie heißt es so schön: Wenn man einmal sitzt... Ich war ziemlich kaputt, streckte mich auf meiner Windjacke lang aus und schlief mit dem Kopf auf dem Rucksack sogar kurz ein.
Entfernte Stimmen ließen mich hochschrecken. Beim Umsehen dachte ich erst, ein wildes Tier sei da gerade hinter einem Busch verschwunden. Doch es waren zwei jüngere Hunde, die überall herumschnüffelten. Sie gehörten zu einer Wandergruppe, die unweit von mir gerade eine Pause machte. Vorsichtshalber stand ich auf. Die Hunde kamen mir aber nicht zu nahe und verschwanden wieder.
Ich hatte den Eindruck, die Regenwand kommt in meine Richtung. Rückweg war angesagt. Es dauerte auch nicht lange, bis die ersten Tropfen fielen. Ich löste die an den Rucksack gebundene Windjacke und hatte zu tun, sie schnell genug anzubekommen. Ein kurzer Schauer ging nieder. Ich hatte mich gedanklich schon auf völlig durchnässte Sachen vorbereitet. Doch die Regenwand blieb weitgehend auf dem Meer und zog ostwärts. Man sollte für solche Gelegenheiten immer ein Regen-Cap einstecken haben. Denn meine Windjacke ist eine Wind- und keine Regenjacke. Man wird schnell auch darunter nass. Ich glaube, mein Regen-Cap ist im großen Rucksack im Auto. Da liegt es gut!
Auf dem Rückweg nahm ich nicht jede Küstenbiegung mit sondern den mir am kürzesten erscheinenden Pfad. Kurz vor dem Strand am Martinhal Ressort hörte der Regen auf. Ich traf noch ein Schweizer Ehepaar mittleren Alters. Sie seien sehr zufrieden mit dem Ressort und dieses Jahr im März schon einmal hier gewesen. Es sei alles grün gewesen.
Mein Weg führte mich am Martinhal-Ressort über den zugehörigen Strand auf einer Fahrstraße am Meer entlang Richtung Hafen.
Geführtes Wandern ist auch möglich, nichts für mich.
Wieder der Praia Rebolinhos, hinten das Martinhal
Bemerkenswert, was die Natur schafft
Strandmöbel vom Ressort Martinhal
Wieder warm. Der Regen hat aufgehört.
Kurz nach dem Strandzugang liegt rechts ein großes außergewöhnliches Grundstück, das uneinsehbar mit einer hohen Mauer umgeben ist. Auf der Mauer sorgen spitze Eisenstäbe für zusätzliche Sicherheit. Außerdem sind in regelmäßigen Abständen Kameras installiert. Im oberen Teil des Anwesens thront eine riesige Villa, die ziemlich reich aussieht. Einen Hinweis auf den Eigentümer oder Betreiber konnte ich nirgends entdecken. Jedenfalls muss es sich entweder um ein reiches oder um ein geheimes Objekt handeln, wenn ein derart hoher Sicherheitsaufwand getrieben wird.
Ein weiteres ungewöhnliches Objekt ist zwischen Straße und Meer zu sehen. Einerseits sieht die Ruine aus wie ein Bunker, andererseits könnte es früher ein Wohn- oder Ferienhaus gewesen sein. Die Ruine steht direkt am Wasser und ist integrativ in die Felsen gebaut. Sehr alt scheint der Betonbau nicht zu sein.
Im hinteren Teil des Hafenstrands führt eine gemauerte Treppe nach oben, direkt Richtung Sagres-Stadt. Ich hatte mich aber verrechnet und landete in einer Sackgasse. Die Treppe ist am oberen Ende nur von einer großen Ferienanlage aus zugänglich. Ich hätte oben voll durch irgendwelche Gebäude gemusst. Das merkte ich aber erst, als ich diesen Weg als vermeintliche Abkürzung nahm. Also war Zurücklaufen angesagt. Ich ging brav wieder die vielen Stufen zum Strand hinunter, um dann den gleichen Höhenunterschied nach oben über die Hafentreppe zu überwinden.
Am Tresen des Hotels war wieder die Graue Eminenz. Ein kurzer Plausch auf Deutsch ließ mich erfahren, dass es in Sagres geschüttet hätte, allerdings nur kurz. Es werde Zeit, dass mehr Regen kommt. Die Vegetation sei dieses Jahr besonders ausgetrocknet. Das kann noch warten, dachte ich mir. Laut Wettervorhersage ist ab Dienstag wieder Sonnenschein.
Ich habe vorhin im französischen Fernsehen die Überschwemmungen und Verwüstungen an der Mittelmeerküste Frankreichs, Nähe Nizza, gesehen. Dort hat es innerhalb kurzer Zeit so geregnet, das viele Autos weggeschwemmt wurden. Es gab etliche Tote.
So, Schluss jetzt mit Schreckensszenarien. Eigentlich ist das nicht mein Ding.
Auch solche Luxusanwesen gibt es in Sagres.
Eine seltsame Ruine zwischen Martinhal-Strand und Hafen
Diese Treppe hat oben keinen öffentlichen Ausgang.
Heute konnte ich zum ersten Mal den Sonnenuntergang nicht beobachten, die Wolken waren zu dick. Trotzdem ist das in den Himmel gestreute Rot ein absoluter Hingucker. Zunehmend frischte der Wind auf. Vielleicht kommt diese Nacht noch ein Unwetter.
Heute früh war alles grau. In der Nacht hatte der Wind kräftig geblasen. Im Appartement pfeift und rüttelt es dabei an jeder Ecke, direkt über mir das Flachdach. Ich möchte nicht wissen, wie hoch die Wellen waren. Aber mein Hotel liegt weit oberhalb des Meeres gewissermaßen auf einem Hügel. Es müsste sich schon die große Flut von 1755 wiederholen, um gefährlich zu werden.
Gegen morgen legte sich der Wind etwas und gegen 11 Uhr kam die Sonne raus, um jeden Wolkenrest zu verscheuchen. 12 Uhr saß ich im Auto, um zum Praia da Cordoama zu fahren. Ich hatte vor, erst etwas zu wandern und danach zum Strand zu gehen. Nach der doch recht harten Wanderung gestern war Relaxen angesagt.
Die Straße zum Praia da Cordoama ist geteert, der Parkplatz auch. Bis zur Strandbar sind es nur wenige Schritte. Auf dem Parkplatz waren wieder mehrere Caravans mit deutschem Nummernschild. Neben mir parkte ein Berliner, mit dem ich kurz ins Gespräch kam. Sie sind schon 4 Wochen unterwegs und wollen die nächste Zeit in Salema verbringen. Dort sei ein guter Campingplatz.
Der Cordoama-Strand zeigte sich heute von seiner besten Seite, zumindest für die Surfer. Lange und konstante Wellen rollten heran. Der Südwestwind tat sein Bestes. Da der Strand flach ist, können auch Anfänger auf die Bretter. Doch ohne Anleitung (Surfschule) sollten Newcomer vorsichtig sein. Es gibt Strömungen, die beim Sprung vom Brett den Surfer verschwinden lassen könnten.
Richtung Castelejo (links) und Richtung Cordoama (rechts)
Restaurante Praia da Cordoama
Die Wellen sind nicht zu hoch, aber konstant.
Praia da Cordoama in Richtung Süden (Richtung Kap)
Praia da Cordoama in Richtung Norden
Heute waren viele Wellen, die Surfschule am Strand hatte alle Hände voll zu tun. Vielleicht 20 Surf-Anfänger versuchten, in einer der heranrollenden Welle aufs Brett zu kommen. Da die Sonne dazu schien, wollte ich heute zum ersten Mal mein Fotostativ nutzen, um wackelfreie Videos zu drehen. Mit voller Ausrüstung stieg ich dann auf eine ca. 10 Meter über dem Strand liegende Plattform und baute das Stativ auf. Ein älteres Ehepaar stand nicht weit abseits und beobachtete mich. Ich fühlte mich wie beim Set. Als Könner habe ich sogar das Stativ ausnivelliert. Dazu ist ja die kleine wasserwaagenähnliche Blase in grüner Flüssigkeit da. So, nun musste nur noch die Kamera aufs Stativ und dann konnte es losgehen. Die Leute guckten immer noch.
Plötzlich merkte ich verärgert, dass ich den Kameraadapter vergessen hatte. Ohne diesen Adapter konnte ich aber die Kamera nicht aufs Stativ klipsen. Aus der Traum von schönen Aufnahmen, zu allem Unglück machte sich wieder eine Schafherde vor der Sonne breit. Beim Fotografieren stören die Schäfchenwolken nicht, entweder man hat bei einer Aufnahme Sonne oder eben nicht. Beim Filmen ist es aber besser, wenn die Helligkeit in etwa gleich bleibt.
So schaute ich mit Kennerblick und die Hand abschirmend über den Augen in den Himmel und entschied, das werden heute keine guten Aufnahmen. Als ich das Stativ wieder klein machte und einpackte, ging auch das Ehepaar weiter. Sie hatten wohl begriffen, dass bei Wolken am Himmel nicht gut filmen ist. Dass ich den Adapter vergessen hatte, wussten sie natürlich nicht.
Die Sicht von meinem Standort aus war sagenhaft. Die schäumenden Wellen und der doch recht kräftige Wind peitschten feuchte Nebel gegen die Klippen. Die Fernsicht war entsprechend diesig. Beim Durchatmen spürte man das Salz der Luft im Mund, fast so wie in der Solekur. Ich empfand Freiheit.
Man könnte stundenlang sitzen und schauen. Da der Wind die Wellen bis fast an die Klippen trieb, wurden alle Sandspuren des Tages verwischt. Der Strand sah aus, als ob es keine Menschen gäbe. Komisch, Spuren der Tiere stören mich nicht. Nur der Mensch macht sich in großer Zahl breit und hinterlässt überall seine Abdrücke. Ich frage mich manchmal, ob wir (die Menschheit) nicht doch schon zu Viele sind. Oder kann die Erde noch mehr verkraften?
Diese Erhebung sichert super Videos.
Die Küste am Praia da Cordoama sieht wirklich toll aus.
Hinter dem Praia da Cordoama ist der Praia da Barriga.
Hier steht der Strand bei Flut völlig unter Wasser.
Am Auto angekommen waren die Wolken wieder weg, aber ich hatte nun keine Lust mehr, das Stativ nochmal nach oben zu schleppen. Es musste wie bisher auch ohne Stativ gehen und so wanderte ich los, um oberhalb der Klippen das Meer zu genießen.
Knapp zwei Stunden war ich oben auf den Klippen an der Nordseite des Strands unterwegs. Man kann auf den Klippen bis oberhalb des nächsten Strands, dem Praia da Barriga, laufen. Einen Weg hinunter habe ich nicht gefunden. Es führt nur ein Pfad weg von der Küste weiter bergan ins Hinterland. Nach vielleicht einem Kilometer kommt man auf eine Schotterstraße. Es ist wahrscheinlich die Zufahrt zum Praia da Barriga.
Ich lief auf der Schotterstraße Richtung Süden, also parallel zu der Richtung, aus der ich gekommen war. Das Meer war jetzt vielleicht 2 Kilometer entfernt. Nicht erwartet habe ich den Kiefernwald zu beiden Seiten der Straße. Er bietet eine wohltuende Abwechslung gegenüber dem in dieser Gegend vorherrschendem kargen Buschwerk. In Richtung Meer zweigte eine kleiner Trampelpfad ab. Den nahm ich mit dem Ziel, irgendwann wieder zum Auto zu kommen.
Allerdings war diese Entscheidung wieder einmal nicht die beste. Der Weg mündete in einer mit Steingeröll übersäten Furche, in der zur Regenzeit das Wasser ins Tal stürzt. Trotzdem waren Fußspuren zu erkennen. Da der Weg direkt neben die Strandbar führt, das sah man von oben, wagte ich den Abstieg. Ich musste sehr langsam gehen, Schritt für Schritt festen Tritt suchend. Wenn ich ins Rutschen gekommen wäre, hätte es keinen Halt gegeben. Der Hang war etwa 40 Meter hoch. Mit Vorsicht und Überlegung habe ich's dann ganz gut geschafft. Man muss nur die Ruhe bewahren und genau auswählen, wohin man tritt. Vermeintlich feste Steine sind in der trockenen sandigen Erde oft locker und brechen sofort aus.
Am Ende des Hangs ist ein kleiner Parkplatz, der am hinteren Rand fürchterlich aussah. Überall lag Papier und Unrat. Offensichtlich wird dieser Schotterplatz weniger genutzt, da der große geteerte Platz, links neben dem Strandzugang, zur Verfügung steht. Ich bin immer wieder enttäuscht, Zivilisationsmüll in dieser schönen Landschaft vorzufinden. Was mag bloß in den Köpfen der verursachenden Schmutzfinken vorgehen?
Strandbar des Cordoama, oben im Bild der Pfad zum Gleitschirm-Startplatz Miradouro da Cordoama
Kiefernwald, eine wohltuende Abwechslung in der sonst kargen Buschlandschaft.
Weg hinunter zum Strand. Das letzte Stück ist ein steiler und gefährlicher Pfad, der auf einem kleinen vermüllten Parkplatz endet.
Praia da Cordoama, Blick vor dem Abstieg
Am Auto wechselte ich von Wanderausrüstung auf Strandausrüstung. Das heißt Wanderschuhe ausziehen, Badehosen und kurze Jeans anziehen, die Fotoausrüstung im Auto lassen und den Rucksack mit dem Nötigsten mitnehmen. Wichtig ist, ein T-Shirt und ein Slip zum Wechseln zu haben. Ein Handtuch, Wasser und 2 Äpfel dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Eine geeignete Stelle zum Sonnen suchend lief ich im Wasser Richtung Süden (Richtung Festung). Der Wind blies mir ziemlich heftig entgegen und trieb den Sand in Richtung Norden. Hinter einem Felsen fand ich dann eine geeignete geschützte Stelle. Lange hab ich es aber auf meinem schmalen Handtuch nicht ausgehalten. Der Wind trieb den Sand um die Steine herum und fing an, mich zuzudecken.
Ich packte meine wenigen Sachen wieder ein und wanderte im Wasser. Die Wellen waren recht stark. Ich musste aufpassen, dass der Rucksack nicht nass wird. Der Rucksack war nämlich nicht auf dem Rücken, sondern in der Hand. So habe ich verhindert, dass sich unschöne Streifen auf dem Rücken abzeichnen. Ich hatte ja nur Badehosen an. Die Sonne spürt man überhaupt nicht, erst wenn man an eine windgeschützte Stelle kommt, merkt man, wie heiß es eigentlich ist. Heute waren es in der Sonne wieder 27°C.
Am Cordoama-Strand in Südrichtung (Kap) zu laufen, kann lange dauern. Zwar kommt nach einigen Felsen eine kleine Sandbucht, die immer noch zum Cordoama-Strand gerechnet werden kann, aber nach einer weiteren Felsgruppe ist man schon auf dem Praia do Castelejo. Dieser Strand ist nur etwa 610 Meter lang (im Vergleich zum Praia da Cordoama, der etwa 1950 Meter lang ist). Erst dann beginnen unüberwindbare Klippen, die steil ins Meer abfallen.
Heute bin ich aber nur bis zum Ende des Cordoama-Strands gelaufen und dann wieder zurück. In Nähe der Strandbar (südlich) fand ich schließlich auf einem kleinen Felsplateau in etwa 20 Meter Höhe ein schönes einsames Plätzchen, um die Sonne zu genießen und um Brotzeit zu machen. Von diesem Plateau aus geht ein steiler Pfad hoch bis zum Gleitschirm-Startplatz, der aber nur sehr geübten Leuten zu empfehlen ist. Ich selbst habe mich nicht hinauf gewagt.
Nach 17 Uhr (16 Uhr Ortszeit) beendete ich den Wander- und Strandtag.
Hier bin ich von der Cordoama-Strandbar aus Richtung Süden in den Berg gestiegen.
Weg auf etwa 20 Meter Höhe
Blick vom Plateau aus
Mein einsamer Rast- und Ruheplatz mit Blick auf den Praia da Cordoama Richtung Norden. Von hier führt ein Pfad hinauf zum Miradouro da Cordoama, einem Start- und Landeplatz für Gleitschirme (auch mit Auto erreichbar).
Heute bin ich wieder zum Praia da Cordoama gefahren. Ich wollte über den Pfad vom Meer aus zum Startplatz der Gleitschirmflieger wandern. Man kann diesen Platz auch von der Teerstraße aus mit dem Auto erreichen, doch mein Ehrgeiz war geweckt. Gestern hatte ich gesehen, wie zwei junge Leute hinaufstiegen. Heute müsste der Pfad für mich trocken genug sein.
Es war gerade 11 Uhr, als ich das Auto auf dem Cordoama-Strandparkplatz abstellte. Natürlich musste ich Wandersachen anziehen, vor allem hohe Schuhe.
Nach den ersten Metern hochzu war mir klar, aus dem Aufstieg wird nichts. Der Weg war noch feucht und für mich nicht sicher genug. Vor mir ist zwar auch ein Gleitschirmflieger hochgelaufen, sogar mit schwerem Gepäck, aber ich hätte ja auch wieder runter laufen müssen. Das war mir zu riskant. Eine Rutschpartie wollte und konnte ich mir nicht leisten. Ich lief also zurück und machte mich am Auto strandfertig.
Am Auto sprach mich ein junges Paar an. Sie waren auch Chemnitzer und freuten sich, einen Landsmann zu treffen. Sie waren mit dem Flieger nach Faro geflogen und hatten sich einen Mietwagen genommen. Gewohnt haben sie in Albufeira. Sie erzählten, dass in Albufeira viele Russen sind und alles teurer geworden ist. Sie waren vor einigen Jahren schon mal da.
Den ganzen Tag verbrachte ich mit Fotografieren, Filmen, Sonnen, Wasserlaufen und Müßiggang. Ich hatte die Schaumstoff-Iso-Matte mitgenommen, allemal besser als nur mein schmales Handtuch. Die Iso-Matte ist so leicht, dass sie, an den Rucksack gebunden, überhaupt nicht stört.
Die Sonne schien unentwegt bei maximal 24°C. Vom Meer her kamen ziemlich große Wellen. Weit draußen musste es einen Sturm gegeben haben. Die Wellenbrecher brachten Gicht mit. Der Nebel schlug sich an den Klippen nieder. Teilweise sah es aus wie Waschhausluft. Jetzt war mir auch klar, warum der Pfad nach oben so feucht und glitschig war.
Das Meer war so aufgewühlt, dass wenig trockener Platz bis zu den Felsen blieb. Deshalb waren nur ganz vereinzelt Leute unterwegs. So leer habe ich den Strand noch nie gesehen. Mir war es recht so.
Cordoama-Strandbar, im Hintergrund der Bergpfad links hinauf zum Aussichtspunkt. Rechts der parallel zum Wasser verlaufende Pfad führt zu dem Plateau, auf dem ich gestern war.
Das P (Parkplatz) zeigt, wie hoch der Gleitschirmflieger-Startplatz liegt. Durch die große Höhe von etwa 90 Meter ist der durch die Thermik verursachte Aufwind ziemlich stark. Man kann mit dem Gleitschirm aus dem Stand starten, seine Runden über dem Meer drehen und punktgenau an gleicher Stelle wieder landen. Ob das gelingt hängt vor allem davon ab, wie gut der Flieger den Schirm steuert.
Natürlich kann man auch oben starten und unten auf dem Strand landen. Das geht am besten mit einem Freund, der am Strand mit dem Auto wartet, um den Transport nach oben für den nächsten Flug sicherzustellen.
Oben auf den Klippen der Gleitschirmflieger-Startplatz
Cordoama-Strand, im Süden blauer Himmel
Cordoama-Strand, im Norden mit Wolken und stürmisch
Das Wasserlaufen in Badehosen und T-Shirt mit Rucksack und der Matte auf dem Rücken wurde mir, so gut es meinen Füßen auch tat, allmählich zuviel. Einige Male erwischte mich doch eine übergroße Welle. Die Badehosen wurden nass, der Rucksack blieb trocken.
Interessanter war jetzt der Gleitschirmsport. Ich konnte beobachten, wie einige Gleitschirme im starken landwärts gerichteten Aufwind ihre Runden drehten. Nur wenige landeten auf dem Strand. Die meisten starteten hoch oben auf der Klippe und landeten dort auch wieder. Der Aufwind war offensichtlich so stark, dass keinerlei Anlauf nötig war.
Das musste ich mir unbedingt anschauen. Ich hatte noch zu tun, den Sand von den Füßen los zu werden. Unverhofft schwebte ein Gleitschirm erst über den Parkplatz, dann dicht über meinen Kopf, um schließlich ein paar Meter weiter auf dem Strand zu landen. So konnte ich alles ganz aus der Nähe sehen.
Nach ein paar Videos mit Stativ nördlich der Strandbar fuhr ich los, um auf den Gleitschirm-Startplatz zu gelangen. Nachdem ich von der Hauptstraße M1265 rechts in die Schotterstraße eingebogen war, kamen mir Zweifel (siehe auch Anhang). Mich empfingen ein Schlagloch nach dem anderen, viele spitze Steine und teilweise tiefe Fahrspuren. Bei Regen war hier bestimmt kein Durchkommen. Ich nutzte die erstbeste Abstellmöglichkeit fürs Auto. Auf dem kleinen Platz stand schon ein Caravan. Es waren wieder die Berliner. Sie saßen in Stühlen vor dem Auto, um den Abend zu genießen. Sie meinten, unten (am Cordoama-Strand) wäre zu viel Trubel gewesen.
Unverhofft kam er von oben...
...und landete direkt vor meinen Füßen.
Fast menschenleer, dafür aber schöne Videos
Nur mit Strand-Latschen ging ich los, um den nahen Klippenrand zu erreichen. Wieder einmal hatte ich mich verschätzt. Bis zu der Stelle, wo die Gleitschirmflieger starten und landen war es weiter als ein Kilometer. Hätte ich meine hohen Schuhe angezogen, wäre es besser gewesen. Zurücklaufen und Schuhe wechseln wollte ich nicht.
Der Marsch hat sich dann aber gelohnt. Es ist wirklich faszinierend, mit welchem Können die Flieger sich aus dem Stand vom Aufwind abheben lassen und, nachdem sie ihre Runden gedreht haben, wieder punktgenau ganz sanft landen. Das waren wirklich erfahrene Typen.
Ich fotografierte und filmte, so viel ich konnte. Wegen des gleißenden Sonnenlichts wusste ich sowieso oft nicht, was auf die Linse kam. Aber digitales Aufnehmen kostet ja nichts. Früher hätte man dafür eine Unmenge Film gebraucht. Jetzt braucht man nur drauf zu drücken. Ungeeignetes Material wird später gelöscht.
Mit einem schon etwas älteren Mann, etwa 60, kam ich ins Gespräch. Er war mit einer Suzuki und Beiwagen da. Im Beiwagen lagen mehrere Pakete, darunter auch ein Gleitschirm. Hätte ich nicht das österreichische Nummernschild gesehen, wäre ich wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, ihn anzusprechen. Er meinte, er käme schon jahrelang unter anderem auch hierher, da die Bedingungen ausgezeichnet seien. Der hier immer vorhandene und konstant blasende Klippen-Aufwind ist besonders beliebt, da Start und Landung fast von selbst erfolgen. Bei sich zu Hause (in Österreich) müsse er oft anlaufen, um abheben zu können. Und die Landung sei auch nicht immer dort, wo gewollt. Oft habe er weite Wege zurücklegen müssen, um wieder starten zu können.
Für mich, der überhaupt nichts vom Gleitschirm-Fliegen versteht, war das alles sehr interessant. Dementsprechend war ich neugierig und stellte ein paar Fragen. Ich konnte noch zusehen wie der Österreicher alles auspackte und dann wie von Geisterhand aus dem Stand in die Lüfte schwebte. Nach etwa 10 Minuten kam er wieder und setzte ganz sanft neben seinem Beiwagengespann auf. Perfekt! Besser geht's nicht.
Er meinte, das sei nur der erste Test. Der Abend ist noch lang. Schließlich soll sich jeder Besuch hier lohnen.
Der Miradouro da Cordoama mit Parkplatz
Start
Landung, wahrscheinlich ungewollt, auf dem Strand
Cordoama-Strand Richtung Norden
Auf der Heimfahrt musste ich noch einmal Halt machen. Vila do Bispo lag mir im schönsten Abendlicht zu Füßen. Abends und auch Morgens, wenn die Sonne tief steht, zaubert das weiche Licht schöne Ansichten in die Landschaften. Oft kommen noch farbliche Nuancen hinzu, wie zum Beispiel rötlich oder gelblich, so dass romantische Stimmungsbilder entstehen.
Gegen 18 Uhr war ich wieder im Hotel. Bei den Aufnahmen sind wirklich einige gute Gegenlichtfotos dabei. Das glitzernde Meer, die weißen Wellenkronen und die Klippenlandschaft sorgen für schöne Erinnerungen.
Später tauchte die sich versteckende Sonne den Sagres-Horizont in ein Feuermeer. Mir fehlen die richtigen Worte, um die Farbe und die Farbänderungen während des Sonnenuntergangs zu beschreiben. Es war einfach nur schön. Sagres lag schon in fast völliger Dunkelheit, der Himmel brannte – immer schwächer und schwächer, bis schließlich alles im Schwarz der Nacht versank. Kein Stern war heute zu sehen, nur die Lichtpunkte der Stadt und zwei blinkende Leuchtturmlichter.
Vila do Bispo im abendlichen Licht
Feuer über Sagres am 6. Oktober 2015. Einsam blinkt das kleine Feuer des Fortaleza-Leuchtturms und wie ein Suchscheinwerfer durchfurcht der große Leuchtturm vom Kap die Nacht. (Leider im Foto nicht sichtbar)
Zur Abwechslung waren heute die Strände Praia da Ingrina und Praia do Zavial an der Südküste mein Ziel. Etwa um 11 Uhr fuhr ich los. Heute hatte ich trotz Sonne von morgens bis abends meine langen Jeans und Wanderschuhe an. Jeden Tag die volle Sonne auf die Haut zu lassen, wäre nicht gut. Einen Sonnenbrand kann ich nicht gebrauchen. Die leichte Rötung an manchen Stellen vom gestrigen Strandtag muss erst einmal abklingen.
Man kommt zum Praia da Ingrina über Vila do Bispo und Raposeira. In Raposeira muss man an der einzigen Ampelkreuzung des Ortes rechts abbiegen (von Vila do Bispo kommend). Die geteerte Straße (M1257) führt direkt zum Praia da Ingrina. Nimmt man eine der abzweigenden Straßen, landet man auf Schotterpisten. Ingrina und auch Zavial sind Surferparadiese. Fast immer rollen lange Wellen heran, auch bei wenig Wind. Ich habe viele Aufnahmen gemacht, doch wie üblich wird nur ein Teil verwertbar sein.
Am Praia da Ingrina bin ich auf beiden Strandseiten in die Klippen gegangen und habe so die besten Positionen zum Filmen gefunden. Der Strand ist nur etwa 200 Meter lang.
Ein Strandrestaurant ist auch da. Es heißt Restaurante do Sebastião. Ein paar Fliesen mit einem Bild der Gründer der Bar sind in die Giebelwand eingelassen. Das sieht man in Portugal oft. Es gibt sehr schöne Motive, die vom hohen künstlerischen Können der Fliesenmaler zeugen.
Beeindruckend waren wieder die Klippen rechts und links vom Strand. Durch die kanalisierende Wirkung der Bucht werden bei Südwind die Wassermassen gegen die Felswände gedrückt und spritzen dann viele Meter hoch bis zum oberen Klippenrand.
Vila do Bispo ist mit seinem Wasserturm und der Kirche unverkennbar. Die "Stadt des Bischofs" existierte schon, da war Sagres noch eine kleine Fischersiedlung.
Die Kirche in Raposeira steht an einem kleinen zentralen Platz. Hier soll Heinrich der Seefahrer (3. Sohn des Königs Dom João I.) Grundbesitz und Häuser besessen haben.
Aus der Ferne sieht das Meer am Ingrina-Strand recht zahm aus. Doch die Bucht kanalisiert bei Südwind das Wasser so sehr, dass sich riesige Wellen bilden und an den Felswänden bis zu 40 Meter emporspritzen.
Gründer bzw. Besitzer (?) des Restaurante do Sebastião
Der angespülte Tang zeigt, wie weit manche Welle vor allem bei Flut heranrollt.
Mitten im Felslabyrinth hatte sich ein kleines Zelt versteckt. Keine schlechte Idee, dachte ich. Die Stelle war windgeschützt und nicht einsehbar. Den Bewohner habe ich nicht entdeckt. Vielleicht war er surfen oder angeln. Zum Schwimmen ist die Gegend zu gefährlich, außer direkt am flachen Sandstrand. Die ständig heranrollenden Wellen schlagen mit großer Wucht an die Felswände. Entsprechend stark ist dann auch die seewärts gerichtete Untergrundströmung. Wer da hinein gerät ist verloren. Auch die Surfer halten einen respektablen Abstand von den Felsen. Eigentlich kennt jeder die Gefahren, aber trotzdem kommen jährlich einige Leute zu Tode.
Niemand zu Hause! Zelten geschützt und kostenfrei
Anrollende Wellen in der Ingrina-Bucht
Bucht des Praia da Ingrina
Praia da Ingrina, Blick vom westlichen Ufer
Schön anzuschauen, aber beim Surfen tödlich.
Bateria do Zavial am östlichen Ende der Ingrina-Bucht
Praia da Ingrina, Blick vom östlichen Ufer
Fährt man vom Ingrina-Strand die Straße weiter Richtung Osten, zweigt nach etwa 200 Meter rechts eine kleine Sandstraße ab, die zur Bateria do Zavial führt (37.04471, -8.87584). Das ist eine kleine Festungsanlage, von der nur noch ein paar Mauerreste erhalten sind. Es ist ein ausgezeichneter Platz für Fotos und zum Träumen.
Heute stand dort eine Art Lieferwagen mit deutschem Kennzeichen. Ein vielleicht 30-jähriger war dabei, das Auto zu putzen. Ich sprach ihn an. Er sei schon einige Monate unterwegs. Er wolle weiter nach Spanien und von da nach Marokko. Jetzt im Moment warte er aber auf seinen großen Hund. Der Hund habe eine Glocke um den Hals. Ob ich Ihn gesehen hätte, fragte er. Er habe Verantwortung für das Tier. Er müsse den Hund in Spanien impfen lassen und dann 6 Wochen warten, um dann die Wirksamkeit der Impfung überprüfen zu lassen. Wenn alles OK sei, könne er dann nach Marokko übersetzen. Ohne Impfung gäbe es Probleme bei der Rückkehr, da die Spanier nur geimpfte Hunde einreisen lassen.
Während er mir dies alles erzählte, putzte er ständig weiter. Als wenn ihn irgendwas antrieb. Er redete ohne Unterlass. Mir kam er komisch vor. Ich bin dann weitergegangen. Später sah ich, dass er plötzlich wegfuhr. Er hatte nicht auf seinen Hund gewartet. Wie sollte der abtrünnige Hund dann wissen, wo sein Herrchen hingefahren ist? Vielleicht war der Hund nur eine Erfindung? Ich weiß es nicht. Übrigens, er hatte gesagt, er stamme aus Heidelberg. Dem Nummernschild entsprechend könnte das stimmen.
Ich habe auf meinen Reisen schon oft Legenden gehört, also Halbwahrheiten, die aber manchmal ganz amüsant sind.
Der Mann aus Heidelberg auf der Bateria do Zavial
Hier fährt er ab, um seinen Hund zu suchen
Unterhalb der Festungsanlage ist eine Wasserschlucht
Blick Richtung Ingrina nach Westen
Bucht zwischen Ingrina (rechts) und Festung (links)
Nach diesem kleinen Abstecher zur Bateria do Zavial führt die Hauptstraße weiter zum Praia do Zavial. Dieser Strand ist etwas länger, ca. 500 Meter. Auch hier ist eine Strandbar. Parkmöglichkeiten sind eingeschränkt. Die meisten Autos müssen auf der verbreiterten Straße parken. Hier sind die Surfbedingungen sehr gut. Es standen geschätzt etwa 50 Autos da. Bei Nordwind ist das nicht so. Da liegt die Bucht geschützt und ist ein Badeparadies.
Ich wanderte ostwärts auf den Klippen. Hier waren wunderbare stark zerklüftete Felsformationen. Die kräftigen Wellen brechen an den Klippen und hohe Wasserfontänen schießen in die Luft. Ein Schauspiel, das ich bisher so noch nicht erlebte.
Der Praia do Zavial ist in Richtung Osten der letzte Strand, danach sind einige Kilometer nur hohe Klippen mit unzugänglichen Steinstreifen zu finden. Der nächste Strand ist dann der mit dem Auto erreichbare Praia das Furnas sowie weitere kleine Strände (siehe Anhang). Das Wandern an diesem Küstenstreifen entschädigt aber für den mangelnden Sand. Die naturbelassene Schönheit dieser Küste ist nicht oft anzutreffen.
Restaurant vom Praia do Zavial
Praia do Zavial, Badeparadies bei Wind vom Land zur See
Zavial, Surferbucht vor allem bei Wind vom Süden
Blick Richtung Südwesten
Zavial-Strand, Blick von östlichen Klippen
Küste mit dem Praia do Zavial, Blick Richtung Westen
Auf der Heimfahrt wollte ich noch die Kirche in Raposeira besuchen. Sie war verschlossen. Öffnungszeiten konnte ich nicht finden. So machte ich noch einen Fotorundgang durch Raposeira.
Der Ort ist nicht groß, hat aber viele verwinkelte Gassen. Die meisten Häuser sind sehr gepflegt, weiß gestrichen und oft farblich dekoriert. Allerdings habe ich auch verfallene Häuser gesehen, an denen meist steht "Vendo", Verkauf. In Spanien steht an solchen Häusern immer "Se Vende", zu verkaufen. Ebenso unterschiedlich verhält es sich mit den Gärten und Höfen der Häuser. Es gibt neben den meist gepflegten Grundstücken auch vereinzelt Höfe, die total vermüllt sind.
Am Restaurant unweit der Kirche hielt ein Münchner mit seinem Wohnmobil. Ich saß auf einer Bank gegenüber. Während der Mann im Restaurant war, kam die Frau mit ihrer etwa 8-jährigen Tochter an mir vorbei. Höflich, wie ich nun einmal bin, grüßte ich sie mit "Grüß Gott!". Sie lachte und so kamen wir in ein kurzes belangloses Gespräch.
Auf der Heimfahrt war ich noch kurz beim Lidl, um eine Pizza und Obst zu kaufen. Etwas Warmes braucht der Mensch (manchmal).
"Igreja Matriz da Raposeira" aus dem 16. Jh.
Einige Straßen sind sehr eng.
Auch solche Ecken gibt es in Raposeira.
Restaurant am Kirchplatz
Die übliche enge Bauweise in der Gründerzeit
Straße im Zentrum, am Kirchplatz
Heute war ich am vielbesuchten Strand Praia do Amado, an dem auch Surf-Weltmeisterschaften stattfinden. Kurz vor Carrapateira zweigt die geteerte Zugangsstraße zum Strand ab. Zwei große Parkplätze, eine Surfschule und eine Strandbar sind vorhanden. Öffentliche WCs gibt es auch. Ein Parkplatz ist für Caravans, der zweite für PKW. Der Strand ist ca. 400 Meter lang. Holzstege mit Aussichtsplattformen wurden angelegt, um die Natur zu schonen. Doch sind trotzdem überall Trampelpfade vorhanden. Wanderleute wollen keine Bretterstege.
Ich bin mit Fotoausrüstung inklusive Stativ in nördliche Richtung gelaufen. Von den Klippen aus ergaben sich herrliche Motive. Es gibt viele Felsen, die aus dem Wasser ragen. Meine Fototour hat etwa 3 Stunden gedauert.
An der vom Amado-Strand weiterführenden Küstenstraße stehen mitten in der Küstenvegetation zwei schöne Häuser. Das erste (Richtung Norden) ist ein kleineres, noch in die Landschaft passendes Haus. Das zweite dagegen ist schon eine Villa, die zweistöckig von weitem zu sehen ist. Ich stelle mir vor, noch mehr Häuser dürften gebaut werden. Die schöne Landschaft wäre dahin.
Ein Holzsteg führt Richtung Meer bis zu einer Anhöhe, einer Ausgrabungsstätte (Ponta do Castelo). Es sind noch urzeitliche Mauerreste sichtbar, die zu einer muslimischen Fischersiedlung gehörten. So steht es jedenfalls auf einem großen Schild vor dem Aufgang (Islamic Seasonal Fishermen Village, 12. bis 13. Jh.).
Auf dem nächsten Hügel nach dem Ponta do Castelo trifft man auf das Restaurante Sítio do Forno. Es steht hoch oben. Man sitzt gewissermaßen über dem Meer. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es weitere Gebäude, deren Zweck sich mir aber nicht erschließen konnte. Ein Teil davon sieht aus wie Unterkünfte für Arbeiter. Auch werkstattähnliche Einrichtungen waren zu sehen. Gemessen an der Zahl der parkenden Autos wird dort gearbeitet.
Unterhalb des Sítio do Forno wird zur Zeit der kleine Fischereihafen Zimbreirinha ausgebaut.
Zurückgekehrt habe ich kurz vor dem Praia do Amado am Wasser Brotzeit gemacht und ein wenig in der Sonne gelegen.
Praia do Amado, Strand der Surf-Weltmeisterschaft
Einzelnes Haus mitten im Naturschutzgebiet
Reste einer muslimischen Fischersiedlung, 12. Jh.
Restaurante Sítio do Forno am Meer mit gutem Fisch
Auf der Heimfahrt war ich noch in Pedralva. An der N268 zwischen Carrapateira und Vila do Bispo steht ein Hinweisschild mit Bett, Restaurant, Hotel usw. Das machte mich neugierig. Bis zum Dorf waren es etwa zwei Kilometer abschüssige kurvenreiche Straße. Das kleine Dorf liegt oben am Hang etwas abseits von der Straße. Eine enge fahrbare Gasse führt an wenigen uninteressanten Häusern vorbei, bis man weiter unten wieder auf der Hauptstraße landet. Leute waren nicht zu sehen. Alles wirkte wie ausgestorben. Parkmöglichkeiten gibt es auch nicht wirklich.
Die einzigen zwei freien Flächen sind für eine Pizzeria und ein Restaurant-Hotel reserviert. In der Restaurant-Tür standen zwei Kellner, die auf Gäste warteten. Der Parkplatz war leer.
Den Rundgang durch den Ort habe ich mir gespart. Zwei Kellner, zwei Esel, ein Bauer und eine Katze, mehr Lebendiges habe ich nicht gesehen. Ist man auf der Hauptstraße am Dorf vorbeigefahren, geht es nur noch auf einem Schotterweg weiter. Kein Wunder, dass sich kaum ein Tourist dorthin verirrt – und wenn schon, dann schnell wieder verschwindet. Das Schild an der N268 nützt da auch nichts.
Pedralva steht dicht bebaut auf einem Hügel.
Restaurant und Hotel in Pedralva
Ganz allein gelassen vor den Toren des Dorfes
Pedralva linke Seite
Pizza-Haus in Pedralva
Pedralva rechte Seite
Gegen 17 Uhr war ich wieder im Hotel. Auf dem Parkplatz kam mir das Ehepaar aus Greiz entgegen, von dem ich schon berichtet habe. Die Frau läuft wirklich jämmerlich mit ihrer Krücke, fast so, wie man es manchmal bei Spastikern sieht. Doch sie berichtete, sie sei heute früh wieder im Pool schwimmen gewesen, was ihr gut tut. Ich selbst schämte mich im Stillen ein wenig, hatte ich doch heute früh den Pool weggelassen wegen der etwas kühleren Lufttemperatur. Übrigens, heute waren wieder maximal etwa 24°C, trotz des Regens, also relativ schwül. Das Ehepaar aus Thüringen reist morgen ab in den Fortsetzungs-Urlaub nach Albufeira.
Da ich Zeit und Lust dazu hatte, holte ich den Auto-Werkzeugkoffer hervor, um meinen 12V-Tauchsieder zu reparieren. Der Tauchsieder hatte seinen Geist schon unterwegs in Frankreich aufgegeben. Beim Aufschrauben kam mir ein loser Draht entgegen, die Zuleitung zur Heizung war innen gebrochen. Das bedeutet, der nur wenige Male benutzte Tauchsieder ist Müll. Bloß gut, dass ich noch den 12V-Wasserkocher für den Unterwegs-Kaffee habe. Denn jedes Mal nur wegen heißem Wasser den Bunsenbrenner anzuwerfen ist nicht praktikabel (Die Kanzlerin würde sagen: "Das geht garnicht!").
Heute hatte die Graue Eminenz Dienst. Bei der Schlüsselübergabe habe ich meiner Lehrerin eine Freude gemacht. Meine Schlüsselnummer ist nicht mehr Dreihundertundsieben, auch nicht Three-hundred-and-seven, sondern Trezentos e sete (gesprochen: trö'sentusch i 'sät, wobei das Apostroph die Betonung der folgenden Silbe kennzeichnet). Ja, auch beim ungelehrigsten Schüler stellen sich auf längere Sicht Erfolge ein. Die Lehrerin (oder der Lehrer) muss nur hartnäckig genug sein. Natürlich hatte ich mir die portugiesische Aussprache gestern Abend auf einen Zettel geschrieben.
Für heute war noch Waschtag angesagt, da meine Socken und Slips zur Neige gingen. Die Wäsche habe ich in der Badewanne gewaschen. Als Waschmittel musste die Flüssigseife des Hotels herhalten. Waschen, Auswringen, zweimal Spülen – fertig war die Wäsche. Zum Trocknen habe ich alles auf die Stühle gehängt.
Das Internet geht wieder mal nicht. Da muss ich morgen fragen, was los ist, auch wenn ich nicht unbedingt darauf angewiesen bin.
Mein Fotoapparat (Canon Powershot SX130 IS) hat den Vorteil, dass normale AA-Zellen in den Batterieschacht passen. Das heißt, es ist kein interner Akku verbaut, der zwar wahrscheinlich eine höhere Kapazität hätte, der aber auch geladen werden müsste, oder man müsste den Akku tauschen. Beides, ein interner Akku oder 2 AA-Standard-Zellen, hat Vor- und Nachteile. Der gerade eingesetzte Batteriesatz ist nun schon 2 Tage im Fotoapparat, wird wohl aber morgen aussteigen. Lidl bot 8 AA-Zellen für 1,48 Euro an, im Sagres-Touristenladen verlangt man das 3-fache.
Seit mir vor einiger Zeit mein Fotoapparat aus der Hand gerutscht ist, sind die Batterien schnell nicht mehr brauchbar. Meine Vermutung, dass durch den Sturz die Objektivverstellung schwergängiger geworden ist, hat sich bestätigt. Der Verstellmotor zieht relativ viel Strom (über 0,6 A) und die Batteriespannung bricht entsprechend zusammen. Steigt der Innenwiderstand der Batterien bzw. Akkus durch Entladung weiter an, funktioniert die Objektivverstellung überhaupt nicht mehr. Die Spannung bricht zusammen und die Kamera schaltet ab. Die Abschaltung erfolgt bei weniger als 2,2 Volt, das sind 1,1 V je AA-Batterie bzw. Akku. Nominalspannung bei 2 Batterien ist 3 Volt (je 1,5 V), bei 2 Akkus 2,4 Volt (je 1,2 V). Akkus kann ich deshalb fast überhaupt nicht mehr benutzen, Batterien halten eine Weile durch. Ich muss also ständig genügend Ersatzbatterien mitnehmen.
Sowohl mein Camcorder (Canon Legria HF R506) als auch mein Fotoapparat SX130 haben zwar eine eingebaute Stabilisierung, die aber in vielen Fällen nicht für brauchbare Videos ausreicht. Es ist nur begrenzt möglich, den Film nachträglich per Programm zu stabilisieren. Das sehr gelobte Programm Mercalli V4 von proDAD soll es möglich machen, auch die o.g. CMOS-Verzerrungen zu beseitigen. Allerdings kostet das Programm etwa 300 Euro. Es ist ein Profi-Programm und kommt aufgrund des Preises nicht in Frage. Eine Alternative ist, die Stabilisierungsfunktion im Schnittprogramm von Magix zu nutzen. Meine Magix-Version ist schon etwas älter, vielleicht klappt es bei neueren Versionen besser. Magix Video Pro X7 soll Mercalli V4 als Plug-In enthalten. Ich muss das alles noch testen, vor allem ob wirklich ein anderes Magix-Programm zum Erfolg führt.
In der Rezeption habe ich heute früh nach dem Internet gefragt. Die Graue Eminenz sagte, sie habe den Service-Mann bestellt. Das könne aber dauern. Er kommt aus Albufeira. Während ich dies abends schreibe, ist der Internetzugriff wieder möglich.
Heutiges Ziel war Salema. Man muss von Sagres aus die N268 bis Vila do Bispo fahren und dann auf der N125 Richtung Lagos. In Budens biegt man rechts ab. Die geteerte Straße führt direkt nach Salema.
Parkplätze gibt es in Salema genügend, zumindest zu dieser Jahreszeit. Im Sommer kann es ganz anders aussehen. Mitten im Zentrum, etwas abseits an einem ausgetrockneten Fluss, ist ein großer Platz für Caravans und auch ein etwas kleinerer Platz für PKWs. Dort hatte ich das Auto stehen.
Salema ist ein klassischer Ferienort, deren umliegende Hänge mit Appartements vollgepflastert wurden. Das Zentrum von Salema einschließlich des kleinen Fischerhafens ist aber noch sehenswert.
Der Praia do Salema ist etwa 500 Meter lang. Der westliche Teil ist allerdings nicht immer zugänglich, je nachdem, wie hoch die Wellen sind bzw. ob gerade Ebbe oder Flut ist.
Ich bin zuerst Richtung Westen gelaufen. Am Strandende führt eine steile Treppe bis hinauf zu einem Parkplatz. Bei unserer letzten Sagres-Reise hatten wir auf diesem Platz das Auto abgestellt. Dann folgte ich einem Pfad oberhalb der Klippen. Es sah so aus, als würde der Weg wieder ins Zentrum führen. Doch ich hatte wieder einmal Pech, von oben auf den Klippen sah ich, der Pfad mündete in einem verwahrlosten Grundstück mitten im Zentrum. Also lief ich zurück und wieder die Treppen hinunter auf den Strand.
Am östlichen Ende des Strands ist der kleine Fischereihafen. Daneben treiben die Wellen das Wasser bis in eine Mulde, wo sich dadurch eine riesengroße Pfütze bildet. Viele Möwen streiten sich dort um angespültes Getier.
Im Osten sind auch die ältesten Häuser von Salema zu finden. Es lohnt sich, dort die schmale Hauptstraße hinauf und wieder zurück zu laufen. Alles ist dicht und eng bebaut, so wie es ganz früher üblich war.
Salema mit Strand und den bebauten Hügeln ringsum
Kleiner Parkplatz im Zentrum von Salema
Den Fischern bleibt nur ein kleines Stück am Meer.
Jede Ecke wird genutzt, vor allem bei Meerblick.
Hinter dem Hafen führt ein Weg bergan in Richtung Klippen. Der Pfad war ganz gut ausgetrampelt, so dass ich vorerst keinen Verdacht schöpfte, es könnte wieder etwas schief laufen. Doch nach einigen hundert Metern wurde der Pfad plötzlich schmaler und führte schließlich steil den Berg hinauf. Viele Leute sind bestimmt an dieser Stelle wieder umgekehrt. Doch ich wollte nicht zurück. So kraxelte ich bergan, immer Halt auf Steinen suchend, um im losen Geröll nicht abzurutschen. Ich nahm mir Zeit. Anstrengend war es in der brennenden Mittagssonne trotzdem. Oben angelangt, war mein T-Shirt völlig nass. Ich musste es wechseln und erst einmal eine kleine Pause machen. Dafür hat mich der Ausblick vor allem auf Salema gut belohnt.
Der Weg führte mich oberhalb der Klippen weiter ostwärts, bis ich eine kleine Sandbucht entdeckte. Bis dorthin, das war jetzt mein Ziel, wollte ich laufen. Es war der Praia da Boca do Rio, ein kleiner Strand von etwa 200 Metern Länge. Eine geteerte Zufahrtsstraße, die in einem Parkplatz mündet, gibt es auch. Der Strand ist nicht bewacht. Es standen einige Caravans da, die wohl schon Tage hier waren.
Ich lief hinunter zum Strand, bis zum anderen Ende und entdeckte ein großes Planschbecken. Das könnte man zumindest meinen. Hier findet der Fluss nicht bis zum Meer. Das Wasser bildet in einer großen Mulde einen flachen See, der durch einen Sandberg vom Meer getrennt ist. Das Wasser heizt sich in der Sonne schnell auf. Dieses Planschbecken hatten einige Kinder mit sichtlichem Vergnügen in Beschlag genommen.
In etwa Strandmitte hatte jemand einen Steinkreis errichtet, in dessen Mitte ein kleinerer Steinkreis eine Lagerfeuerstelle umschließt. Der Platz schien mir geeignet, um Brotzeit zu machen. Es gab Fruchttasche mit Wasser.
Nach etwa einer halben Stunde machte ich mich auf den Rückweg. Natürlich bin ich nicht wieder den steilen Weg hinunter zum Hafen gelaufen, sondern ich nahm einen breiteren Weg, der mich oberhalb von Salema in die Altstadt führte. Ich kannte die schmalen Gassen schon. Gerade mal ein Pick-up hat da Platz. Fußwege gibt es aus Platzgründen sowieso nicht. Jetzt sind es alles Einbahnstraßen.
Weg von Salema Richtung Osten. Er endet im Steilhang.
Praia da Boca, östlich von Salema, einsam und beliebt
Vom Boca-Fluss gespeister See, geeignet als Kinder-Pool
Hauptstraße in Salema, schmaler geht's nicht. Jetzt sind das alles Einbahnstraßen. Vor einigen Jahren musste bei einer Begegnung derjenige rückwärts zurückfahren, der von unten nach oben fuhr. Das machte auch Sinn, denn im Rückwärtsgang bergan fahren tut der Kupplung überhaupt nicht gut.
Auf dem Rückweg Richtung Vila do Bispo entdeckte ich etwa 5 Kilometer nach Budens das Schild nach Guadalupe. Die Straße dorthin ist eine Parallelstraße zur N125, das heißt es ist die alte Landstraße, die aber weiter gewartet und benutzbar ist.
Guadalupe war früher eine alte Einsiedlerkapelle im romanisch-gotischen Stil. Sie ist die älteste Kirche der Algarve und hat als eine der wenigen Kirchen das Erdbeben 1755 überstanden. Sie stammt aus dem 13. Jh. und ist eine Kirche der Christusritter (vorher Templer-Orden). Insbesondere vor neuen Entdeckungsreisen versammelten sich hier die Ritter, um informiert und gesegnet zu werden. In der Kirche soll Heinrich der Seefahrer viele Stunden der Andacht zugebracht haben.
Die Kirche gehörte zu einem Landgut (Quinta da Guadalupe), das früher im Besitz von Prinz Heinrich gewesen sein soll. Die Häuser existieren nicht mehr, die Kirche wurde 2008 restauriert. Daneben beherbergt ein ehemaliges Bauernhaus eine Ausstellung zur Geschichte und zur Schwarzen Madonna, die früher von den Gläubigen verehrt wurde.
Vor einigen Jahren bei unserer letzten Sagres-Reise konnte man die Kirche noch ohne Eintrittsgeld besichtigen. Bei meinem heutigen Besuch war alles abgesperrt. Die Kirchenbesichtigung wäre nur nach Lösen eines Tickets möglich gewesen. Da ich Ausstellung und Kirche schon kannte, verzichtete ich auf den Besuch, machte ein paar Fotos von außen und fuhr weiter zu Lidl nach Vila do Bispo.
Der Lidl-Einkauf war wie immer nicht aufregend, allerdings gab es keine billigen Weintrauben mehr. Dafür habe ich aber heute ein noch warmes Weltmeister-Brot gekauft. Auf der Heimfahrt begann der Himmel sich einzutrüben. Laut Wetterbericht hatte ich das schon eher erwartet, aber es hat heute von früh an bis etwa 16 Uhr die Sonne mit voller Kraft geschienen. Gegen Abend hat sich der Himmel vollends zugezogen. Einen schönen Sonnenuntergang gibt es heute nicht.
Während ich dies hier schreibe, hängen sogar dicke Regenwolken am Horizont. Der Wind pfeift manchmal und zerrt an den Fensterrahmen. Aufgeregt ziehen die Möwen ihre Kreise. Noch ist es aber trocken.
An der alten N125 parallel zur neuen N125 liegt Guadalupe.
Museum und Kirche Guadelupe
Älteste Kirche der Algarve aus dem 13. Jh.
Schöne Buntglasfenster im Altarraum (Apsis)
Heute früh war der Himmel mit dunklen Wolken verhüllt, es regnete, selbst die nahe Festung konnte man nur schemenhaft erkennen. Der Wetterbericht hatte also recht. Was aber macht man hier mit so einem Tag? Zum Wandern war es mir zu nass. Also nahm ich mir vor, einige Berichtsdetails nachzutragen.
Kurz nach 12 Uhr bin ich zu Lidl gefahren. Für die Weintrauben sollte ich den vollen, und nicht den Angebotspreis zahlen. Das stand auf dem Kassenbon. Natürlich bin ich mit dem Bon zu einer Verkäuferin. Sie hat trotz der Sprachschwierigkeiten sofort begriffen, was ich will und ist mit mir zur Kasse gegangen. Die Schlange an der Kasse hat warten müssen, bis alles richtiggestellt war. Ich habe mein zuviel gezahltes Geld bekommen, allerdings ohne Entschuldigung oder dergleichen. Wenn es auch nur etwa 70 Cent waren, schon aus Prinzip lasse ich sowas nicht durchgehen. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass man jeden Kassenbon überprüfen muss.
Auf dem Lidl-Parkplatz hab ich die Chance ergriffen und das Auto mit einem Lappen abgewaschen. Wasser von oben war ja genug da. So spare ich mir die Waschanlage. Übrigens, ich war nicht der Einzige, der den Parkplatz zum Waschplatz machte. Ein Deutscher (natürlich!) hat sogar mit dem Besen sein Wohnmobil gereinigt. Der Regen hat dann den sandigen Dreck schön sauber weggespült. Aufgeregt hat sich keiner. Ich stelle mir vor, in Chemnitz würde man so etwas machen. Sicherlich würde irgend jemand rummeckern oder die Polizei rufen.
Gegen 14 Uhr war ich wieder zurück. In der Zwischenzeit hat der Zimmerservice seine Arbeit getan. Allerdings sieht Gründlichkeit anders aus. Aber was soll's. Hauptsache die Handtücher sind gewechselt, der Mülleimer ist leer und das Bett ist gemacht. Viel mehr tun die Frauen nicht. Gewischt wird recht selten, und dann auch nur etappenweise, heute das Zimmer, morgen das Bad oder der Balkon. Alles auf einmal geht nicht. Man muss sich ja nicht überarbeiten.
Das Meer zeigt abends eine ziemlich starke Brandung. Weiter draußen schimmert das Wasser silbrig in der absteigenden Sonne. Laut Wetterbericht soll es aber morgen wieder bedeckt sein.
Rundreise-Bus mit Pauschal-Urlaubern am Aussichtspunkt gegenüber dem Aparthotel.
Am späten Nachmittag waren die Wolken wie weggeblasen. Mit der Sonne waren auch die Leute aus den großen Touristenzentren Lagos und Albufeira wieder da. Ich zählte drei Busse, die wahrscheinlich die verlorene Zeit des schlechten Wetters wieder reinholen mussten. Meist sind es Rundreisen, die von den Flieger-Touristen fleißig genutzt werden. Wer kein Auto mietet fährt eben mit dem Bus. Der Bus hält an allen interessanten Stellen, u.a. am São Vicente (wegen der letzten Bratwurst), an der Fortaleza, an verschiedenen Stränden, am Sagres-Hafen und eben auch gegenüber dem Aparthotel Navigator.
Ich muss nicht mit dem Bus fahren, ich habe den Ausblick vom Hotel-Balkon jeden Tag.
Auch die Jogger und Wanderer waren wieder da. Ich sah sie regelmäßig, oft die gleichen Leute. Hut ab, wer so ausdauernd und vor allem diszipliniert ist. Auch sind relativ viel Wanderer mit Rucksack unterwegs.
Heute war bis gegen 15 Uhr der herrlichste Sonnenschein. Erst dann kam vom Westen her eine weiße Wolkenfront, aber ohne Regen.
Ich war wieder am Praia do Telheiro, die erste Badebucht vom Kap in Richtung Norden. Den schwer zugänglichen Strand hatte ich mehrere Stunden für mich alleine. Später kamen noch zwei Surfer und ein Pärchen. Die Brandung war recht stark. Beim Wasserlaufen waren manchmal nicht einmal meine Zehen im Wasser, dann kam wieder ein Welle bis zum Bauchnabel. Ich musste höllisch aufpassen, dass mich das Wasser nicht umriss. Aber trotzdem, der Genuss der naturverbundenen Freiheit an dieser menschenleeren Küste fühlt sich grenzenlos an.
Als sich dann die Sonne hinter leichten Wolken verkroch, packte ich alles zusammen und kraxelte den steilen Pfad hinauf. Dort überraschte mich eine Ziegenherde. Sie liefen völlig frei in der Gegend rum, ein Hirte oder Hund war nicht zu sehen. Die Ziegen gehören bestimmt zu dem etwa 3 Kilometer entfernten Bauernhof. Einige große Tiere trugen Lederhalsbänder mit Glocke, so wie die Kühe in den Alpen.
Zum Telheiro muss man klettern, ein Geheimtipp
Am nördlichen Telheiro faszinieren die steilen Felswände.
Völlig freilaufende Ziegenherde
Ich finde, das ist ein Prachtexemplar.
Der Weg vom Praia do Telheiro nach oben ist anstrengend.
Am nördlichen Telheiro faszinieren die steilen Felswände.
Das Kap Sankt Vinzenz war nicht weit, also bog ich vom Telheiro-Strand kommend rechts anstelle links ab, da es noch früh am Tage war. Am Kap war trotz des trüben Wetters relativ viel Betrieb. Etwa 6 Busse standen dort. Es gab kaum noch einen Parkplatz fürs Auto.
Viele Leute gehen bis zum Klippenrand und sind sich der Gefahr nicht bewusst. Vor allem Bus-Ankömmlinge scheinen daran gewöhnt zu sein, dass immer für alles, und das betrifft auch die Sicherheit, gesorgt ist. Ich konnte zwei jüngere Männer in Sandalen beobachten, wie sie einen Klippenabsatz dazu nutzten, weiter zum Meer vorzudringen. Unter ihnen toste das Meer. Nur ein kleiner Fehltritt oder Ausrutscher, und das Unglück könnte größer nicht sein. Fünfzig Meter weiter unten waren nicht nur Wasser, sondern auch noch Felsen. Neben mir beobachteten einige Leute diese Männer ebenfalls. Manche äußerten sich besorgt, andere machten daraus einen Fototermin. Ich habe natürlich nur fotografiert, um hier berichten zu können.
Die deutsche Bratwurstbude ist eine Erfolgsgeschichte. Im Web haben die Betreiber alles Wichtige beschrieben, so dass ich hier nicht näher darauf eingehe.
Komisch, man fühlt sich sofort besser, wenn einem im Ausland deutsche Schrift und Sprache begegnet. Zwar würde ich nie in einem Urlaubs-Getto, in dem nur Deutsch gesprochen wird, meine Zeit verbringen wollen. In solchen abgeschirmten Ressorts (zum Beispiel in Tunesien) merkt man bezüglich Essen und Kommunikation garnicht, dass man im Ausland ist. Aber ein wenig Deutsch in der Fremde tut gut, vor allem, wenn man wie ich alleine unterwegs ist und das Portugiesische nicht beherrscht.
Es war fast 17 Uhr, als ich wieder im Hotel ankam. Wie gestern auch, machte ich mir eine Pizza. Drei Stück in einer Schachtel kosten bei Lidl 1,99 Euro. Allerdings sind sie sehr dünn und nur mit Tomate und Käse bestreut. Doch etwas Warmes ist besser. Im Elektroherd ist die Pizza bei 200°C in 12 Minuten knusprig fertig. Da ich gestern Cappuccino mitgebracht hatte, muss es nicht immer Kaffee sein. Der Cappuccino ist in kleinen Tütchen portioniert, da kann man nichts falsch machen. Heißes Wasser drauf und fertig. Ich denke, das ist auch eine gute Sache, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin.
Auch bei weniger gutem Wetter: Busse am Kap
Die Leute riskieren ihr Leben.
Hauptsächlich junge Männer zeigen ihren "Mut"
Die deutsche Bratwurstbude ist eine Erfolgsgeschichte.
Eigentlich wollte ich heute ins Monchique-Gebirge fahren und dem höchsten Berg, dem Fóia, einen Besuch abstatten. Doch am Ortsausgang von Carrapateira führt eine Straße zum Praia do Bordeira. Ich bog ab, um zu sehen, ob die Straße zu den Parkplätzen führt, die ich vom letzten Sagres-Urlaub kannte. Es hat geklappt, ich konnte das Auto fast auf der gleichen Stelle wie vor 5 Jahren abstellen. Und die Sonne kam auch hinter den Wolken vor. Ich entschloss mich deshalb, den Fóia-Besuch zu verschieben.
Gegenüber von Carrapateira zieht sich in nördlicher Richtung ein sehr langer Sandstrand hin. Der vollen Wucht des Atlantiks ausgesetzt eignet sich dieser Strand hervorragend für hartgesottene Surfer. Es weht ständig eine steife Brise. Der Strand ist deshalb weniger als Badestrand geeignet. Zwischen Strand und südlichen Klippen mündet ein kleiner Fluss ins Meer, der zwar im Sommer austrocknet, aber im Mündungsbereich mit Meerwasser überschwemmt ist. Man gelangt oft nur im Wasser watend zum Strand.
Ich entschied mich aber heute, den Küstenstreifen südlich von Carrapateira zu erkunden. Der nächste Strand ist dann der Praia do Amado, auf dem ich schon war. Die Klippenstruktur hier ist einmalig. Immer wieder gibt es Einbuchtungen und Felsen im Wasser, an denen das Wasser an manchen Stellen bis zu 30 Meter hochspritzt. Besonders heute gab es über 3 Meter hohe Wellen. Es war ein wunderbares Schauspiel. Mit Stativ, Camcorder und Fotoapparat bewaffnet tat ich, was ich tun musste: filmen und fotografieren. So verbrachte ich fast 4 Stunden in dieser wunderbaren Landschaft. Brotzeit habe ich natürlich auch gemacht.
Ich habe Leute aus Köln getroffen, die bis Lissabon mit dem Flieger gekommen sind und jetzt den vierten Tag mit einem Mietauto unterwegs sind. Sie kannten Chemnitz noch als Karl-Marx-Stadt, da sie damals Verwandte im Osten besucht hatten.
Wir haben uns auch über die mangelnde Pflege und Instandhaltung touristischer Einrichtungen unterhalten. Ihnen war auch aufgefallen, dass Hinweistafeln unleserlich sind und überall Müll herumliegt.
Letzteres habe sogar in einer Lissaboner Zeitung gestanden. Die Kölner sind auch der Meinung, dass die mit EU-Mitteln geförderten Einrichtungen aufgrund der portugiesischen Sparmaßnahmen langsam verkommen.
Über Sinn oder Unsinn der Holzwege an der Küste kann man eigentlich nicht streiten. Sie sind überflüssig. Darüber hinaus sind sie eine größere Unfallquelle als die Klippen selbst, wenn Bretter morsch sind, wenn Geländer lose im Wind baumeln, wenn einfach ein Stück Weg fehlt usw. Normalerweise verlässt man sich darauf, dass die bauliche Sicherheit gewährleistet ist. Sicherer ist es dann, wenn solche unsicheren Bauwerke gar nicht vorhanden sind. Denn dass eine 50 Meter hohe Klippe gefährlich ist, weiß jeder – hoffentlich.
Eine Überraschung für mich war, bei der Heimkehr einen Obstkorb mit einer Flasche Wasser im Appartement vorzufinden. Bei meiner verspäteten Ankunft vor 14 Tagen war der eigentlich obligatorische Obstkorb nicht da. Ich hatte aber nichts in der Rezeption gesagt. Nun hat man das Versäumnis nachgeholt. Es gibt also doch noch Wunder.
Das Meer ist glatter geworden. Der Hotel-Strand ist leer. Eine wohltuende Ruhe liegt über der Bucht. Ganz leise hört man die Wellen klatschen. Ein einsames Boot ankert vor der Küste. Es ist fast windstill. Das bedeutet sicherlich, der Wind dreht und es kommt anderes Wetter. Noch scheint die Sonne wohlig warm bis ins Zimmer.
Ich sehe die alltäglich erscheinende Portugiesin mit ihren zwei Hunden. Sie kommt zweimal am Tag, früh und abends. Ihr Weg führt immer durch das Buschwerk vor dem Hotelgelände zum Aussichtspunkt am Meer und dann wieder zurück zu den Häusern von Sagres. Wenn sie einmal nicht käme, würde ich denken, sie oder ein Hund wäre krank.
Es ist Zeit für das Abendessen. Ich hab ja noch eine halbe Pizza im Kühlschrank. Heute habe ich mir die zweite Hälfte der Pizza gebacken. Der Backofen funktioniert gut, und es dauert nicht lange, bis das Essen fertig ist. Am längsten dauert das Anheizen auf 200°C. Gebacken ist die Pizza in 10 bis 12 Minuten. Ich hatte gemerkt, dass ich doch ab und zu etwas Warmes brauche. Wenn meine Faulheit nicht wäre, würde ich mir öfter ein richtiges Essen machen.
Heute war für mich Ruhetag. Schon in der Nacht regnete es und das dauerte bis etwa 15 Uhr. Dann kam die Sonne. Auch die Temperatur ist wieder gestiegen, heute Nachmittag waren es angenehme 23°C.
Um die Mittagszeit hat die Putzkolonne geklingelt. Ich hab die 2 Frauen reingelassen. Es hat keine 5 Minuten gedauert, da waren sie wieder weg.
Gegen Abend bin ich noch zu Lidl gefahren. Mein Weltmeisterbrot kam gerade aus dem Ofen. Der 2-Pfünder ist zwar recht groß für eine Einzelperson, aber da das Brot nicht geschnitten ist, hält es sich eine Weile. Die letzten Schnitten kann ich ja auch auf dem Toaster aufbacken.
Eine junge Deutsche mit 2 Kindern hatte auch auf das Brot gewartet. Ich war mit ihr ins Gespräch gekommen, weil sich vor Lidl plötzlich ihr Einkaufswagen mit einem der Kinder selbständig gemacht hatte. Ich hielt den rollenden Wagen auf. Sie kamen aus Berlin.
Und wieder ist es gerade mir passiert, dass der volle Weintraubenpreis angerechnet wurde, obwohl die Trauben im Angebot waren. Natürlich hab ich wieder eine Verkäuferin gesucht, ihr den Irrtum gezeigt und dann den Differenzbetrag an der Kasse zurück erhalten.
Seit heute funktioniert der Internetzugang wieder richtig. Ich habe mir an der Rezeption ein neues User- und Passwort geben lassen. Das hat sogar der Chef selbst gemacht, da eine jüngere Mitarbeiterin nicht gleich wusste, wie sie das Problem lösen könnte.
Soeben (20 Uhr) hat es gegossen, wie ich es hier noch nicht erlebt habe. Trotzdem sehe ich noch einige Surfer im Wasser. Ansonsten ist der Hotel-Strand leergefegt. Das starke Licht des großen Leuchtturms am Kap ist nicht mehr zu sehen. Der Himmel ist fast schwarz.
Nach einer halben Stunde war alles vorbei. Inzwischen ist es richtige Nacht, das Leuchtfeuer ist wieder zu sehen und Sagres hat sein mit Lichtern besetztes Nachtgewand angelegt, als sei nichts geschehen. So ist das eben hier am südlichsten Zipfel von Portugal. So schnell wie der Regen kommt, so schnell verschwindet er auch wieder.
Heute habe ich den zweiten Test mit der Kamera im fahrenden Auto gemacht. Immer noch ist meine Haltevorrichtung nicht waagerecht, so dass die Aufnahmen um vielleicht 2 Grad nach links gekippt sind. Das stört ungemein, könnte aber im Videoschnittprogramm leicht korrigiert werden.
Das Abdecken des Frontscheiben-Lüftungsgitters mit einem schwarzen T-Shirt hat sich bewährt. Die Gitterstruktur ist im Film nicht mehr sichtbar. Die Frontscheibe hatte das Gitter bei bestimmtem Lichteinfall gespiegelt. Ich muss später eine passende Abdeckplatte oder ähnliches herstellen und bei Filmaufnahmen auf das Gitter legen.
Ein weiteres Problem hat sich vor allem bei Gegenlicht, d.h. zum Beispiel bei tiefstehender Sonne, gezeigt. Jede kleine Verschmutzung der Frontscheibe im Aufnahmebereich ist im Film zu sehen. Das bedeutet, immer Scheibe putzen.
Es hat sich auch gezeigt, dass abends bei hellem Himmel und dunkler Straße der Vordergrund, d.h. die Straße, im Film nicht mehr genügend aufgehellt ist. Die Straße ist kaum noch zu erkennen. Die Kamera passt ja die Belichtung laufend an und orientiert sich mehr am helleren Hintergrund, da dieser etwa zwei Drittel des Gesamtbilds ausmacht. Fazit: Abendfahrten bei tiefstehender Sonne lohnen sich nicht.
Das Grundproblem ist, dass der Dacia durch den 3-Zylinder-Motor und die recht harte Federung auf dem Armaturenbrett wesentlich mehr rüttelt als der Omega. Die Videos sind nicht wirklich brauchbar. Die Kamera kann die starken Erschütterungen selbst durch den guten optischen Bildstabilisator nicht ausgleichen. Es hilft nur eine Entkopplung der Kamera vom Fahrzeug.
Idealerweise müsste die Kamera im Öl schwimmen und das Gefäß mit dem Öl auf dem Armaturenbrett stehen. Oder man verwendet ein sogenanntes schwebendes Stativ. Diese Stative werden für Action-Cams angeboten. Dafür ist aber im Auto kein Platz. Auch bei einem Unfall wäre es nicht gut, wenn dann die ganze Apparatur durch die Gegend fliegt.
Behelfsweise könnte man die Kamera auf eine Eisenplatte schrauben und diese Einheit dann weich auf das Armaturenbrett legen. Da würde die Trägheit von Eisenplatte und Kamera groß sein. Diese Einheit könnte dann nicht mehr so schnell den Armaturenbrett-Erschütterungen folgen. Die Wegdifferenz würde durch die weiche Auflage (z.B. Schaumstoff) ausgeglichen werden. Soweit meine Theorie.
Jetzt ist die Kamera fest mit der Holzeinpassung verschraubt und dieses Holzbrett liegt passend in der Ablagemulde des Armaturenbretts. Es ist gewissermaßen eine starre Verbindung zwischen Kamera und Auflage gegeben. Jede Erschütterung landet ungebremst am optischen System der Kamera, das dann überfordert ist.
Zusätzlich wirkt sich aus, dass die Canon-Kamera einen CMOS-Sensor hat. CMOS-Sensoren werden zeilenweise abgetastet. Bei horizontaler Kamerabewegung wird eine senkrechte Linie stückweise versetzt abgebildet (Rolling-Shutter-Verzerrungen). Normalerweise sieht man das nicht, da die Elektronik in Verbindung mit der optischen Stabilisierung dies ausgleicht. Ruckelt die Kamera horizontal, reicht die Stabilisierung nicht mehr aus und es ergeben sich im Film zusätzliche Störungen.
Heute habe ich mich erst unterwegs entschieden, ins Monchique-Gebirge zu fahren. Bei strahlendem Sonnenschein fuhr ich etwa um 11 Uhr los. Nach Vila do Bispo sah ich aber, dass der Fóia in dunkle Wolken gehüllt war. Trotzdem bin ich bis Aljezur gefahren, dann quer über Marmelete nach Monchique und zum höchsten Berg der Serra de Monchique, dem Fóia.
In Marmelete wollte ich tanken: "No Gasoline Service" stand dran. Diesel gabs zu kaufen. So musste ich weiterfahren. In einem kleinen Dorf hat es dann geklappt. Allerdings ist der Sprit in Portugal schon wegen der 23 Prozent Mehrwertsteuer teurer als in Deutschland. In Spanien wird es dann wieder billiger.
Bei der Auffahrt zum Fóia ist etwa 2 Kilometer vor dem Berg eine Quelle mit gutem Trinkwasser. Dort holen sich nicht nur Touristen, sondern vor allem die Portugiesen ihr Wasser. Während unseres letzten Sagres-Urlaubs waren wir auch dort. Meist muss man warten, bis die nicht sehr ergiebig fließende Quelle frei wird. Ich habe eine deutsche Familie aus Wuppertal und ein holländisches Pärchen getroffen, das ausgezeichnet deutsch sprach. Die Familie aus Wuppertal war bis Lissabon geflogen, weil die Flüge nach Faro so teuer geworden sind. Von da aus waren sie dann mit dem Mietwagen zu viert unterwegs. Sie fragten mich, ob ich immer in Portugal leben würde. Sie dachten das aufgrund des vielen Wassers, was ich abgefüllt hatte. Ich hab dies natürlich richtig gestellt. Obwohl – vielleicht wäre das gar nicht so schlecht.
Der Fóia ist 902 Meter hoch und hat außer einem Souvenir-Laden, einem Restaurant, einer Exposition (Ausstellung), einem großen Parkplatz, einigen Steinhaufen und vielen Antennen absolut nichts zu bieten. Die Aussicht war miserabel und über dem Berg hing eine schwarze Wolke. Lange habe ich mich nicht aufgehalten, es fing dann auch noch an zu regnen.
Ich hatte gehofft, unterwegs auf ein Weingut bzw. eine Bodega zu treffen. Aber soviel Wein wird in der Serra de Monchique gar nicht angebaut. Ich habe nur ganz wenige Wein-Hänge gesehen. Weiter im Norden Portugals soll es viele Weinplantagen geben. Aber ich habe keine Lust, z.B. nach Lissabon oder gar nach Porto zu fahren. Mich zieht es überhaupt nicht in die Städte.
Aljezur, Anfang der 80er Jahre Ziel deutscher Aussteiger
Marmelete, noch 15 km bis Monchique
Wasser aus dem Fóia für Schönheit und langes Leben. So steht's auf einer Tafel. Der Krims-Krams-Verkäufer stand schon vor 5 Jahren hier.
Antennenwald des Fóia, Foto 2010 bei schönem Wetter
So müsste jeder Tag sein. Heute war von früh bis spät strahlend blauer Himmel bei etwa 24°C und fast kein Wind. Um 11 Uhr Ortszeit verließ ich das Hotel. Mein Ziel war der Riesenstrand nördlich von Carrapateira. Das Auto habe ich diesmal gleich unten am Fluss abgestellt. Da ist ein großer Parkplatz für Camper und PKW. Es sind sogar 4 große Müllcontainer vorhanden.
Den Strand erreicht man von diesem Parkplatz aus nur mit Waten im Wasser. Heute war das Wasser nicht so tief, etwa bis zu den Waden. Wie mir eine Deutsche sagte, bleiben auf diesem Platz viele Caravans über Nacht. Toiletten gibt es allerdings nicht. Aber die Camper haben ja alles dabei. Die Deutsche ist mit Mann und zwei kleineren Kindern unterwegs. Das Wohnmobil ist ein alter umgebauter Mercedes-Transporter und total bunt angemalt. Die Leute scheinen lange und oft unterwegs zu sein. Vielleicht sind es auch eine Art Aussteiger.
Ich ging diesmal nur mit meinen Garten-Latschen und in kurzen Hosen. Bis zum Strand und am Strand ist sowieso Barfuß-Laufen angesagt. Wie lang der Strand eigentlich ist, wusste ich nicht. Ich bin bestimmt 3 Kilometer gelaufen.
Nur ganz wenige Leute waren da, meist einzelne Surfer oder Strandläufer, die vielleicht wie ich wissen wollten, wo der Strand endet. Ich habe mir ein Plätzchen gesucht und im Wechsel gesonnt und gebadet. Das Wasser ist meiner Schätzung nach immer noch 18°C. Es kühlt sich nur langsam ab. Andererseits steigt die Wassertemperatur selbst im Sommer nicht viel über 20°C. Der Atlantik ist schuld.
Parkplatz am Bordeira-Strand, relativ leer trotz Sonne
Neben mir ein Deutscher beim Putzen
Flussmündung mit Meerwasser. Zum Strand muss man waten. An der besten Stelle ist das Wasser meist nur knietief. Es gibt weit und breit keine Brücke, auch kein Boot. Ist der Wasserstand hoch, hat man ein Problem.
Der 3 Kilometer lange Praia da Bordeira ist oft menschenleer. Bei Ebbe ist der Strand im Süden fast 200 Meter breit, bevor die Dünen beginnen. Bei Flut reichen die Wellen im nördlichen Teil bis an die Felsen der Steilküste.
Die Surfschule ist weit und breit die einzige Strand-Bewirtschaftung. Was es genau gibt, weiß ich nicht. In der Nebensaison ist alles dicht. Es ist ja auch nur ein Surf-Stützpunkt, kein Restaurant.
Anfangs waren die Wellen noch relativ flach und das Meer hatte sich zurückgezogen. Später kamen aber größere Wellen, welche die Surfer eifrig nutzten.
Zwischendurch habe ich Brotzeit gemacht, es gab Wasser, Weltmeister-Brot, eine kleine Knacker und einen Apfel. Am Meer schmeckt alles bestens.
Nach einiger Zeit war mir das Rumliegen und Rumlaufen in Rucksacknähe zu viel. Außerdem wurden mir die Wellen zu groß. Das Meer kam immer näher an die Klippen, teilweise schwappten die Wellen schon an die Felsen.
Ich merkte, dass kein Mensch mehr zu sehen war, selbst die Surfer waren weg. War das etwa schon die Flut, die da einsetzte? Ich kehrte also um und ging wieder zurück. Und tatsächlich, mit trockenen Füßen wäre ich an manchen Stellen nicht weitergekommen. An einem großen Felsvorsprung war mir's mulmig zumute, da die Wellen mit ziemlicher Wucht gegen die Felsen schlugen. Als ich näher kam, entdeckte ich einen Gang, der durch den Felsvorsprung hindurch auf die andere Seite führte. Der Gang war vielleicht 12 Meter lang und trocken. Ich war froh. Ich hätte an dieser Stelle bestimmt bis zur Hüfte im Wasser laufen müssen. Natürlich nur, wenn eine Welle kommt, aber immerhin! Ob der Gang natürlichen Ursprungs ist, kann ich nicht sagen. Felsbearbeitungsspuren habe ich nicht gesehen. Andererseits, dass ausgerechnet die Natur einen Tunnel schafft, wo es für Menschen nötig erscheint, ist mehr als zweifelhaft. Vielleicht wurde der Gang auch in den Fels gesprengt.
Den Rest des Wegs kam ich gut voran. Jetzt waren auch wieder Leute zu sehen. Die meisten scheinen sich auszukennen und meiden bei Flut bzw. hohen Wellen den hinteren Strandabschnitt. Wie weit der Strand begehbar ist, muss ich morgen herausfinden.
Ich kann sagen, ich habe noch keinen schöneren, vor allem so naturbelassenen, Strand gesehen. Schon die Mündung des Flusses ist eine Augenweide. Eine riesige Sandfläche, auf der auch eine kleine Surfschule steht, geht Richtung Norden in langgezogene Dünen über. Die Dünen sind nicht bewachsen, nicht abgesperrt und Verbotsschilder gibt es auch nicht. Noch weiter nördlich beginnen dann leichte steinige Hügel, die schließlich in Klippen übergehen.
Nach 3 km ist der Strand wegen ins Meer reichender Felsen zu Ende, auch bei Ebbe. Bei Flut ist dieses Ende garnicht erreichbar.
Oberhalb der Klippen ist es grün. Man kann auch dort entlang der Küste wandern.
Die Klippen bestehen aus Schiefer, durchzogen mit harten glasartigen Schichten. Der Sand ist super.
Man(n) im Glück braucht wenig: Sonne und Meer.
Als ich um 18 Uhr Ortszeit zurück kam, war Sagres in Nebel gehüllt. Die Nebelhörner des großen Leuchtturms ertönen immer lang-kurz-kurz und dann ein paar Sekunden Pause. Außerdem wechselt die Frequenz, d.h. einmal ertönt die Tonfolge mit einem sehr tiefen Ton und einmal mit einem etwas höheren Ton. Komisch, dass es hier solche Nebelstunden gibt, vor allem abends. Denn der Himmel über Sagres war blank.
Doch der Nebel verzog sich, die Nebelhörner verstummten und die Sonne tauchte alles wieder ins abendliche Licht. Der Sonnenuntergang war nur durch eine hartnäckige Wolke getrübt, die fast statisch über dem Meer hing. Dafür entschädigte dann wieder die nächtliche Beleuchtung von Sagres. Das Blinken des kleinen Leuchtturms der Festung, das Durchfurchen von Land und Meer mit dem kräftigen Lichtstrahl des großen Leuchtturms, die von Scheinwerfern angestrahlten Mauern der Fortaleza und das oft silbrig schimmernde Meer aus der Dunkelheit heraus sind mit Worten nicht zu beschreiben. Ich habe selten einen schöneren Ort in meinem Leben gesehen. Auf dem Balkon sitzend kommt eine Stimmung auf, die faszinierend und mystisch zugleich ist und nachdenklich macht. Nicht umsonst sprachen auch hier die Leute in früheren Zeiten vom Ende der Welt. Hier, wo der Atlantik drei Seiten der Klippen umspült, ist wirklich das Ende des Kontinents. Und doch ist gleichzeitig jenseits des Atlantiks ein Anfang, der amerikanische Anfang. Das aber konnten die Portugiesen zu Zeiten Heinrichs noch nicht wissen.
Etwas muss ich noch zu den Portugiesen sagen. Ich habe schon mehrmals beobachtet, dass die Einheimischen die Fußgängerschutzwege grundsätzlich ignorieren. Vor allem ältere Portugiesen gehen 10 Meter vom Schutzweg entfernt über die Straße, selbst wenn sie wegen des Verkehrs warten müssen. Schutzwege gibt es viele, viel zu viele. Mindestens 3 Schutzwege habe ich gesehen, die von nirgendwo nach nirgendwo führen. Das heißt, rechts und links der Straße ist entweder Wildnis oder einfach nur Sand, also weder Wege, Trampelpfade oder sonstwas. Aber ein Schutzweg muss sein. Die Ausstattung der Schutzwege ist vorbildlich, mit Zebrastreifen, Haltelinie und Verkehrsschildern. Es erinnert an Schildbürgerstreiche oder an EU-Verkehrsplaner, die nie vor Ort waren.
Jeden Tag sieht der Sonnenuntergang anders aus, jeden Tag aber schön. Vom Unwetter war nichts zu spüren.
Es ist 20 Uhr Ortszeit, die Sonne ist jetzt untergegangen. Gerade habe ich mir noch eine Büchse Linsen in den Topf geschüttet. Da fiel mir auf, dass selbst bei geschlossener Balkontür die Brandung gut zu hören war. Sonst ist das nicht so, meist dringt nur leises Rauschen oder Plätschern ins Appartement. Im Moment war die Hotel-Bucht relativ ruhig. Es mussten also hohe Wellen an der Westseite der Fortaleza die starken Brandungsgeräusche verursachen.
Ich saß wieder auf dem Balkon, meinen Teller Linsen vor mir. Wegen der Schreiberei wären sie mir bald angebrannt. Die wuchtigen Wasserschläge gegen den Fels waren immer noch zu hören. Ich hatte den Eindruck, sie werden stärker. Am westlichen Horizont kam Wetterleuchten auf. Gespenstig erhellte sich ab und zu der Himmel, das Meer, die Festung und Sagres. Es sah ganz nach einem starken Gewitter aus, bestimmt viele Kilometer entfernt. Bei mir war alles noch trocken, doch der Wind nahm zu.
Plötzlich, wie aus dem Nichts, zog eine Nebelwand vom Westen her über die Festung und Sagres. Ich konnte kaum noch die Straßenlaternen von Sagres erkennen. Und kurz darauf begannen die Nebelhörner zu brüllen. Die Töne waren als 2-faches Echo zu hören. Wahrscheinlich sind es die Klippen, die den Schall reflektieren.
So schnell wie der Nebel kam, so schnell verschwand er auch wieder. Ich konnte es kaum glauben. Eigentlich hatte ich ein richtiges Unwetter erwartet. Es gab keinen Regen und der Wind ebbte ab. Auch das Wetterleuchten in der Ferne wurde immer schwächer.
Heute war ich wieder den ganzen Tag an dem großen Strand bei Carrapateira. Ich bin am Nachmittag am Meer entlang gelaufen, bis die Felsen mir den Weg versperrten. Insgesamt ist die begehbare Küste 3100 Meter lang. Das Laufen in Einsamkeit – auf der einen Seite das schäumende Meer und auf der anderen Seite die hoch aufragenden schwarzen Schieferklippen – ist schon fast surreal. Man hängt seinen Gedanken nach, oft ohne zu bemerken wo man ist und was man tut. Der monotone eigene Schritt und das regelmäßig schwallende Wasser wirkt wie das leise Stampfen eines langsam laufenden Motors verloren im Gleichklang mit der ewigen Zeit.
Nur ab und zu unterbrechen die schimpfenden Möwen den eigenen Gedankenflug. Meist in Gruppen nahe des Wassers hüpfen sie nur soweit beiseite, wie unbedingt nötig. Dass dieser komische Zweibeiner, der nicht einmal fliegen kann, nur als Störenfried empfunden wird, ist mir klar. Nur allzugern würde ich in den Köpfen der Vögel lesen können, um zu erfahren, wie wir Menschen von den Tieren wahrgenommen werden.
Und da sind noch die, ich nenne sie mal Strandläufer. Nicht größer als eine Bachstelze, mit langem spitzen Schnabel und graugeschippertem Gefieder, laufen kleine Gruppen von ca. 15 Vögelchen dem zurückfließenden Wasser hinterher, um frei werdendes Getier aus dem nassen Sand zu picken. Dazu bleibt aber nicht viel Zeit. Mit jeder neuen Welle rennen die kleinen Vögel wieder zurück, um so dem Wasser zu entgehen. Keines der Vögel erhebt sich dabei in die Lüfte. Ihr Lauf ist schnell genug, um im Wellenrhythmus Nahrung aufzunehmen. Was sie eigentlich aufpicken, konnte ich nicht feststellen. Im Sand sah ich nichts Fressbares.
In dieser abgeschiedenen naturnahen Welt werden die eigenen Sinne für Dinge geschärft, die man sonst überhaupt nicht wahrnimmt. Der eigentlich lange Rückweg war kurzweilig und irgendwie fand ich es schade, schon wieder am Parkplatz in der Nähe von Menschen zu sein.
Bis zum Abend schien die Sonne, danach kamen in Sagres dichte Wolken auf. Laut Wetterbericht soll es bis Dienstag nächster Woche bedeckt sein. Samstag und Sonntag soll es regnen. Da ich Montag das Hotel verlassen muss, ist nun der Sonnen-Urlaub zu Ende.
Der ewig lange Strand von Bordeira ist eine Augenweide.
Die kleine Surfstation verliert sich fast im Sandmeer.
Der Fluss ist nur mit Meerwasser gefüllt. Hinten ein Teil von Bordeira mit dem großen WoMo-Parkplatz.
Hier ist Schluss. Weiter kann man nach 3 km Strand bei Ebbe nicht laufen, bei Flut viel weniger.
Auf den Wetterbericht kann man sich nicht verlassen. Bis gegen 11 Uhr war es regnerisch, später klarte es auf und nachmittags schien die Sonne. Ich bin mit Regenjacke und Regenhose heute früh aus dem Hause und kam nur mit T-Shirt bekleidet gegen 16 Uhr wieder zurück.
Das Auto hatte ich stehen lassen. Zuerst war ich im Keramikladen, dann am Praia do Tonel, danach an der Festung und schließlich am Hotel-Strand.
Diesen Sagres-Strand hatte ich schon kurz nach meiner Ankunft besucht. Das Meer heute war aufgewühlt, mächtige Wellen kamen gerollt und knallten gegen die dem flachen Strand vorgelagerten Felsen. Die steife Brise aus Südwest blies immer wieder Wolkentürme heran, so dass nur ab und zu die Sonne durchlugte. Einige wenige Unentwegte liefen trotzdem an der Wasserkante entlang und ließen sich Wind und Gicht um die meist vermummelten Köpfe blasen.
Praia do Tonel, Blick in Richtung Fortaleza
Die kleine Strandbar ist in einem Container untergebracht.
Praia do Tonel, Blick Richtung Süden (Fortaleza)
Praia do Tonel, südliches Ende
Am nördlichen Tonel-Strand versperren Felsen den Weg.
Hinter den Felsen liegt eine paradiesische Einsamkeit.
Zuerst wanderte ich an das südliche Ende (Richtung Fortaleza), dann zurück und dann nördlich an das andere Strandende. Dort türmten sich Felsen vor mir auf, die nur durch mühsame Kletterei den Blick auf das dahinterliegende Gebiet freigaben. Eine zweite kleine Sandbucht kam zum Vorschein, einsam, wild, romantisch und vom gemeinen Volke unberührt – fast wie die Privat-Loge des Königs im Theater. Nur bei Ebbe kann man durchs Meer um die Felsen herumwaten. Das ist vorzüglich, denn nur wenige Mutige getrauen sich ins Paradies ohne gesicherte Rückkehr. Die Flut kommt schnell und Felsenklettern ist nicht jedermanns Sache. Selbst im Sommer bleibt die kleine Bucht notorisch unterbesetzt.
Der Praia do Tonel ist also eigentlich ein Geheimtipp, wenngleich der Hauptteil im Sommer sehr gut besucht ist. Trotzdem ist der Praia da Mareta (mein Hotel-Strand) wegen seiner windgeschützten Lage als Familienstrand beliebt und in der Saison entsprechend frequentiert. Der Praia do Tonel ist gefährlicher. Durch das kalte Wasser des Atlantik und das etwas wärmere Wasser in Richtung Mittelmeer sind Strömungen vorhanden, die bei bestimmten Wetterlagen beachtliche Geschwindigkeiten erreichen. Die oft stürmischen Westwinde sorgen zusätzlich für eine hohe Brandung.
Wer an diesem Strand schwimmt oder surft sollte entsprechend vorsichtig sein. In der Saison ist das Baden erlaubt, wenn die blaue Fahne hochgezogen ist. Dann ist der Strand auch bewacht, natürlich nur der Hauptstrand. Außerhalb der Saison sind alle Strände unbewacht.
Ein weiteres Ziel war die Fortaleza. Oben auf dem Klippenmassiv sind die Mauern der Festung weithin sichtbar. Die Klippen sind hier besonders steil und hoch.
Viele Felsabbrüche, die nur von unten sichtbar sind, mahnen zur Vorsicht. Wehe, wenn sich ein Klippenwanderer zu nahe an die Kante wagt. Bei Regen oder auch danach kann es schnell passieren, dass Steine im nassen Boden ihren Halt verlieren und ins Meer donnern. Wehe dem, der dann gerade dort steht.
Die Felsen bestehen aus sehr unterschiedlichem Material. Teils kalkhaltige Schichten lösen sich mit Granit-, Lava- und Schiefergestein ab. Das ergibt schöne farbenprächtige Strukturen. Die Natur ist ein talentierter Künstler.
Vorn das Paradies, dann die Tonel-Bucht
Felsabbruch am Praia do Tonel, von oben nicht erkennbar
Abgebrochener Sandsteinblock, schön und gefährlich
Mit wenig Wasser erholt sich die Vegetation schnell vom Sommerdurst.
Bei rauhem Wind nahte vom Westen eine finstere Regenwand. Der Wind legte sich mächtig in die Wellentäler, so dass die Kronen noch höher wurden. Den großen Leuchtturm im Nordwesten habe ich so noch nie gesehen. Die umgebenden weißen Mauern leuchteten vor dem fast schwarzen Hintergrund im Wettstreit mit den Schaumkronen der sich stürzenden Wellen. Mir wurde wieder bewusst, was rauhe Schönheit bedeutet.
Mich hat auch erstaunt, wie schnell die Natur auf Nässe reagiert. Kaum dass es in den vergangenen Tagen etwas Regen und Nebel gab, waren heute schon die ersten frischen Triebe von Gras und anderen kleinen Bodenpflanzen zu sehen. Mich würde wirklich mal interessieren, wie es hier im zeitigen Frühjahr aussieht. Da ist die Hauptvegetationsperiode und die meisten Pflanzen blühen.
Beinahe hätte ich meine Regensachen wieder anziehen müssen. Doch die Regenfront zog an der Festung vorbei Richtung Nordwesten. Der Mauerdurchgang zur Fortaleza bot mir Schutz vor dem Wind. Die Festung selbst war für Besucher geschlossen.
Auf dem Rückweg oberhalb des Hotel-Strands entledigte ich mich meiner Regensachen und saß noch einige Zeit am Klippenrand, schaute aufs Meer, genoss die Sonne und träumte vom ewigen Leben.
Mir wurde bewusst, dass morgen der letzte Tag in Sagres sein würde. Schade, die Zeit verging schneller als ich dachte. Ich werde wie geplant am Montag früh direkt von hier aus die Heimreise nach Deutschland antreten. Es hat keinen Sinn, auf anhaltend besseres Wetter zu hoffen.
Für die Mittelmeerküste sieht die Vorhersage auch nicht viel besser aus. Ich hatte ja ursprünglich vor, am spanischen Mittelmeer entlang zu fahren. Südlich der Sierra Nevada ist es sehr lange warm und deshalb auch im Oktober noch angenehm. Aber bei Regen macht es keinen Spaß.
Auf welcher Route ich in Richtung Deutschland fahre, weiß ich noch nicht. Keinesfalls fahre ich über die Schweiz, die Maut spare ich mir. Zur Zeit ist es nur möglich, eine Jahres-Vignette zu kaufen, die aber 65 Euro kostet. Das ist mir für zwei Durchfahrten (hin und zurück) zuviel. Da fahre ich lieber auf Land- und Autostraßen in Frankreich. Sie sind gut ausgebaut und verlaufen oft in Nähe der mautpflichtigen Autobahnen. Einziger Nachteil sind die vielen Kreisverkehre.
Regenwand und Sturm am Cabo de São Vicente
Der Regen streift die Festung nur und zieht gen Norden.
Wieder blauer Himmel, doch der Wind bläst noch kräftig.
Die Sonne scheint wieder am Praia da Mareta
Auf der Fahrt zum großen Strand bei Carrapateira sah ich auf dem Lidl-Parkplatz in Vila do Bispo viele Autos stehen. Sollte Lidl Sonntags geöffnet haben? Ja, Lidl hat in Portugal in manchen Regionen jeden Sonntag geöffnet. Dadurch habe ich gleich noch ein paar Kleinigkeiten für die nächsten Tage kaufen können.
Doch hat es ein so großer Konzern wie Lidl, der in Portugal immerhin über 450 Filialen betreibt, wirklich nötig, Sonntags zu öffnen? Ist es Dienst am Kunden oder nur pure Profitsucht der Eigentümer und Aktionäre? Kommen die selbstversorgenden Touristen wirklich nicht ohne 7-Tage-die-Woche-Einkaufsmöglichkeit aus? Und wie mag es wohl dem Verkaufspersonal zumute sein, in einem katholisch geprägten Land am Sonntag arbeiten zu müssen? Fragen, die mir beim späteren Strandwandern durch den Kopf gingen.
Man könnte meinen, jeder muss selbst wissen, ob er Sonntags arbeitet oder nicht. Doch so manchen Portugiesen bleibt gar keine andere Wahl. Die effektiven Mindestlöhne sind aufgrund des Diktats der Troika weiter gesunken, die Arbeitslosigkeit der Jüngeren ist gestiegen, die Baubranche leidet an Auftragsmangel und die Industrieproduktion hat sich vom niedrigem Niveau vor der Krise noch weiter reduziert.
Ob die Fokussierung auf das Tourismus-Geschäft den nötigen Aufschwung bringt, bezweifle ich. Ein Land kann nur gesunden, wenn die Investitionen allgemein steigen und damit die Wirtschaft an Fahrt gewinnt. Das Sparen an den Ausgaben mag kurzfristig die fiskalische Bilanz gut aussehen lassen, langfristig ist Sparen schädlich.
Man hat mir berichtet, in Lissabon hat ein junges Mini-Unternehmen aus der Not eine Tugend gemacht. Es werden individuelle Stadt-Touren angeboten, die nicht zu den Highlights führen, sondern zu negativen Auswirkungen der Sparpolitik. Industrie-Brachen und verfallene Kulturstätten gehören ebenso dazu wie dicht gemachte Ladenketten und vernachlässigte Infrastruktur. Allerdings wird auch gezeigt, wie sich ein Teil der jungen Portugiesen gegen den allgemeinen Trend der Abwanderung wehrt und Neues versucht.
Es sind vor allem studierte junge Menschen, die das Land nicht verlassen wollen und an die Zukunft ihrer Heimat glauben. Das gibt Hoffnung.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, oberhalb der Klippen des Praia da Bordeira bis zum nächsten Strand, dem Praia de Vale de Figueira, zu wandern. Doch als ich auf dem Parkplatz das Auto abstellte, kam die Sonne raus. Deshalb zog ich mich strandmäßig an: kurze Jeans, barfuß und die Garten-Latschen in der Hand.
Doch beim Wasserlaufen verschwand die Sonne später wieder und ließ sich nur selten blicken. Ich bin trotzdem bis zum Strandende gelaufen und dann wieder zurück. Meinen Füßen hat der Sand und das Meerwasser gut getan.
Das Ende des Praia da Bordeira bei Ebbe nach 3 km
Felswand am Strandende. Bei Flut ist alles unter Wasser.
Mein Rucksack auf Muscheln und Algenbewuchs
Im Folgenden sei eine unglaubliche Geschichte erzählt, die so schon fast legendenhaft erscheint. Und trotzdem, das Leben schreibt nichts vor und lässt sich auch nicht reinreden. Wir sind darin gefangen, ob wir wollen oder nicht.
Ganz am Ende des Strands befindet sich eine Spalt, der tief ins Felsmassiv reicht und sich im Inneren zu einer Höhle ausweitet. Die am Eingang herumliegenden runden Steine lassen darauf schließen, dass das Wasser bei Sturm bis in die Höhle vordringt. Das Ende verlor sich in der Dunkelheit. Meine Neugier war groß, trotz des beklemmenden Gefühls beim Anblick dieses schwarzen Loches.
Noch nahe am Eingang stehend und überlegend, ob ich weiter vordringen sollte, hörte ich plötzlich Geräusche. Es hörte sich an wie rollende, polternde und sich aneinander reibende Steine. Der Widerhall der Felswände klang gruselig. War da ein Tier? Oder hatten sich irgendwelche Felsbrocken von selbst gelöst? Ich war drauf und dran, Richtung Meer zu laufen, weg von diesem finsteren Loch.
Doch, fast traute ich meinen Augen nicht. Da stolperte mir doch tatsächlich eine menschliche Gestalt entgegen. Erst nur schemenhaft erkennbar, dann aber deutlich das Tageslicht im Gesicht: Es war eine junge Frau mit Rucksack. Sie strahlte mich an, als käme sie geradezu aus dem Paradies. Sie zeigte keinerlei Angst, ich war eher derjenige, der sich nicht wohl fühlte, ragte doch deutlich sichtbar ein Hammer oder ähnliches aus ihrem Rucksack.
Sie musste wohl meine Überraschung und mein Unbehagen erkannt haben. Ehe ich reagieren oder etwas sagen konnte, sprach sie mich an, zuerst auf Englisch, dann auf Deutsch. Ich hatte wohl bloß "Hallo" gesagt. Da standen wir nun, ich immer noch absolut defensiv, sie aber mit lachendem Gesicht. Ich hatte fast das Gefühl, dass sie sich etwas lustig über mich machte.
Es stellte sich heraus, dass sie Engländerin ist. Als Geologie-Studentin sei sie sehr an prähistorischen Formationen interessiert. Verständigungsprobleme hatten wir nicht, sprach sie doch neben spanisch und portugiesisch auch noch gut deutsch. Sie erklärte mir, dass die Höhle sich bei jüngeren Erdbeben vor einigen hunderttausend Jahren gebildet haben muss.
Der Höhleneingang sieht wenig spektakulär aus.
Die westliche Küstenregion Portugals und der davor liegende Meeresgrund seien immer wieder durch tektonische Kräfte verändert worden. Damit lässt sich auch erklären, warum die Schieferschichten oft in verschiedenen Winkeln steil in die Höhe ragen, anstelle platt auf der Erde zu liegen.
So plötzlich wie sie auftauchte, so plötzlich verabschiedete sich die junge Frau und verschwand wieder, diesmal in Richtung Meer und nach Süden. Später sah ich sie an einer Klippe in mehreren Metern Höhe auf das Gestein eindreschen. Sie war offensichtlich damit beschäftigt, mit dem Hammer eine Steinprobe oder irgendwelche Abdrücke zu lösen.
Diese Begegnung etliche Kilometer fernab der Zivilisation vor einer finsteren Höhle und ausweglos eingezwängt zwischen Meer und haushohen Felswänden zeigte mir wieder einmal, dass Vertrauen ein hohes Gut ist.
Immer noch in Gedanken über diese unglaubliche Begegnung stand ich vor dem Felsspalt. Jetzt ohne mich zu fürchten begann ich, langsam ins Innere zu steigen. Meine Augen mussten sich erst an die zunehmende Dunkelheit gewöhnen. Nach einigen Metern weitete sich der Spalt zu einer Höhle aus.
Hoch oben waren Felsbrocken eingeklemmt, die jeden Moment oder vielleicht auch erst in 1000 Jahren herunterfallen konnten. Im hinteren Teil, soweit wie ich sehen konnte, beleuchtete nur noch der Rest des an den Wänden gebrochenen Tageslichts die bizarre Höhlenwelt. Und noch ein Stück weiter war es dunkel wie in einer mondlosen Nacht.
Der silbrig-schwarz und blau glänzende Schiefer schimmerte an einigen Stellen, als wenn er selbst diffus leuchten würde. Weiße Adern durchzogen den Schiefer wie Spinnen-Netze oder Flussläufe. Die wenige Millimeter breiten Linien sind härtere galsartige Gesteinsschichten, die nicht so schnell erodieren und deshalb erhaben aus dem umgebenden Gestein ragen. Deren Schatten wiederum, verursacht durch das schwache schräg einfallende Außenlicht, ließen die Felsoberfläche spaltig erscheinen.
Mit aufgeregten Händen hatte ich Mühe, den Reißverschluss einer Rucksack-Seitentasche aufzukriegen. Für Notfälle, und das hier war fast ein Notfall, habe ich dort immer eine kleine Taschenlampe und anderes Zeug, was man in gefährlichen Situationen braucht. Die Lampe fand ich, doch von großem Nutzen war sie wegen der müden Batterien nicht.
Am hintersten Höhlenende war außer glitschigen Felsen, einigen leeren Muschelschalen und angeschwemmte Holzresten nichts Besonderes zu erkennen. Beunruhigend war der Gedanke, dass das Meer manchmal bis hierher vorgedrungen war und das Holz bis in diesen hintersten Teil der Höhle getrieben hatte. Wahrscheinlich gibt es außergewöhnlich hohe Meerespegel, wenn Sturm auf eine Mondflut trifft.
Wasser tröpfelte von oben und kalt war es auch. Eine eigenartige Stille umgab mich. Ich musste an die Grotten im Gibraltar-Felsen denken. Diese sind zwar einer Kathedrale ähnlich weitaus größer, aber trotzdem hatte ich auch hier einerseits das Gefühl des Geschützt-Seins, andererseits ein seltsames Unbehagen in dieser Enge.
Dem entfernten Geräusch nach schien das Meer einige hundert Meter weit weg zu sein, was natürlich nicht der Fall war. An mehreren Stellen war die schieferne Oberfläche mit einer Art Algen oder Moos überzogen. Wohl dem, der sich auskennt und solchen Bewuchs deuten kann. Doch selbst wenn ich mich ausgekannt hätte, mein beklemmendes Gefühl und die mittlerweile ganz erloschene Taschenlampe hätten keinen Raum für Untersuchungen gelassen.
Lange hielt ich mich in der Dunkelheit nicht auf. Meine Neugier war mehr als gestillt. Vorsichtig, immer einen möglichen Sturz auf den glitschigen runden Steinen im Hinterkopf, tastete ich mich in Richtung Freiheit.
Den Fels durchziehen helle härtere Gesteinsschichten.
Die Schieferschichten sehen aus wie große aufeinandergelegte Platten.
Das ist der Bordeira-Strand vom Ende aus in Richtung Süden. Bei Flut klatschen die Wellen an die Klippenwand. Verpasst man den günstigsten Zeitpunkt zur Rückkehr, lässt die schnell kommende Flut keinen Spielraum mehr, trocken in den vorderen Abschnitt des Bordeira-Strands zu gelangen. Es ist dann sogar gefährlich, da keine Wege nach oben führen. Weiter vorn gibt es zwar einen steilen Pfad, der mit Seilen unter Mühe einen Aufstieg unterstützt, aber auch diesen Kletterpfad muss man erst einmal erreichen, bevor das Wasser kommt.
Die Sicht auf die unendlich erscheinende Weite des Meeres ließ mein Herz wieder ruhiger schlagen. Ich war froh, Licht, Wind und Meer fühlen zu können. Angesichts des immer schmaler werdenden Sandstreifens musste ich zurück gehen. Die Wellen landeten im gleichmäßigen Rhythmus und bedeckten bei jedem Wasserberg viele Meter den flachen Strand. Manchmal hatte ich Mühe, nicht ins tiefere Wasser zu geraten. Andererseits wollte ich aber möglichst immer im Wasser laufen.
Der hintere wilde Strandabschnitt, von dem ich kam, wird zum vorderen kürzeren Badestrand durch eine Felsbarriere getrennt. Bei Flut muss man durch das Wasser, das Meer reicht dann bis zu den Felsen.
Bei nicht allzu hohem Wasserstand gibt es einen kleinen Ausweg. Ein Felsdurchgang, man könnte auch sagen ein Tunnel, ermöglicht trockenen Fußes auf die andere Seite zu kommen. Die verschwemmten Fußspuren zeigen aber, dass auch hier bei Flut und erst recht bei Sturm alles nass ist.
Ob bei diesem Durchgang jemand nachgeholfen hat, ist fraglich. Spuren einer Felsbehauung habe ich nicht gesehen. Vielleicht hat aber auch die Natur ein Einsehen gehabt und den Tunnel extra für den Menschen gemacht.
Am Dünenstrand ganz vorn war kein Mensch zu sehen. Die Flut hatte inzwischen große Teile des Strands überschwemmt. Die Furt zum Parkplatz war aber seicht genug, um mit trockender Hose zum Auto zu kommen.
Da nach meiner Rückkehr zum Parkplatz eine schwarze Wand am Himmel stand, ließ ich von meinem Vorhaben ab, oberhalb der Klippen zu wandern. Nach der Brotzeit am Auto fuhr ich wieder zurück auf die Hauptstraße N268 und dann Richtung Norden. Die Abfahrt zum Praia de Vale Figueiras linker Hand in Monte da Vinha fand ich auch. Doch schon nach wenigen hundert Metern wurde aus der Teerstraße eine Schotterpiste. Entsprechend Karte wusste ich, dass es noch fast 5 Kilometer bis zum Meer sein mussten. Ich kehrte wieder um. Eine Reifenpanne wollte ich mir nicht einhandeln. Es wäre zwar interessant gewesen, denn mit dem sich nordwärts anschließenden Praia do Penedo sind beide Strände etwa 1,5 Kilometer lang.
Aus der Höhle kommend wieder Freiheit des Meeres
Eingang des Felstunnels vom Norden kommend
Südseite des Felstunnels, bei Flut alles unter Wasser
Ausgang des Felstunnels Richtung Bordeira-Hauptstrand
So kam ich heute relativ zeitig, ich glaube es war etwa 16 Uhr Ortszeit, im Hotel an. Die erste Handlung war wie immer, einen Topf Kaffee mit Fruchttasche zu genießen. Ich musste noch einiges zusammenpacken, um am nächsten Morgen nicht soviel Zeit zu brauchen. Ich dachte, je eher ich wegkomme, desto besser.
Den Wegeplan hatte ich gestern noch mit Hilfe von Google-Map gemacht. Ich würde wie folgt fahren: Sagres, Badajoz, Ávila, Segovia, Soria, Girona, Sant Pere Pescador, dann durch Frankreich nach Pforzheim. Die Strecke ist so gewählt, dass ich weder in die Nähe von Madrid, noch in die Nähe von Barcelona komme. Großstädte in Spanien hasse ich, besonders nachts. Ich habe da schon schlechte Erfahrungen gemacht. Aber das ist eine andere Geschichte.
Insgesamt sind es über 3100 Kilometer bis nach Hause, etwas mehr als die Herfahrt wegen des Umwegs über San Pere Pescador. In 4 Tagen (3 Übernachtungen) müsste es gut zu schaffen sein. Die Strecke ist mautfrei.
Am letzten Abend zeigte Sagres noch einmal, was es oft zu bieten hat: einen wunderschönen Sonnenuntergang.
Die Sonne geht unter, es wird dunkel, doch niemals erlebte ich absolute Finsternis. Irgendwer spendet selbst nachts ein Licht: Der Mond, die Sterne, die Lichter des Menschen oder auch Tiere, die gelernt haben, selbst zu leuchten.
Und selbst im Traum ist Licht, denn woher sollen wir wissen, wovon wir träumen, wenn wir die Dinge im Traum nicht sehen? Jeder Gedanke ist letztlich gespiegeltes Licht.
Doch wer spendet Licht, wenn ich nicht mehr träume, wenn meine eigene Sonne des Lebens untergeht? Wer oder was wird mir den Weg in der ewigen Finsternis auch nur ein wenig erhellen?
Bleiben nur die Gedanken derjenigen, die mich aus dem Leben entließen und sich an mich erinnern? Oder breitet sich über mir ein Licht aus, strahlend hell und gleichzeitig sanft für den ewigen Schlaf, unvergleichlich mit der irdischen Sonne? Was darf ich noch alles erwarten – im Hier und Jetzt, und später – nach MEINEM Sonnenuntergang in die Ewigkeit?
Sagres > Vila do Bispo > Bordeira > Aljezur > Odemira > Aljustrel > Ervidel > Ferreia do Alentejo > Odivelas > Alvito > Viana do Alentejo > Aguiar > Évora > Estremoz > Elvas > Badajoz > Puebla de Obando > Cáceres > Plasencia > El Barco de Ávila > Ávila > Villacastin > Segovia > Matabuena > Arcones (Hostal La Berrocosa)
Kurz vor 5 Uhr hat mich mein Unterbewusstsein geweckt. Es war bei mir schon oft so: Steht am nächsten Morgen eine Reise an oder es ist sonstwie ein wichtiger Termin geplant, brauche ich keinen Wecker. Pünktlich weckt mich mein zweites Ich genau zu dem Zeitpunkt, den ich am Vortage anvisiert habe.
Nachts hatte der Wind wieder am Hoteldach gezerrt und gruselige Geräusche verursacht. Wären nicht die Sagres-Lichter, stockdunkel wäre dieser Morgen, der vom strömenden Regen durchtränkt nicht gerade Hoffnung auf eine schöne Fahrt machte. Und trotzdem: Auch das letzte Frühstück habe ich auf dem Balkon eingenommen. Eingewickelt in meinen Bademantel, mit langen Hosen und dicken Socken, eine Strickmütze über den Ohren und die Hände am heißen Kaffeetopf, so saß ich und dachte, und dachte, und dachte – ein wenig traurig, dass die letzten 3 Wochen vorbei waren.
Auf den vorderen Rand des Plastik-Tisches spritzte der Regen, gerade so, als wolle er mich vertreiben. Das ganze Hotel schlief noch. Auch auf den Straßen von Sagres rührte sich nichts. So früh steht ja auch kein halbwegs vernünftiger Mensch auf. Ich begriff aber, der Zeitpunkt meiner Abreise war genau richtig. Für die nächsten Tage war für den ganzen südlichen Raum Regen und Sturm angesagt. Es hätte also wenig Sinn, die Rückreise durch Zwischen-Stopps zu verlängern. Und trotzdem sagte eine Stimme in mir: Bleib, du kommst nie wieder hierher. Wirklich nicht? Man soll niemals nie sagen! So saß ich, blickte in die Finsternis, hörte die Brandung wie schwere auf- und abschwellende Orgelmusik, fühlte mich von den Lichtersternen beobachtet und konnte mich trotzdem kaum losreißen. Wie ein schwarzes Ungeheuer umklammerte mich die Nacht und drückte mich auf den Stuhl, so dass ich scheinbar unfähig war, aufzustehen.
Mir wurde kalt, mit einem Ruck durchbrach ich die Gefühlsduselei und begann zwar nicht hastig, aber sehr zügig, alles zu erledigen, was vor der endgültigen Abreise zu erledigen war: Duschen, Anziehen, Packen und bloß nichts vergessen!
Rückfahrt von Sagres bis Arcones 766 km
Kurz nach 6 trat ich vom Fahrstuhl aus in die Empfangshalle. Ich hatte schon am Vortag einige Gepäckstücke ins Auto gebracht, so dass ich jetzt nicht mehrmals laufen musste. Noch bevor ich um die Ecke kam und den Empfangs-Tresen einsehen konnte, erreichten mich merkwürdige Grunztöne. Meine Vermutung bestätigte sich. Die Nachtwache schlief fest.
Einfach den Schlüssel hinlegen und verschwinden ging nicht, die große Glasschiebetür des Eingangs war nicht aktiviert, das heißt, sie öffnete sich nicht. So musste ich wohl oder übel den armen Mann wecken. Benommen entschuldigte er sich und begriff wohl nicht sofort, dass ich abreisen wollte. Erst nachdem er sich im Computer vergewissert hatte und irgend etwas Portugiesisches vor sich hinbrummelte, war die Tür aktiviert und ich kam frei. Allerdings konnte ich mir es neben meinem Abschiedsgruß nicht verkneifen, ihm auf Deutsch eine 'Gute Nacht' zu wünschen.
Es regnete, mit Eile verstaute ich den Rest meines Gepäcks und fuhr los. Doch auch jetzt leitete mich eine seltsame Kraft zum Bus-Touristen-Aussichtspunkt unweit des Hotels. Trotz Regen musste ich noch einen letzten Blick aufs Meer und die Sagres-Festung werfen. Ich dachte an Heinrich, an Columbus, an die Raben, an die letzte Bratwurst vor Amerika und an diesen heiligen Ort, den ich jetzt verlassen sollte.
Noch vor Odemira ließ der Regen nach und hell wurde es auch langsam. Das Fahren wurde angenehmer. Ein Hoch auf das Navi, eine wirklich praktische Erfindung. Ohne Probleme durchquerte ich Portugal, kam am Hostal Méndez in Puebla de Obando vorbei und brachte einen Kilometer nach dem anderen hinter mich.
Die Strecke vor mir war noch lang. Doch so wie mich Sagres am Morgen nicht gehen lassen wollte, so zog mich jetzt die Heimat wie ein Magnet zu sich. Ab und zu schien wieder die Sonne, in Mittelspanien war kein Tropfen gefallen.
Nicht weit von der Schnellstraße N110 war Ávila zu sehen. Diese höchstgelegene Stadt Spaniens thront auf einer Bergkuppe inmitten einer Hochebene 1100 Meter über dem Meeresspiegel.
Ich kann mich noch gut erinnern. Im Oktober 2001 hatten wir während unserer 5-wöchigen Spanien-Rundreise zwei Tage in Ávila verbracht. Die Stadt ist seit Jahrhunderten von dicken Stadtmauern umgeben. Doch schon im 11. Jh. wurde der innere Platz zu eng und man begann, auch außerhalb der Mauern zu bauen.
Mittlerweile entstand eine große Metropole Kastiliens, die als Hauptstadt der Provinz Ávila die Wirtschaft der Region führt. Der Übergang zur Industrialisierung wie in vielen anderen Großstädten Spaniens blieb aber weitgehend aus. Die regionale Handwerkskunst ist nach wie vor die treibende Kraft. Es gibt viele Manufakturen, die nach alter Tradition die Dinge des täglichen Lebens fertigen. Und die Tradition wird hoch gehalten in Ávila.
Jährlich findet im Oktober ein mehrtägiges Fest auch zu Ehren der Heiligen Teresa von Ávila (1515 bis 1582) statt. Ein großer Festumzug und viele katholische Feiern bilden den Rahmen. Daneben stellen Handwerker in historischer Tracht ihre kunsthandwerklichen Erzeugnisse dar.
Wir hatten 2001 das Glück, mit dabei zu sein. Es gab einen Schmied, der nach alter Tradition bei offenem Feuer seine Werkstücke bearbeitete, außerdem Bäcker, Fleischer, Musiker mit mittelalterlichen Instrumenten, Klöppelfrauen, Wahrsagerinnen, Imker, Töpfer, Schreiner, Gemüsebauern und viele andere. Das bunte Treiben war überwältigend. Ursprünglich wollten wir die Stadt nur kurz besichtigen, aufgrund des Festes blieben wir aber dann doch eine Nacht.
Der mittelalterliche Kern von Ávila (Foto 2001)
Stadtmauer von Ávila (2001), 88 Türme, 9 Tore, 2500 m lang
Stadtfest Ávila (Foto 2001) mit Markt (Mercado medieval)
Besonders hatte mich die begehbare romanische Stadtmauer beeindruckt, die baulich direkt mit der gotischen Kathedrale verbunden ist. Nach Ávila kommen jährlich über 400-tausend Besucher. Aber nicht nur die historischen Bauten sind interessant.
Es ist auch die zum Kult gewordene Verehrung der Heiligen Teresa, deren Lebenswerk im 16. Jh. maßgeblich die Kirche beeinflusste. Ihr Taufname ist: Teresa Sánchez de Cepeda y Ahumada. Sie wurde 1622 Heilig gesprochen. Die Heilige Teresa hat viele Klöster gegründet, war Frauenrechtlerin und kämpfte für ein selbstbestimmtes Leben mit Gott.
Arcones > El Burgo > Soria > Ágreda > Tarazona > Borja > Zaragoza > Bujaraloz > Lleida > Tárrega > Manresa > Vic > Girona > Camallera > Valveralla > Sant Pere Pescador > La Jonquera > Le Boulou > Perpignan > Salses le Chateau > Fitou, Hostal Chez Nous (42.892823, 2.996672)
Von Ávila aus kam ich über Villacastin und Segovia bis Arcones, einem kleinen Nest an der N110.
Nur 18 Euro (ohne Frühstück), Parkplatz im Hof, ruhiges Zimmer mit Bad, TV und Fensterblick Richtung Berge. Wer will, kann die gutbäuerliche Küche des Restaurants in Anspruch nehmen.
Nach einer Nacht im Tiefschlaf (fast) und einem sonnigen Morgen war die Welt in Ordnung. Heute musste ich unbedingt noch rechtzeitig in Sant Pere Pescador am Mittelmeer (Nähe Roses) ankommen, um vor Ladenschluss der Bodega meinen Weinvorrat einkaufen zu können. Danach würde ich bis Sonnenuntergang fahren, um möglichst weit Richtung Deutschland zu kommen.
Mein Plan ging auf. Kurz nach 15 Uhr erreichte ich das Weingut. Der hier verkaufte Wein vom Fass stammt ausschließlich aus eigener Produktion. Das Abfüllen in Plastik-Flaschen (ähnlich Wasserbehälter) und das Etikettieren erledigt man selbst. Ist jede Flasche (1 Liter, 2 Liter oder 5 Liter) mit dem entsprechenden Label versehen, muss man nur noch an der Kasse bezahlen.
Gegen 16 Uhr war alles erledigt, einschließlich umpacken im Auto und Brotzeit. Ich konnte gelassen meinen Weg fortsetzen, Frankreich würde ich heute auf jeden Fall noch erreichen. La Jonquera, der spanische Grenzort zu Frankreich, war wie immer voll von Autos und einkaufenden Touristen. Wer die Autobahn nutzt, hat die Stau-Probleme nicht. Wer aber keine Maut zahlen will, wie ich, muss sich geduldig durchkämpfen. In Frankreich wurde es dann nach der Durchfahrt von Le Boulou besser.
Der Ort Le Boulou auf der anderen Seite der Pyrenäen ist für den Durchgangsverkehr eine Katastrophe. Man hat den Eindruck, dass die verwinkelten Straßen und zahlreichen Fußgängerübergänge gepaart mit teilweise 20-km-Begrenzungen extra gebaut wurden, um den fließenden Verkehr zu behindern.
Zurück quer durch Spanien über Sant Pere Pescador nach Fitou in Frankreich 1592 km
Sant Pere Pescador, Spanien (2006, © nach CC BY-SA 4.0) 6
Weingut bei Sant Pere Pescador, Spanien (Foto 2009)
6 Bild: Sant Pere Pescador, Spanien (original: VISTA AEREA SANT PERE PESCADOR, Urheber Ajuntamentspp, 2006, © nach CC BY-SA 4.0),
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:VISTA_AEREA_SANT_PERE_PESCADOR.jpg, Lizenz:
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en, Zuschnitt/Farbanpassung: Peter E. Burkhardt, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Die weitere bestens ausgebaute Fernstraße N9 parallel zur Autobahn gewährleistete ein gutes Vorwärtskommen. Nur die Durchfahrt von Perpignan war aufgrund des Berufsverkehrs nervig und kostete Zeit. Immer am Mittelmeer entlang kam ich schließlich am Hostal Chez Nous in Fitou vorbei. Da es schon dunkelte, hielt ich an. Zwar liegt das Hotel direkt an der Durchgangsstraße D6009, aber besser jetzt ein Bett als gar keins.
Das Hotel hat einen großen Parkplatz, der mit Wasserversorgung und -entsorgung auch für Camper geeignet ist. Um das Auto musste ich mir also keine Sorgen machen. Ich machte mich am Empfangs-Tresen bemerkbar. Es dauerte eine Weile, bis der Chef (Besitzer) kam und mich nach meinen Wünschen fragte. Das dachte ich jedenfalls, ich kann ja fast kein Wort französisch. Englisch war nicht sein Ding und deutsch ebenfalls nicht. Plötzlich rief er nach seiner Frau. Sie kam um die Ecke und war wohl froh, einen Deutschen als Gast zu haben. Später erfuhr ich, dass sie als junges Mädchen mehrere Jahre in Deutschland serviert hatte und deshalb noch etwas deutsch konnte.
Neben der Zimmervermietung gibt es ein recht großes Restaurant, in dem ich aber keinen einzigen Gast sitzen sah. Entweder lag es an der Nachsaison-Zeit oder an etwas anderem. Ich war der einzige Übernachtungsgast. Am nächsten Tag, ein Mittwoch, sei Ruhetag, meinte die Frau. Dann wäre früh niemand auf den Beinen, wegen Frühstück und so. Ich beruhigte sie, kein Frühstück haben zu wollen. Dann ist ja alles OK, sie war sichtlich erleichtert. Sie zeigte mir noch, wo ich früh die Schlüssel für das Zimmer und den Hotel-Eingang lassen sollte. Der Briefkasten hing vor der Tür. Mir war es recht so. Allerdings war der Preis nicht ganz so günstig wie in Spanien. Ich musste 34 Euro zahlen, nur für die Nacht. Aber in Frankreich ist sowieso alles teurer als in Spanien, dass wusste ich.
Die Nacht sollte trotz des Fensters zur 30 Meter entfernten Durchgangsstraße ruhig werden. Die immer weniger werdenden Autos und LKWs hörte man im Zimmer wegen der 3-fach-Verglasung kaum. Wichtig waren wie immer die Dusche, die CNN-Nachrichten und das Bett. Morgen würde ich zeitig losfahren.
Fitou, Frankreich (2011, © nach CC BY-SA 3.0) 7
Zwischen Fitou und der Autobahn A9 liegt in der Nähe von Salses-le-Château die Festung "Forteresse de Salses". Sie ist vom Autobahnparkplatz Aire de Château aus nach wenigen hundert Metern zu Fuß erreichbar.
Die Festung von Salses aus dem 15. Jh. sollte man besuchen, es gibt auch Führungen. Früher zur Bauzeit gehörte die Region zum Fürstentum Katalonien. Heute ist das Gebiet französisch und nennt sich Okzitanien. Wir waren in 2002 auf der Rückreise vom Zeltplatz Colera aus dort.
7 Bild: Fitou, Frankreich (original: Fitou, gegenüberliegend im Hintergrund Leucate, Urheber BlueBreezeWiki, 2011, © nach CC BY-SA 3.0),
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:110524_Fitou-03.jpg, Lizenz:
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en, Zuschnitt/Farbanpassung: Peter E. Burkhardt, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Fitou > Narbonne > Béziers > Millau > Clermont-Ferrand > Digoin > Chalon-sur-São Sãone > Besançon > Belfort > Lachapelle-sous-Rougemont (D83) > Mulhouse > Offenburg > Pforzheim
Schon früh um 6 Uhr stand ich auf, noch vor 7 Uhr verließ ich meine Bleibe. Erst später bemerkte ich im weiteren Verlauf der N9, dass das Hotel in Fitou ganz nahe am Mittelmeer-Bodden "Etang do Leucate ou de Salses" liegt.
Heute führte mich mein Navi durch das Tal von Millau. Ich hatte diese Route bewusst so programmiert. Der französische Ort Millau ist eigentlich nichts Besonderes. Bemerkenswert und von Touristen oft besucht ist aber die riesige Brücke, die das Tal von Millau überspannt.
Seit 2004 ist das 2460 Meter lange Viaduc de Millau in Betrieb und wurde zum Wahrzeichen des südfranzösischen Zentralmassivs. Die Pfeilerhöhe der Schrägseilbrücke beträgt maximal 343 Meter. Die Brücke ist somit das höchste Bauwerk Frankreichs, höher als der Eiffelturm in Paris mit 324 Metern.
8 Bild: Viadukt von Millau (original: Viaduc de Millau, France, seen from the air, Urheber Mike Lehmann Switzerland, 2005, © nach CC-by-sa 2.5),
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:ViaducDeMillau.jpg, Lizenz:
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/legalcode, Zuschnitt und Farbanpassung: Peter E. Burkhardt, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Rückfahrt von Sagres bis Pforzheim 2679 km
Viadukt von Millau (2005, © nach CC-by-sa 2.5) 8
Parkplatz und Aussichtspunkt auf Millau (Südseite)
Linke Seite von Millau mit Brücke (vom Süden aus)
Das Tal von Millau, über dem die Brücke gespannt ist
Zentrum von Millau, durch das man mautfrei fährt
Die Fahrbahn der A25, die vom Süden Richtung Paris führt, liegt in bis zu 270 Meter Höhe über Grund. Natürlich ist die Brücke nicht mautfrei, obwohl auf der sonstigen Autobahn A25 keine Mautgebühren verlangt werden. Rund 10 Euro kostet die Überfahrt pro PKW. Für mich war das kein Thema. Mein Weg führte durch Millau, konnte ich doch so die Brücke vom Tal aus betrachten. Wenn man darauf fährt, sieht man zwar die schöne Landschaft, aber trotz der leichten Krümmung nicht das gesamte Bauwerk.
Kurz vor der Abfahrt ins Tal nach Millau (von Süden kommend) ist extra ein Parkplatz mit Aussicht auf die Brücke eingerichtet worden. Leider war das Wetter heute Morgen für Fotos nicht optimal, aber ich war zufrieden, das Bauwerk mit eigenen Augen gesehen zu haben. Die Millau-Durchfahrt verlief problemlos, auf der anderen Talseite kam ich dann wieder auf die im weiteren Verlauf mautfreie A25.
Über den Rest der Fahrt bis Pforzheim gibt es wenig zu berichten. Eigentlich wollte ich ja noch einmal in Frankreich übernachten. Der kleine Rastplatz am Ortseingang von Lachapelle wäre dazu geeignet gewesen. Es war später Nachmittag, als ich dort noch einmal Pause machte. Doch M. aus Pforzheim sagte, ich solle kommen. Zügig absolvierte ich meine Kilometer, um 21.30 Uhr stand ich vor dem Haus meiner Freunde. Es war super gelaufen. Immerhin bin ich an diesem Tag 1087 Kilometer gefahren.
Donnerstag war Ruhetag, d.h. mein Auto blieb stehen. Ich hatte in Pforzheim viel zu erzählen. Beim obligatorischen Gartenbesuch ernteten wir die letzten Äpfel. Auch der Wein aus Spanien musste probiert werden.
Ursprünglich wollte ich übers Wochenende in Pforzheim bleiben. Wir wären dann noch am Samstag einkaufen gegangen, wie immer. Ich gehe gerne in die Pforzheimer Geschäfte. Irgendwie ist das Flair dort anders verglichen mit Chemnitz. In Sachsen spüre ich oft zu viel Stress und Unzufriedenheit. Ob das immer noch mit dem Wechsel vom Sozialismus zur kapitalistischen Marktwirtschaft zu tun hat? Oder es ist die immer noch spürbare Benachteilung der Ostdeutschen gegenüber den alten Bundesländern. Ich weiß es nicht.
Ortseingang Lachapelle-sous-Rougemont kurz vor Mülhausen. Links an der D83 ist der Rastplatz
Rastplatz an der D83, Ortseingang Lachapelle Richtung Norden (47.707542, 7.005534)
Im Sommer steht ein Kioskwagen mit heißen Würstchen.
Der Rastplatz eignet sich zur Not auch für eine Übernachtung im Auto. Die vorbeiführende Straße stört dabei nicht. Nachts dürften hier sehr wenig Autos unterwegs sein. Wald ist vorhanden. Nur etwa 200 Meter weiter Richtung Süden (Belfort) ist links von der Straße ein kleiner Weiher. Leider ist dieser kleine Rastplatz weit und breit die einzige Möglichkeit, an der Landstraße einigermaßen vernünftig Rast zu machen oder gar zu übernachten.
Pforzheim > Leonberg > Heilbronn > Nürnberg > Bayreuth > Chemnitz
Am 22.9. bin ich losgefahren, heute nach über 4 Wochen wird mich Chemnitz wiederhaben.
Das Wetter spielte mit, kein Regen, allerdings auch keine Sonne. So kam ich trocken zu Hause an. Das Erste, was mich begrüßt, wenn ich in die Heimat komme, ist nicht mein Hund. Ich habe ja keinen. Nein, mich begrüßt der um die 300 Meter hohe Schornstein des Chemnitzer Heizkraftwerks.
Schon von weitem ist seine Rauchfahne über den Hügeln zu sehen, egal aus welcher Richtung man kommt. Bei wenig Dunst kann man die markanten Ringe schon aus 40 Kilometer Entfernung erkennen. Vor einigen Jahren ist das Bauwerk bunt bemalt worden. Sinn und Zweck dieser Maßnahme ist mir unbekannt. Es muss wohl einen triftigen Grund geben, dass man tonnenweise Farbe auf das Zementrohr schmiert. Manche sagen, jetzt sieht die Esse schöner aus. Nun ja, sie raucht trotzdem. Am schönsten sähe sie aus, wenn sie garnicht da wäre.
Einen Vorteil hat aber diese Bausünde aus DDR-Zeiten: Beim Wandern rund um Chemnitz findet man immer nach Hause, sogar abends oder nachts. Die Blinklichter auf halber und ganzer Höhe sind bei Dunkelheit nicht zu übersehen.
Aber nicht nur die Blinklichter zeugen nachts von der Präsenz der Esse, sondern auch allzuoft der penetrante Gestank. Wahrscheinlich werden nachts irgendwelche übel riechende Gase ungefiltert ins Freie gelassen. Ich möchte nicht wissen, wie der Qualm dann aussieht, wahrscheinlich genauso schwarz wie die Nacht selbst. Es kratzt im Hals und die Fensterbretter sind täglich neu verschmutzt. Auch beim Auto lohnt sich die Wäsche nicht wirklich. Überall auf der Welt gibt es Umwelt-Aktivisten, warum nicht in Chemnitz?
Was hat das nun mit meiner Portugalreise zu tun? Nichts. Ich merkte nur, ich bin wieder zu Hause. Kühler als im Süden war es auch. So gern ich vor der Abreise das Auto gepackt habe, so ungern machte ich mich daran, alles wieder in Kammer, Keller und Wohnung zu verstauen. Die erhoffte Sonnenbräune hatte ich bekommen, ob die vergangenen Wochen mir gesundheitlich etwas gebracht haben, weiß ich nicht. Ich gehe davon aus, ja. Jedenfalls ist in Erfüllung gegangen, was ich erhofft hatte.
Von Sagres bis Chemnitz bin ich 3144 km gefahren.
Im Moment kein Rauch. Die Filter sind aktiviert, aber erfahrungsgemäß nicht immer. Oft stinkt's zum Himmel.
Das soll angeblich nicht schädlich sein.
Was bleibt, ist die Erinnerung – und jede Menge Arbeit, die Filme, Fotos und das Geschriebene auszuwerten und in die richtige Form zu bringen. Meine Erfahrung ist, das kann dauern.