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Pilgerdenkmal auf dem Alto de San Roque (1270 m)
Santiago de Compostela mit der Kathedrale
© 2020 Peter E. Burkhardt. Alle Rechte vorbehalten, außer gekennzeichnete Werke. Ausgabe Web. Hinweise bitte an www.pegons-web.de/Aktuelles
Ich weiß nicht so richtig, woher das Sprichwort kommt und was es eigentlich im Einzelnen bedeutet. Ich weiß nur, meine Mutter hat es oft gebraucht in Situationen, in denen nichts hinausgeschoben werden durfte. Es musste geschehen, eilig und ohne Verzug, sonst würde die Not vor der Tür stehen. So ähnlich begreife ich den Ausspruch auch heute noch.
Im Web steht, es sei eine Redensart, die gebraucht wird, wenn etwas dringend nötig ist, wenn etwas getan werden muss, um nicht in Not zu geraten. Nun, unsere Reise zum Jakobsweg und nach Santiago de Compostela tat Not. Nur noch wenige Wochen und unsere Tochter würde Leben schenken. Damit alles glatt läuft, damit niemand hindert, was sein soll, damit in Erfüllung geht, was wir wünschten – deshalb traten wir die Reise an, im April, in dem die Kälte weicht und neues Leben hervorbricht – nicht nur in der Natur.
Es galt, Apostel Jacob um Hilfe zu bitten, um Hilfe für unsere Gedankenflut in Sorge um die Geburt. Wir wussten, man kann den Heiligen Jacob in der Kathedrale in Santiago de Compostela anfassen, zumindest die Statue sinnlich stellvertretend für seinen Geist. Diese Berührung schafft Zugang und lässt Sorgen fließen wie Wasser im Bach hinab zum Meer, und nichts deutet mehr darauf hin, wo es jetzt ist. Im Gemisch der unendlichen Fluten wird rein und klar, was vorher dunkel und schmutzig auf der Seele lastete.
Wir wussten auch, es gibt ein Eisenkreuz am Weg nach Santiago, an dem man seine Sorgen ablegen kann. Man muss nur einen kleinen Stein aus der Heimat mit sich tragen, um mit ihm symbolisch die Last auf dem großen Steinberg des Eisenkreuzes loszuwerden. Oder man schreibt auf, was bedrückt, legt das Büchlein ab und überlässt dem Kreuz, was es damit tut. Wichtig ist, die Last abzuwerfen, wie ein Esel, der nach acht Stunden endlich unbeladen an der Raufe steht. Die Befreiung ist riesengroß und hilft, den weiteren Weg nach Santiago zu meistern.
Und außerdem wussten wir, noch viel weiter hinter der Stadt Santiago, dort am Meer, wo der Jakobsweg die Kilometermarke 0,00 trägt, dort am ENDE DER WELT, dort kann man die restliche Last abwerfen und sich frei machen in der Gewissheit, Sorgen unbedeutend zu machen, sie hintenan zu stellen, um so mit Zuversicht einen neuen Lebensabschnitt beginnen zu können. Damit das gelingt, sind die verschwitzten und von Alltagssorgen getränkten Sachen zu verbrennen, und zwar tatsächlich. Eine kleine Grube im Fels neben dem Kupferschuh als Symbol des Pilgers lässt dies gefahrlos zu. Wer es ganz genau nimmt und sicher gehen will, kann eine Flasche Wasser opfern, um auch den letzten Hauch des Alten vom Körper zu waschen. Keine Last soll jemals wieder niederdrücken auf das kleine manchmal klagende ICH, das jeder von uns mitschleppt und mit dem jeder von uns zurecht kommen muss, ob er will oder nicht. Also, ein frisches T-Shirt gehört in jeden Rucksack.
An diesem Kreuz legt man seine Sorgen ab.
KM Null. Hier enden alle Wege und Neues kann beginnen.
Anmerkung:
Die Fotos in dieser Vorgeschichte habe ich natürlich erst gemacht, als wir unsere Ziele erreichten. Wie alles aussehen würde, wusste ich im Vorfeld nicht. Mit dem "Start in Chemnitz" beginnt die eigentliche Reise.
Wir wussten außerdem noch, stellvertretendes Ablegen der Sorgen ist auch erlaubt und hilft. Nicht jeder kann den weiten Weg gehen. Wir hatten einige Steine zu schleppen, teils beschriftet mit Wunsch und Namen, damit zumindest bis zum Kreuz nichts durcheinander kommen konnte. Unser eiliger Entschluss zu dieser Reise machte es nicht leicht, noch jeden Wunschgeber persönlich zu kontaktieren.
So ausgestattet mit zahlreichen Aufträgen zum Wohle der Seelen fühlten wir uns wie Botschafter, die in der Fremde Gutes tun fürs eigene Land, in diesem Falle für die eigene Familie und Freunde. Dabei waren vor dem Weg in Spanien noch drei weitere Besuche geplant, die unbedingt auch noch erledigt werden mussten. In Leinach bei Würzburg, in Gundelfingen und auch in Pforzheim wartete man schon auf uns. Außerdem war da noch ein Geburtstagstermin am 3. Mai, den wir in Deutschland nicht verpassen wollten. Gemessen an der vor uns liegenden Strecke von über 3000 Kilometer und nochmals so viel wieder zurück war die Zeit recht knapp. Auf dem Kalender stand Donnerstag 09.04.2009.
Und die Kartoffeln hatte ich auch noch nicht gelegt, wie auch? Anfang April ist es noch zu früh. Eine alte Regel sagt: "Legste mich im April, komm ich wann ich will. Legste mich im Mai, komm ich glei." Das ist zwar schon ein bissl sächsisch, aber trotzdem für die "Hochdeutschen" verständlich. Naja, ich dachte mir, der Garten muss warten. Ein wenig Sorgen machten mir allerdings die schon recht langen Keime am Saatgut. Sie nehmen die Kraft des Stecklings. In unserem Keller ist es zu warm im Winter. Früher, als es noch ein Kohlenkeller war, hielten die ausgelesenen Saatkartoffeln bis zur Legezeit durch, ohne zu keimen. Voraussetzung war natürlich, man hatte sie in völliger Dunkelheit gelagert. Jetzt müssen wir zwar nicht mehr mit Kohle oder Briketts feuern (Wer kennt das eigentlich noch?), aber dafür spendet die Heizungsanlage im Keller Wärme, die dort keiner braucht.
Unser Ziel: Apostel und Pilgervater Jakobus der Ältere
Symbole der Last, die dem Kreuz anvertraut werden.
Unsere Kartoffeln sind dann doch noch prächtig gediehen.
Das ist ein absoluter Widerspruch. Seit wann kann ein Auto laufen? Es gibt zwar Leute, die den Weg mit einem Esel oder Pferd machen und sich großteils das Gepäck tragen lassen. Und dann gibt es Leute, die mit dem Fahrrad fahren. Kann man genügend Kilometer nachweisen, wird auch das in den Pilgerbüros per Stempel betätigt und so dokumentiert, dass man würdiger Pilger ist und in Santiago die Urkunde erhält. Aber mit dem Auto?
Natürlich hatten wir vor, auch ein Stück des Weges zu gehen, um wenigstens ansatzweise ein Gefühl zu bekommen, wie es sich auf diesem Pilgerweg läuft. Eine längere Strecke war nicht möglich, aus gesundheitlichen Gründen. Wir wollten aber wenigstens ein ganz klein wenig erfahren, wie es so ist als Pilger. Hauptziel war, am Eisernen Kreuz unsere Pflicht zu tun, in Santiago den Heiligen Jacob zu besuchen und schließlich am Kilometer-Null-Kap Finisterre zu beginnen, unser Leben neu in die Hand zu nehmen. Wie weit uns das ALLES gelingen würde, stand zu diesem Zeitpunkt noch in den Sternen.
Wir hatten eigentlich schon vor Jahren vor, den Weg zu gehen. Nie ist was draus geworden. Mit Begeisterung haben wir Kerkelings Buch "Ich bin dann mal weg" gelesen. Sogar die Audio-CDs liegen oft gespielt auf dem Nachttisch. Doch wie gesagt, immer war irgendwas wichtiger, immer fand sich nicht die Zeit.
Was heißt eigentlich, man "findet keine Zeit"? Zeit ist im Fluss, im wahrsten Sinne des Wortes, sie fließt wie das Wasser, sie vergeht, sekündlich, ohne Wiederkehr. Sie findet man nicht. Sie liegt nicht irgendwo rum. Sie nimmt man sich, indem man andere Dinge lässt und genau das tut, was wichtig ist. Dabei ist nur das wichtig, was man als wichtig erachtet. Von sich aus ist nichts wichtig (oder alles). Der Mensch entscheidet, wann dies oder das zu tun ist.
Für uns war jetzt die Zeit gekommen, die Spuren des Hape Kerkeling zu verfolgen. Natürlich taten wir das nicht aus reiner Neugier. Wir empfanden es als Pflicht, für unsere Tochter, für die Familie, für unsere Freunde und für uns selbst diesen Weg zu gehen, Verzeihung – zu fahren, zwangsweise.
Mit Auto am Cruz de Ferro, ohne schlechtem Gewissen.
Hoffnungsvolle Strahlen am Vorabend unserer Abreise
Wie auch schon bei anderen Reiseberichten schreibe ich diese Zeilen in so großem Abstand zum Geschehen, dass es eigentlich schon zu spät ist. Aber auch hier gilt: Es ist nie zu spät! Ich hatte bisher nur ein Video produziert, mehrteilig und fast 90 Minuten lang. Das hilft mir jetzt, den Faden zu verfolgen, die Ereignisse chronologisch nachzuerzählen. Wie so oft halte ich mich also vorrangig an die Fotos und Videosequenzen, um sie mit Text zu umrahmen, der den Sinn der Bilder verdeutlichen soll. Keiner weiß, was im Bild steckt, wie es entstanden ist, was die Hintergründe des Dargestellten sind. Bilder sollen ja eigentlich für sich selbst sprechen, eigentlich! Doch Gedachtes kann man nur mit Text vermitteln, vorzugsweise jedenfalls. Deshalb schreibe ich jetzt noch auf, was damals geschah. Es ist nicht spektakulär, hilft aber wie so oft, dass das Vergessen nicht die Oberhand gewinnt.
Aus Datenschutzgründen sind in dieser Web-Ausgabe bestimmte private Informationen und Fotos nicht enthalten.
Chemnitz > A4 Ri Gera > Jena > Bucha > Magdala > Mellingen > B87 > A4 > A71 Arnstadt > A71 Ilmenau > A71 Schweinfurt > A70 > B26a Arnstein > B26 Zellingen > St2310 Leinach, Himmelreich
Erstes Ziel war der Schlachtladen in Bucha, wenige Kilometer hinter Jena. Die dort verkauften Bratwürste, aber auch andere Wurstarten und das Fleisch, sind absolute Spitze.
Kurz vor Bucha, etwa 2 km neben der Autobahn
Anzumerken ist, dass die Wurst in der DDR schon immer besser gewürzt war, im Vergleich zum Einerlei-Geschmack im Westen. Deshalb ging der Warenverkehr in diesem Punkt immer von Ost nach West und nicht umgekehrt. Die Grenze ist weg, der gute Geschmack im Osten ist geblieben.
Bis vor wenigen Jahren gab es einen Imbiss-Stand direkt an der Autobahn. Leider wurde die Streckenführung der A4 geändert und der Bratwurstverkauf "eingespart". Doch wer den Laden im Dorf von früher kennt, fährt immer noch hin.
Die Metzgerei verkauft nur hauseigene Produkte in Bio-Qualität. Uns ist Bio relativ egal, aber wie gesagt, der Geschmack ist einmalig.
Erste Etappe: Chemnitz > Leinach, nur 338 Kilometer. Das schöne Leinach liegt in der Nähe von Würzburg.
Metzgerei der Agrargenossenschaft (Tel. 03541-284221)
Bucha ist ein kleines Dorf in der Nähe von Jena.
Leinach liegt in einem Seitental des Mains bei Würzburg. Deshalb ist hier das Klima immer etwas günstiger. In Chemnitz blühten die Kirchen noch nicht.
Eine weitere Besonderheit dieses Dorfes ist ein Siedlungsgebiet mit Gärten und Wochenendhäusern, die aber dauerhaft bewohnt werden. Die Gemeinde hat es hingenommen. Elektrik und Wasseranschluss sind selbstverständlich. Viele Häuschen haben zusätzlich einen Brunnen.
Die Brockenhexe fühlt sich auch in Leinach wohl. Es ist ein Mitbringsel aus dem Harz.
Vor allem gibt es jede Menge Kirchbäume. Die Region lebt vom Obstanbau. Auch Johannisbeeren werden in großen Anlagen gezüchtet.
Wir durften im "Himmelreich" die Natur genießen. Die schmale Straße zum Kahlberg hinauf nennt sich so. Wahrlich, wir kamen uns vor wie im Himmel: Ruhe, Sonne, Frühlingsluft, kleine Wanderungen in der Umgebung und jeden Tag ein reich gedeckter Tisch. So lässt es sich leben.
Am Sonntag (12.4.) ist Ostern. Geplant ist, daß wir dann schon in Pforzheim sind.
Würzburger Festung Marienberg (ehemals fürstbischöfliches Schloss), im Vordergrund die Alte Mainbrücke (Baugründung im 12. Jh.) (Bild: Urheber Christian Horvat 2005, © nach Gemeinfrei, Public domain) 1
Haus der Schiffbäuerin, wahrscheinlich früher Gasthaus
Unser Parkplatz, allerdings mit Standgebühr
Wir hatten das Auto ein ganzes Stück außerhalb vom Stadtkern links des Mains (Festungsseite) abgestellt. Dort ist ein altes Viertel mit schönen Fachwerkhäusern, vor denen man noch einen Parkplatz auf der Straße findet. Der Weg führt dann über die Alte Mainbrücke, eine Steinbogenbrücke romanischer Art. Baubeginn dieser ältesten Brücke Würzburgs war im 12. Jh. (um 1120) unter dem Dom- und Stadtbaumeister Enzelin. Vorher konnte man nur per Fähre den Fluss queren. Die Alte Mainbrücke war lange Zeit die einzige Brückenverbindung der Stadt Würzburg zur Südseite des Mains.
1 Würzburger Festung Marienberg. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Marienberg_wuerzburg.jpg,
Foto: Urheber Christian Horvat 2005, © nach Gemeinfrei, Public domain. Zuschnitt/Farbanpassung: Peter Egon Burkhardt 2020, Weitergabe des Fotos: Frei von bekannten Beschränkungen durch das Urheberrecht (© nach Gemeinfrei, Public domain)
Blick flussabwärts
Die Uhr zeigt den Beginn unseres Stadtbummels.
An der heutigen Brückenstruktur wurde ab dem Jahre 1476 gebaut. Die Steinpfeiler bestehen aus Kalkstein des Muschelkalks. Sie wurden in 1488 fertiggestellt. Die Verbindungen zwischen den Pfeilern bestanden anfangs aus Holz. Diese Holzkonstruktionen konnte man im Verteidigungsfalle schnell beseitigen. Natürlich war Holz nicht der ideale langlebige Baustoff.
Links Stadtbebauung (früher Feld), rechts Industrie
Oben das ehemalige Fürstenschloss, 100 m über dem Main
Deshalb begann man ab dem Jahre 1512 die bogenförmigen Brückenüberbauten aus Stein zu errichten. Das zog sich allerdings wegen immer wieder auftretendem Geldmangel bis 1703 hin. Wie alt die einzelnen Gemäuer wirklich sind, ist nicht bekannt. Die heute sichtbaren Statuen großer Persönlichkeiten auf der Südseite der Brücke wurden erst um 1720 aufgestellt.
St. Carolus Borromäus
St. Johannes von Nepomuk, Brückenheiliger
St. Fridericus
Schon im Jahre 1725 erhielt Clemens Anton Lünenschloß den Auftrag zum Entwurf der 12 Brückenfiguren. Auftraggeber war Fürstbischof Christoph Franz von Hutten. Allerdings wurden anfangs nicht alle Statuen realisiert. Fürstbischof Christoph Franz von Hutten verstarb 1729. Den Fortgang der Planungen übernahm Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn.
Namenspatron des Fürstbischofs F. Karl von Schönborn
Heiligsprechung 1729, gestützt von F. Karl von Schönborn
Namenspatron des Fürstbischofs F. Karl von Schönborn
Zuerst wurden, noch zu Lebzeiten des Bischofs Franz von Hutten, die sechs Statuen der Südseite geschaffen. Später folgten weitere Statuen. Die Figuren aus Sandstein sind über 4 Meter hoch. Sie mussten wegen starker Verwitterung in den Jahren 1852 bis 1926 erneuert werden. Wegen Vandalismus und Diebstahl entstehen aber auch heute Kosten, die eigentlich vermeidbar wären.
Pippin der Jüngere, Finanzier des Bistums Würzburg
Domstraße (Altstadt und Kiliansdom)
Domstraße, die Verlängerung der Mainbrücke
Die Domstraße ist gewissermaßen die Verlängerung der Alten Mainbrücke und führt direkt zum Würzburger Dom. Richtung Dom steht links das alte Rathaus mit den Ratsstuben. Das romanische Gebäude stammt aus dem 12. Jh. Interessant ist der Turm, in dem der Vize-Burggraf Eckhart de Foro wohnte (Ermordung 1201). Jetzt heißt der Gebäudekomplex "Grafeneckart".
Gasthaus Alte Mainmühle rechts des Mains (Altstadt)
Vierröhrenbrunnen, gebaut im 18. Jh. und Wöhrl
Graf Eckart (Vize-Burggraf Eckhart de Foro) am Rathaus
Wenigstens vier große Kirchenbauten konzentrieren sich im Stadtgebiet Altstadt. Das sind die Marienkapelle, das Augustinerkloster, das Neumünster und der alles überragende Würzburger Dom St. Kilian. Es gibt aber auch die evangelischen Kirchen St. Stephan, die Johanniskirche und die Deutschhauskirche, um nur die wichtigsten zu nennen.
Grafeneckart mit dem Ratskeller und Vierröhrenbrunnen
Über dem Eingangsportal
Ratskeller, Eingangsportal von 1695
Es stellt sich die Frage, warum das Eingangsportal vom Ratskeller tiefer als die vorbeiführende Straße liegt. Man könnte denken, ein Keller muss ja tiefer liegen. Der tiefer liegende Eingang hat aber nichts mit dem Wort Keller zu tun. Zur Gründerzeit war das Erdgeschoss auf gleicher Höhe wie die Straße.
Turmuhr vom Grafeneckart
Ratsstube, Jägerstube und Schiestl-Stube
Links Eingang zu den Ratsstuben
Aufgrund verschiedenster Straßenbausanierung erhöhte sich aber die Straßenoberfläche, so dass der Ratskeller scheinbar in die Tiefe sank. Die Straßenhöhe hat übrigens auch etwas mit der ständigen Hochwassergefahr durch den Main zu tun. Jedenfalls führen jetzt ein paar Stufen hinab zum Tor des Ratskellers.
Jesus Christus als Schlusspunkt der Ostapsis
Der am Ende der Zeiten wiederkehrende Christus
Auch die Fenster sind aus neuerer Zeit.
Der Würzburger Dom St. Kilian ist eine römisch-katholische Kirche, die dem Heiligen Kilian geweiht ist. St. Kilian lebte um 689 in Würzburg und war iroschottischer Missionsbischof. Er wurde im Würzburger Raum ermordet. Seine Leiche soll im Pferdestall der damaligen Herzogsburg vergraben worden sein. An Stelle der Herzogsburg steht heute die Neumünsterkirche.
Stuck-Decke der Apsis
Baubeginn des Doms um 1040 (Krypta), Bauende 1255
Dom St. Kilian, römisch-katholische Kirche
Einen Dom mit Domkloster gab es in Würzburg schon im 8. Jh. Die heutige romanische Kirche wurde unter Leitung von Bischof Bruno ab dem Jahre 1040 gebaut. Es war schon der dritte Dombau, nachdem die vorigen Kirchen durch Feuer zerstört wurden. Viele Feuer und Einstürze begleiteten die leidvolle Dom-Geschichte, zuletzt durch den Bombenangriff am 16.03.1945.
Turmhelm der Marienkapelle
Marienkapelle, katholische Pfarrkirche
Figur an der Marienkapelle
Die Marienkapelle ist eine katholische Pfarrkirche. Sie wurde auf dem Platz der im 14. Jh. zerstörten Synagoge errichtet. Die gotische dreischiffige Pfeilerhalle mit langgestrecktem Chor hat reich ornamentierte Sandsteinportale. Die Kirche ist besonders durch ihre Nachbarschaft zum barocken Falkenhaus seit der Renovierung in den 60-iger Jahren ein absoluter Hingucker.
Vergoldetes barockes Marienbild 1713
Katholische Neumünsterkirche, Pfarrkirche seit 1808
Neumünsterkirche, barocke Verzierung
Die Neumünsterkirche ist ebenfalls eine katholische Pfarrkirche in der Altstadt Würzburgs. Sie soll die erste Bischofkirche über den Gräbern der Frankenheiligen im 8. Jh. sein, wurde aber im Jahre 855 zerstört. Die Neugründung erfolgte in 1060 als Stift St. Johannes. Die Kirche wurde immer wieder verändert und erweitert. Die barocke Fassade ist reichlich mit Figuren verziert.
Marienkapelle, Spitzturm (rechts) und Dach der Apsis
Fränkischer Weinbauer auf dem Häckerbrunnen
Adelpalais, Spätrenaissance, jetzt Castell-Bank
Marienkapelle, durchbrochener Spitzturm aus Stein
Häckerbrunnen, auch Weinbrunnen genannt
Teilweise ist die Altstadt dicht bebaut und eng.
Der Häckerbrunnen am oberen Markt war 1973 vom Kaufhaus Seisser gespendet worden. Der fränkische Weinbauer mit Krug und Mostbartel wurde 1977 von Richard Rother gestaltet. Der Brunnen hat vier Ausläufe, aus denen aber nicht nur Wasser fließt. Ein spezieller Zulauf ermöglicht es, dass aus einem der Ausläufe Wein fließen kann. Leider floss der Wein nur ein einziges Mal, nämlich zur Einweihung des Brunnens.
Das Haus zum Falken war schon immer ein Gasthof.
Stuck-Kunst oberbayerischer Stuckateure (1751)
Marienkapelle, rechts das "Haus zum Falken"
Rokoko-Fassade, ein Schmuckstück der Stadt Würzburg
Am Platz des heutigen Falkenhauses befand sich im Mittelalter der Wohnsitz des Dom-Pfarrers, die sogenannte Burgpfarre. Im Jahre 1406 vermietete der Pfarrer "Valentin von der Kere" das Anwesen mit der Auflage, das sich im schlechten Zustand befindliche Gebäude zu renovieren.
Im Jahre 1612 wurde der Hof an den Gastwirt Kaspar Hort verkauft, der allerdings wenige Jahre später verstarb. Ab dem Jahre 1629 wurde das Gebäude als Gasthaus genutzt. Es trug den Namen "Hof zur Burgpfarre". Die Witwe von Kaspar Hort musste die Schankstatt aber schon im Jahre 1630 verpfänden. Der neue Wirt Georg Keller nannte das Gasthaus "Haus zum Falken".
Die Familie Georg Keller führte das Anwesen über 100 Jahre lang. Schon in 1634 war das Gasthaus ein beliebtes und angesehenes Unternehmen und hatte hochangesehene Gäste, wie z.B. den kaiserlichen General Götz nach der Rückeroberung Würzburgs durch die Schweden.
Im Jahre 1735 kaufte der wohlhabende Handelsmann Franz Thomas Meißner das Anwesen. Das Gebäude sollte nach und nach restauriert werden. Nach dem Tode des Franz Thomas Meißner führte Meißners Witwe die Erneuerungen fort. Sie ließ in 1751 die Fassade mit einer prächtigen Rokoko-Stuckdekoration versehen.
Nunmehr war das Haus "eußerlich zur Zierde der Stadt gebauet, innerlich aber zu Bewirtung hoher und vornehmer Herrschaften eingerichtet", wie es in historischen Unterlagen zu lesen ist. Barbara Meißner beantragte bei der fürstbischöflichen Kommission für das Stadtbauwesen eine Steuerbefreiung, die ihr auch für acht Jahre gewährt wurde.
Die Rokoko-Fassade des Falkenhauses, wie das Gebäude im Volksmund genannt wurde, ist eine der schönsten Arbeiten in Süddeutschland. Es war das Werk wandernder oberbayerischer Stuckateure. In Würzburg gab es viele Häuser, die mit Madonnen-Figuren geschmückt wurden.
Die Marien-Statue am Falkenhaus entstand um 1740 und stammt vermutlich von Jacob van der Auwera.
Nachdem die Stadt Würzburg das Falkenhaus 1939 für 145.000 Reichsmark gekauft hatte, wurde das Gebäude infolge des Luftangriffs am 16. Mai 1945 schwer beschädigt. Es brannte völlig aus, die schöne Rokoko-Fassade stürzte teilweise ein. Der Wiederaufbau wurde 1947 vom Denkmalspfleger Rudolf Schlick angeregt, in 1950 begonnen und dauerte mehrere Jahre. Bauunterlagen waren nicht vorhanden. Die Gestaltung erfolgte wie bei ähnlichen Bauprojekten nach dem Krieg auf der Basis alter Fotos und Unterlagen aus privater Hand.
Das Falkenhaus beherbergte schon ab dem Jahre 1872 eine Bücherei, die später nach dem jüdischen Kommerzienrat Max Heim benannt wurde. Er hatte der Stadt Würzburg im Jahre 1905 einen Betrag von 157.000 Goldmark zur Gründung und für die Erhaltung einer Volkslesehalle gestiftet. Heute beherbergt das Gebäude die Stadtbücherei Würzburg und die Tourist-Information. Die Sanierung des Falkenhauses wurde 1993 begonnen und endete im Jahre 2000 mit der Fertigstellung des Westflügels, der auf dem ehemaligen Boden des Falkenhofs errichtet wurde.
Marien-Statue (1740)
Der frühere Falkenhof, der seitlich am heutigen Falkenhaus angebaut war und früher das Konzert-Café Falkenhof beherbergte und später ein Jugendzentrum, wurde schon im Jahre 1993 abgerissen. Damit wurde Platz für die Erweiterung der Stadtbücherei Würzburg, die nun auch im neuen Westflügel des Falkenhauses untergebracht ist.
Die barocke Wallfahrtskirche oben am Nikolausberg wird Käppele genannt, heißt aber eigentlich "Maria Heimsuchung". Es begann während des 30-jährigen Krieges um das Jahr 1640, in dem ein fränkischer Fischerssohn ein geschnitztes Vesperbild in den Weinbergen aufstellte. Es diente als Pilgerziel für die Winzer und Bauern.
Später im Jahre 1650 wurde an gleicher Stelle eine Kapelle gebaut. 1748 erfolgte unter Leitung des Baumeisters Balthasar Neumann der Bau einer größeren Kirche. Aufgrund der abseitigen Lage erfolgte durch den Bombenangriff am 16. März 1945 außer einem Brand keine größere Zerstörung.
Blick von der Brücke mainabwärts
Brückenfiguren mainabwärts
Karl der Große, Begründer des Frankenreiches
Wir hatten Würzburg noch nie von innen gesehen. Trotz des nur 2-stündigen Rundgangs bin ich von den Gebäuden, Kirchen und auch von den vielen Skulpturen beeindruckt. Es wäre sehr viel mehr Zeit erforderlich, um in das Alltags- und Kunstgeschehen einzusteigen.
Alte Mainmühle mit herrlicher Sicht auf den Fluss
Beliebt auch wegen dem "Brückenschoppen" (Wein)
Kaiser Karl der Große
Das "Himmelreich" (Straße, an der das Wochenendhaus steht) wäre noch gut genug für uns gewesen, im Überfluss an Natur und Ruhe die Tage bis Ostern zu verbringen. Das Dorf Leinach ist und bleibt ein Ort mit langsam tickender Uhr. Doch in Pforzheim wurden wir schon erwartet.
Leinach > St2310 Greußenheim > B8 > A3 > A81 Heilbronn > A81 Ri Stuttgart > A8 Pforzheim
Wo bleiben sie denn. Man wartet auf uns.
Nur 180 Kilometer waren heute am Oster-Samstag zu fahren. Gut so, denn es war fast Mittagszeit, als wir von Leinach wegkamen. Bei schönstem Sonnenschein spulten wir die paar Kilometer ab. Unsere Freunde in Pforzheim hatten schon per Handy nachgefragt. Auf der A8 Richtung Pforzheim gab es den fast unvermeidlichen Stau. Zu Ostern sind eben doch noch mehr Leute unterwegs als sonst. Dieses Mal war aber ein überlanger LKW-Lastzug schuld. Er stand direkt in der Ost-Ausfahrt von Pforzheim und hatte wohl die enge Kurve nicht richtig eingeschätzt. Ein paar Verkehrsschilder mussten dran glauben. Unfallbeteiligte waren nicht zu sehen. Wir wurden bis zur Ausfahrt Pforzheim Mitte weitergeleitet. Viel Zeit hat es uns zwar nicht gekostet, aber wir wollten einfach endlich ankommen.
Es war noch ein weiter Weg bis Spanien, der nach Ostern vor uns lag. Wir waren voller Spannung, was und wie es sein würde, auf den Pilgerpfaden zu wandeln (zu fahren).
In Sant Pere Pescador würden wir uns auf dem Zeltplatz erst einmal etwas ausruhen, um dann an den Südpyrenäen entlang Richtung Westen zu fahren.
Hier oberhalb der City lässt es sich gut wohnen, trotz (oder gerade wegen) der Hochhäuser. Die Aussicht ist herrlich.
Ganz so ältlich sind unsere Freunde zwar noch nicht, aber mindestens genauso glücklich.
Heute hätten wir das gleiche schöne Wetter vom gestrigen Samstag gebraucht. Nicht so sehr wegen uns selbst, sondern wegen der nicht so schönen Fotos. Der Wallberg ist ein Denkmal mit schöner Aussicht, gemacht aus einem Schutthaufen der Pforzheimer Nachkriegszeit.
Nur 300 Meter bis zur Bergspitze
Auf den Stahl-Stehlen gibt es Info-Schilder zur Geschichte.
Fußballplatz im Südosten
Man hatte den 1945-iger Kriegsschutt so ziemlich mitten in der Stadt auf einen Haufen geschüttet. Irgendwohin mussten die Trümmer entsorgt werden. Es gab zwar früher an gleicher Stelle auch schon einen Berg mit Weinanbau, der war aber nicht so hoch.
Sieht immer noch aus wie ein bewachsener Schutthaufen
Blick auf das Einkaufs- und Gewerbegebiet im Nordwesten
Wirklich schöne Siedlungen im Süden von Pforzheim
Viel Zeit verbrachten wir im Ostergarten.
Ich glaube, der Kater hat es auf die Ostereier abgesehen.
Abendgruß vor der großen Fahrt in den Süden
Was wir Oster-Montag bis Mittwoch früh in Pforzheim gemacht haben, bleibt unser Geheimnis. Es war eine schöne Zeit, die wir mit ehemaligen Nachbarn aus DDR-Zeiten verbringen durften. Nicht nur Freundschaft verbindet, sondern darüber hinaus auch das nicht definierbar schöne Gefühl, mit Landsleuten auch in der Fremde zusammen sein zu dürfen.
Noch ein Blick vom Wallberg auf Pforzheim
Forsythie und Ostereier gehören zusammen.
Unterhalb der Sonne ist der Wallberg noch erkennbar.
Am Vorabend unseres endgültigen Aufbruchs Richtung Spanien verabschiedete sich die Sonne mit einem leuchtend rotem Floor. Man sagt, dann gibt es gutes Wetter. Beim gesprächigen Träumen von den kommenden Tagen mussten wir aufpassen, uns den nächsten Morgen nicht mit Kopfweh wegen des Weins zu versauen. Doch der Chinese sagt: "Jetzt ist Jetzt!"
Pforzheim B10 > A8 > A5 Ettlingen > B500 Baden-Baden > B500 Geroldsau (Bütthof, Wasserfall) > B500 Zwieselberg > B28 Freudenstadt B294 > B294 Alpirsbach > B462 Schenkenzell > B294 Wolfach > B33 Hornberg > B500 Triberg > B500 Hölltal-Blick in Schönwald > B500 Furtwangen > B500 Neukirch, Gaststätte "Zur Tanne"
A5 Richtung Baden-Baden
Wir hatten von der schönen Ferienstraße B500 im Schwarzwald gehört. Dieses Mal ging es also nicht über die Autobahn in Richtung Süden, sondern über den Höhenzug des Schwarzwaldes. Erste Station war der Urlaubsort Baden-Baden, allerdings ohne die Ambition einer Stadtbesichtigung.
Vorläufiges Etappenziel war ein hinter Geroldsau liegender Wasserfall. Wir hatten den Tipp in Pforzheim bekommen. Vielleicht würden wir in der Waldgaststätte etwas essen können. Nach Geroldsau führte unser Weg zunächst an einem Badener Info-Pavillon vorbei.
Von Pforzheim nach Neukirch im Schwarzwald
Unsere Hoffung, in der "Information" einen Prospekt oder so etwas ähnliches über den Schwarzwald zu bekommen, wurde enttäuscht. Trotz normaler Öffnungszeit war der Info-Stand geschlossen.
So blieb uns nur, den herrlichen Ostergruß zu bestaunen. Ich weiß nicht, wie die Blütenpracht heißt, jedenfalls ist es ein Hingucker. Im Baum tummelten sich massenhaft die Bienen, kein Wunder bei dem Duft.
Letzte Tankstelle in Geroldsau, bevor es in den Wald geht
Der Bütthof, versteckt mitten im Wald
Leider hatte auch der Bütthof heute geschlossen.
Es stellt sich manchmal die Frage, warum wir solche Abstecher abseits der Route machen. Immerhin hatten wir noch einige tausend Kilometer vor uns. Es gibt Leute, die nur das Ziel sehen. Ich denke, der Weg und das, was am Rande liegt, ist ebenso oder vielleicht noch wichtiger als das eigentliche Ziel.
Unser Parkplatz mit genau einem weiteren Besucher
Es ist Frühling.
Rundweg ist übertrieben (am Bach hin und wieder zurück)
Neben schlauen Philosophen wie Konfuzius ("Der Weg ist das Ziel") gibt es aber einfach die Einsicht, dass ohne Weg kein Ziel erreichbar ist. Und schon deshalb lohnt es sich, die Höhen und Tiefen des Wegs zu erkennen und anzunehmen, um im Ziel umsomehr stolz sein zu können, den Weg geschafft zu haben.
Der Wasserfall ist etwa 6 Meter hoch.
Der Untergrund besteht aus hartem Kieselgestein.
Eine nette Einladung. Wir fuhren noch auf Reifen weiter.
Die Rhododendren im romantischen Grobbachtal sind sehr groß und blütenreich. Sicherlich trägt das relativ geschützte Tal dazu bei, dass die Pflanzen hier so gut gedeihen. Die Nachtfröste dürften hier am waldgeschützten Bach nicht so hart sein im Vergleich zu einer offenen Landschaft.
Gut begehbarer Weg am Grobbach
Überall gibt es große Rhododendron-Büsche.
Im Bütthof gibt es auch ein paar Gästezimmer.
Am Wasserfall gibt es ein Holzpodest, von dem man gewissermaßen von oben auf die rauschenden Wassermassen schauen kann. Alles ist gut erreichbar, für Rollstühle allerdings nicht. Da muss mindestens eine Person helfen. Im Sommer soll es hier viele Besucher geben.
Die Bundesstraße 500 zieht in der schöneren Jahreszeit die Biker an. An vielen Stellen ist der Blick frei, vor allem über den Schwarzwald Richtung Süden. Auch ist die Strecke beliebt als Oldtimer-Route. Bei einem kurzen Stopp knatterten die betagten Vehicel an uns vorbei. Allerdings wird es vor allem im Sommer langsam zu eng und zu laut, wenn die Touristenscharen den Schwarzwald erobern.
Jetzt im April trafen wir nur wenige Leute, die wie Touristen aussahen. Noch vor wenigen Wochen gab es hier viel Schnee, der Winter hatte die Gegend fest im Griff. Obwohl die Freiburger Gegend als wärmstes Gebiet Deutschlands gilt, sind die nahen vor allem höher gelegenen Waldgebiete frostig bis lange in den Frühling hinein. Wir waren gespannt, wie das Wetter jetzt weiter im Süden sein würde.
Das ist der Blick hinunter in das Tal vor der Autobahn A5 Richtung Freiburg (Westflanke des Schwarzwaldes)
Mitte April immer noch Schnee im schattigen Wald
Die wirklich naturbelassenen unbewirtschafteten und damit schönsten Waldgebiete findet man allerdings nur im südlichen Teil des Schwarzwaldes. Dort gibt es auch weniger Straßen, dafür aber mehr einsame Täler und Schluchten. Es gibt Gebiete, die den Urwäldern des Mittelalters ähnlich sind. Dort sperren umgestürzte schon halb verottete Bäume den Weg, der sowieso nicht vorhanden ist.
In der Nähe von Hinterzarten zum Beispiel haben wir unwegsamen und dazu noch dunklen Tannen-Märchenwald erlebt. Selbst die Vögel rufen dort verhaltener und singen leiser im Vergleich zu lichten Laubwäldern. Das mag übertrieben klingen. Doch das unheimliche Gefühl im dichten Unterholz mit triefend nassen Farnen und dazu noch bei einbrechender Dämmerung kann nur nachempfinden, wer dort war.
Schade, muss das wirklich sein? Ich war überrascht, ausgerechnet hier so einen Steinbruch (Kalkstein?) zu sehen.
Naturschutzgebiet sieht anders aus!
Den Zwieselberg gibt es zwar auch in der Antarktis, doch wir waren nur unterhalb des Zwieselberges im Schwarzwald. Vom 842 Meter hohen Zwieselberg soll man bei gutem Wetter bis in die Schweizer Alpen schauen können. Unsere Fahrt war zwar auch sonnig, aber ohne Fernsicht und mit Schnee im Wald. Wir machten eine Pause auf einem Parkplatz an der B500, 25 Kilometer vor Freudenstadt.
Die Schneehöhe betrug bestimmt weit über einen Meter.
Der Zwiesel mit Ski-Lift und Abfahrt
Der Zwieselberg ist Wintersportgebiet. Es gibt auch eine kleine Gemeinde namens Zwieselberg, die Anfang der 20-iger Jahre noch nicht zu Freudenstadt gehörte. Der Zwieselberg wird auch einfach "Zwiesel" genannt. Das alles wussten wir aber nicht, als wir uns auf dem Parkplatz vor einer Schneewand die Füße vertraten. Natürlich verlockte der Restschnee, einen kleinen Schneemann stehen zu lassen.
Schräg gegenüber dem Ferienhaus Hölltalblick in Schönwald gibt es einen Tisch mit Bank und Parkplatz. Schon alleine die Aussicht auf das Hochtal lohnt, hier Rast zu machen. Schönwald liegt auf etwa 1000 Meter Höhe und ist eine der höchstgelegenen Orte in Deutschland.
Haus Hölltalblick, 78141 Schönwald
Ein Hof mit großer Koppel für die Pferde
Diese Richtung führt durch Schönwald in den Süden.
Wir wussten nicht, was uns hier mitten im Schwarzwald noch erwarten würde. Wir wussten auch nicht, wo ein Bett für uns steht. Wir wussten aber, der Schwarzwald würde von uns nicht das letzte Mal besucht werden. In der Nähe soll es die Triberger Wasserfälle geben.
Das Schönwalder Hochtal, Höhenlage 1000 m
Super Höfe. Hier herrscht Ordnung.
Auf der B500 von Schönwald aus Richtung Süden kamen wir durch Furtwangen. Wenige Kilometer danach sieht man rechts im Tal den Ort Neukirch. Ein größeres Bettenhaus steht direkt unterhalb an der gut ausgebauten Bundesstraße. Es sah aus, als wäre alles geschlossen. Die Vorhänge waren zugezogen, kein Mensch war auf der Straße. Trotzdem, wir suchten die Abfahrt in den Ort und kamen so fast zwangsläufig in die Gaststätte "Zur Tanne". Das Bettenhaus war tatsächlich geschlossen. Den Grund kennen wir nicht. Doch die Wirtin hatte entweder mit uns Erbarmen oder war nur geschäftstüchtig. Jedenfalls telefonierte sie. Kurz darauf hatten wir den Schlüssel für eine Ferienwohnung.
Das Haus mit Ferienwohnungen in Neukirch
Schöner Blick auf Neukirch vom Balkon aus
Die "Wohnstube", etwas älter, aber gemütlich.
Neukirch mit weniger als 2000 Einwohnern ist ein Ortsteil von Furtwangen. Der Luftkurort liegt zwischen 880 und 1000 Meter hoch. Bis Furtwangen im Nordosten sind es rund 5 Kilometer. Die Gründung von Neukirch ist nicht belegt, wahrscheinlich schon im 12. Jh durch das weiter im Süden liegende Kloster St. Peter.
SW-Ausrichtung, Sonne bis zum Untergang
Alles zu und verrammelt
Der separierte Schlafbereich
Historisch erstmals erwähnt wurde der Ort Neukirch im Jahre 1275 im Zehntbuch des Bistums Konstanz. Heute ist Neukirch Teil des Naturparks Südschwarzwald. Auf historischen Pfaden kann man rund um Neukirch wandern und erhält auf der über 6 Kilometer langen Strecke an 16 Stationen viele Infos.
Die Dorfkirche St. Andreas ist Pfarrkirche der katholischen Gemeinde. Ein Neubau erfolgte im Jahre 1430. Doch bereits um 920 war die Gegend besiedelt und hatte wahrscheinlich ein kleineres Gotteshaus. Der Name St. Andreas geht auf den Apostel Andreas zurück, dem Bruder des Apostels Simon Petrus.
Kirche mit Friedhof liegen außerhalb vom Ortskern.
Man merkt, dass Neukirch relativ hoch liegt.
"Kein Sonnen-Untergang in unserem Reich."
Die Betreuung der Kirche erfolgte zunächst durch St. Peter, ab 1502 durch einen eigenen Pfarrer. Um 1900 wurde St. Andreas renoviert und erweitert, in 1945 Opfer der Tiefflieger und nach der Wiederherstellung neu geweiht in 1948. Heute ist die Kirche eine sehenswerte Pfarrkirche mit einigen damals geretteten Skulpturen.
St. Andreas steht vollständig innerhalb des Friehofs.
Blick in den unteren Ortsteil
Inflationsgeld der Stadt Furtwangen vom 10.08.1923
Die tiefstehende Sonne bringt warmes Abendlicht.
Die Wohnung hatte auch eine kleine Küche, es gab Suppe.
Wie wird morgen das Wetter? Die 1. Frage.
Nach dem Kaffee trieb es uns noch einmal ins Dorf. Jetzt war etwas mehr los als am frühen Nachmittag. Trotzdem, die wenigen Geschäfte unterstrichen den sehr dörflichen Charakter. Zum Erholen und Wandern ist hier der richtige Ort. Am Abend genossen wir den herrlichen Sonnenuntergang auf unserem Dachbalkon.
Lautstarker Tierverein, leider im Bild nicht hörbar.
Jede Wohnung im Gästehaus hat eine Dachloggia.
Wohin treibt es uns am morgigen Tag? Die 2. Frage.
Es war wie so oft: Hätten wir kein Bett gesucht, wären wir nicht in Neukirch hängen geblieben. Glück gehabt. In Neukirch würden wir zu jeder Zeit wieder übernachten, auch mehrere Tage. Anlaufpunkt: Antje Horn, Gaststätte "Zur Tanne", Schwarzwaldstr. 6, 78120 Furtwangen (Neukirch), Tel. 07723-1606.
Neukirch > Hexenlochmühle > L128 St. Märgen > L127 St. Peter (Kloster) > L127 Eschbach > B31 Freiburg > L124 Muggenbrunn > L126 Todtnau > B317 Schlechtnau > L149 Geschwend > L149 Präg > L151 Hintertodtmoos, Mattenhof
Am Donnerstag früh war es schon spät. Mit anderen Worten, wir kamen spät aus den Betten, spät auf die Frühstücks-Loggia, spät zum Sachenpacken. Ein Zeit-Limit für das Verlassen der Unterkunft hatten wir nicht, das beruhigte uns. Es kam anders, als wir dachten. Noch beim Frühstücken stand plötzlich der Reinigungsdienst im Zimmer, mit Schlüssel von außen und ohne sich vorher bemerkbar zu machen. Die Frau war wohl genauso überrascht wie wir. Es war noch nicht einmal 10 Uhr.
Natürlich musste sie wieder gehen, was ihr sichtlich nicht passte. Sie wartete auf dem Flur. Unsere Morgenruhe war dahin. Nach hektischen 20 Minuten waren wir fertig, allerdings ohne ausgiebig die Toilette zu benutzen. Wir hatten es vergessen. Das Schönste kommt aber noch.
Am Auto bemerkte meine Frau, dass sie ihr Nachtgewand vergessen hatte. Das ist normalerweise kein Problem. Die Putzfrau war zwar schon fertig, aber noch da. Der Schlafanzug lag nicht mehr im Bett. Sie habe keinen gesehen. Seltsam. Nach einigem Hin und Her wusste sie plötzlich doch, dass sie ihn weggeräumt hatte, mit zu den Utensilien ihres Putzwagens. Nun gut. Wir hatten das Kleidungsstück wieder, die Putzfrau hatte aber an diesem Tage kein Glück. Wir fuhren los, ohne Aufstand zu machen.
Donnerstag: Von Neukirch bis nach Hintertodtmoos.
Wir hatten uns vorgenommen, noch einen Abstecher nach Freiburg zu machen. Knapp 6 Kilometer hinter Neukirch schlängelte sich die Straße am Bach entlang und wir standen plötzlich auf dem Parkplatz der Hexenlochmühle. Noch nie von ihr gehört mussten wir natürlich das Objekt begutachten. Vor allem das Schild zu den Kuckucksuhren machte uns neugierig.
Hexenlochmühle am Heubach (48.00917, 8.14021)
Eine Kuckucksuhr hatten wir noch nicht.
Die Hexenlochmühle ist eine alte Schwarzwälder Sägemühle mit 2 Wasserrädern und langer Kuckucksuhren-Tradition
"Die Hexenlochmühle wurde 1825 erbaut. Seit 1839 in Familienbesitz in der 4. Generation, mit dem jetzigen Besitzer Karl-Friedrich Trenkle. Die Tradition der Kuckucksuhren-Herstellung setzt sich von damals bis zum heutigen Tag fort. Die Mühlräder werden vom Wasser des Heubachs (ca. 300 L/sec.) angetrieben. Das große Wasserrad (4 m Durchmesser, 13 PS) ist der Antrieb einer Hochgangsäge (Zirkularsäge)."
Die Hexenlochmühle wurde früher Dreistegenmühle genannt. Sie liegt im Hexenloch, ein schluchtartiges Tal am Heubach. Sie ist die einzige Mühle im Schwarzwald mit zwei Wasserrädern.
Zuerst wurde 1825 eine Nagelschmiede mit dem kleineren Wasserrad gebaut. Das große 4-Meter-Rad kam später als Antrieb einer Sägemühle hinzu. Es wurden eine Hochgang- und eine Kreissäge angetrieben. Später erfolgte nochmals ein Umbau. Aus der Nagelschmiede wurde eine Werkstatt für die Uhrengestellmacherei, die vom kleinen Wasserrad angetrieben wurde.
Von außen sieht man die Mühlräder, im Inneren sind durch eine Plexiglaswand die hölzernen Zahnräder und die Mechanik des Mühlwerks zu bestaunen. Zu Vorführzwecken läuft alles. Es grollt und brummt laut wie ein sich anstrengendes Ungetüm.
Fast jede Kuckucksuhr ist ein Unikat.
Ein Teil der Mühlwerksmechanik
Drei Schwarzwald-Mädels (oder Hexen?)
In der Mühle gibt es nicht nur Kuckucksuhren, sondern auch viele typische Schwarzwälder Spezialitäten wie Schinken und Wurstwaren, Honig, Wein und die leckere hausgemachte Schwarzwälder Kirschtorte. Natürlich ist auch ein richtiges Restaurant vorhanden. Darüber hinaus kann man die Produkte im Online-Shop kaufen und muss sich so nicht im Urlaub belasten.
Allerdings waren uns die Preise zu hoch.
So ein Souvenir würde ich mir nicht unbedingt wünschen.
Schon etwas älter, aber sicherlich mit gutem Gemüt.
Unser Aufenthalt beschränkte sich auf höchstens eine halbe Stunde. Man kann auch z.B. zum "Balzer Herrgott" wandern. Dazu braucht man für die 250 Höhenmeter für Hin und Zurück (je 3 km) etwa knapp 2 Stunden. Der Balzer Herrgott ist eine im Lindenstamm eingewachsene Christusfigur, die ursprünglich (1844) vom Königshof im Wagnerstal stammt.
Rastplatz gegenüber der Mühle
Wenige Kilometer nach der Hexenlochmühle (Richtung Freiburg) trafen wir wieder auf ein vorher nicht eingeplantes Ziel: der Ort St. Peter mit dem Kloster St. Peter. Da uns Klöster generell interessieren, nahmen wir die Gelegenheit wahr und parkten das Auto in der Nähe des zentral gelegenen Dorfteiches.
In St. Märgen sind wir nur durchgefahren.
Am Dorfteich in St. Peter stand unser Auto.
Das hintere Event-Zelt passt überhaupt nicht zum Umfeld.
Bis zum Kloster sind es nur ein paar hundert Meter. Leider hatte sich die Sonne versteckt, so dass es sich hier nicht lohnt, alle Bilder zu zeigen. Das Kloster (ehemalige Benediktinerabtei) wird auch als "Geistliches Zentrum St. Peter" bezeichnet. Es ist eine zentrale Einrichtung der Erzdiözese Freiburg für die spirituelle Bildung.
St. Peter, oben das Kloster St. Peter
Weg zum Kloster
Das etwa 1000 nach Christus gegründete Kloster war lange Zeit ein Benediktinerkloster, wurde aber im Zuge der Säkularisation im Jahre 1806 aufgelöst. Heute wird es hauptsächlich als "Geistliches Zentrum" für die Bildung genutzt.
Turmuhr der Klosterkirche
Mitte: Hochaltar mit 8 wechselnden Hauptbildern
Klosterkirche: Wahrzeichen von St. Peter
Die ehemalige Klosterkirche ist heute Pfarrkirche der katholischen Kirchengemeinde St. Peter. Das Innere hat uns durch seine farbenfrohe und prächtige Gestaltung beeindruckt. Es ist eine Barockkirche mit Hochaltar von 1727 und 2 Orgeln.
Eingang zum riesigen Klosterhof
Überall reicher barocker Schmuck
Der Klosterhof mit vielen umliegenden Gebäuden
Von St. Peter aus nach Freiburg zu fahren war landschaftlich wie überall im Schwarzwald sehr angenehm. Ein Problem war allerdings die Parkplatzsuche. In der Freiburger Innenstadt ist das Parken so gut wie aussichtslos. Wir fanden dann weit oberhalb der Stadt in einer kleinen Siedlung einen zeitlich nicht beschränkten Platz.
Das Kornhaus auf dem Münsterplatz (links)
Solche Wappen sieht man oft.
Münsterplatz (seitlich, links vom Münster)
Wir waren noch nie in Freiburg und deshalb gespannt, was wir auf unserem kurzen Rundgang zu sehen bekommen. Trotz des bedeckten Himmels waren inmitten der Stadt viele Touristen unterwegs. Das ist bestimmt so gut wie immer so. In Freiburg gibt es vor allem in der Altstadt viele historische und durchweg schöne Gebäude.
Keine Ahnung, wer das ist, aber beachtenswert.
An vielen Häusern sind Figuren und Verzierungen.
Ganz oben im Grünen steht unser Auto.
Nach dem 2. Weltkrieg war Freiburg die Hauptstadt eines eigenen Staates "Baden", der im französisch besetzten Teil des ehemaligen Landes "Baden" geschaffen wurde.
Das Historische Kaufhaus war Sitz des Badischen Landtags, der am 20. Mai 1947 hier zum ersten Mal zusammentrat. Nach einer Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 wurde das Land "Baden" am 25. April 1952 mit den Ländern "Württemberg-Baden" und "Württemberg-Hohenzollern" zum Bundesland "Baden-Württemberg" vereinigt. (Text nach einer Tafel am "Historischen Kaufhaus")
Fassade am Münsterplatz, oben der Kaisersaal
Wappen der Habsburgischen Erblande
Kaiser Maximilian I. an der Kaufhaus-Fassade
Mit bunten Ziegeln gedeckte kunstvolle Erker
Info-Tafel
Das Freiburger Münster steht mitten in der Altstadt. Baubeginn war um das Jahr 1200 im romanischen Stil, vollendet wurde die römisch-katholische Stadtpfarrkirche aber erst im Jahre 1513 mit vielen gotischen Elementen. Eigentlich ist das Münster eine Kathedrale, da Freiburg seit 1827 Bischofssitz ist.
Freiburger Münster, Westturm und Hauptportal
Westturm-Uhr mit römischen Zahlen, nur ein Zeiger
Verkauf des berühmten Freiburger Hefeschnaps
Herausragend im wahrsten Sinne des Wortes ist der im Jahre 1330 fertig gestellte Westturm mit 116 Meter Höhe. Im Vergleich zu Basel und Straßburg wird der Turm des Münsters als der "schönste Turm der Christenheit" bezeichnet (Ursprung: Jacob Burckhardt 1869). Es sei ein architektonisches Meisterwerk der Gotik.
Seitenansicht, links einer der beiden Hahnentürme
Teil einer Skulpturengruppe der Jünger Jesu
Freiburger Bächle aus dem Mittelalter (8,5 km sichtbar)
Der Stadtbummel in Freiburg war zwar nicht lang, aber anstrengend. Wir wollten noch irgendwo in Deutschland übernachten. Der erste Versuch in Oberlehen im Südschwarzwald scheiterte. Über 100 Euro waren uns zu viel.
Dieses Tal führt nach Todtmoos.
Die Speisetische, ausgerichtet für Gesellschaften. Regelmäßig finden sogenannte Speckseminare statt. Während eines Seminars mit viel Schinken und Speck wird den Gästen auf humorvolle Art alles Wissenswerte rund um die Schwarzwälder Spezialitäten vermittelt.
Rein zufällig landeten wir dann im Mattenhof in Hintertodtmoos. Der Preis betrug nur noch die Hälfte, und das mit Frühstück. Der Mattenhof ist ein Gästehaus mit herrlicher Umgebung. Leider war das Wetter recht unangenehm.
Mattenhof mit langer Tradition (47.752273, 8.004365)
Todtmoos ist ein idyllischer Fremdenverkehrs- und Kurort im südlichen Hochschwarzwald. Saison ist eigentlich das ganze Jahr über. Die Gemeinde Todtmoos besteht aus 13 Ortsteilen auf einer Höhe zwischen 700 und 1260 Meter und ist in der Fläche entsprechend groß.
Hintertodtmoos > Wehr (Schwarzwald) > Basel > Bern > Genf > A40 Frankreich (Rast bei Nantua) > O-Umfahrg. Lyon > A7 Vienne > A7 Rast > Valence > Nimes > A9 Montpellier, Hotel Ibis (Aire de Montpellier)
Todtmoos war unser letzter deutscher Stützpunkt. Die Fahrt begann bei immer noch wolkenverhangenem Himmel und Nieselregen. Wir hatten uns vorgenommen, möglichst weit zu kommen, vielleicht sogar bis Spanien. Eigentliches Ziel war der kleine Colera-Zeltplatz, den wir von früheren Reisen her kannten. Natürlich hatte ich im Vorfeld ein paar Schlafgelegenheiten ermittelt, falls wir es doch nicht schaffen sollten.
Die uns schon bekannte Route führte uns durch die Schweiz, am Genfer See vorbei, dann durch Frankreich über Lyon bis zum Mittelmeer und schließlich am Ostende der Pyrenäen nach Spanien. Die Fahrt durch die Schweiz ist zwar mit Maut behaftet, dafür aber recht angenehm. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Schweizer Autobahnen bringt eine gewisse Ruhe in das Verkehrsgeschehen. Nach dem Grenzübergang bei Genf wird es auf der A40 in Frankreich wegen der Berge richtig romantisch.
Es war nicht viel los auf den französischen Autobahnen, wahrscheinlich weil noch kein Sommer war. Trotzdem, wegen der Mautgebühren und wegen der dreispurigen Autobahn hatten wir auch im Sommer noch nie Probleme mit dem Verkehr. Jetzt im April war es aber besonders ruhig. Wie so oft hatten wir heute früh Startschwierigkeiten, wir kamen erst nach 10 Uhr weg.
735 km: Von Todtmoos durch die Schweiz bis nach Montpellier in Frankreich, weiter kamen wir heute (17.4.) nicht.
Ein Einkauf im Supermarkt in Wehr (Süd-Schwarzwald) musste auch noch sein. Deshalb merkten wir bald, heute würden wir es nicht mehr bis Spanien schaffen. Wir waren auf dem Zeltplatz nicht angemeldet und hätten deshalb noch relativ zeitig ankommen müssen.
Unser Zwischenziel ist Lyon.
Rast bei Nantua, nach dem Regen nun wieder Sonne
Ein Ibis-Hotel unmittelbar an der A9 bei Montpellier erschien uns einladend genug, die Fahrt zu beenden. Zwar sind die kleinen Ibis-Hotels nicht gerade billig, für unsere Verhältnisse jedenfalls, aber man kann das Auto nicht weit vom Haus auf dem Parkplatz parken. Man befindet sich noch auf dem Autobahngelände und somit auf Mautgebiet. Das ist sicherer.
Rast an der A7 zwischen Vienne und Valence
Blick vom Hotel nach Nordwesten
Die Ibis-Hotels bieten nur das absolut Notwendige an Komfort. Neben dem französischen Bett und einem zusätzlichen Etagenbett gibt es nur noch einen kleinen Tisch, einen Stuhl, einen Fernseher und ein kleines Waschbecken. Dusche und WC sind entweder abgetrennt mit im Zimmer oder manchmal auch vom Flur aus in einem kleinen separaten Raum. Eigentlich ist fast alles wie bei den F1-Hotels, deren Zimmer aber meistens noch weniger kosten (ca. 30 bis 40 Euro). Allerdings sind Dusche und WC bei den F1-Hotels generell nur vom Flur aus zugänglich und werden gemeinschaftlich genutzt. Uns stört das alles nicht, Hauptsache ist das Bett und eine Dusche.
Frühstück hatten wir wie immer nicht gebucht. Die junge Französin war sichtlich bemüht, uns den Vorteil des Frühstücks im Gesamtpreis beizubringen. Ich dagegen mühte mich mit fragwürdigem Englisch, sie von unserem schmalen Budget zu überzeugen. Nach ein wenig Ratlosigkeit gab sie nach. Der Preis fiel von 74 auf glatt 60 Euro. Die Nacht war angenehm, vor allem ruhig.
Zufahrt zum Ibis-Hotel an der A9 bei Montpellier
Ibis ist die Low-Budget-Kette des Accor-Konzerns.
Hotel-Eingangsbereich mit Außentischen für's Frühstück
Montpellier > A9 Narbonne (Rast) > A9 Perpignan > Argelès sur Mer > Port Vendres (am Mittelmeer) > Cap Cerbère > Portbou > Colera (Spanien) > Strand Garbet > Sant Pere Pescador, Campingplatz L'Ámfora (42.18189, 3.10400)
Die Überschrift bringt Sant Pere Pescador ins Spiel. Dort gibt es den großen spanischen Campingplatz La Ámfora an der Bucht von Roses mit gehobener Ausstattung, kleinen Ferienhäusern und sogar Wohneinheiten im festen Steinhaus des Hauptgebäudes. Das war aber keinesfalls unser Ziel. Eigentlich wollten wir ein paar Tage in Colera verbringen. Dort hatten wir im Jahre 1998 zum ersten Mal am Strand Garbet direkt am Mittelmeer unseren Urlaub verbringen dürfen.
Danach, so unser Plan, würden wir an der Südflanke der Pyrenäen in Richtung Westen fahren, um so zum Camino de Santiago de Compostela zu kommen, dem Hauptpilgerweg zum Heiligen Jakob.
Wie so oft kam es anders. Wir landeten am heutigen Samstag, von Montpellier kommend, nicht in Colera sondern in Sant Pere Pescador. Doch ich will der Reihe nach erzählen, was geschah bzw. mit Hilfe der Bilder den Ablauf zeigen.
Die Pyrenäen sind noch rund 80 Kilometer entfernt (Bild unten). Nicht immer ist die Sicht so gut. Narbonne liegt an der Autobahn A9, die über Perpignan und dann über die östlichen Ausläufer der Pyrenäen nach Süden führt.
Von Montpellier nach Sant Pere Pescador in Spanien
Das sind die Pyrenäen vom Norden aus gesehen. Der Video-Schnappschuss ist zwar nicht ganz lupenrein, zeigt aber schön den noch voll mit Schnee bedeckten Hauptkamm der Pyrenäen. Diese Barriere zwischen dem nördlichen Frankreich und dem südlichen Spanien trennt geologisch gesehen die iberische Halbinsel von Nordeuropa.
Glücklicherweise führt unser Weg aber nicht über die hohen Berge, sondern es gibt die Möglichkeit, sich nahe des Mittelmeeres am östlichen Ende der Pyrenäen von Frankreich nach Spanien zu schleichen, immer am Meer entlang, ohne im Schnee stecken zu bleiben. Das Bild oben zeigt die relativ flachen Hügel nahe dem Meer.
Bei Perpignan verließen wir die Autobahn A9, um so nahe wie möglich am Meer entlang weiter nach Süden zu fahren. Die französische Départementsstraße D914 wird an der Grenze zur spanischen N-260. Es gibt viele schöne Aussichtspunkte sowohl auf der französischen als auch auf der spanischen Seite.
Parken am Aussichtspunkt, noch vor dem Ort Cerbère
Blick Richtung Norden
Der regionale Banyuls ist geschützt und wächst u.a. in Banyuls-sir-Mere und Cerbère
Die Buchten sind nicht nur zum Baden gut, sondern es gibt auch viele Wanderwege. Allerdings haben wir uns bisher höchstens für eine Rast und Fotos aufhalten lassen. Immer hatten wir es eilig, um zum Ziel zu kommen. Man sollte sich tatsächlich viel mehr Zeit beim Reisen lassen und einen guten französischen Banyuls trinken.
Weinberge des französischen Banyuls (Süßwein)
Blick auf Cerbère (vom Cap de Rederís in Richtung Süden)
Der Anbau und die Herstellung des süßen Weins erfolgt ausschließlich von ganz kleinen Betrieben.
Der Turm Phare du Cap Cerbère mit Leuchtfeuer
Die Konstruktion des Turms ist etwas rätselhaft.
Cerbère (Urheber: BlueBreezeWiki, © nach CC BY-SA 3.0) 3
Wie gesagt, ein Glas Rotwein und etwas Bewegung hätte uns gut getan. In Cerbère saßen viele Leute draußen vor den Restaurants, bei dem Wetter kein Wunder. Cerbère zwängt sich in eine Bucht und ist dicht bebaut.
Cerbère vom Cap aus (in Richtung Nordwesten)
Schwierige Streckenführung mit vielen Tunnels
D914 von Perpignan (nördlich) kommend
Auf dem südlich von Cerbère gelegenen Berg steht weithin sichtbar der Turm Phare du Cap Cerbère mit einem Leuchtfeuer. Leider war nichts Näheres zu erfahren. Hier bieten sich herrliche Ausblicke auf die Costa Brava.
3 Cerbère, Urheber: BlueBreezeWiki 2015, © nach CC BY-SA 3.0, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:150607-Cerbere-02.jpg.
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de, Zuschnitt: Peter Egon Burkhardt 2020, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Grenze zu Spanien mit altem Grenzhäusl
Portbou (Urheber: BlueBreezeWiki, © nach CC BY-SA 3.0) 4
Die Grenze zu Spanien verläuft auf dem am weitesten ins Mittelmeer vorgeschobenen Pyrenäenkamm. Nach der höchsten mit dem Auto befahrbaren Stelle, dem Coll dels Belitres, geht es schon wieder in Serpentinen bergab, und man ist auf spanischem Gebiet. Wäre das Grenzschild nicht, würde man den Wechsel von France nach España garnicht bemerken. Auf spanischer Seite steht einsam am Berghang eine Tankstelle, die wohl früher noch wichtiger war. Wir haben 1998 in Spanien für einen Liter Super nur etwa 90 Pfennig (!) bezahlt. Schon damals war der Sprit in Frankreich wesentlich teurer. Allerdings hatte die Tankstelle für uns bisher nie auf.
In der nächsten Bucht liegt der spanische Grenzort Portbou. Es ist gewissermaßen das Gegenüber von Cerbère auf der französischen Seite. Beiden Orten ist gemein, dass sie einen relativ großen Rangierbahnhof besitzen. In Cerbère enden die Gleise der spanischen Breitspur. In Portbou enden dagegen die Gleise der etwas schmaleren französischen Normalspur. Dabei hat aber nur der spanische Bahnhof Portbou eine Umspuranlage, um die speziell konstruierten Waggons von einem auf das andere Schienensystem zu hieven. In Cerbère werden auch viele Güter von und nach Spanien umgeladen, was natürlich gegenüber dem Umspuren mehr kostet.
4 Portbou, Urheber: BlueBreezeWiki 2015, © nach CC BY-SA 3.0, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:150607-Portbou-01.jpg.
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en, Zuschnitt: Peter Egon Burkhardt 2020, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
5 Portbou, Urheber: David Gaya 2006, © nach CC BY-SA 2.5, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Portbou.jpg.
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de, Zuschnitt: Peter Egon Burkhardt 2020, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Südlich von Portbou führt die N-260 in die nächste Bucht, nach Colera. Es ist ein kleiner in das Tal eingezwängter ehemaliger Fischerort, der heute hauptsächlich vom Tourismus lebt. Unser eigentliches Ziel, der kleine Campingplatz und Strand Garbet erwartete uns dann im nächsten Tal, in dem sich die Straße bis fast auf Meereshöhe senkt.
Garbet-Bucht, ein Schwimmparadies mit vielen Fischen
Hinter dem Felsen ist das Ufer weiter begehbar.
Wir hofften, auch dieses Jahr ohne vorherige Anmeldung ein paar Tage bleiben zu können, bevor wir dann frisch und ausgeruht zum Heiligen Jakobus fahren würden. Wie gesagt, wir hofften, allerdings vergebens. Als wir die schmale Zufahrt vorbei am Restaurant in Richtung Zeltplatzeingang fuhren, kam uns die Leere des Strands und vor allem der Zeltplatz ohne Zelte verdächtig vor. Wir standen vor dem geschlossenen Eisentor, drinnen war kein Mensch, dafür aber ein Hund zu sehen, draußen prankte nur ein Schild "TANCAT/CERRADO/FERME/CLOSED". Was nun? Enttäuscht starrten wir auf das Wasser unserer geliebten Bucht. Am Restaurant, das nicht zum Zeltplatz gehört, stapelte jemand im Hof Bierkästen. Vielleicht war nur heute geschlossen? Der dunkle Typ meinte auf Englisch mit starkem Akzent "authority", "government agency" und dann "forever". Na prima! Im ersten Moment ratlos beschlossen wir dann, es in Sant Pere Pescador auf dem großen Campingplatz zu versuchen.
Der Strand Garbet nebst Zeltplatz, Restaurant und Mini-Hotel ist uns als der schönste Ort an der katalanischen Küste in Erinnerung. Es begann 1998 mit unserem ersten Spanienurlaub und setzte sich fort im Jahre 1999, in dem wir unseren Enkelkindern das von ihnen noch nie gesehene Mittelmeer zeigen konnten. Unser letzter Aufenthalt am Garbet-Strand war 2002.
Garbet-Strand, kieselig und deshalb sehr klares Wasser
Unser Mini-Hotel, frisch gestrichen und geschlossen.
Warum forever zu? Es blieb ein Geheimis.
Sant Pere Pescador ist ein kleiner Ort an der Bucht von Roses, den man nur findet, wenn man wirklich hin will. Er liegt nicht an einer der durchgehenden Küstenstraßen, abgeschieden wäre das richtige Wort. Der Ort muss schon vor einigen hundert Jahren existiert haben, der alte Ortskern sieht wenigstens so aus. Der Campingplatz liegt, von der Landseite aus gesehen, hinter dem Ort mit direktem Zugang zum Meer. Wir waren schon im Jahre 2000 dort.
Rezeption. Auch ohne Anmeldung, falls frei ist.
Wir scheckten also noch vor 18 Uhr ein, zähneknirschend wegen der etwas über 100 Euro pro Nacht, aber dafür in einer der kleinen Hütten, die wir schon kannten. Geplant waren nur zwei Nächte. Montag würden wir weiter fahren.
In der Folge dieses Berichts verweile ich ein wenig bei diesem Aufenthalt, da es dazu viele Fotos gibt. Eine kleine Wanderung zum nächsten Ort am Meer, dem historischen Sant Martí d'Empúries, ist auch dabei. Das Wasser war jetzt im April sowieso noch zu kalt.
Der Platz sah noch recht leer aus. Vor allem die vielen Stellplätze warteten noch auf ihre Benutzer. Selbst die gern gebuchten Hütten waren weniger als zur Hälfte belegt. Die meisten doch vorhandenen Gäste waren Windsurfer, denn zu dieser Jahreszeit fegt oft und vor allem konstant ein kräftiger Wind über die Roses-Bucht. Nebenan gibt es zwei weitere Campingplätze, die noch mehr auf den Besuch der Wassersportler eingerichtet sind. Die dortigen Hütten sind aber nicht so praktikabel. Wir hatten sogar die gleiche Hütte wie in 2000 belegt.
Zwar ist die sogenannte "1a"-Kategorie nicht unsere Preisklasse. Der Platz hat aber zahlreiche Vorteile, wie z.B. die Abgeschlossenheit mit Parken vor der Unterkunft, große WoMo-Stellplätze (für uns nicht relevant), kleine Ferienhäuschen für max. sechs Personen, eigener Supermarkt, Waschsalon, Spielhölle (nicht relevant), ein Pool (auch separat für Kinder), Waschplatz fürs Auto und einige Luxus-Wohneinheiten. Uns blieb heute sowieso keine Wahl.
Einer der Hauptwege zum Meer, rechts die Hütten
Dieser Weg führt zum Eingang. Alles ist sehr gepflegt. Hunde sieht man selten. Nachts ist absolute Ruhe.
Es gibt neben dem Bad drei weitere Räume: eine Küche, ein kleines Schlafzimmer und ein weiteres Zimmer mit Schlafabteil. Vor allem aber die überdachte Veranda mit Tisch und Stühlen eignet sich für die Mahlzeiten, auch wenn es einmal regnen sollte. Wir hatten Glück, kein Regen, nur Sonne. Besonders gut gefällt mir der Platz fürs Auto. Man fühlt sich wie im Motel.
Die sanitären Anlagen sind ebenfalls vorbildlich. Die tägliche Reinigung ist selbstverständlich, auch die äußeren Waschbecken. Wir haben das alles zwar nie benutzt, da in der Hütte Bad und WC vorhanden sind. Ich denke aber, dass der Platz das Prädikat 1a verdient hat. Man kann hier bedenkenlos auch nur mit Zelt den Urlaub genießen. Dann wird's nicht so teuer.
Die Außenbecken zum Geschirr spülen
Das Badehaus mit Waschbecken und Duschen
Ein später Abend am Sandstrand der Bucht von Roses.
Das Auto braucht man überhaupt nicht, auch zum Einkaufen nicht. Die wenigen Schritte zum Meer schafft man ebenfalls ohne Auto. Selbst wer das salzige Wasser nicht so liebt, kann sich im großen Pool abkühlen. Der Platz ist insgesamt sehr kinder- und seniorenfreundlich. Auf die täglichen frischen Brötchen aus dem Supermarkt muss man auch nicht verzichten.
Mülltrennung ist auf dem ganzen Platz Pflicht.
Vor dem Meer gibt es Spiel- und Sportmöglichkeiten.
Auch hier alles begrünt und jetzt in Blüte
Der breite Sandstrand im Golf de Roses ist der schönste und längste Strand der Costa Brava. Er reicht vom Ríu Fluvià hinter Sant Pere Pescador bis zu dem kleinen Ríu Vell unweit der Ruinen von Empúries. Dies sind über 6 Kilometer nur feiner Sand und Wasser, ideal zum Wandern auch im flachen Meer. Es gibt keine Abzäunungen oder so etwas.
Weit hinten am Horizont liegt unser Campingplatz
Am Horizont sind die Ausläufer der Pyrenäen.
Nicht immer ist so viel Betrieb, im Sommer weniger.
Das Baden im Sommer ist ein wahres Vergnügen. Wellen gibt es immer, leider manchmal auch Quallen, die aber ungefährlich sind. Jetzt im April beherrchen vor allem die Windsurfer das Bild. Zum Schwimmen war mir das Wasser noch zu kalt. Ein kurzes Anbaden musste reichen. Für ein Sonnenbad sollte man einen Windschutz dabei haben.
Das andere Ende des Strands bei Empúries
Roses wächst ständig, auch in die Berge hinein.
Für das Windsurfen sind die Bedingungen oft ideal.
Warum sind gerade diese paar dutzend Häuser am Meer so interessant? Einerseits, weil man die fünf Kilometer im oder am Meer entlang laufen kann, andererseits weil der kleine Ort eine lange Geschichte hat und so das von uns geliebte frühzeitliche und mittelalterliche Flair bietet. Insbesondere jetzt im April war, abgesehen von den vielen Sportsmenschen auf dem Wasser und teils in der Luft fliegend, der Strand nahezu leer.
Campingplatz Aquarius, direkt neben dem Platz La Ámfora
Die Brücke führt über den Ríu Vell nach Sant Martí.
Aufgrund der Länge und Breite des Sandstreifens ist aber auch im Sommer nie zu viel Betrieb. Wir waren schon im August hier, trotzdem kam sich niemand zu nahe. Die Fläche ist einfach riesig. Zusätzlich findet nicht jeder Urlauber den Weg hierher. Pauschaltouristen gibt es hier sowieso selten. Die relative Abgeschiedenheit und das Fehlen großer Hotels bewahrt diese schöne Gegend vor partyhungrigen Menschenmassen.
Die Església de Sant Martí d'Empúries direkt am Meer
In Sant Martí das Forstamt direkt neben der Kirche
Das historische Sant Martí gehörte einst zu Empúries und damit zu einer antiken griechischen Kolonie. Heute gehört die Gegend zur katalanischen Provinz Girona. Die kleine Siedlung Sant Martí geht auf die um 600 v. Chr. entstandene Handels-Kolonie Palaiópolis (alte Stadt) zurück. Eine weitere Siedlung Neápolis (neue Stadt) wurde etwas weiter südlich gegründet. Heute gibt es nur noch die Ruinen von Empúries.
Das wäre etwas für unseren Garten!
Blick zurück Richtung Roses, hinten die Pyrenäen
Sant Martí war früher noch eine Insel. Die wenigen Häuser zusammen mit den immer noch mittelalterlichen Straßen und Gassen haben eine wechselvolle Geschichte. Zuerst die Griechen, dann die Römer, dann die Goten, später die Mauren und auch die Christen: Alle haben ihre teils unauslöschlichen Spuren hinterlassen. Sant Martí wurde zwischen 516 und 693 Bischofs-Sitz, ab 812 der Hauptsitz der Grafschaft Empúries.
Weg zum Strand von Sant Martí
Rechts die Kirche, dahinter das Forstamt im Jugendstil
Der wachsenden Bedeutung Rechnung tragend wurde im Jahre 1064 die Residenz der Grafen nach Castelló d'Empúries verlegt. Trotzdem verlor Sant Martí viele Jahrhunderte lang nicht seine Bedeutung als befestigter mit Stadtmauern geschützter Handelshafen. Die heutige Kirche Església de Sant Martí d'Empúries geht auf das Jahr 1507 zurück. Auf dem Platz gab es schon eine Kirche, gebaut im Jahre 824.
Forstamt-Haus im Jugendstil (neben der Kirche)
Blick landwärts
Die noch vorhandenen Reste der Stadtmauer stammen ebenfalls aus dem Anfang des 16. Jh. Die Befestigung der Handelssiedlung begann allerdings schon viel früher. Der Ort wird regelmäßig restauriert und instant gehalten. An den Steinfassaden vieler Häuser sind jetzt noch die alten Wappen und Adelssymbole sichtbar. Die meisten Häuser, so auch die Kirche, sind im gotischen Stil gebaut.
Häuser im Zentrum
Eingang zu Sant Martí von der Landseite aus
Es macht einfach Spaß, in den uralten verwinkelten Gassen zu wandeln, immer mit dem Geist der vergangenen Epochen konfrontiert. Die Mischung der verschiedenen Kulturen ist überall sichtbar, wenngleich auch die ganz alten Gemäuer von vor Christus längst zu Staub geworden sind. Einst eine Insel ist jetzt überhaupt nicht mehr sichtbar, wo früher das Ufer verlief.
Einfach romantisch und schön
Solche Schilder und auch Wappen sieht man viele.
Es scheint so, nein, es ist mit Sicherheit so, dass die jetzigen Bewohner den Wert des nahen Nachbars ohne Autoverkehr zu schätzen wissen. Die früher zwangsweise verordnete Nähe, die der jeweiligen kulturellen Situation geschuldet ist, hat sich heutzutage als Vorteil erwiesen. Und wenn dann noch nebenbei durch Tourismus ein wenig Geld verdient werden kann, sind alle zufrieden.
Leider ist mir der Name nicht bekannt.
Weiße Farbe wie im Süden würde alles verdecken.
Heute zum Sonntag stand die Kirchentür offen. Zu gern hätte ich einen Blick reingeworfen und vor allem ein paar Fotos gemacht. Doch nach dem Gottesdienst, zu dem wir zu spät kamen, war noch irgendeine andere Feierlichkeit und viele Leute standen vor dem Eingang und auch in der Kirche selbst. Auch Orgelklänge drangen bis zu uns. Jetzt eine Foto-Session zu machen, wäre nicht angemessen gewesen.
Mole von Sant Martí, schwierig begehbar
Auf dem Rückweg zum Campingplatz
Es war Zeit, den Rückweg anzutreten. Unsere Kaffeetrinken-Zeit würde sowieso vorbei sein, aber wir nehmen das nicht so genau. Es strengt schon ein wenig an, insgesamt über 10 Kilometer im Sand, stückweise auch im Wasser, zu laufen. Der Rundgang in Sant Martí ist da noch garnicht eingerechnet. Trotzdem, am Meer zu laufen ist immer etwas Besonderes. Die Salzluft reinigt die Lungen, die Weite macht die Gedanken frei.
Die Kirche ist dem Hlg. Sankt Martin von Tours geweiht.
Ab und zu eine dunkle Wolke kann man verkraften.
Dieser Zeitvertreib ist nicht so unsere Sache.
Nette Grafik am Spielplatz
Hoffentlich ist alles trocken bis morgen.
Nun war es doch noch Montag geworden und wir sind immer noch auf dem Platz. Wegen der Wanderung gestern wollten wir nicht gleich heute früh auf große Fahrt gehen. Deshalb haben wir trotz der Preise noch einen Tag rangehängt. Morgen früh soll es aber losgehen. Leider ist der Waschsalon noch nicht voll funktionsfähig, so dass die Wäsche am Lufttrockner hängen muss.
Restaurant und Spielhalle sind gegenüber der Rezeption
Das Restaurant neben der Spielhalle
Letzte Tasse Kaffee, morgen geht es los.
Übrigens, die Ruinen von Empúries hatten wir dieses Mal nicht besucht. Die sichtbaren Reste des ehemaligen Empúries sind als archäologischer Park mit angeschlossenem Museum (Museu d'Arquelogia de Catalunya-Empúries) zugänglich. Wir wollten es noch am Montag machen, doch heute war Müßiggang angesagt. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Sant Pere Pescador > Roses > Figueres > Vic > Manresa > Tàrrega > Lleida > Zaragoza > Alagón > Remolinos, Hostal Los Marinos, Ermita Santo Christo (Bergkirche)
Erster Abschnitt der Fahrt quer durch Spanien war die Strecke von Sant Pere Pescador nach Remolinos. Natürlich wussten wir bei Abfahrt noch nicht, wo unser Nachtlager sein würde. Nur die Richtung war klar. Route und Haltepunkte ergaben sich je nach Situation. Diese Art zu Reisen sorgt für willkommene Überraschungen.
Die Arztpraxis hatte eine reservierte Parkfläche.
Die Pyrenäen werden uns noch längere Zeit begleiten.
Christian Huber, Carrer Arquitecte Gaudí, 22, 17480 Roses
Schon um 9 Uhr hatten wir den Campingplatz verlassen, 10 Uhr saßen wir dann im Sprechzimmer des deutschen Arztes in Roses. Was noch nie im Ausland passiert war, diesmal fehlte ein wichtiges Medikament. Dazu war ein Arzt-Rezept nötig. Die Adresse des deutschen Arztes hatte man uns in der Anmeldung des Campingplatzes gegeben. Die Apotheke war auch in der Nähe. Alles lief problemlos ab. Allerdings mussten wir das Medikament vorerst komplett bezahlen, haben den Betrag dann aber in Deutschland von der Krankenkasse erstattet bekommen. Nun konnten wir endlich Richtung Westen fahren. Vorläufiges Ziel war Burgos.
Ich hatte schon einmal den Fehler gemacht, von der Ostküste (Costa Brava) aus in Richtung Westen zu nahe an bzw. in den Pyrenäen entlang zu fahren. Man überquert einen Bergkamm nach dem anderen, da die Ausläufer der Pyrenäen vom Norden nach Süden verlaufen, also genau quer zur Fahrtrichtung nach Westen. Dieses Mal nahmen wir eine Route weiter südlich über Figueres und Zaragoza.
Hostal Meson los Marinos, Mayor 6, ESP-50637 Remolinos
Nach Nordosten hin beginnen die Berge.
Dadurch bleibt man in den Tälern und das Fahren ist angenehmer, vor allem wenn man Kilometer schruppen will. Nebenbei bemerkt, wir fahren in Spanien nie auf Autobahnen, wenn Maut verlangt wird. So kamen wir in noch unbekannte Gegenden. Nur wegen dem Hostal-Hinweisschild am Straßenrand wurden wir auf Remolinos aufmerksam. Es war zwar noch relativ früh am Tag, Zeit für einen Rundgang.
Das Auto musste auf der Straße bleiben.
Blick aus dem Fenster unseres Zimmers.
Remolinos ist eine Gemeinde in der Provinz Saragossa in Aragonien und zählt nur wenig über 1100 Einwohner. Das kleine Dorf liegt am Fluss Ebro und damit in einem breiten Tal. Nur nach Norden hin beginnt ein Gebirge. Wir waren von Alagón aus rechts auf die A-126 Richtung Nordwesten abgebogen. Alagón und damit auch Remolinos liegen nordwestlich von Zaragoza.
Dorfkirche Iglesia de San Juan Bautista
Ich hatte Glück und konnte das Geläut aufnehmen.
Remolinos muss schon früh gegründet worden sein. Davon zeugen einerseits einige sehr alte Häuser, andererseits die Höhlenwohnungen unmittelbar am nördlichen Ortsrand, wo die Berge beginnen. Der nahe Ebro war natürlich auch ein Vorteil. Der kleine Ortskern wird von der Dorfkirche Iglesia de San Juan Bautista dominiert, die aber leider verschlossen war.
Straße zur Kirche im Zentrum
Wie überall gibt es viele Tauben.
Eine Besonderheit ist die Ermito Santo Christo, eine in den Fels gehauene Bergkirche direkt über Remolinos. Eigentlich macht gerade diese Kirche den Ort so interessant. Für eine Besichtigung muss man sich beim Geistlichen melden, der dann das Aufschließen organisiert, natürlich gegen einen kleine Spende. Zu bestimmten Zeiten finden auch Gottesdienste statt. Es ist schade, dass wir uns nicht darum gekümmert haben.
Die Bergkirche ist Teil von Remolinos.
Jesus Christus ist weithin sichtbar.
Noch weiter oben, auf der Spitze des Bergs steht eine Jesus-Statue, die von unten weithin sichtbar über dem Ebro-Tal thront. Natürlich waren wir neugierig geworden und suchten den Zugang hinauf auf den Berg. Ein wirklich schon sehr alter Mann zeigte uns die Richtung, in die wir laufen sollten. Er hatte wie üblich auf einer ebenso uralten verwitterten Bank vor seinem Häuschen gesessen.
Die Mauer stützt den Kirchenvorplatz.
Der Felsblock mit Kirche im Inneren
Die Häuser am Berg waren teilweise nur durch ihre Frontseite als solche erkennbar. Der größte Teil war in den Berg gehauen. So etwas hatten wir auch schon in anderen Gegenden von Spanien gesehen. Leider war es uns noch nie vergönnt, eine solche Wohnung von innen zu sehen. Wir hatten uns auch dieses Mal nicht getraut, einfach anzuklopfen. Außer dem alten Mann war niemand auf der Straße zu sehen.
Der nächste Felsvorsprung östlich der Kirche
Alle Häuser sind nach Süden ausgerichtet.
Diese in Stein gehauenen Unterkünfte sind aus unserer Sicht natürlich romantisch, aus der Sicht der Bewohner aber bestimmt aus der Not heraus geschaffen worden. Nicht jeder konnte und kann sich ein komfortables Steinhaus leisten. Einen Vorteil haben aber solche Höhlenwohnungen: Sie sind im Sommer nicht zu warm, im Winter nicht zu kalt. Das sagt man jedenfalls. Ich weiß nicht, ob das stimmt.
SE VENDE: Zu verkaufen. Es hat gebrannt.
Der größte Teil der Wohnfläche ist im Berg.
Noch beim Aufstieg hatten wir vage gehofft, das Innere der Kirche sehen zu können. Die Sonne stand schon recht tief, und wir wussten nicht, wie lange wir für den Exkurs brauchen würden. Der Weg nach oben war etwas anstrengend. Je höher wir kamen, desto mehr sahen wir von der näheren Umgebung. Wir hatten nicht erwartet, dass es so viele Höhlenwohnungen gibt.
Der Fluss Ebro
Fast geschafft, kurz vor dem Eingang zur Kirche
Berge nördwestlich von Remolinos
Offensichtlich hatte jede Wohnung einen Stromanschluss, es waren die Leitungen zu sehen. Die Wasserversorgung war natürlich nicht sichtbar, aber einen solchen Höhlen-Dauerwohnsitz ohne Wasseranschluss kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht gibt es auch Quellen? Der Erosionsgrad der Berge beweist, dass zu gewissen Zeiten viel Wasser aus dem Gebirge kommt.
Das nachts leuchtende Kreuz über dem Eingang
Auch der Eingangsbereich ist nachts beleuchtet.
Industriegebiet von Remolinos am Fuße der Berge
Ein Weg führt über Treppenstufen, gesichert mit einem Holzgeländer, hinauf zum Kreuz. Der Weg ist als Leidensweg Christi gekennzeichnet. In gewissen Abständen stehen Tafeln mit Steingutbildern die zeigen, welche Etappen Jesus Christus durchlaufen musste. Oberhalb der Kirche führt dann ein Weg in die Berge. Er ist auch als Wanderweg ausgewiesen.
Remolinos im Ebrotal
Weg zum Kreuz
REMOLINOS AL SAGRADO CORAZON, 24 JUNIO 1950
Oben angekommen ist die Aussicht fabelhaft. Remolinos liegt zu Füssen, das weitläufige Ebro-Tal verliert sich am Horizont. Man ist gezwungen, inne zu halten und über Dinge nachzudenken, die nicht so alltäglich sind. Uns ging es jedenfalls so. Es ist immer wieder bemerkenswert, wie tief der Glaube in Spanien verwurzelt ist. Die vielen Heiligenfiguren zeugen davon.
Jesus Christus, Blickrichtung nach Süden
Eine der Tafeln, die den Leidensweg illustrieren
Die Statue ist jedem Wetter ausgesetzt.
Je mehr sich die Sonne dem Horizont näherte, desto mehr bekamen die Berge die Farbe des Abendrotes. Auf den Fotos ist die Stimmung nur ansatzweise erkennbar. Wir konnten uns garnicht satt sehen von der immer unwirklicher erscheinenden Bergwelt im Rücken und dem Schauspiel der untergehenden Sonne am Horizont. Weiter oben habe ich schon geschrieben: Remolinos ist etwas Besonderes.
Der Ebro, dahinter Alagón
Pfarrkirche von Remolinos
Der Aufstieg zur Bergkirche hat sich gelohnt. Wir würden es immer wieder tun, das nächste Mal mit Besichtigung des Inneren der beiden Kirchen und wenigstens einer Höhlenwohnung. Das hatten wir uns fest vorgenommen. Es war dann schon fast dunkel, als wir im Zimmer unser kärgliches Mal anrichteten. Doch was ist schon gutes Essen gegen diese Ansicht eines friedvollen Sonnenuntergangs.
Die Abendsonne tünscht die ganze Landschaft
Der Aufstieg zum Kreuz
Remolinos > Tauste > Gallur > Borja > Tarazona > Ágreda > Villar del Campo > Soria > Abejar > La Gallega > N-234 Rast > Hacinas > Carazo > Santo Domingo de Silos > Lerma > Burgos > Melgar de Fernamental, Hostal LEO
Der zweite Abschnitt quer durch Spanien in Richtung Santiago begann in Remolinos und endete nach rund 350 Kilometern in Melgar de Fernamental. Lezteres war für uns nicht das geplante Ziel, aber dort stand unser nächstes Bett. Die Bergkirche von Remolinos noch im Kopf fuhren wir südlich des Gebirges Sierra de Cebollera über Soria in Richtung Burgos, immer bereit für neue Abenteuer, d.h. ungewöhnliche Dörfer und sehenswerte Landschaften.
Erste Rast nach Remolinos (41.828926, -2.948199)
Strahlend blauer Himmel
Am Abzweig von der N-234 nach Talveila
Mittagshitze und viel Platz
Hacinas stand auf dem Hinweisschild an der N-234 und es war schon Mittagszeit. Der weithin sichtbare Felsen oberhalb des Dorfes machte uns neugierig. Wir waren kaum 120 Kilometer gefahren und hatten gerade Soria hinter uns gelassen. Der Ort wirkte wie ausgestorben. Kein Mensch war zu sehen. Auf einem kleinen Platz stellten wir das Auto ab, um die nähere Umgebung zu erkunden.
Der Ort wirkte wie ausgestorben. (41.985151, -3.287009)
Glockenturm der alten Burg
Hacinas hat nur um die 150 Einwohner, liegt in rund 990 Meter Höhe und gehört zur Provinz Burgos. Burgos ist nur etwa 60 Kilometer entfernt. Es gibt zwei Kirchen, die Ermita de Santa Lucía, die etwas außerhalb an der Straße nach Burgos liegt, und die Iglesia parroquial San Pedro Apóstol mitten im Zentrum. In Nähe dieser Kirche gibt es einen Glockenturm des Heiligen Herzens mit einer Jesus-Statue.
Neben den zwei Autos war es nicht ganz so einsam.
Weg hinauf zur Pfarrkirche von Hacinas
Ein von der Kirche abgesetzter Glockenturm (Espadaña del Sagrado Corazón en Hacinas) ist ein Sandsteinfelsen, auf dem zwei Halbkreisbögen ruhen. Diese tragen die Jesus-Statue und zwei bewohnte Storchennester. Wahrscheinlich sind die Störche ganzjährig hier. Obwohl die Region ziemlich hoch liegt, trocken ist und Hacinas u.a. vom Weinbau lebt, scheint es genügend Nahrung für die Vögel zu geben.
Garten Eden zu Füßen von Jesus (Pflanzen auf dem Fels)
Kirche in Hacinas, dem Heiligen Apostel Petrus gewidmet
Ich bin mir nicht sicher, ob der Jesus-Turm (Bezeichnung von mir) zu den Resten einer Burg gehört, die Ende des 9. Jh. erbaut wurde. Die Burg soll früher aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage während der Konflikte zwischen der Grafschaft Kastilien und dem Königreich Navarra eine wichtige Rolle gespielt haben. Die unweit stehende Kirche ist ein separater Bau und hat einen eigenen Glockenturm.
Jesus Christus gemeinsam mit seinen beiden Störchen
Glockenturm der Iglesia parroquial San Pedro Apóstol
Mit Burg-Plateau ist die obere Fläche des begehbaren Sandsteinblockes gemeint, der entsprechend einer Hinweistafel zum ehemaligen Castillo gehört. Wahrscheinlich hat man die Burg auf einen natürlichen Felsblock gebaut, wie es damals aus verteidigungstechnischen Gründen üblich war. Man kann ohne Mühe hinaufgehen. Die Aussicht ist super.
Alter Brunnen, 17 m offen, bis 39 m erforscht.
Sandsteinhügel mit Resten der ehemaligen Burg
Aufgang zum Felsplateau der Burg
Eine besondere touristische Attraktion sind einige fossile Bäume. Sie wurden in den 1940-iger Jahren entdeckt, später freigelegt und 1976 in das Dorf gebracht. Seitdem können sie besichtigt werden. Es gibt heute drei fossile Bäume, die im Besucherzentrum stehen. Sieben weitere Bäume sind noch nicht ausgegraben. Die fossilen Überreste sollen 120 Millionen Jahre alt sein.
Stadtwappen von Hacinas über dem Burgbrunnen
Die Kirche steht gleich neben der Burg.
Auf dem Kirchendach gedeihen die Bäume.
Die folgenden Bilder geben Anlass, nochmals auf die Störche einzugehen. In Spanien sind Störche weit verbreitet und gehören zum normalen Landschaftsbild. Es wird gesagt, dass Störche nur auf Häusern brüten, in denen Friede herrscht. Nun, der Turm mit Jesus ist sicherlich ein Inbegriff des Friedens. Die Störche fühlen sich jedenfalls hier wohl. Wahrscheinlich sind diese Nester auch im Winter belegt.
Die Störche scheinen sich in Hacinas wohl zu fühlen.
Auch dieser Fels ist bewohnt.
Normalerweise ziehen die Störche vom Norden kommend jedes Jahr bis nach Afrika. Wegen der im Vergleich zu früher jetzt milderen Temperaturen auch in den Wintermonaten bleiben viele Weißstörche aber schon in Spanien hängen, zumal das Futterangebot wegen der offenen Mülldeponien auch außerhalb von Feuchtgebieten sehr gut geworden ist. So sparen sich die Vögel die lange Reise.
Der Stab neben Jesus ist ein Blitzschutz.
Zwei Nester, duch den Sockel der Statue getrennt.
Unser Besuch in Hacinas war rein zufällig, gewissermaßen nur ein Halt auf der Durchreise. Die hoch über dem Ort thronende Jesus-Statue hatte uns angelockt. Um die nähere Umgebung von Hacinas zu erkunden oder eine Wandertour zu machen, hatten wir keine Zeit.
Hacinas liegt in der Weinbauregion Sierra de la Demanda
Weg zum Burg-Plateau
Friedhof am Rande von Hacinas
Dafür hat uns aber die Aussicht vom Burg-Plateau aus sehr gefallen. Im Nordosten strahlten die schneebedeckten Berge der Sierra de Cervada, im Südwesten machten uns relativ niedrige Berge neugierig, die wie Uferböschungen aussahen. Und das Dorf lag uns zu Füßen.
Hinten das Hochland der Sierra de Cervera
Hacinas
Dieser Berg interessierte uns (Pico de la Rastra)
Die heutige Kirche mit gotischen Zügen wurde im 17. Jh. gebaut. Sie ist dem Heiligen Apostel Petrus gewidmet. Vorher stand dort eine frühere romanische Kirche aus dem 12. Jh. Das Taufbecken aus dem 12. Jh. ist noch vorhanden. Ebenso sind barocke vergoldete Altar-Schnitzereien erhalten, die aus dem Jahre 1704 stammen. Ähnliche Schnitzkunst vom gleichen Meister ist auch in Burgos zu finden.
Weg hinauf zum Eingangsportal der Kirche
Der Heilige Apostel Petrus über dem Eingang der Kirche
Die Burg wurde wahrscheinlich im 10. Jh. gebaut und ist bis Mitte des 18. Jh. bewohnt gewesen. Danach verfiel sie. Heute sind nur noch wenige Meter der 1,5 Meter dicken Burgmauer erhalten. Erst 1975 bekam Hacinas eine öffentliche Wasserversorgung. Mit der Modernisierung des Ortes (Straßenpflaster, Telefon, Beleuchtung) und die fossilen Bäume wurde Hacinas zusehends auch für den Tourismus attraktiv.
Weg von der Kirche hinunter zum Dorf
Ein alter Mühlstein
Die iberische Halbinsel ist besonders in den ländlichen Gebieten aufgrund der oftmals alten bzw. historischen Häuser nicht mit Deutschland vergleichbar. Schon deshalb lieben wir (die Touristen) das ganz eigene Gefühl des Südens. Vieles ist nicht ganz so akurat und gründlich, dafür insgesamt aber lebenswerter.
Rückseite des Glockenturms mit Jesus-Statue
Typisch spanische Architektur
Sehr alt, schwer zu schätzen wie alt.
Dabei ist Spanien aber keinesfalls rückständig oder gar unterentwickelt. Es ist die etwas leichtere Art, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind, und nicht so, wie man sie gerne hätte. Es gibt auch in abgelegendsten Dörfern Entwicklung, oder man gibt das Dorf ganz auf und es verfällt. Auch das ist die Wahrheit.
Zu seiner Zeit war noch keine Antenne nötig.
Es scheint, er trägt den Blitzableiter auf dem Rücken.
Ein Kamin der besonderen Art
Von Hacinas fuhren wir Richtung Westen, immer den Berg Pico de la Rastra im Blick. Wir kamen schließlich nach Carazo, ein Nest mit rund 30 Einwohnern. Der Ort liegt in der Sierra de la Demanda, dem Quellgebiet des Río Mataviejas. Es ist kaum vorstellbar, wie einsam und verlassen die Gegend wirkt. Allerdings sind die plateau-artigen Berge interessant. Von Carazo aus führt eine schmale Straße nach Norden am Fluss entlang bis zu einer Einsiedelei. Dann kann man bis hoch hinauf zum Plateau wandern.
Pico de la Rastra (1418 m), Nähe Carazo
Das Tal selbst gehört eigentlich zum 200 Kilometer langen und etwa 50 Kilometer breiten Ebro-Becken, das zu Füßen der südlichen Pyrenäen liegt. Das flache Tal war früher ein breiter Strom. Die Berge sind sicherlich die Uferböschungen dieses riesigen Urstromes gewesen. Jetzt bildet das Becken die kastilische Hochebene. Der Ebro ist zwar immer noch da und außerdem der zweitlängste Fluss Spaniens, aber er ist gemessen an seiner einstigen Größe nur noch ein kleines Rinnsal. Er fließt ins Mittelmeer.
Blick zurück auf Hacinas
Der Ort Carazo wurde bereits im 10 Jh. gegründet (oder wiederbesiedelt?), nachdem König Alfons III. das Gebiet zurückerobert hatte. Funde keltischer Kultur in den Resten einer Höhenfestung weisen auf eine frühe Besiedlung dieser Gegend hin. Historisch bedeutsamer ist allerdings das nur 7 Kilometer entfernte Kloster Santo Domingo de Silos.
Im Nationalpark Parque Natural Sabinares del Arlanza
Der Pico de la Rastra ist von Carazo aus erreichbar.
Die Kirche von Carazo ist der Heiligen Eugenia von Rom geweiht. Die heutige Kirche wurde im 17. Jh. am Platze eines romanischen Vorgängerbaus errichtet. Der Glockenturm und das Portal sind im klassischen Stil gebaut und ohne Besonderheiten. Von der früheren romanischen Kirche existiert noch der Taufstein. Leider war auch diese Kirche verschlossen.
Carazo, Iglesia de Santa Eugenia (41.967434, -3.356233)
Dünn besiedelt und noch mit alten Kilometer-Steinen
Von Burgos aus in Richtung León kamen wir auf der N-120 direkt durch den Ort Melgar de Fernamental. Hätten wir die Autobahn A-231 genutzt, wäre uns der Ort verborgen geblieben. Nicht weit vom Parkplatz prangte das Schild "HOSTAL LEO" an der Hauswand, da gab es kein langes Überlegen. Für einen unsagbar niedrigen Preis wurde ich mit dem Besitzer schnell handelseinig.
Hostal Léo (42.402389, -4.244533)
Konkurrenzlos günstig
1 Doppelbett, 1 Stuhl, 1 Schrank, 1 Bad mit Dusche
Das Zimmer war sehr klein, hatte aber ein Bad mit Dusche. Etwas amüsant fanden wir, dass der etwas ältere Herr den Zwanziger hinter unserem Rücken heimlich hin- und her wendete. Er traute wohl dem Euro-Schein nicht so richtig, steckte ihn dann aber doch in seine Hosentasche. Der Preis war natürlich ohne Frühstück, übrigens der niedrigste auf unserer gesamten Jakobs-Tour.
Kulturzentrum Santa Ana (Centro Cultural Santa Ana)
Jesus-Statue auf dem Turm des Kulturzentrums
Der Hinterhof des Hostals
Melgar de Fernamental ist ein größerer Ort am Río Pisuerga in der kastilischen Hochebene. Die kleine Stadt ist allerdings nicht so groß wie das 50 Kilometer östlich liegende Burgos mit rund 150.000 Einwohnern. Melgar hat heute (2009) nur noch etwa 1600 Einwohner, die Bevölkerungszahl ist seit 1960 abnehmend.
Casa del Ayuntamiento (Rathaus) auf dem Plaza de España
Straße Richtung Museo Parroquial
Auch hier die Überbauung öffentlicher Fläche.
Trotzdem ist Melgar historisch gesehen ein wichtiger Ort. Erste Ansiedlungen gab es schon in der Eisenzeit, später war der Ort keltisch. Das beweisen Ausgrabungen keltischer Gegenstände, die auf das Jahr 580 datiert werden konnten. Auch der Name Melgar ist keltischen Ursprungs (amelga: ein Streifen Land).
Innenstadt nahe dem Plaza de España
Diese Überbauten erweitern das Haus über den Gehweg.
Hier sind sogar 2 Stützreihen, um mehr Platz zu haben.
Es gibt nördlich von Melgar eine Ausgrabungsstätte, die Dessobriga heißt. Der Name ist keltischen Ursprungs. Auf die Überreste aus der Eisenzeit ist man bei der Erschließung des Autobahnprojektes gestoßen. Das Ausgrabungsgebiet hatte in 2001 ein Größe von 5.000 Quadratmeter. Es wurden 19 kreisförmige Hütten und u.a. auch Öfen zur Eisenherstellung gefunden.
Erst nach den Ausgrabungen wurde der Autobahnbau A-231 freigegeben. Aber auch im jetzigen Stadtgebiet von Melgar de Fernamental ist man in jüngster Zeit auf bisher nicht bekannte Mauern gestoßen, die teilweise auch einer Art Stadtmauer zuzuordnen sind.
Die zentrale Kirche von Melgar de Fernamental hatten wir beim Stadtrundgang glatt übersehen. Sie heißt Iglesia parroquial de Santa María de la Asunción (Kirche Mariä Himmelfahrt). Die heutige Kirche ist das Ergebnis einiger Neu- und Umbauten der vergangenen Jahrhunderte. Im 13. Jh. stand eine romanische Kirche am Platz, im 14. Jh. folgte ein Neubau und im 16. Jh. wieder ein Neuaufbau. Der Turm im neoklassizistischen Stil stammt aus dem 18. Jh.
Bemerkenswert ist, dass in der Kirche im 16. und 17. Jh. bis zu drei Orgeln gleichzeitig in Betrieb waren. Wer zufällig nach Melgar kommt, sollte sich das Ganze mal von innen anschauen.
Statue auf dem Turm des Kulturzentrums Santa Ana
(Centro Cultural Santa Ana)
Iglesia parroquial de Santa María de la Asunción
(Urheber: Jsierro 2014, © nach CC BY-SA 3.0 ES) 6
Turm vom Kulturzentrum Santa Ana
Leider liegt Melgar nicht direkt am Jakobsweg von Burgos nach León (Camino Francés), so dass der kleine Ort nicht so sehr vom Pilgerstrom profitiert. Der Jakobsweg führt von Burgos über Castrojeriz, ca. 14 Kilometer weiter südlich.
Wäsche am Río Pisuerga. Die Straße ist öffentlich.
Wir sind am nächsten Tag frühzeitig weiter in Richtung León gefahren, haben dann aber bewusst kleine Straßen über Land genutzt, um noch mehr die spanische Provinz kennenzulernen.
6 Iglesia de Santa María de la Asunción, Urheber: Jsierro 2014, © nach CC BY-SA 3.0 ES,
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Iglesia de Santa María de la Asunción Melgar - Torre y lateral.jpg.
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/es/deed.en, Zuschnitt: Peter Egon Burkhardt 2020, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Melgar de Fernamental > El Burgo Ranero > N-120 León > Puente de Órbigo (vor Astorga) > Urbanización Camino de Santiago > Barrientos > Riego de la Vega > Castrotierra de la Valduerna (Kirche, Rast, Calle Santuario) > Fresno de la Valduerna > Robledino > Robledo de la Valduerna > Destriana > Castrillo de la Valduerna > Tabuyo del Monte > Priaranza de la Valduerna > Luyego de Somoza > Villalibre de Somoza > Lucillo > Santa Colomba de Somoza > Rabanal del Camino > Foncebadón > Cruz de Ferro (1500 m) mit Ermita Santiago Apostol > El Acebo de San Miguel > Riego de Ambros > Molinaseca > Partricia > Ponferrada > Priaranza del Bierzo > Santalla del Bierzo > Salas de la Ribera > Carucedo > OU536 Puente de Domingo Flórez, Hostal La Torre
Von Melgar aus hatten wir für heute das Pilgerkreuz als Ziel, ein Hostal fanden wir in Puente de Domingo Flórez.
Wir fuhren von Melgar aus vorerst auf der N-120.
Es gibt mehrere Möglichkeiten.
Jakobsweg zwischen Carrión de los Condes und Sahagún
Jakobsweg parallel zur N-120
Etwa 20 Kilometer nach Melgar trifft der Jakobsweg von Burgos kommend zum zweiten Mal auf die N-120. Als Pilger kommt man durch Carrión de los Condens, kurz danach auf den Rastplatz an der N-120.
Berge der Naturparks Fuentes Carrionas und Fuente Cobre-Montana Palentina (ca. 50 km nördlich der N-120)
Jakobsweg an der N-120 (nach León, parallel zur AP-71)
Kurz vor Astorga haben wir dann die langweilige N-120 in Richtung Süden verlassen. Die Fotos mit den Ortsschildern sprechen eine eindeutige Sprache.
Von ein paar Ausnahmen abgesehen folgt der Weg der relativ stark befahrenen N-120, teils direkt parallel zur Haupstraße, teils abkürzend durch die Felder. Das geht so bis León und weiter Richtung Astorga.
Es könnte der Picos de Europa sein (Parque Nacional Picos de Europa), nördlich der N-120.
Fahrt über schmale Straßen durch kleine Dörfer
In den Dörfern scheinen die Einkommensverhältnisse schlecht zu sein. Nur wenige Häuser waren renoviert oder neu, viele dagegen baufällig oder schon verfallen.
Castrotierra ist ein kleines Dorf mit nur 230 Einwohnern (Stand 2009). Hätten wir nicht die Kirche auf einem Hügel außerhalb des Dorfes gesehen, wären wir ohne Stopp weitergefahren. Der schmale Fahrweg hinauf war kein Problem, kein Auto kam entgegen, kein Mensch war zu sehen. Es wirkte alles sehr verlassen.
Rast auf windiger Höhe
Glockenturm, wahrscheinlich der Lautsprecher als Ersatz
Weg zum hinteren Tor
Am Tor war zwar eine Info-Tafel, doch wir konnten uns keinen Reim darauf machen. Des Spanischen nicht mächtig war die Bedeutung der umfriedeten Anlage nicht ergründbar. Erst jetzt beim Schreiben habe ich einige Infos zusammengetragen. Damit ist jetzt klar, was für einen historisch bedeutsamen Ort wir besucht hatten.
Hinterer Ausgang. Die Mauer umgibt das gesamte Areal.
Der Kopf wurde auch in 2021 nicht ersetzt.
Auf dem Hügel ist die Trockenheit gut messbar.
Die Kirche Santuario de Nuestra Señora de Castrotierra (Heiligtum Unserer Lieben Frau von Castrotierra) wurde im 17. Jh. gebaut, im 18. Jh. grundlegend restauriert und danach immer wieder instant gehalten, zuletzt in 2021 der Glockenturm und die Beseitigung vieler anderer baulicher Schäden. Der Grund ist nicht nur die nötige Instanthaltung alter Gebäude, sondern in diesem Falle auch die historische Bedeutung dieser Kirche für das Wetter der Region. Das klingt verrückt, ist aber so. Die Kirche ist nicht nur ein heiliger Ort des Christentums, sondern ein besonderes Heiligtum, da sie der Göttin des Regens gewidmet ist. Die Jungfrau ist als romanische Schnitzkunst im Inneren erhalten geblieben.
Die Kirche soll sich, da sind sich die Historiker einig, auf dem Grund einer alten Siedlung aus der Eisenzeit befinden. Das beweisen entsprechende Ausgrabungen. Einst eine Festung wurde sie später von den Römern als Kontrollpunkt der Region León genutzt.
Santuario Virgen Del Castro (42.335415, -5.998134)
Eingang zum Kirchengelände, leider verschlossen.
Die Jungfrau von Castrotierra gilt als Göttin des Regens. Die Legende geht auf das 5. Jh. zurück. Angesichts einer anhaltenden 7-jährigen Dürre gingen die Bauern zum Bischof von Astorga, Santo Toribio, mit der Bitte um Hilfe. Der Bischof riet den Bauern, das Bild "Unserer Lieben Frau" in einer Prozession von Castrotierra nach Astorga in die Kathedrale zu bringen. Nach der Weihung solle sie zurückgebracht werden, damit Gott sich um ihre Gebete kümmere. Und so geschah es. Bald regnete es wieder. Die Prozession findet seitdem traditionell alle 7 Jahre im Juni statt. Fällt zu lange kein Regen, kann die Prozession auch im kürzeren Abstand erfolgen.
Ein Dokument über diese Prozession stammt aus dem Jahr 1557. Heute wird die Marienfigur von Castrotierra in einer von vielen Gläubigen begleiteten Prozession in die Kathedrale von Astorga gebracht, verbleibt dort neun Tage und wird dann wieder in ihr Heiligtum auf dem Hügel zurückgeführt.
Glockenturm mit Dachschäden (2021 repariert)
Figuren über dem Eingangsportal
Zu den folgenden Fotos ist nicht viel zu sagen. Ich hatte mich auf die Ortsschilder beschränkt. Wir sind sowieso nur durchgefahren. Was da allerdings so im Vorbeifahren zu sehen war, machte uns nachdenklich. Es gibt so gut wie keine Neubauten. Auch die Bevölkerungsstatistiken weisen lt. Wikipedia eine stetige Landflucht aus.
Fresno de la Valduerna
Robledino de la Valduerna
Das neue (?) Destriana-Schild lehnt noch am Zaun.
Mir ist es in solchen einsamen und vor allem armen Dörfern fast schon unangenehm, Fotos zu machen. Von den Bewohnern war zwar sowieso nie jemand sichtbar. Nur das vereinzelte Bellen zeigte an, dass da noch Leute wohnen. Manche Häuser waren aber auch schon verfallen und die Grundstücke verwildert.
Robledino
Robledino
Destriana-Ortsschild, mit Plastikfolie verpackt
In Rabanal kamen wir wieder auf den richtigen Camino, d.h. auf den Weg, den die Pilger laufen. Bei unserer Fahrt über die Dörfer trafen wir nicht einen einzigen Pilger. Hier in Rabanal del Camino waren sie plötzlich wieder da. Etwa 4 Kilometer weiter den Berg hinauf liegt der Ort Fóncebadon, und nach weiteren 2 Kilometern Fußmarsch ist die erste große Etappe auf dem Camino Francés geschafft. Man steht vor dem großen eisernen Kreuz in über 1500 Meter Höhe.
Von Foncebadón aus sind es nochmals etwa zwei Kilometer und 50 Höhenmeter bis zum Kreuz. Mit dem Auto kann man bequem die Pass-Straße nutzen, die über die Montes de León (Berge von León) führt. Der Pilgerweg verläuft direkt durch das Dorf und dann etwas seitlich von der Straße hinauf zum Kreuz.
Wir hielten uns in Foncebadón nicht weiter auf. Im Nachhinein denke ich, wir hätten uns die Kirche näher anschauen sollen. Doch irgendwie wollten wir so schnell wie möglich am Kreuz sein, um unsere Last ablegen zu können – die eigene und die mitgegebene unserer Freunde.
Foncebadón war vor einiger Zeit fast völlig verlassen, obwohl es im Mittelalter eine wichtige Station auf dem Jakobsweg war. Im 10. Jh. fand hier sogar ein Kirchenkonzil statt. Es gab auch eine Pilgerherberge, deren Gründung im 11. Jh. erfolgte. Doch später nahm der Pilgerstrom ab und Foncebadón verlor an Bedeutung. Jetzt gibt es wieder eine Herberge an der Kirche, die auf Initiative einer St.-Jakobs-Bruderschaft aus Österreich in 2001 hergerichtet wurde.
Cruz de Ferro, Eisenkreuz am Camino Francés de Santiago, wichtige Etappe der Jakobs-Pilger. (42.488697, -6.361485)
Dieser Steinhaufen wächst von Jahr zu Jahr. Jeder, der diesen Ort besucht, legt hier mitgebrachte Steine oder andere Dinge ab, um sich so von seinen Sorgen zu befreien. Es folgt die Bitte, dass Wünsche in Erfüllung gehen.
Utensilien aus aller Welt
Millionen Pilger haben diesen Stamm, der das Kreuz trägt, schon berührt. Der Baumstamm wurde schon mehrmals, zuletzt in 2000, mit einer Kettensäge abgesägt. Das können nur "Verrückte" gewesen sein.
Einige unserer Glücks-Steine
Im Laufe der Geschichte war dieser Platz, an dem heute das Kreuz steht, schon immer eine Kultstätte der besonderen Art. Mit dem Ablegen eines kleinen Steines huldigten die Kelten ihrem Wegegott. Immerhin markiert dieser Ort den höchsten Punkt auf dem Weg nach Ponferrada. Es gibt auch einen Original-Steinhaufen aus der Römerzeit, der durch Huldigung der römischen Wege-Gottheit Merkur entstanden sein soll. Dieser Steinhaufen befindet sich 300 Meter abseits der Straße. Das Kreuz soll ein christlicher Eremit aufgestellt haben. Seit 1986 befindet sich das Originalkreuz (oder zumindest ein älteres) im Museo de los Caminos in Astorga. Heute ist das Kreuz zusammen mit der kleinen Kapelle, die in 1982 errichtet wurde, der bedeutendste Punkt des Pilgers auf dem Camino de Francés nach Santiago de Compostela.
Pilgerweg nach Santiago (noch 236 km). Hinter dem Hügel (Passhöhe ist 1531 m) geht es bis nach Ponferrada nur noch abwärts, teilweise auf geschlungenen Pfaden und ziemlich steil. Pilger auf dem Fahrrad hatten da schon Probleme, vor allem bei Regen wegen des aufgeweichten Weges. Bei der Abfahrt nach El Acebo ist der deutsche Radpilger Heinrich Krause tödlich verunglückt.
Unser Aufenthalt dauerte etwa eine Stunde, eingerechnet die Kochzeit unserer Linsensuppe. Der Park- und Rastplatz auf der anderen Straßenseite vom Kreuz ist fast schon Luxus. Nicht immer hat man die Möglichkeit, sich vor Regen geschützt an einen überdachten Tisch setzen zu können. Auf dem Steinhaufen war ein ständiges Kommen und Gehen. Viel Zeit blieb da nicht. Schließlich will dort jeder Besucher seinen Wunsch äußern, sei es still oder auch laut im Gebet. Es werden nicht nur Steine abgelegt. Wir sahen auch beschriftete Muscheln, Wunschzettel, Briefe und ganze Notizbücher, vollgeschrieben mit allerlei persönlichen Berichten und Bemerkungen. Ich würde allzu private Utensilien nicht hinlegen. Leider gibt es auch Leute, die den Holzmast zur Info ICH-WAR-AUCH-HIER missbrauchen. Dieser Ort ist kein toter Briefkasten!
Park- und Rastplatz gegenüber dem Cruz de Ferro. Der Rastplatz wurde erst vor einigen Jahren angelegt. Man kann grillen, und es gibt einige überdachte Plätze. Im Auto zu übernachten dürfte kein Problem sein. Es ist fraglich, ob Wohnmobile zulässig sind, wahrscheinlich nicht. Trotzdem ist es fast das ganze Jahr über ein extrem touristischer Anlaufpunkt, nicht nur für Pilger.
Unsere Autotüren schlugen zu, und in einem Moment des Nachdenkens verharrten wir, als wären wir festgeklebt. Zögernd startete ich schließlich den Motor und fuhr in Schrittgeschwindigkeit Richtung Westen, Santiago entgegen. Unsere Gedanken waren bei unseren Lieben und in Genugtuung, für sie und uns selbst etwas Gutes getan zu haben.
El Acebo ist der erste Ort nach dem Cruz de Ferro, der noch wirklich bewohnt ist. Die Häuser fügen sich malerisch in die Landschaft ein. Das Foto mit Ponferrada am Horizont hat ein Pilger am 23.4.2009 früh um 7 Uhr gemacht. Da schien noch keine Sonne. Unsere Fotos sind vom gleichen Tag, allerdings mit Zeitstempel 18.21. Ein seltsamer Zufall. Das Pilgerfoto stand frei (Public domain) in der deutschen Wikimedia, und so landete es schließlich hier in diesem Bericht.
El Acebo und im Hintergrund Ponferrada im April 2009
(Urheber: Marathoni62 de.wikipedia, © Public domain) 7
Gegenverkehr ist hier nicht erwünscht.
Nach knapp 3 Kilometern rissen uns ein paar Häuser in das Jetzt zurück. Manjarín stand auf auf dem kleinen Schild. Heute wissen wir, der kleine Ort hat schon bessere Zeiten erlebt. Schon in 1180 gab es ein Pilger-Hospitz, dann aber Anfang des 19. Jh. keine Einwohner mehr. Die jetzige Pilgerherberge existiert seit den 90-iger Jahren, mit Tempelritter-Fahne.
In Acebo geht es eng zu. Selbst die Durchgangsstraße ist so schmal, dass mancher Bus an den weit herausgebauten Holzbalkonen hängen geblieben ist, so wird berichtet. Die Häuser sind meist aus Schiefergestein, auch die Dächer. Ab und zu sieht man ein neues Haus oder einen Anbau. Das Dorf lebt also noch. Es gibt sogar ein paar Ferienwohnungen, ein Restaurant, einen Shop für das Nötigste und natürlich eine Dorfkirche, die dem heiligen Michael geweiht ist.
El Acebo de San Miguel (42.497687, -6.455866). Die Balkone über der Straße haben schon Bus-Dächer beschädigt.
Weiter geht's bergab über kleine Nester nach Ponferrada.
7 El Acebo im April 2009, Urheber: Marathoni62 2009, © Public domain, Foto-Aufnahme: 2009-04-23 07.06 Uhr, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:El-acebo_ponferrada_2009.jpg, Zuschnitt und Farbanpassung: Peter Egon Burkhardt 2020, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen.
Puente de Domingo Flórez > N-536 O Barco > N-120 A Rúa > N-120 Monforte de Lemos > LU-533 Chantada > N-540 Taboada > LU-212 San Martiño de Couto > LU-212 Monterroso > LU-212 Palas de Rei > N-547 Melide > N-547 Arzúa > N-547 O Burgo > N-547 O Amenal > A-54 Santiago de Compostela N-634 > N-550 Parking Xoán XXIII (Parkhaus) > DP-0701 Taberna O Cruce > DP-0701 Cernadas > AC-406 San Román > AC-406 Santa Comba > AC-404 Zas > AC-404 Baio Grande (Hostal Pensión Residencia Miñones) (43.148298, -8.965295)
Eigentlich hofften wir, in Ponteferrada ein Hostal für die Nacht zu finden. Ich gebe zu, gesucht haben wir nicht. Wir kamen dann auf die N-536, fuhren südlich und landeten schließlich in Puente de Domingo Flórez, einem kleinen Ort in Nähe des Staubeckens Rio Sil.
Durch den See und die umliegenden bewaldeten Berge ist die Gegend erholsam und schön. In Spanien ist das nicht selbstverständlich, viele Gebiete sind trocken und ohne Wald. Hätten wir nicht unser großes Ziel vor Augen gehabt, wir wären hier länger geblieben.
Die Tankstelle ist gleich neben dem Hostal.
Heute, am Freitag den 24.4.2009, wollten wir endlich beim Heiligen Jakobus in Santigo ankommen, unsere Hoffnungen und Bitten kund tun und Kraft schöpfen für uns und unsere Lieben. Das hört sich theatralisch an, war aber so. Schon früh um 8 standen wir an der Tankstelle. Wir waren voller Tatendrang und neugierig auf das vielgerühmte Santiago de Compostela.
Nur noch 82 km bis Santiago
Pilger bei strömendem Regen
Jeden Tag auspacken, jeden Tag einpacken
Beim Start war der Himmel noch blau. Das sollte sich bald ändern. Weiter im Norden oberhalb der N-640 (Nähe Monterroso) kreuzte unsere bequeme Landstraße wieder die mühselige Last des Pilgerweges. Bei strömendem Regen waren wir froh, im Auto sitzen zu dürfen. Menschen mit Regenumhängen konnten nur Pilger sein, niemand sonst würde bei dem Wetter draußen sein.
Ohne Schmierereien geht nichts, überall auf der Welt.
Santiago empfing uns mit Sturm und Schmuddelwetter.
Parkhaus Xoán XXIII (42.883785, -8.544455)
Der Name dieses Ortes geht auf die Entstehungsgeschichte zurück. Der Heilige Jakob, ein Apostel Jesus Christus, wanderte nach Jesu Himmelfahrt nach Spanien, um dort das Christentum zu predigen. Nach seiner Rückkehr nach Palästina wurde Jakob um 44 n.Ch. unter der Herrschaft von König Herodes Agrippa I. (König von Judäa) enthauptet. Die Jünger Athenasius und Theodorus übergaben seinen Leichnam einem Boot ohne Führer, das 7 Tage später an der Nordwest-Küste Spaniens strandete. Jakob wurde ins Landesinnere gebracht und auf einem römischen Friedhof im nördlichen Galicien (damals Gallaecia) beigesetzt. Das Grab geriet in Vergessenheit.
Anfang des 9. Jh. wurde ein Eremit durch tagelange Leuchterscheinungen zu einem Grab geführt. Das berichtete er dem Bischof Theodomir. Der Bischof erkannte, dass es sich um das Grabmal des Apostels Jakob handelte. Zuerst baute man unter König Alfons II. und Alfons III. über das Grab eine Kapelle, dann eine Kirche und später schließlich die heutige Kathedrale.
Dies ist die Legende um den Jünger Jakobus aus spanischer Sicht und die daraus resultierende Namensgebung "Santiago de Compostela". Santiago ist abgeleitet von lateinisch "Sanctus Iacobus", d.h. heiliger Jakob. Compostela dagegen heißt soviel wie Friedhof und kommt von lateinisch "compostum".
Bild: Apostel Jakobus im Eingangsportal der Kathedrale
(Originaltitel: Parteluz del pórtico de la Gloria de la catedral de Santiago de Compostela, Urheber: MarisaLR 2010, © nach CC BY-SA 3.0) 8
Parkhaus draußen, drinnen war alles voll.
8 Parteluz del pórtico de la Gloria de la catedral de Santiago de Compostela, Urheber: MarisaLR 2010, © nach CC BY-SA 3.0),
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/Parteluz de l pórtico de la Gloria.jpg
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en, Zuschnitt: Peter Egon Burkhardt 2021, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Das video-überwachte Parkhaus kam wie gerufen. Ich hatte schon Sorge, das Auto mitten in der Altstadt nicht längere Zeit abstellen zu können. Ein freier Platz ist oft nicht zu finden. Außerdem ist ein Auto mit ausländischem Nummernschild ein gern gesehenes Einbruchsobjekt.
Convento de San Francisco
Bildmitte: Igrexa de San Francisco
Weg zur Kathedrale durch die Innenstadt. Wir hatten keine Wegbeschreibung und sind einfach in die entsprechende
Bis zur Kathedrale konnte es nicht weit sein. Unschön war allerdings das Wetter. Es war gerade eine Art Gewitter über die Stadt gezogen, mit Starkregen und Sturmböhen. Nun war der Regen zwar weg, der Wind blies aber immer noch recht kräftig. Kein Fotowetter!
Convento de San Francisco
Iglesia de San Martín
Richtung gelaufen. Und dann plötzlich stand sie vor uns. Wir merkten erst später, dass es die Rückseite war.
Ob die Gebeine des Heiligen Jakobus oder auch nur ein paar Reliquien von ihm in der Kathedrale liegen, konnte bis heute wissenschaftlich nie bewiesen, aber auch nicht widerlegt werden. Allgemein ist bis heute durch die katholische und auch evangelische Kirche anerkannt, dass es sich bei dem wiederentdeckten Grab um das Jakobus-Grabmal gehandelt haben muss. Dies ist ein wichtiger Sachverhalt, da nur so die riesigen Pilgerströme begründbar sind.
Pilgern oder auch eine Pilgerfahrt (Wallfahrt) ist das Aufsuchen eines meist weit entfernten heiligen Ortes (Pilgerstätte) aus religiösen Gründen (Peregrinatio religiosa). Das geschieht hauptsächlich zu Fuss, in heutiger Zeit aber z.B. auch mit dem Fahrrad. Die Gründe zur Pilgerschaft sind gegenüber früher vielfältiger geworden. Religiöse Motive treten manchmal zurück, im Vordergrund stehen oft die Selbstfindung oder auch nur sportlicher Ehrgeiz. Das bedeutet aber nicht, dass eine heutige Pilgerreise weniger gerechtfertigt ist. Die Welt realistisch zu sehen, sie zu verstehen, sich in ihr zurecht zu finden und sich dabei in sein eigenes soziales Umfeld ohne Reibung einzufügen ist Grundvoraussetzung für ein zufriedenes Dasein – und dazu leistet jede Offenbarung durch das eigene ICH ihren Beitrag – auch vorzugsweise beim Pilgern.
Kathedrale, Eingang am linken Querschiff
Praza da Inmaculada zwischen dem Kloster San Martín und der Kathedrale (links im Bild)
Fahrrad-Pilger (Minimum 200 km für die Pilgerurkunde)
Um letztlich in Santiago de Compostela die sogenannte "Compostela", d.h. die Pilgerurkunde erhalten zu können, ist auf jeden Fall ein Pilgerausweis (Credincial) erforderlich. Diesen Ausweis erhält man z.B. in Pilgerbüros, aber auch über das Internet.
Kloster San Martín Pinario 1494
Seit dem Jahre 2009 sind pro Tag zwei Einträge (Stempel) erforderlich, die man in den Herbergen oder auch an anderen Stellen entlang des Pilgerweges erhält. Vor Santiago muss man mindestens 100 km zu Fuß oder 200 km mit dem Fahrrad unterwegs sein.
Um das Jahr 812 nach Christus entdeckte der Eremit Paio das Grab des Heiligen Apostels Jakobus im Nordwesten der spanischen Halbinsel, in Galicien. Manche Quellen nennen dafür das Jahr 820, andere die Zeit zwischen 824 und 829. Paio nahm nächtelang ein wundersames Leuchten über dem Wald Lebredón wahr, ganz in der Nähe der Ortschaft Solovio. In Solovio steht heute die Kirche San Fiz de Solovio auf dem Platze der einstigen Paio-Einsiedelei. Die beobachtete Erscheinung wurde dem Bischof Teodomiro de Iria Flavia berichtet. Iria Flavia ist heute ein Ortsteil von Padrón. Man fand die Reste einer Grabstätte, in der die Gebeine nicht nur des Apostels Jakobus der Ältere, sondern auch die Jünger Teodoro und Atanasio des Apostels ruhten. Zu dieser Zeit regierte König Alfons II. das Land Asturien. Dieser König war im Kloster Samos erzogen worden und gilt als erster großer Verfechter der Ehrung des Heiligen Jakob.
Als dem König Alfons II. die Entdeckung des Grabes berichtet wurde, befahl er den Bau einer Grabes-Kirche. Doch erst König Alfons III. von Asturien (866 bis 910) realisierte den Bau einer größeren Kirche, die heute als Vorläufer der Kathedrale von Santiago gilt. An gleicher Stelle entstand später die Stadt Santiago de Compostela. Der Sitz des Bischofs Teodomiro wurde im Jahre 1095 von Iria Flavia nach Santiago verlegt. Die Reliquien des Bischofs Teodomiro befinden sich heute ebenfalls in der Kathedrale. Mit dem Bau der Kathedrale wurde im Jahre 1078 begonnen, die Weihe erfolgte 1128. Erst im 18. Jh. bekam die Kathedrale ihren heutigen barocken Mantel.
Mit den asturischen Königen Alfons II. (der Keuche) und Alfons III. (der Große) begann das Pilgern zum Grab des Jakobus. Alfons II. besichtigte die Grabstätte zuerst und ließ, wie schon beschrieben, eine kleine Kirche bauen, man würde sie heute wahrscheinlich eher als Kapelle bezeichnen. Nach über einjähriger Bauzeit erfolgte die Beisetzung der Jakobus-Gebeine und am 25. Juli 816 die Weihe der kleinen Kirche. Deshalb ist seitdem in Spanien der 25.07. ein Gedenktag, der Jakobstag. Fällt der 25. Juli auf einen Sonntag, wird das Heilige Compostelanische Jahr gefeiert. Das ist zum Beispiel 1965, 1971, 1993, 1999, 2004, 2010 und 2021 der Fall.
Im Jahre 872 trat Alfons III. mit seinen Hofleuten seine Pilgerreise an, die bis zum Jahre 874 dauern sollte. Der König heiratete in dieser Zeit, er kehrte mit Jimena von Navarra zurück. Die Spende des Königs Alfons III. für den Apostel Jakobus war ein mit Edelsteinen geschmücktes goldenes Kreuz, das Symbol des asturischen Königreiches. Dieses Kreuz verschwand 1906, wahrscheinlich wurde es gestohlen. Heute existiert eine Nachbildung aus dem Jahre 2004.
Der nächste hochrangige Pilger war König Ramiro II, dessen Pilgerreise von 930 bis 932 dauerte. Noch berühmter ist Bischof Gotescalco aus Le Puy, der Ende 950 mit anderen Klerikern nach Compostela pilgerte. Es wurde langsam eine gesellschaftliche Pflicht, das Grab des Heiligen Jakobus besucht zu haben.
So wurde Santiago nach und nach ein Pilgerziel für wichtige Leute der kirchlichen Machtzentren, nicht nur für Besucher von der iberischen Halbinsel, sondern zunehmend auch aus ganz Europa. Das goldene Zeitalter der Pilgerfahrten begann. Je nach Stand und Möglichkeit reiste man mit dem Pferd, per Schiff, aber auch zu Fuß. Mit dem Ansteigen der Pilgerzahlen entwickelte sich auch ein Netz von Herbergen, in denen die Pilger versorgt wurden.
Vom 11. bis 13. Jh. entwickelte sich das Pilgerwesen zur nie vorher dagewesenen Blüte. Santiago wurde zum bedeutensten Wallfahrtsziel des christlichen Abendlandes. Es entstanden die noch heute vorhandenen festen Wege aus den unterschiedlichsten Regionen Europas mit Santiago als Endpunkt. Außerdem wurden die spanischen Traditionen schriftlich festgehalten und es entstanden Anleitungen (eine Art Reiseführer) für Pilgerreisen. Ebenso wurden Geschichten rund um die Pilgerreise gesammelt und festgehalten. Die Wundergeschichten, praktischen Anleitungen und auch liturgischen Texte machten die Wallfahrt nach Santiago bekannt. Zu den prominentesten Pilgern dieser Zeit gehört ohne Zweifel der Heilige Franz von Assisi, der im Jahre 1214 das Grab des Apostels Jakob aufsuchte. Ende des 14. Jh. bildeten sich Jakobus-Bruderschaften, die das Pilgern aktiv förderten.
Bis ins 15. Jh. kamen mehr Pilger nach Santiago im Vergleich zu den Pilgerzielen Rom und Jerusalem. Spanien wurde im Norden teilweise schon als "Jakobsland" bezeichnet. Doch im 16. Jh. gingen die Pilgerströme wieder zurück. Ein Grund war die Inquisition, die jeden Ausländer als vom Teufel besessen verdächtigte. Auch Jakobspilger wurden angeklagt und verurteilt. Ein weiterer Grund war die ironische Kritik des Erasmus von Rotterdam, die den spanischen humanistischen Intellektuellen einen schweren Schlag versetzte. Sogar die von Luther angestoßene Reformation mit der Folge von Religionskriegen verminderten die aus Deutschland und Frankreich kommende Pilgerzahl. Als Phillip II. die Grenzen schließen ließ, wurde das Eindringen protestantischen Gedankenguts in das spanische Königreich wirksam verhindert.
Einen neuen Aufschwung erfuhr das Pilgern zum Heiligen Jakobus mit der Wiederentdeckung seiner Reliquien im Jahre 1879, die zwischenzeitlich auf Anweisung von Erzbischof Juan de Sanclemente in der Kathedrale im Presbytenum versteckt worden waren. Der Bischof hatte 1589 veranlasst, die Gebeine des Apostels vor einer Entdeckung durch die Engländer zu schützen. Die Flotte unter Sir Francis Drake hatte die Hafenstadt A Coruña beschossen, und es war mit einem Angriff auf Santiago de Compostela zu rechnen. Mehrere Jahrhunderte blieb das Versteck unbekannt. Anlässlich der Wiederentdeckung der sterblichen Überreste des Heiligen Jakobus veranlasste der Papst, das Jahr 1885 als Heiliges Jahr zu begehen.
Eine neue Blütezeit erlebte das Pilgern nach Santiago de Compostela durch General Franco. Er gewann am 25. Juli und dazu noch im Heiligen Jahr 1937 eine entscheidende Schlacht im Bürgerkrieg, die zum Sieg der Faschisten führte. Franco schrieb diesen Sieg der Hilfe des Jakobus zu und begann somit, die Jakobusverehrung nationalistisch zu instrumentalisieren. Der 25. Juli wurde zum spanischen Nationalfeiertag erklärt. Die Unterstützung der Wallfahrten durch das Franco-Regime bewirkte die weitere Steigerung der Pilgerzahlen verbunden mit vielen Annehmlichkeiten für den Pilger (Übernachtung, leibliche Versorgung, spirituelle Unterstützung und Sicherheit).
Nach dem Sturz des Franco-Regimes nahm das Pilgern besonders aus entfernteren Regionen in Europa und der Welt noch mehr zu. Das Pilgern etablierte sich als touristisches Highlight, es wurde modern und ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Dabei ist aber die eigentliche christliche Zielstellung erhalten geblieben, wenngleich auch neue Gründe für den einzelnen Wallfahrer hinzugekommen sind.
Im 20. Jh. setzte Papst Johannes Paul II. mit seiner Rede am Hochaltar im Jahre 1982 ein Zeichen für das Erstarken der modernen Pilgerbewegung. Die Suche nach sich selbst in unserer teils rastlosen anonymisierten Welt ist ein wesentlicher Grund, den manchmal mühevollen Weg nach Santiago de Compostela auf sich zu nehmen. Im Jahre 2017 kamen über 300 Tausend Pilger, mit einer Compostela (Pilger-Urkunde) beglaubigt, nach Santiago. Viele davon machten sich danach auf den Weg zum ENDE DER WELT, nach Finisterre, zum Kilometer 0,00 der Pilgerreise. So lebt die Tradition fort, verbunden mit Motivierungen und Wünschen unserer modernen immer mehr globalisierten Welt.
Es ist kaum zu glauben, aber mit genügend Geld und Macht konnte man das Pilgern an andere Menschen delegieren. Natürlich ist es auch heute üblich, Bitten und Dank eines meist nahestehenden Menschen mit auf die Pilgerreise zu nehmen und dann dem Heiligen Jakob kund zu tun. Das geschieht aber freiwillig, ohne bezahlt zu werden und nur, weil nicht jeder diese Reise machen kann. Bestes Beispiel sind die vielen mitgegebenen Gegenstände für das Cruz de Ferro.
Früher war aber das Pilgern als Dienstleistung gängige Praxis, um nicht selbst den Gefahren dieses langen Weges ausgesetzt zu sein. Der König, Fürst oder sonstige reiche Edelmann schickte einen seiner Getreuen auf die Reise. Dieser war dann den anderen Pilgern gleichgestellt, allerdings mit dem Vorteil, im Auftrag unterwegs zu sein und deshalb nach dem Ende der Reise seine Geldbörse gefüllt zu bekommen.
Man mag dazu stehen wie man will, ich betrachte diese bezahlten Auftragsreisen zumindest als unmoralisch und nicht vereinbar mit dem eigentlichen christlichen Glauben. Erinnert sei auch an den schon von Luther bekämpften Ablasshandel.
Ganz am Anfang hatten nur Wohlhabende und Würdenträger die nötigen Mittel, um eine Pilgerreise zum Heiligen Jakob unternehmen zu können. Man muss wissen, dass es gefährlich war, solche Reisen zu machen, insbesondere, wenn man allein unterwegs war. Zu den Gefahren zählen nicht nur mögliche Überfälle mit dem Verlust von Hab und Gut, sondern auch das Wagnis, krank zu werden oder sogar auf der Reise zu Tode zu kommen.
Nicht umsonst sind entlang der Pilgerwege soviel Hospitäler entstanden, in denen kranken Pilgern geholfen werden konnte. Trotzdem war manchmal die Pilgerreise die letzte Reise, auch ohne jemals das Heilige Grab zu erreichen.
Nahm ein Pilger die gefahrvolle Reise in Angriff, musste er vorher seine persönlichen Angelegenheiten in Ordnung bringen. Dazu zählen die Schuldenfreiheit, die sichere Versorgung der Familie, ein Testament und die Beichte. Mit dem Pilgersegen und einem Geleitschreiben der Kirche machte sich der Pilger dann auf den Weg.
Natürlich gehörte zur Ausrüstung des früheren Pilgers der Pilgerstab (Jakobsstab), die Pilgertasche, der Pilgermantel mit Pelerine (Schulterumhang ähnlich der früheren Schäfertracht), der Pilgerhut und die Pilgerflasche mit Wasser oder Wein. So erkannte man den Pilger auf seiner Reise schon äußerlich, und ihm wurde Unterkunft und Verpflegung gewährt. Nicht zu vergessen sind die Opfergaben für den Heiligen Jakobus, die der Pilger mehr oder weniger reichhaltig auf dem langen Weg mit sich führte.
Die heute übliche Jakobsmuschel als Erkennungszeichen auf dem Wege nach Santiago bekam der Pilger erst an seinem Ziel. Sie war anstelle der heutigen Pilgerurkunde der Beweis, dass der Pilger erfolgreich seine Reise unternommen hatte. Die Muschel verleiht nicht nur heilende Kräfte, sie stärkt auch das Ansehen der tragenden Person und schützt vor Übergriffen, denn der Jakobspilger ist schließlich ein Gesandter Gottes. Oft verbrachte der Pilger seine erste Nacht betend in der Kathedrale. Dort wurden ihm auch seine Sünden erlassen. Vollkommenen Ablass aller Sündenstrafen erhalten, auf Veranlassung des Papstes im Jahr 1300, die Pilger am Jakobstag, also am 25. Juli, wenn dieser auf einen Sonntag fällt.
Pilgern bedeutet eigentlich nur, religiös motiviert in eine bestimmte Richtung unterwegs zu sein. Meist ist das Ziel eine heilige Stätte, um mit Fürsprache des Heiligen die Versöhnung mit Gott zu erreichen. Dabei wird der angestammte Lebensbereich verlassen. Der Pilger konzentriert sich nur noch auf die Stufe zwischen irdischem Dasein und göttlicher Erlösung. Deshalb ist ein Pilger im Grunde genommen für die Dauer der Reise ein Beauftragter Gottes, in dessen Dienst er steht. Der Pilger, vor der Reise gesegnet, wird zum Angehörigen eines eigenen Standes und erfährt deshalb während seiner Reise besondere Hochachtung.
Pilgern ist keine Erfindung des Christentums, denn schon Abraham, der Urvater der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, folgte dem Ruf Gottes und zog mit seiner Familie in die Fremde (siehe Altes Testament). Anfangs war das Ziel noch unbekannt. Einzige Motivation war, Gott in besonderer Weise näher zu sein. Das Ziel der Reise war nebensächlich, das Unterwegssein mit Gott war die eigentliche Erfüllung.
Später wurden die Gräber der Heiligen und Märtyrer zu Pilgerzielen, man spricht dann von einer Wallfahrt. Der Tempel von Jerusalem war bevorzugtes Wallfahrtsziel der Juden. Auch Jesus Christus war als Pilger nach Jerusalem unterwegs (siehe Neues Testament). Es wird vom Pessachfest in Jerusalem berichtet, an dem Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl feierte. Die Orte von der Geburt, dem Tod und der Auferstehung Jesu wurden zu den meistbesuchten Pilgerstätten der Christen.
Die Verehrung der Heiligen Reliquien begann im 4. Jh. Im Mittelalter war die Hoffnung auf Heilung wesentlicher Beweggrund, zu den Heiligen Gräbern zu pilgern. Nur dort, so der Glaube, entfalten sich die Kräfte für die Hilfe im irdischen Leben. Es gab Bitt- und Dank-Pilgerreisen und im Spätmittelalter sogenannte Strafpilgerfahrten, die als Ersatz für Gefängnisstrafen den Schuldigen auferlegt wurden. Auch Auftragspilger, die gegen Bezahlung eine Wallfahrt für andere meist gutbetuchte Zeitgenossen unternahmen, waren Teil der damals stark angewachsenen Pilgerbewegung. Sogar Strafpilgerfahrten wurden manchmal von Auftragspilgern erledigt.
Ich hatte schon erwähnt, dass der heutige Pilger nicht ausschließlich aus religösen Gründen den langen Weg nach Santiago de Compostela auf sich nimmt. Viele Menschen sind auf dem Weg der Selbstfindung. Das lange Laufen schafft Raum zum Nachdenken. Die bewusst gewählte Distanz zur Monotonie des Alltags schafft die Freiheit der Gedanken, sich mit sich selbst und ohne zwingenden Einfluss von außen beschäftigen zu können.
Natürlich versuchen manche Menschen auch, durch körperliche Anstrengung eine eigene wirkliche oder vermeintliche Schuld abzutragen. Sie versuchen, ihre Seele zu heilen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Einzelne überhaupt anerkennt, dass er eine Seele im Sinne des Glaubens hat. Seelisch geheilt sein bedeutet: Mit sich im Reinen zu sein. Keine Zweifel mehr an der aktuellen Realität zu haben. Die Last der Vergangenheit abgeworfen zu haben. Mut und Kraft geschöpft zu haben für Neues, für das Kommende. Ganz allgemein: Die Sinnhaftigkeit des Lebens anerkannt zu haben.
Seelisch geheilt sein bedeutet aber auch, die wirkliche oder vermeintliche Schuld des Anderen verblassen zu lassen. Der Einfluss eines anderen Schuld auf das eigene Tun kann und muss verringert werden, um selbst seelisch gesund zu werden. In diesem Zusammenhang ist Vergebung das Zauberwort. Letzlich enthält das "mit sich im Reinen sein", dass man auch mit dem Anderen im Reinen ist.
Nur wer eine Schuld erkennt, egal ob bei sich oder einem Anderen, wird durch Auseinandersetzung mit den Schuldinhalten soviel negativen Einfluss des Schuldgefühls abbauen können, dass die Schuld an sich im Tun des eigenen Lebens kein Thema mehr ist. Die Schuld als Gefühl hat ihren Dienst getan und behindert nicht mehr.
Das Thema Schuld ist meist ein zentraler Bestandteil bei der Aufarbeitung von tiefen Lebenseinschnitten wie z.B. Trennung vom Partner, schwerwiegende Verkehrsunfälle, gebliebene Traumata aus der Kindheit, dauerhafte Zukunftsängste, entrissenes Sozialumfeld usw. Deshalb ist die Schuldfrage nicht nur dem Inhalt nach so wichtig, sondern auch die positive Bewältigung des Schuldgefühls, d.h. der Abbau von Sühne und gleichzeitig der Aufbau von Vergebung.
Mir fällt da noch ein Grund für das Pilgern ein: der sportliche Ehrgeiz. Es mag befriedigend sein, immer als erster die Tagesetappe geschafft zu haben oder auch die meisten Etappen gelaufen zu sein. Das ist aber das Messen mit anderen Pilgern, nicht die eigene Grenzerfahrung bzw. nicht die Einkehr ins eigene ICH. Aber gerade um dieses ICH geht es, um das Vermögen, durch das Pilgern das eigene Leben in den "Griff" zu bekommen, kurz gesagt, um resilienter zu werden. Natürlich gibt es den positiven Nebeneffekt, dass das Pilgern den Körper stärkt, oder dass zuviel Gewicht verringert wird. Doch das wiederum hilft unserer seelischen Gesundheit.
Es ist August 2021. Im Fernsehen kam ein Bericht, dem ich anfangs keinen Glauben schenken wollte. Da werden von einem Tourismus-Veranstalter in Deutschland Pilgerreisen mit dem Wohnmobil bzw. mit Auto und Wohnwagen angeboten. Soweit so gut, obwohl schon hier das Wort "Pilgerreise" nicht angebracht ist. Die Teilnehmer sind mit ihren Fahrzeugen in Gruppen entlang des Camino Francés unterwegs. Campingplätze, mancher Restaurant-Besuch und sonstige Reise-Organisation sind vorgebucht.
Bis dahin ist nichts einzuwenden. Um aber die begehrte "Compostela" in Santiago de Compostela erhalten zu können, wird den Reiseteilnehmern der für das Pilgern obligatorische Pilgerausweis besorgt. Wie aber kommen die Stempel in das Pilgerbuch? Ganz einfach: Nach dem Abstellen der Fahrzeuge auf dem Stellplatz läuft jeder Tourist bis zur nächsten Stempelstelle, ergattert dort seinen Stempel und wird augenblicklich zum Pilger. Dann geht die Fahrt weiter zum nächst nötigen Stempelpunkt, und das Spiel beginnt von vorn. Einige sind auch regelmäßig mit ihren mitgebrachten Fahrrädern unterwegs, natürlich nur vom WoMo zum Stempeltisch. Im Wohnmobil ist für die Räder Platz und die Strecke vom französischen Saint-Pied-de-Port bis nach Santiago ist mit 776 km lang genug. Für das Fahrrad sind nur 200 km vor Santiago nötig.
Beim Eintrag des Stempels entsteht eine sehr problematische Situation: Regelmäßig wird gefragt, wie man unterwegs ist (zu Fuß, Fahrrad) und woher man kommt. Bei Angabe der Wahrheit gibt es sicherlich keinen Stempel.
Ich meine, diese Art des Schein-Pilgerns ist kein Trick, es ist schamloser Betrug.
Die Kathedrale ist riesig. Trotz der doch beträchtlichen Zahl von Besuchern kam uns insbesondere das Hauptschiff sehr leer vor. Ein paar Leute standen am Eingang zum Heiligen Jakob und in einem der Seitenschiffe fand gerade ein Gottesdienst statt. Natürlich habe auch ich die Gelegenheit genutzt, die Statue des Heiligen Jakobus zu berühren. Dazu muss man über wenige Stufen in einen Raum hinter die Statue gehen.
Die Kathedrale war bei unserem Besuch fast leer.
Der Gottesdienst wurde zwar in spanisch abgehalten, doch zugehört haben wir trotzdem. Vor allem konnten wir den Klang der großen Orgel erleben. Natürlich habe ich per Video alles eingefangen. Unsere tiefen Eindrücke kann ich hier nicht beschreiben. Nicht nur die Größe fasziniert, sondern auch die vielen Skulpturen und überhaupt die ganze Ausstattung. Es würde ein Buch füllen, würde ich auf die Details eingehen.
Die Schwarze Madonna, weltweit geehrt.
Der Platz vor der Kathedrale ist ebenso riesig und von großen Gebäuden umsäumt. Dazu zählen der Palacio de Rajox, das Hospital Real und das Hostal de los Reyes Catolicos. Am meisten beeindruckt natürlich die Frontseite der Kathedrale mit den drei Türmen und das Eingangsportal Pórtico de la Gloria. Das romanische Portal schuf einst der Meister Mateo. Er benötigte dazu 20 Jahre, von 1168 bis 1188. Unterhalb von Jesus ist der Apostel Jakobus dargestellt.
Früher war die berühmt kunstvoll ausgestaltete Eingangspforte natürlicherweise auch der Haupteingang der Kathedrale. Im Jahre 2008 begann man mit der Restauration der Pforte, die 10 Jahre dauern sollte. Heute (2021) ist der Zugang durch diese Pforte zum Inneren der Kathedrale verwehrt. Um das Eingangsportal Pórtico de la Gloria zu besichtigen, muss man sich per Online-Buchung oder im örtlichen Tourismusbüro anmelden. Für Pilger ist der Eintritt gratis.
Unter den 12 Aposteln Jesu gab es zwei Söhne des Fischers Zebedäus, und zwar Jakobus und Johannes. Beide gehörten zu den erstberufenen Jüngern. Wird allgemein vom Heiligen Jakob bzw. vom Heiligen Jakobus gesprochen, ist Jakobus der Ältere gemeint. Johannes ist also der jüngere der beiden Brüder. Jakobus der Ältere wird auch als Jakobus der Große (Saint James the Geater) bezeichnet. Jakobus der Große bedeutet lateinisch "Jacobus Maior" oder auch "Iacobus Zebedaei", was soviel heißt wie Jakobus, Sohn des Zebedäus.
Mit der Hinrichtung des Jakob im Jahre 43 n.Ch. war Jakob der Ältere der erste Märtyrer der Apostel. Er gilt als der bekannteste Heilige der Christenheit. Nach der Wiederentdeckung seines Grabes begann die Pilgerbewegung. Einige Städte dieser Erde tragen seinen Namen, denn Santiago heißt soviel wie Heiliger Jakob (lateinisch Sanctus Iacobus). So gibt es Santiago de Chile, Santiago de Cuba und natürlich Santiago de Compostela. Es gibt auch eine Vielzahl von Jakobskirchen. Ebenso ist der Heilige Jakob in vielen Stadtwappen dargestellt.
An der Nordseite des Praza do Obradoiro (Platz vor der Kathedrale) steht das Hostal de los Reyes Católicos, heute ein 5-Sterne-Parador, früher (Bauauftrag 1499) als Pilgerkrankenhaus (Hospital Real) und Herberge gebaut. Die Eröffnung war 1512. Es gilt als das älteste Hotel der Welt und war mit eigenen Ärzten und Apotheke vorzugsweise den Klerikern vorbehalten (Hospital der katholischen Könige).
Hospital und Hostal de los Reyes Católicos
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Der Gebäudekomplex umfasst eine königliche Kapelle, mehrere Innenhöfe, wunderschöne Kreuzgänge und weitere luxeriöse Räumlichkeiten. Das Museum kann besucht werden, ohne dass man Übernachtungsgast ist. Besonders schön ist die gotische Eingangspforte, die den exklusiven Charakter des Gebäudes unterstreicht. Wir haben bei unserem Besuch alles nur von außen bestaunt.
Der gotische Haupteingang
Wer das sein soll, konnte ich nicht ermitteln.
Wenn man wie wir vom Parkhaus zur Kathedrale läuft, überquert man den Praza da Inmaculada, der mit schön gepflegtem Buschwerk zwischen dem Kloster San Martín und der Kathedrale liegt. Die sichtbare Hauptfassade im Barockstil ist nur ein kleiner Teil des riesigen Gebäudekomplexes. Das Monasterio de San Martín Pinario ist mit 20.000 Quadratmeter das zweitgrößte (nach der Kathedrale) religiöse Gebäude in Santiago. Das Kloster wurde im 17. Jh. an der Stelle einer früheren Kirche gebaut.
Haupteingang des Monasterio de San Martín Pinario
Heute gehören zum Kloster eine Kirche, ein Museum, eine Privatschule und ein Hotel. Der äußere Treppenaufgang führt zum Haupteingang der Kirche. Über der Tür ist der Heilige Benedikt zu sehen. Der Altar der Kirche ist ein Schnitzwerk, das von früheren Mönchen des Klosters geschaffen wurde. Ein weiteres Highlight sind die Chorstühle aus dem 17. Jh. mit Szenen aus dem Leben der Jungfrau Maria. Auch gibt es eine alte Druckpresse und eine historische Apotheke. Das Kloster haben wir nur von außen gesehen.
Der Heilige Benedikt über dem Haupteingang
Wir waren völlig unvorbereitet nach Santiago gekommen und wussten nicht, welche Menge und Vielfalt an alten Bauten es in dieser Stadt gibt. Die kunstvoll gestalteten Kirchen, Klöster, Paläste und Tempel stehen im Zentrum dicht beieinander. Es gibt kaum moderne Bausubstanz, was aber kein Nachteil ist. Beton- und Glasbauten gibt es woanders genug auf dieser Welt.
Fast alle Gebäude sind äußerlich in keinem guten Zustand.
Einer der wenigen Souvenir-Stände
Leider muss man sich Gedanken machen, wie denn dieses alte Kulturgut dauerhaft erhalten werden kann. Da hilft es wenig, wenn viele Gebäude oder ganze Stadtteile, wie die Altstadt von Santiago, von der UNESCO in das Welterbe einbezogen wurde. Die bereitgestellten Mittel zur Restauration reichen nicht annähernd aus, Versäumnisse der Vergangenheit auszugleichen.
Enge Bebauung in der Altstadt
Uhr im Turm des rechten Querschiffs der Kathedrale.
Müde von der Fahrt hierher und auch noch ganz benommen vom Aufenthalt in der Kathedrale begriffen wir nur ansatzweise, was die Altstadt eigentlich alles zu bieten hat. Neben den monumentalen Bauten sind es auch die kleineren Häuser, die fast alle mit irgendwelchen Ornamenten und Skulpturen geschmückt sein. Natürlich hatten wir versäumt, Näheres zu erkunden.
Man muss sich in so einer geschichtsträchtigen Stadt viel mehr Zeit nehmen, um auch nur einigermaßen die Entwicklung seit Gründung im Jahre 813 begreifen zu können. Wenn sich auch die historischen Aufzeichnungen der vergangenen Jahrhunderte teilweise widersprechen: Santiago de Compostela ist und bleibt der bedeutendste Pilgerort der christlichen Welt.
Hinter dem Brunnen Fonte des Cabalos auf dem Plaza de las Platerías das frühere "Haus des Domkapitels" (1759) mit Barockfassade (jetzt Pilger-Museum Casa del Cabildo, 2011 restauriert)
Gegenüber dem Schmuddelwetter bei unserer Ankunft in Santiago durften wir uns jetzt über den Sonnenschein freuen, der hoffentlich anhalten würde. Bis zum Parkhaus war es nicht weit. Trotz der schönen Altstadt führte unser Weg direkt zum Auto. Wir wollten raus aus der Stadt, um irgendwo auf dem Lande zu nächtigen.
Die Türme gehören zur Igrexa de San Francisco
Unten der Eingang zum Parkhaus Xoán XXIII
Ich muss zugeben, die Eindrücke beim Besuch des Heiligen Jakobus wirkten erst später auf uns ein. Das ganze Geschehen war wie ein schneller Zug an uns vorbeigerauscht, das Einzelne zwar gesehen, aber nicht richtig erkannt. Erst zu Hause wurde uns bewusst, wo wir gewesen waren und wie wichtig für uns diese Reise war.
Auf dem Weg zum Parkhaus
Unser Auto stand auf dem oberen Parkdeck.
Leider hat sich die Überschrift bis heute nicht bewahrheitet. Ich schreibe diese Zeilen jetzt im Juni 2021. Wenig erfreuliche 18 Monate liegen hinter uns. Die Pandemie hat jeden Reisewunsch schon im Keim ersticken lassen, weil nicht realisierbar. Doch es gibt Hoffnung. Die Ansteckungsraten sind in Europa zurückgegangen. Vielleicht können wir noch in diesem Jahr in Richtung Süden fahren. Vielleicht ist im nächsten Jahr ein Wiedersehen in Santiago de Compostela dabei. Aus heutiger Sicht vorweggenommen: Unsere Pilgerreise in 2009 war richtig. Der Familienzuwachs erfreut sich bester Gesundheit. Ein Dankeschön an den Apostel Jakob ist nun bald nötig, wieder ein Grund, zu verreisen.
Blick zurück auf Santiago de Compostela (vom Westen aus). Die Kathedrale bildet das Zentrum in der Altstadt.
Die unverkennbare Silhouette der Kathedrale
Die Kathedrale im Zentrum von Santiago de Compostela
Unsere Fahrt zum "Ende der Welt" folgte nicht dem Jakobsweg zwischen Santiago und Fisterra, sondern verlief weiter nördlich (siehe Reiseroute im Kasten). Das war reiner Zufall. Wir suchten ein kleines Hostal, fanden aber lange keines. In einer typisch spanischen Wirtschaft (Kneipe) gab man uns den Tipp mit der Unterkunft in Baio de Grande. Baio liegt fast schon am Meer, allerdings weit nördlich von unserem eigentlichen Ziel. Doch wir brauchten jetzt ein Bett.
Hostal Pensión Residencia Miñones in Baio Grande
Noch ein Wort zu unserer Auskunftei. Die Wirtsstube war dunkel, voll von rumstehenden Leuten mit Gläsern in der Hand, sehr laut und mit einem Fußboden voller Papierreste und anderen Dingen, die dort nicht hingehören. Ich hatte zu tun, bis zum Tresen durchzukommen. Dort verstand mich niemand. Eine Frau mit Kind erbarmte sich und ging mit mir ins Freie. Sie sprach englisch und hatte eine kleine Karte dabei. Ich glaube, sie stammte nicht aus dieser Gegend.
Blick aus unserem Hostal-Zimmer mitten im Zentrum
Baio Grande > Torelo > Vimianzo > Berdoias > Dumbria > Lobelos > Fisterra (Rast) > Kap Finisterre (ENDE DER WELT)
Das Hostal in Baio liegt mitten im Zentrum an der Hauptstraße AC-404, die Richtung Süden führt. Der junge Besitzer brachte uns persönlich zum Zimmer im 2. Stock. Wir waren angenehm überrascht von seiner sehr zuvorkommenden höflichen Art.
Am Doppelbettzimmer mit Dusche und WC gab es nichts zu mäkeln. Selbst der Straßenlärm ebbte bei Dämmerung massiv ab. Wir hatten eine ruhige, erholsame Nacht.
Das Auto konnten wir schräg gegenüber auf dem Parkraum der Ladenstraße abstellen. Das Hostal selbst hat keine eigenen Parkplätze. Allerdings gibt es entlang der Straße viele Abstellmöglichkeiten, da die Autos nicht längs, sondern quer zu den Häusern stehen. Baio hatte uns gefallen. Wir sparten uns zwar einen Rundgang, doch der kleine Ort strahlte selbst im Zentrum eine gewisse Ruhe und Gemütlichkeit aus.
Das Frühstück hatten wir, wie meistens, nicht gebucht. Uns ist die eigene Verpflegung sicherer, angenehmer und natürlich günstiger. Wir würden das Hostal jederzeit wieder nutzen. Ein Wegweiser zeigt an: Fisterra 48. Wir waren gespannt auf unser heutiges Ziel.
Die 48 Kilometer bis Fisterra schafften wir auch ohne Frühstück. Am Ende des Ortes Richtung Leuchtturm kam es einer Einladung gleich, den Parkplatz mit Tisch und Sitzgelegenheiten für eine Rast zu nutzen. Man hat hier genügend Platz und Ruhe, außerdem eine schöne Sicht auf einen Teil von Fisterra. Gegenüber dem Parkplatz steht eine kleine Kirche, die aber verschlossen war.
Rastplatz an der AC-4408 (Ortsausgang Fisterra Ri Kap)
Rastplatz (42.901461, -9.263497) gegenüber der Kirche
Kapelle (Teil der Kirche)
Wie immer ist es schön, sich mit gespannter Erwartung über das Kommende unterhalten zu können. Der Kaffee schmeckte, die belegten Schnitten auch, die Welt war in Ordnung (noch). Am Himmel zogen zwar vereinzelt ein paar Wolken auf, aber die Sonne ließ sich nicht ganz unterdrücken. Pilger haben wir nicht gesehen. Der Pilgerweg verläuft abseits der Straße.
Auf dem Rastplatz, Blick auf Fisterra Ri Norden
Santa María das Areas de Fisterra
Friedhof hinter der Kirche
Fisterra (Teilansicht)
Erste Teile der Kirche Santa María das Areas de Fisterra wurden im 12. Jh. auf dem Gelände einer Festung aus vorrömischer Zeit gebaut. Später kamen weitere Gebäudeteile dazu, so dass die heutige Struktur entstand. Die Kirche Santa María ist für den Jakobsweg bedeutsam, da viele der Pilger vom Hauptziel Santiago de Compostela aus bis zum Kap Finisterre, dem sogenannten "Ende der Welt" weiterwandern.
Bucht von Fisterra (Enseada da Langosteira)
Der Weg der Pilger führt zwangsläufig an der Kirche vorbei. In ihr wird dem "Heiligen Christus" (gotische Skulptur aus dem 14. Jh.) gehuldigt. Gegenüber der Kirche hatte man im 16. Jh. das Hospital de Peregrinos de Nuestra Señora del Rosario (Pilgerhospital Unserer Lieben Frau von Rosario) gebaut, um die Pilger zu betreuen. Noch heute findet jeden Ostersonntag eine Wallfahrt zum "Heiligen Christus" statt.
Der Hauptort Fisterra und einige kleinere eingemeindete Ortschaften liegen hauptsächlich an einer Bucht. Das Meer nennt sich dort Enseada da Langosteira, der lange Sandstrand ist der Praia da Langosteira. Die Gemeinde Fisterra gehört zur Provinz A Coruña (Galicien) und zählt etwa 5000 Einwohner. Einzige Zufahrt ist die Landstraße AC-445, die bis zum Leuchtturm führt.
Die Bucht von Fisterra (Enseada da Langosteira)
Der lange Sandstrand Praia da Langosteira
In Fisterra kann man gut Urlaub machen, und die Häuser am Meer beweisen, dass es sich dort auch dauernd gut leben lässt, trotz der manchmal rauhen Westwinde. Die bergige Landzunge schützt vom Westen her. Wir hatten uns nicht näher in Fisterra umgeschaut. Das Ende der Welt war unser Ziel. Im Rückblick bleibt wieder das Gefühl, etwas verpasst zu haben.
Ein Haus am Meer, für manche ist es Wirklichkeit.
Das Kap empfing uns mit einem Sonne-Wolken-Mix bei ruhiger See. Der große Parkplatz war fast leer. Die wenigen Autos ließen auf wenige Besucher schließen. Aber auch richtige Pilger waren nicht zu sehen. Es sei angemerkt: Wir selbst waren ja wegen des Autos keine "richtigen" Pilger. Die Sonne verlockte uns, ziemlich luftig gekleidet die Umgebung zu erkunden. Am Meer angekommen wurden wir überrascht.
Bei unserer Ankunft war noch alles ruhig und friedlich.
Kurz nach dem Guß. Nur wir hatten im Auto ausgeharrt.
Im Auto fühlten wir uns sicher, auch wegen des Faradayischen Käfigs. Es war inzwischen recht dunkel geworden. Um so mehr hellte sich bei jedem Blitz die Wolkendecke auf, und der Lichtblitz (im wahrsten Sinne des Wortes) spiegelte sich in der tosenden See. Vom Auto aus konnten wir ein kleines Stückchen Meer sehen, dessen Wassermassen sich aufbäumten und brodelten, als würden sie vom Überlauf eines Staudammes herabstürzen. Von irgendwo her kamen Pfeifgeräusche, die auf- und abschwellend die Kraft des Windes hören ließen.
Vom Süden her zog eine mächtige schwarze Wand heran. Darunter war die See wegen dem Starkregen nicht mehr zu sehen. Auch der Wind stürzte sich urplötzlich wie ein wild gewordenes Großtier auf die kleine Halbinsel. Wir flüchteten im Laufschritt zurück. Die ersten Blitze schlugen ein, wahrscheinlich in den Leuchtturm. Mit dem Zuschlagen unserer Autotür öffnete sich das Himmels-Schleusen-Tor auch über uns.
Das Unwetter zog vom Süden heran.
Das Kreuz am Kap, mahnend und erlösend zugleich.
Der Parkplatz war etwas abschüssig, so konnte das Wasser breitflächig bergab strömen. Der Wind rüttelte an den Türen, als wolle er uns rauszerren und mitnehmen. Wir spürten, wie das Auto wankte. Doch unser schwerer Omega widerstand dem Sturm, der nach vielleicht 5 Minuten genauso urplötzlich aufhörte, wie er gekommen war. Am Horizont zeigte sich schon wieder ein heller Streifen. Auch die See beruhigte sich wieder. Neptuns Wutanfall war vorbei. Die Wellen klatschten wieder rythmisch gegen die Felswände, und eine erste Möwe glitt übers Wasser.
War das ein Zeichen, dieser schauderhafte Empfang am Kap Finisterre? Man könnte glauben, uns sollte gezeigt werden, welche Macht die Natur hat, und wie klein wir dagegen sind. Auch dieses Kap wird als "Das Ende der Welt" bezeichnet. Den gleichen Beinamen trägt das "Cabo de São Vicente" auf dem südwestlichsten Zipfel Portugals in der Nähe von Sagres.
Alles vorbei, das Meer ist plötzlich wieder ruhig.
Weg zum Leuchtturm
Das Hotel. Blauer Himmel, was will man mehr?
Auch dort hörte in uralten Zeiten die Welt am Horizont auf, da viele Abenteurer und Fischer von dort nicht zurückkehrten. Man glaubte, die mit dem Meer verbündeten Mächte belegen jeden Sünder mit einer schrecklichen Strafe, die auch der Tod sein kann. Viele der Menschen hatten deshalb gute Gründe, die Weite des Meeres zu fürchten.
Der Antennenmast neben dem Hotel schützt vor Blitzen.
Ein erster Pilger auf dem noch nassen Weg.
Werbung muss auch hier sein, gleichzeitig gute Info.
Was soll man dazu sagen? Neben dem üblichen Touristen-Kitsch waren es vor allem die Muscheln, über die wir uns Gedanken machten. Ich glaube nicht, dass alle Muschel- und Schneckengehäuse bei der Ernte schon leer waren. Aber ist es nicht schon immer so, dass die Einen leiden (oder sterben) müssen, damit die Anderen (Stärkeren) sich Vorteile verschaffen können? Das ist kein Vorwurf an die Marktverkäufer.
Ob der Markt immer hier ist?
Doch nicht umsonst konnte die Menschheits-Population so groß werden. Es hat alles seinen Preis, nichts ist "umsonst". Eines Tages wird der Mensch der Natur das Meiste zurückgeben müssen. Ob dies durch zwangsweise Selbstaufgabe oder durch vernünftiges Verhalten im Einklang mit der Natur geschieht, wird sich zeigen. Bei Gelegenheit ist die Natur genauso rücksichtslos wie der Mensch. Wir sind Teil der Natur.
Wir haben lange gesucht, aber nichts gefunden.
Erwähnenswert sind eigentlich weder das Unwetter noch die Muscheln. Finisterre bildet das Ende des Jakobsweges oder, wenn man so will, den Anfang. Das ist die wirkliche Botschaft. Hier steht der Wegstein mit der Aufschrift "0,00 K.M.", der nicht nur den Kilometer Null des Pilgerweges markiert, sondern vor allem den Anfang eines neuen Abschnitts im Leben des Pilgers, der es bis hierhin geschafft hat.
Pilgerschuh, Symbol der Pilgerei
Dokumentation, dass man dort gewesen ist.
Hier am ENDE DER WELT ist des Pilgers neuer Anfang. Hier kann der Pilger ALTES verbrennen und NEUES mitnehmen. Neben dem Pilgerschuh aus wetterfester Kupferbronze ist eine Kuhle, in dem die alten Klamotten verbrannt werden können. Das neue T-Shirt kommt aus dem Rucksack oder auch nur als die Wahrheit gefundene Erfahrung auf dem Pilgerweg, gekrönt durch die Begegnung mit Jakob in Santiago.
Wegstein, der den Kilometer 0,00 markiert. (Fotomontage)
Der zweite Schuh soll gestohlen worden sein (nicht belegt).
Heute sehen viele Pilger die kleine Landzunge mit ihrem 247 Meter hohen Berg Monte Facho und dem Leuchtturm als Endziel ihrer Pilgerreise an. Wer von Santiago den Weg zu Fuß geht, bekommt im Ort Fisterra in der Gemeinde-Herberge (Rúa Real 2) eine weitere Pilgerurkunde. Man sollte sich Zeit nehmen, auf den Berg Monte Facho gehen, sich die Ruinen der Einsiedelei San Guillermo ansehen und den sagenumwobenen Sonnenuntergang genießen.
Santiago de Compostela > Ventosa > Aguapesada > Trasmonte > Pontemaceira > Negreira > Portocamiño > Vilaserío > As Maroñas > Olveiroa > Camiños Chans > Cée > Corcubión > San Roque > Estorde > Sardiñeiro de Abaixo > Playa Calcoba > Fisterra > Kap Finisterre (Ende der Welt), Parkplatz: Praza de Stephen Hawking (42.884705, -9.271710)
Die Westseite der Finisterra-Halbinsel
Parkplatz mit Souvenirladen, mittig der Monte do Facho
Die kleine Halbinsel an der Costa da Morte (spanisch: Cuesta de la Muerte) in Galicien war schon immer Anziehungspunkt und Schrecken zugleich. Die Römer nannten den Ort "finis terrae", Ende der Erde. Sicher war und ist der steil aus dem Meer ansteigende Landzipfel eine Gefahr für die Seefahrt. Die unberechenbaren Südweststürme ließen manches Schiff am Felsen zerschellen und sinken. Nicht umsonst heißt diese Küste Costa da Morte (Küste des Todes). 2002 gab es weit draußen ein Tankerunglück, dessen Ölteppich die Küste schädigte.
Der heute und schon von den Römern so unbeschreiblich schön empfundene Sonnenuntergang ist die andere Seite dieser wilden Küste. Schon die Kelten, die vor den Römern dieses Gebiet kannten, errichteten auf dem Berg eine Art Altar zu Ehren der Sonne, den "Ara Solis". Eine der kleinen Ortschaften in der Nähe trägt heute seinen Namen: Ara Solis.
Es ist nicht verwunderlich, dass auch die frühen Santiago-Pilger bis zum Kap Finisterre weiterliefen. Es gab aber auch Pilger, die vom Norden her an der Costa da Morte entlang und dann nach Osten in Richtung Santiago de Compostela wanderten. Sie kamen also gewissermaßen fast am Kap vorbei. Das Kap wurde zum Kilometer 0,00 des Jakobsweges.
Im Jahre 2002 gab es ein Tankerunglück, viele Kilometer Küste wurden geschädigt. Der 26 Jahre alte Öltanker "Prestige" war bei hohem Seegang leck geschlagen und mit über 60 Tausend Tonnen Schweröl zerbrochen. Er hatte noch keine Doppelwände. Das Öl verseuchte Felsküste und Strände. Das Unglück geschah zwar 200 km vor der Küste, verursachte aber durch den Ölteppich großen Schaden im Ökosystem.
Leuchtturm an der Südspitze (hinter dem Hotel)
Im Angebot: Jakobsmuscheln und Angelzubehör
Seltsam, hier auf der Kap-Halbinsel ein Hotel vorzufinden. Es wird zwar berichtet, dass das Zwei-Sterne-Hotel "O Semaforo" schöne Räume und eine noch schönere Aussicht bietet, doch auch der Preis ist exklusiv. Das mit der Aussicht ist wahr. Darüber hinaus gibt es aber auch Kritik zu Fischgerichten. Ich selbst kann das alles nicht beurteilen. Für uns käme so eine Unterkunft sowieso nicht in Frage.
Zwei-Sterne-Hotel "O Semaforo" (150 Euro)
Westküste, links das Hotel
Der Leuchtturm, Blick vom südlichen unteren Ufer
Die 2 Hörner röhren bei schlechter Sicht, auch am Tag.
Die Nebelhörner sind noch im Ort Fisterra zu hören.
Der heute sichtbare Leuchtturm wurde 1853 gebaut (nach anderen Quellen 1868), liegt 138 Meter über dem Meeresspiegel und strahlt bis zu 65 Kilometer weit, natürlich nur bei klarer Nacht. Bei Nebel machen die zwei riesigen Nebelhörner so einen Lärm, dass sie noch im Ort Fisterra die Nachtruhe stören. Sicher ist das nicht oft der Fall, aber auch damit muss man rechnen.
Am Ufer im Südosten der Halbinsel
Leuchtturmgebäude
Am Steinkreuz (Homenaje a José María Quintela Sánchez)
Unterhalb des Leuchtturms beginnt steil abfallend das offene Meer mit seinen stürmischen Winden. Hier ist das Baden, auch nur ganz am Rand, lebensgefährlich und deshalb verboten. Viele der Besucher laufen zwar hinunter, um dem "Ende der Welt" möglichst nah zu sein. Allerdings ist das Kap Touriñán 20 km weiter nördlich der westlichste Punkt an dieser Küste.
Die Pflanzenwelt im April ist beeindruckend. Überall grünt es, die meisten Blumenpflanzen blühen. Schade, dass wir nicht die Wanderung auf den Berg gemacht haben. Dahinter ist links, also westlich, ein herrlicher Sandstrand. Die langgestreckte Bucht liegt gegenüber dem Ort Fisterra. Zwar ist der Strand direkt an der windigen Atlantikküste, aber dafür mit freier Sicht, wenn die Sonne im Meer versinkt.
Der Strand Praia do Mar de Fóra liegt etwas abseits, ist ruhig und relativ wenig besucht. Die Touristenmassen konzentrieren sich auf den Ort Fisterra und auf das Kap. Bis dorthin fahren die Busse. Den Sandstrand dagegen muss man zu Fuß erobern. Zwar bietet das Hotel am Kap hohes Niveau (auch preislich), doch die Sandbucht wäre für uns ideal gewesen. Leider habe ich das alles erst später recherchiert.
Wie an vielen anderen Orten unserer Reise bedauern wir auch hier, nicht mehr unternommen zu haben. Man müsste sich wirklich viel mehr Zeit lassen und mindestens eine Nacht bleiben, um wenigstens ein paar Stunden die örtlichen Vorzüge genießen zu können. Am Kap Finisterre und Umgebung wären selbst zwei Nächte nicht zu viel. Wir waren nicht auf dem Berg, nicht am Strand und ein Rundgang im Ort Fisterra wäre sicherlich auch schön gewesen.
Blick Richtung Parkplatz, Berg und Fisterra
Mit Blick auf die weite Heimreise verließen wir noch am Nachmittag das "Ende der Welt". Brotzeit hatten wir auch noch nicht gemacht. Am Parkplatz waren inzwischen zwei Busse und mehrere PKW angekommen. Sofort füllten sich die Wege. Die meisten Leute standen an den Muscheltischen. Und trotzdem, für uns war das Kap Finisterre ein Erlebnis. Mit unserem Besuch des Kaps hatten wir mehr erreicht als Hape Kerkeling. Der war nur bis nach Santiago gekommen.
Zwischenzeitlich waren Busse gekommen.
Der riesengroße ovale Steintisch mit ebenso großer umlaufender Steinbank waren wie eine schriftliche Einladung, auf dem Parkplatz vor der Kirche in Fisterra unseren wohlverdienten Kaffee zu kochen. Heißes Wasser ist mit dem Campingkocher schnell gemacht, ein Paar Brötchen hatten wir auch noch. Die Sonne lachte, unser Herz ebenso. Alles war erledigt, was wir uns für diese Reise vorgenommen hatten.
Fisterra
Strand von Fisterra
Nach dem Snack kamen die Lebensgeister wieder. Das Umherlaufen am Leuchtturm hatte uns müde gemacht. Ich stellte als Navi-Ziel erst einmal Santiago ein, ohne dass wir aber in Santiago halt machen wollten. Vielmehr verließen wir uns darauf, irgendwo am Jakobsweg eine für uns angemessene Unterkunft zu finden. Mit angemessen meine ich, wenigstens ein Zimmer mit Dusche, kein Schlafsaal oder so etwas.
Turm des früheren Hospiz (neben der Kirche)
"Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen..."
Kap Finisterre > Corcubión > Dumbria > Negreira > Brión > Palas de Rei > Santiago de Compostela > Arzúa > Melide > Gonza > Portomarín > Hostal Portomarín O'Meson do Loyo (42.790454, -7.614266)
Portomarín, so glaubten wir, würde ein Bett für uns bieten. Irgendwie sind wir dann aber doch über die Brücke "Ponte Nova de Portomarín" gefahren und waren so schon wieder außerhalb.
Letzter Blick auf das Kap Finisterre
Zu Portomarín gehörend: Hostal O'Meson do Loyo
Auch dem Pilgerweg blieben wir nicht treu, wir hätten nach der Brücke links und nicht rechts abbiegen müssen. Somit landeten wir schließlich im Hostal Portomarín O'Meson do Loyo.
Das ist der Stausee Encoro de Belesar hinter dem Hostal.
Hostal Portomarín O'Meson do Loyo (an der LU-633)
Das Hostal sieht einladend aus, große Parkflächen, dahinter der See, eigentlich ideal. Trotzdem waren wir alleinige Gäste. Offensichtlich macht es doch etwas aus, ob ein Hostal direkt am Jakobsweg liegt oder nicht. Nach der Brücke von Portomarín kommend verläuft der Jakobsweg links und zweigt kurz danach rechts ab. Nächster Ort ist das kleine Vilachá, der aber nur eine Pilgerherberge mit Doppelstockbetten bietet.
Schöner Blick, aber mit viel Wolken
Lüften war nötig, es roch muffig.
Hier im Hostal an der Landstraße LU-633 bekamen wir ein Apartement mit kleiner Küche, Bad, einem Schlafzimmer und einem herrlichen Blick auf den See. Mehr braucht man wirklich nicht. Dem Wirt schien es nicht so richtig zu passen, dass wir kein Frühstück buchten, verständlich. Der kostenlose Shuttle-Service, den der Wirt für die Pilger von und nach Portomarín bietet, war für uns mit Auto natürlich nicht relevant.
In der Nacht hat es dann noch geregnet.
Unser Domizil hatte einen extra Eingang.
Das Schmuddelwetter vom Samstag Abend war dem Sonnenschein am Sonntag gewichen. Die Welt sieht dann eben doch freundlicher aus. Wir beobachteten Fischer am Stausee, offensichtlich wird er entsprechend genutzt. Die Spezialität des Hauses Meson do Loyo sind Aale und Forellen. Probiert haben wir das nicht, vielleicht eine verpasste Gelegenheit.
Nach der Brücke das Restaurante Río Loyo
Offensichtlich wird hier Fischzucht betrieben.
Nach der Brücke über den Stausee in Richtung Sarria liegt rechts an der LU-633 das "Restaurante Río Loyo". Dort soll es üppige Mahlzeiten geben, schmackhaft und preiswert. Hier essen die Spanier. So wird jedenfalls im Web berichtet. Wir sind am Sonntag Morgen nur vorbeigefahren. Uns fiel aber auf, dass zu so früher Stunde der Parkplatz voll war.
Gegenüber liegt weiter rechts Portomarín.
Zu früher Stunde war Bewegung am See.
Der Gemüsegarten vom Hostal, sehr gepflegt.
Portomarín > Sarria > Beoerreá > Trabadelo > Ponferrada > Bembibre > Brazuela > Astorga > León > Valverde de la Virgen > Onzonilla > Santas Martas > Sahagún > Ledigos > Carrión los Condes > Osomo > Melgar de Fernamental > Isar > Tardajos > Burgos > Ibeas de Juarros > Belorado > Castildelgado, Hostal El Chocolatero (42.438144, -3.0842684)
Ab etwa León erstreckt sich bis Burgos die Meseta, Teil des Hochlands von Kastilien im Norden Spaniens. Hier verläuft auch der Jakobsweg ohne große Berge auf etwa 800 bis 900 Meter. Gegenüber anderen Teilen des Camino Francés, der oft durch richtiges Gebirge führt, ist das flache Gelände fast schon eine Erholung. Das könnte man annehmen. Doch die Eintönigkeit der Landschaft meist ohne Bäume wird für den Pilger besonders im Sommer bei sengender Hitze zur Bewährungsprobe.
Vorn rechts das Restaurante Río Loyo
Blick zurück auf unser Hostal (Richtung Portomarín)
Abfahrt bei schönstem Wetter
Bestimmt auch zum Wandern geeignet
Noch auf der Landstraße LU-633 kamen wir etwa 2 Kilometer nach dem kleinen Ort "Hospital da Condesa" auf die Sankt-Rochus-Höhe (Cebreiro-Pass). Das ist der Pass Alto do San Roque auf 1.270 Meter Höhe. Beim Aussteigen schlug uns eisige Kälte entgegen. Auf den umliegenden Bergen lag Rauhreif. Die Temperatur betrug nur wenige Grad über Null.
Jakobspilger in Richtung Santiago de Compostela
Pass Alto do San Roque
Kurzer Halt auf der Sankt-Rochus-Höhe
Der weithin sichtbare Jakobspilger in Richtung Santiago de Compostela stemmt sich gegen den Wind. Sicher war dieser Pass schon früher ein ernst zu nehmendes Hindernis. Nach der Metall-Skulptur in Richtung Osten geht es aber schon wieder bergab nach Liñares. Das ist ein Mini-Ort mit rund 20 Einwohnern und wurde wahrscheinlich im 9. Jh. gegründet.
Ich finde, künstlerisch eine gute Arbeit.
Ringsum reifbedeckte Berge
Im Tal der kleine Ort Liñares
Die Sankt-Rochus-Höhe war der höchste Kamm, bevor die große Hochebene Tierra de Campos beginnt. Ich weiß nur noch, es war heiß an diesem Tag, brütend heiß. Rastplätze oder ein paar schattige Bäume gab es an unserer Strecke so gut wie überhaupt nicht. Und als wir endlich einen geeigneten Platz für unseren Mittagstisch fanden, war der auch noch vermüllt.
Nach langer Fahrt war endlich ein Rastplatz gefunden.
Die Berge von Cantabria
Unsaubere Plätze gibt es in Spanien viele. Leider haben wir das immer wieder erfahren müssen. Es wird einfach zu wenig getan. Einerseits quellen die Abfalleimer durch manche rücksichtslosen Touristen über, andererseits fehlt es an regelmäßiger Entleerung durch die zuständigen Gemeinden. Und trotzdem, Spanien ist unser Lieblingsreiseland.
Der kleine Ort vorn hinter den Bäumen heißt Sotillo.
Licht und Schatten zaubern eine malerische Landschaft.
Castildelgado ist ein kleiner Ort am Jakobsweg, aber trotzdem bedeutsam. Sehenswert ist die kleine dreischiffige Kirche Iglesia de San Pedro Apóstol. Wie der Name schon sagt ist sie dem Apostel Petrus geweiht. Sie wurde im 16. Jh. gebaut. In der Kirche ist Bischof Francisco Delgado (1514 bis 1576) begraben. Eine Besichtigung war nicht möglich.
Hostal El Chocolatera in Casteldelgado an der N-120
Die Zimmer sind einfach, haben aber alles was man braucht. Die Aussicht nach hinten ist besser als zur Straße, aber wegen des LKW-Parkplatzes nicht unbedingt ruhiger. Manche Fahrer lassen zeitweise ihre Kältemaschinen laufen. Wir hatten das Pech, zusätzlich noch eine Ladung Schweine vor der Nase zu haben. Das Fenster mussten wir trotz warmer Nacht geschlossen halten.
Länger als eine Nacht würden wir hier nicht bleiben wollen, trotz des moderaten Preises und der interessanten Gegend. Was aber zählt ist die Dusche und die Möglichkeit, sich auszuruhen. Das dürfte vor allem für die Pilger wichtig sein.
Viele Pilger nutzen den Komfort des Hostals El Chocolatera, in dem aber auch viele Kraftfahrer übernachten, die auf der N-120 unterwegs sind. Viel mehr als die Kirche und das Hostal hat der Ort nicht zu bieten. Wir verzichteten auf einen Rundgang. Die Kirche hatte, wie soll es anders sein, geschlossen. Manchmal bleiben die Kirchen wenigstens Sonntags geöffnet.
Ibrillos. Aussicht durch unser Hostal-Fenster
Wir hatten Zimmer-Nr. 110 mit Blick auf die Berge.
Herrlicher Blick aus dem Fenster auf die Berge
Dieses Bild würde ich mir auch aufhängen.
Die beiden Bilder gefielen mir, deshalb die Fotos.
Was uns in Spanien, aber auch in Portugal, aufgefallen ist, sind die meist originalen Bilder mit Motiven aus der Region. Daneben werden auch religiöse Motive bevorzugt. Natürlich ist nicht jedes Bild ein Meisterwerk, aber allemal besser als abstrakte Kunst, die oftmals nicht einmal den Sinn für den Betrachter erkennen lässt.
LKW-Parkplatz hinter dem Hostal, abends ist er voll.
Vielleicht sind es frühe Häuser von Castildelgado.
Getrennte Ehebetten
Ich finde, Kunst und insbesondere ein Bild muss wenigstens annähernd den Lebensinhalt des Betrachters streifen, damit das Werk Eingang in seine Gefühlswelt findet. Findet keine Kopplung statt, bleiben sowohl Kunstobjekt als auch das Subjekt davor getrennt. Die emotionale Bindung wird nicht aufgebaut, das Bild gefällt dann nicht.
Spanien überrascht immer wieder mit seinen wechselnden Landschaftsbildern. Auch hier in der Nähe von Castildelgado entstanden Fotos, die wir uns immer wieder gerne anschauen. Ohne weite Wege bekamen wir die Ansichten gewissermaßen frei Haus. Alle Aufnahmen dieser Seite sind aus dem Fenster des Hostal-Zimmers heraus gemacht worden.
Sieht aus wie ein Grabenbruch, oder Flusstal?
Links vorn am Berg: Sotillo de Rioja
Besonders schön finde ich die Lage des kleinen Ortes Ibrillos, der sich an den doch rechten hohen Hügel schmiegt. Wir hätten hinfahren sollen. Obwohl ich zwischenzeitlich schon mehrere Male in Castildelgado war, ist mir der Ort immer noch unbekannt. Hoffentlich bleibt er bestehen. Wegen Landflucht ist schon manche Ansiedlung verschwunden.
Ibrillos. Der Name des Hügels ist mir nicht bekannt.
Sotillo de Rioja ist noch kleiner als Ibrillos.
Castildelgado > Santo Domingo de la Calzada (42.44087, -2.95368) > Logroño > Calahorra > Alfaro (42.17651, -1.75334) > Tudela > Alagón > Zaragoza > Alfajarin > Bujaraloz > Lleida > Balaguer > Artesa de Segre > Ponts > Oliana, Hotel TRUC
Castildelgado bis Santo Domingo war noch nahe am Jakobsweg, danach hielten wir uns südlich Richtung Zaragoza.
Der Flur im Hostal
Schon beim Frühstück auf unserem bescheidenen Zimmer hörten wir die Türen schlagen. Kraftfahrer und Pilger hatten es gleichermaßen eilig, ihr Tagwerk zu verrichten.
Die Buntglasscheiben haben uns gefallen.
Vor dem Hostal am Auto stand einer der riesigen mit Schweinen beladenen LKWs, kein angenehmer Geruch. Nach einigen obligatorischen Fotos beeilten wir uns, hier wegzukommen.
Der Schweinetransport hatte die ganze Nacht auf dem rückwärtigen Parkplatz gestanden. Wegen der ungünstigen Windrichtung mussten wir bei geschlossenem Fenster schlafen.
Unser Auto, der Schweinelaster und ein Pilger
Der riesige Laster mit den Schweinen war abends noch im Hellen gekommen und morgens war es wieder schon lange hell, bis er endlich losfuhr. Komischerweise waren aber nachts keine Geräusche zu hören. Es scheint, dass sich die Viecher in ihr Schicksal fügen. Ich kenne zwar die Transportvorschriften nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es dem Vieh, egal ob Schweine, Hühner, Rinder oder Mastbullen, gut geht, wenn es lebend so weit und vor allem mit so langen stehenden Aufenthalten transportiert wird.
Früher wurde die Sau auf dem Hof des Bauern geschlachtet, ich war selbst einige Male dabei. Vom Stall auf die Leiter, auf der das Schwein dann aufgeschnitten wurde, waren es nur wenige Schritte. Dann, nach der obligatorischen Gesundheitsuntersuchung, konnte die Verwertung beginnen. Ich weiß, dass das alles Nostalgie ist. Trotzdem, man muss das Tier nicht noch quälen, bevor man es tötet.
Das ist die N-120 Richtung Santiago de Compostela. Von hier sind es zu Fuß noch etwa 520 Kilometer. Alle Achtung vor denjenigen, die diesen Weg laufen, aus welchen Gründen auch immer.
Etwa 4 Wochen wird er noch laufen müssen.
Auf Wiedersehen. Seit 2009 war ich mehrmals wieder dort.
Die heute oft praktizierte Methode des Fleischverzichts ist auch keine Option. Der Mensch war, ist und bleibt ein "Allesfresser". Gefragt sind eindeutige tierschonende Vorschriften, deren Einhaltung aber auch konsequent kontrolliert wird.
Folgt man von Castildelgado aus der N-120 in Richtung Osten, liegt die kleine Stadt Santo Domingo de la Calzada am Weg. Allerdings darf man nicht die neue Umgehungsstraße wählen, sondern man muss auf der alten N-120 bleiben, die sich heute N-120a nennt und direkt durch den Ort führt. Wir hatten schon im Jahre 2001 auf unserer Spanienrundreise Santo Domingo besucht, um Näheres zur sogenannten Hühnerlegende zu erfahren.
Der Pilgerweg verläuft durch Santo Domingo und weiter unweit der N-120 folgend auch durch Castildelgado.
Turm der Kathedrale in Santo Domingo, 18. Jh.
Erst mit dem Tele-Objektiv zeigt sich die wahre Schönheit.
Santo Domingo erhielt seinen Namen durch den Heiligen Domingo (Domingo Garcías), der im 11. Jh. das Pilgern nach Santiago de Compostela tatkräftig unterstützte. Er ließ Pilgerwege ausbauen und auch ein Hospiz errichten. Er soll beim sogenannten Hühnerwunder mitgewirkt haben.
Es gibt viele Legenden rund um den Jakobsweg, eine davon ist die Hühnerlegende. Ursprünglich auf Toulouse bezogen wanderte die Geschichte im 15. Jh. nach Santo Domingo de la Calzada. Insbesondere in Deutschland ist das "Hühnerwunder" das bekannteste Jakobswunder. Es gibt hier viele Darstellungen aus dieser Legende, so z.B. in Rothenburg, in Winnenden, in Kempen auf dem Altarbild, in Überdingen als Freske aus dem 15. Jh. usw. Sogar einen auf das Hühnerwunder bezogenen Altar der Jakobuskapelle neben der alten Fuldaer Stiftskirche soll es schon im 14. Jh. gegeben haben. Er befand sich direkt über einem kleinen Hühnerstall. In Spanien gibt es natürlich viele weitere Darstellungen der Hühnerlegende, z.B. auch in der Kathedrale in Santiago.
Schon im 2. Buch Codex Calixtus (12. Jh.) wird von einer Pilgerfamilie aus Deutschland berichtet, die auf dem Weg nach Santiago de Compostela im Jahre 1020 (nach der "Legenda aurea") ein seltsames Erlebnis hatte, dass beinahe mit dem Tode des Sohnes endete. Der Vorfall soll sich nach dem Buch Codex Calixtus nahe der Kirche von Toulouse ereignet haben. Wie der spätere Bezug auf Santo Domingo zustande kam, ist nicht bekannt. Sagen und andere Wundergeschichten haben die Eigenschaft, sich mit jedem Weitererzählen zu verändern. Im Kern bleibt aber das inhaltliche Anliegen einer Sage erhalten, dem Menschen etwas für sein jetziges Leben mitzugeben, um so die Erfahrungen früherer Menschen wirksam werden zu lassen.
Kathedrale von Santo Domingo de la Calzada, Haupteingang in der Südfassade (1765), davor der Plaza del Santo
Die Bauernsöhne Emeterio und Celedonio (spanisch), deren Skulpturen in der Südfassade der Kathedrale rechts und links vom Heiligen Domingo Garcías stehen, werden vor allem in Calahorra als Märtyrer und Heilige verehrt. Sie waren Soldaten im römischen Heer, wurden aber als Christen verraten und in Calahorra ins Gefängnis gesteckt, gefoltert und schließlich hingerichtet.
Nach der Enthauptung gelangten die Köpfe der beiden Märtyrer auf einem Boot im Fluss Cidacos nach Santander. An der Stelle der heutigen Kathedrale Mariä Himmelfahrt wurden sie von Mönchen bestattet. Das Stadtwappen von Calahorra enthält ihre Namen, die Abbildung der Köpfe findet sich auf dem Wappen der Autonomen Gemeinschaft Kantabrien.
Der erste romanische Kirchenbau begann 1098 unter König Alfons VI. Von 1168 bis 1235 erfolgte ein Neubau. Zur Aufnahme des bisher außen liegenden Grabmals von Domingo Garcías (1040 bis 1109) erfuhr die Kathedrale im 16. Jh. eine Erweiterung im südlichen Langhaus. Die Seiten des Grabmals sind mit Wunderszenen aus dem Wirken des Heiligen Domingo de la Calzada verziert.
Der Hochaltar wurde um 1540 im spanischen Renaissance-Stil in den romanischen Chor eingebaut. Dadurch wurde der ursprüngliche Chor verfälscht. Später hat man den Hochaltar versetzt, um diesen Fehler rückgängig zu machen.
Die Kathedrale hatte mehrere Türme, die aber wegen statischer Probleme abgerissen werden mussten. Verblieben ist ein freistehender barocker Turm aus dem 18. Jh. Er sieht dem Turm der Kathedrale Santa María la Redonda in Logroño zum Verwechseln ähnlich. Beide Türme kommen vom Baumeister Martín de Beratúa.
Der heutige Hühnerkäfig wurde erst 1460 im gotischen Stil eingebaut. Er stammt von Felipe Bigarny (Felipe de Borgoña, 1475 bis 1542), übrigens der gleiche Meister, der die imposante Grabanlage des Heiligen Domingo schuf. Vorher gab es auch schon einen Hühnerkäfig entsprechend einer Bulle Papst Clemens VI. von 1350. Die Bulle besagt unter anderem: Ein Ablass wird Demjenigen gewährt, der sich Hahn und Henne in der Kirche anschaut. Wir haben das schon zwei Mal gemacht, 2001 und 2009.
Eine deutsche Familie machte sich im Jahre 1020 auf den Weg nach Santiago de Compostela, um am Grab des Apostels Jakobus Heilung für Leib und Seele zu erhalten, und um Dank zu sagen für die Erhörung ihrer Gebete. Sie kamen über die Pyrenäen auf dem heutigen Camino Francés nach Santo Domingo de la Calzada und übernachteten dort in einem Wirtshaus.
Die Tochter des Wirtes fand den Sohn des deutschen Ehepaares sehr attraktiv. In der Nacht schlich sie zu dem jungen Mann, um ihn zu verführen. Dieser blieb aber, so keusch und gläubig wie er war, standhaft und wies das Mädchen ab. Die Wirtstochter war beleidigt und fühlte sich so sehr verletzt, dass sie sich rächen wollte. Sie nahm einen Silberbecher und versteckte ihn im Pilgerbeutel des Jungen.
Am nächsten Morgen wurde bemerkt, dass der Becher fehlt. Wie von der Tochter geplant, kam die Pilgerfamilie in den Verdacht, den Becher gestohlen zu haben. Schließlich fand man den Silberbecher, und so war der junge Mann des Diebstahls überführt. Noch am gleichen Tage brachte man den Sohn vor Gericht. Trotz aller Beteuerungen des Jungen, den Becher nicht genommen zu haben, wurde ihm nicht geglaubt. Er wurde schuldig gesprochen und kurz darauf gehängt.
Die fassungslosen und über alle Maßen traurigen Eltern konnten nicht bei ihrem Sohn bleiben, die ganze Ortschaft war über das Verhalten der Pilgerfamilie empört. Vater und Mutter setzten deshalb ihre Pilgerreise fort. Ihre klagenden Gebete fanden am Schrein des Apostels scheinbar Gehör, was die Eltern aber noch nicht wussten.
Die Pilgerreise war mühsam, erst nach insgesamt 36 Tagen kamen die Eltern wieder nach Santo Domingo de la Calzada. Ein letztes Mal wollten sie ihren Sohn sehen oder wenigstens seine Gebeine begraben. Sie machten sich deshalb auf den Weg zur Richtstätte. Zu ihrer Verwunderung war ihr Sohn unversehrt, er sprach sogar leise zu ihnen: "Ich lebe noch. Der Heilige Domingo hat mich gleich nach der Hinrichtung an den Beinen gehalten und zusammen mit dem Heiligen Jakobus hat er mir geholfen, auf euch zu warten."
Bild rechts:
Hahn und Henne werden alle 2 Wochen ausgetauscht. In dem engen Käfig wäre kein ewiges Leben möglich. Der Hühnerstall lockt zahlreiche Pilger und auch Touristen an.
Mitte: Domingo García en Catedral de Santo Domingo de la Calzada, Rechts: San Celedonio, Links: San Emeterio
Kathedrale in Santo Domingo, Südfassade, Haupteingang
In der Kathedrale: Käfig für Hahn und Henne (1460)
Die Eltern waren sprachlos. Eilig suchten sie den Richter auf, der den Jungen verurteilt hatte. Der Richter war mit seiner Frau gerade beim Speisen und etwas erbost, gestört zu werden. Die Bitte, den Jungen lebend vom Galgen erlösen zu dürfen, beantwortete der Richter nur mit: "Euer Sohn ist so sicher tot, wie dieser Hahn und diese Henne auf unseren Tellern tot sind!". Kaum ausgesprochen begannen Hahn und Henne zu flattern und sie flogen davon.
Der Richter war sprachlos. Dennoch verstand er dieses Zeichen. Schnell rief er seine Diener und ging zusammen mit den Eltern zur Richtstätte. Noch am Galgen sprach der Junge: "Ich danke Gott und seinen Gehilfen!". Der Junge wurde erlöst und von jeglicher Schuld frei gesprochen. Die Eltern konnten mit ihrem geretteten Sohn die Heimreise antreten.
Die Tochter des Gastwirts hingegen wurde wegen ihrer niederträchtigen Tat schuldig gesprochen und endete anstelle des Jungen am Galgen.
Hühnerlegende, Vorsprache beim Richter, © Gemeinfrei 9
Hühnerlegende, Relief in der Kathedrale Santiago de Compostela, 1584 (Foto: P.Lameiro 2014, © nach CC BY-SA 3.0) 10
9 Hühnerlegende, Vorsprache beim Richter. Quelle des Fotos: http://www.musees-alsace.org/FRAMPics/full_1011_1011.jpg (via Wikimedia Commons)
Urheber: Maître de la légende de Saint Jacques 1470, © nach Gemeinfrei, Public domain. Zuschnitt/Farbanpassung: Peter Egon Burkhardt 2021,
Weitergabe des Fotos: Frei von bekannten Beschränkungen durch das Urheberrecht (© nach Gemeinfrei, Public domain)
10 Hühnerlegende, Relief in der Kathedrale Santiago de Compostela. Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Santiago_Catedral_09-02b.JPG
Urheber: P.Lameiro 2014, © nach CC BY-SA 3.0, Originalbeschreibung: Un dos relevos no púlpito do Evanxeo, na Catedral de Santiago de Compostela. O púlpito é obra de Juan Bautista Celma (1584) e os relevos de Antonio de Arfe. O relevo representa o milagre do galo e a galiña de Santo Domingo de la Calzada (A Rioxa). Zuschnitt/Farbanpassung: Peter Egon Burkhardt 2021, Weitergabe des Fotos zu gleichen Bedingungen.
Um nicht so sehr mit dem Pyrenäen-Gebirge in Konflikt zu kommen, hielten wir uns nach Logroño südlich. So kamen wir über Calahorra in das kleine Städtchen Alfaro. Damit trennten wir uns in Logroño vom Camino Francés, denn dieser kommt aus nördlicher Richtung von Pamplona. Ab Logroño bis Burgos folgt der Jakobsweg dann im Prinzip der Landstraße N-120.
Von Santo Domingo bis Alfaro sind es nur 117 Kilometer (Landstraße, ohne Maut).
Die Fotos sind nur wegen dem Einkauf im Dia entstanden.
Der kleine Supermarkt hatte trotzdem schon auf.
Alfaro liegt abseits vom Camino Francés.
Es war noch Siesta. Man sieht's an den leeren Straßen.
Immer noch am südlichen Rand der Pyrenäen strebten wir dem Mittelmeer zu, in der Hoffnung auf warmes Wasser zum Schwimmen. Doch bis zum Zeltplatz in Sant Pere Pescador würden wir es heute nicht schaffen. Die Fahrt war angenehm. Irgendwie kam uns hier alles grüner vor, und die Blumen jetzt Ende Apreil waren eine Augenweide.
Noch liegt viel Schnee in den Pyrenäen.
Gerstenfeld mit Mohnblumen am Rand, super!
Uns gefällt der Mohn. Er wächst, wo nicht gedüngt wird.
Die Berge der Pyrenäen waren zwar noch zum großen Teil mit Schnee bedeckt, dafür kletterte das Thermometer in der Ebene auf über 27 Grad. Einen geeigneten Parkplatz für die Mittagspause fanden wir auch. Die Wiesen und Getreidefelder ringsum waren mit Mohn gesäumt. Uns gefällt die Mohnblume, die nur dort wächst, wo nicht gedüngt wird.
Solche roten (eisenhaltig?) Berge gibt es hier oft.
Der Rastplatz war sogar eingezäunt.
Unser schöner Rastplatz zur Mittagszeit
Oliana schien geeignet, irgendwo zu übernachten. Dem Schild am Ortseingang folgend landeten wir im Hotel Truc. Allerdings hatten wir uns vorgestellt, es sei eine besonders von Kraftfahrern genutzte Wirtschaft. Dem war nicht so. Es roch muffig, die ziemlich alte Inhaberin schien nicht von uns begeistert zu sein.
Hotel TRUC in Oliana (42.070497, 1.312023)
Alte Häuser mit lebendiger Fassade
Turm der Stadtkirche
Wir fügten uns trotzdem. Ein Zimmer mit Dusche war uns wichtig. Das Auto stand auch ziemlich sicher innerhalb des Geländes. Wir nahmen keinerlei Service in Anspruch, unseren Lebensmittelvorrat hatten wir heute vormittag in Alfaro aufgefrischt. Nicht einen einzigen weiteren Gast bekamen wir zu Gesicht.
Das Hotel steht direkt an der Durchgangsstraße.
Eines der neueren Gebäude
Es wird Zeit, sich auszuruhen.
Der Rundgang in Oliana war gegenüber dem alten Hotel die reinste Befreiung. Bei Sonnenschein trotz der schnell dahinjagenden Wolken schlenderten wir durch die Straßen und fanden uns schließlich auf einem höher gelegenen Weg wieder, von wo man einen schönen Ausblick auf die Dächer von Oliana hat.
Hohe Berge im Norden von Oliana
Blick auf Oliana
Fast hätten wir die Wegweiser übersehen.
Oliana ist hübsch, nicht verbaut, mit meist alten Häusern und von Bergen umgeben. Uns gefiel der Ort, in dem man sicherlich auch gut Urlaub machen könnte. Natürlich hatten wir keine Zeit, unsere Besichtigungstour in die Länge zu ziehen. Außerdem waren wir müde von der fast 500 Kilometer langen Fahrt.
So lieben wir Spanien!
Unser Hotel TRUC
Hauptstraße in Oliana
Das Hinweisschild zur Kirche nicht weit vom Hotel hätten wir fast übersehen. Die "Kirche der Engel" steht etwas versteckt oberhalb der Hauptstraße. Zum Haupteingang führt eine breite lange Treppe. Wir hatten Glück, die Tür war offen.
Kloster "Unserer Lieben Frau von den Engeln"
Maria mit Blick zum gekreuzigten Jesus
Das große Gebäude folgt dem typischen Grundriss eines Bauernhauses mit drei Etagen und einem Dachboden. Der Zugang über die Treppe führt direkt zur Kapelle des Klosters, die fast die Ausmaße einer kleinen Dorfkirche hat.
Eingang zur "Capella dels Àngels"
Antic convent de la Mare de Déu dels Àngels (Oliana) 11
11 Antic convent de la Mare de Déu dels Àngels (Oliana), Urheber: Isidre blanc (discussió) 2014, © nach CC BY-SA 3.0)
Quelle: https://ca.wikipedia.org/wiki/Fitxer:MARE_DE_D%C3%89U_DELS_%C3%80NGELS_D%27OLIANA_-_IB-159.JPG.
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.ca, Zuschnitt: Peter Egon Burkhardt 2021, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Oliana > C-14 Coll de Nargó > L-401 Alinyá > L-401 Cambrils (Campingplatz) > L-401 Odén > L-401 Coll de Jou LV-4241 > LV-4241 Sant Llorenç de Morunys (Tankstopp) LV-4241 > BV-4241 Berga > C-26 Ripoll > N-260a Olot > A-26 Besalú > N-260 Navata > C-26 S-Umfahrg. Figueres > C-31 Sant Pere Pescador > GIV-6303 Campingplatz L'Ámfora
Die Nacht im Hotel TRUC war ruhig und angenehm, nachdem der muffige Geruch durch das offene Fenster abgezogen war. Das Zimmer lag auf der Rückseite, unberührt vom Verkehr.
Unser Start von Oliana aus in die Berge
Über den Dächern war eine seltsamer Friede spürbar. Auf dem Fensterbrett sitzend träumte ich vor mich hin, auch in Gedanken um das neue Leben unserer Tochter.
Massiv und mächtig, Leitungsmasten wie Spielzeug
Die Berge nördlich von Oliana gehören zu den Pyrenäen. Ich hätte nie gedacht, dass es so eine fast schon bizarre Bergwelt inmitten von Europa gibt. Tiefe Täler werden von schroffen Felswänden umsäumt, geschaffen von urzeitlichen Eruptionen und geformt durch die andauernden erosiven Kräfte von Hitze, Kälte und Wasser. Kein Mensch könnte so kreativ sein, solch eine Landschaft zu erfinden.
Tunnel, nur in Stein gehauen
Die Fotos auf den folgenden Seiten können nur einen Teil davon zeigen, was sich unseren Blicken hinter jeder Kurve, hinter jedem Berg, von oben in die Täler und von unten hinauf zu den Kämmen der so verschluchteten, zerissenen und andererseits gefügten Falten darbot. Das Ganze wurde noch verstärkt duch das Schattenspiel der lockeren Wolkenhaufen, die vom Wind über die Wipfel getrieben wurden.
Freileitung, ein Montage-Kunststück
Viel ist zu dieser Ansicht nicht zu sagen. Eine Lobhudelei erübrigt sich.
Dieser Ort ist noch bewohnt.
Diese Route durch die Berge war weder geplant noch gewollt. Eigentlich war unser Ziel, baldmöglichst am Mittelmeer zu sein. Doch ich kam bei der Fahrt entlang vom See Pantano del Oliana (C-14) auf die Schnapsidee, rechts abzubiegen, um über eine Brücke auf der L-401 so richtig in die Bergwelt eintauchen zu können. Die sich durch Täler und Höhen windende schmale Straße übertraf all unsere Erwartungen.
Der Eingang ist noch weit, hinten wird's enger.
Kleine noch bewirtschaftete Berghöfe wechselten sich ab mit verlassenen Bergsiedlungen, die gespenstig ohne ihre ehemaligen Bewohner an den Berghängen kleben. Und dazwischen immer wieder einmal ein Tunnel, der roh in das Gestein gehauen im Inneren geradeso Platz für einen Bus bietet. Kommt auch nur ein ganz kleines Auto entgegen, muss dieses rückwärtsfahren, bis zum Tunnelanfang.
Und doch sind in dieser vermeintlich menschenleeren Bergwelt kleine bewirtschaftete Felder zu sehen, die terrassenförmig dem Berghang abgerungen wurden. Da sieht man es wieder, der Mensch nistet sich überall ein und nutzt jeden auch nur einigermaßen zum Leben geeigneten Raum. Nicht umsonst ist er so erfolgreich auf dieser Erde.
Bewirtschaftetes Anwesen (im Bild rechts ganz vorn)
Verlassene Hütten
Für uns war diese Welt der Berge relativ neu im Vergleich zu den Bergen zum Beispiel in Andalusien. Dort ist viel weniger Grün, die Hänge sind meistens ohne Wald und es dominiert eine vom kargen Gras lebende Viehzucht. Hier aber wächst auch nur in der kleinsten Felsspalte irgend ein Busch, da genügend Wasser da ist. Entsprechend grün ist diese Gegend.
Im Tal die C-14 und Ansiedlungen
Selten, so eine Parkmöglichkeit, gut für Fotos.
Was kann schöner sein als diese Berge: Eigentlich nur das Meer! Zumindest ist die Küste mein persönlicher Favorit.
Wegen der schmalen Straße gab es wenig Gelegenheit, das Auto abzustellen, um vielleicht ein paar Schritte zu noch besseren Fotostandorten zu gehen. Ich musste mich meist begnügen, vom Auto aus die Umgebung mitzunehmen. Jeden Moment konnte ein Fahrzeug um die Ecke kommen. Es war gefährlich. Einmal rettete mich nur das beherzte Herumreißen des Lenkrads vor einem Crash.
Vor einem der Tunnel sah es nach einem Stau aus. Auch wir mussten uns in die Reihe der Fahrzeuge einordnen, die den Gegenverkehr abwarteten. Woher die Schlange wusste, wann freie Fahrt sein würde, bleibt mir bis heute ein Rätsel. Eine Ampelanlage gab es nicht, geregelte Durchfahrtszeiten auch nicht und Hupen hätte man wegen des langen kurvenreichen Felsdurchbruchs auch nicht gehört.
Die Pyrenäen bildeten sich wie die meisten Gebirge der Erde durch Verschiebung zweier tektonischer Platten. Vor etwa 100 Millionen Jahren traf die kleinere Iberische Platte vom Süden her auf die große Eurasische Platte. Die Iberische Platte schob sich in den folgenden 50 Millionen Jahren unter die Eurasische Platte. Im Kollisionsgebiet hob sich die Erdkruste, die Pyrenäen wurden gebildet. Die heutigen Struktur entstand durch statische Ausgleichsbewegungen und die fortdauernde erosive Abtragung. Das alles ist natürlich nur sehr vereinfacht dargestellt, in Wirklichkeit ist alles viel komplizierter.
Auf diesem Bild sieht man, dass es wegen der Straßenbegrenzung in den vielen Kurven kaum Haltemöglichkeiten gab. Es hat trotzdem Spass gemacht, mitten in den Pyrenäen Berg- und Talfahrten zu machen. Manchmal war der ganze Himmel leergefegt, manchmal rasten wieder Wolken über die Berggipfel. Die Aussicht änderte sich ständig. Man müsste hier irgendwo ein Zelt aufschlagen, um wenigstens eine Nacht das Grummeln der Berge zu hören. In den Pyrenäen soll es wieder ein paar Bären geben.
Da alle geologischen Prozesse sehr langsam vonstatten gehen, erscheinen uns die Berge selbst über mehrere Generationen hinweg als vollkommen statisch, d.h. unbeweglich. Modernste Messverfahren liefern aber sehr wohl den Beweis, dass die Plattentektonik nach wie vor ihren Beitrag zur geologischen Veränderung leistet. Die Auffaltung ist aber beendet. Höher werden die Berge nicht mehr. Veränderungen ergeben sich jetzt vor allem durch Erosion. Die etwas flacheren Hänge unterhalb der steilen Felswände sind dafür ein Beispiel. Das kleinere Gestein ist die Basis für die sich bildende Vegetation.
Was auf diesen Terrassen angebaut wird, konnte ich trotz Teleobjektiv nicht erkennen. Der Zweck der Wiesen ist klar, trotzdem waren keine Kühe, Schafe oder Ziegen zu sehen. Vielleicht war das Gras jetzt im April noch nicht lang genug. Es muss äußerst mühsam sein, in solchen Hanglagen Landwirtschaft zu betreiben. Die allgemeine Landflucht wird bei solchen Schwierigkeiten noch verstärkt. In der Stadt lässt sich leichter Geld verdienen.
In Bildmitte der Ort Alinyá an der schmalen Bergstraße L-401. Von dort unten sind wir gekommen.
Auf dem Foto ist zwischen den hohen zerklüfteten Bergen der Ort Alinyá an der L-401 kaum erkennbar. Erstaunlich, wie so eine Landschaft geformt werden kann. Allgemein wird ja behauptet, die schönsten Stellen auf dieser Erde habe der Schöpfer selbst erschaffen. Schmunzelnd muss ich aber fragen: Wer hat den ganzen Rest gemacht?
Hier ist die Straße etwas breiter, Gelegenheit zum Halten.
Nun gut, jedenfalls haben wir dieses Panorama genossen. Immer wieder änderte sich das Schattenbild durch die rasch dahinziehenden Wolken. Vorher hing sogar eine schwarze Wand am Horizont, die normalerweise eigentlich Regen gebracht hätte. Doch der stürmische Wind ließ den Regenmachern keine Chance. Der schwarze Vorhang zerriss und die Sonne kam wieder.
Und wieder blauer Himmel
Kirche am Hang oberhalb von Cambrils
Der Campingplatz liegt etwas abseits vom Ort.
Ski-Pisten hätten wir hier nicht erwartet. Erst durch verschiedene Schilder und die Hütten aufmerksam gemacht, begriffen wir, dass der kleine Ort Cambrils unterhalb eines großen Ski-Gebiets liegt. Demzufolge muss es im Winter sichere Schneebedingungen geben. Jetzt im April war nichts mehr davon zu spüren, selbst auf den Bergkämmen kein Schnee weit und breit.
Zelte waren nicht zu sehen, nur WoMo's und Hütten.
Weiter oben liegt das Skigebiet Port del Comte.
Camping: Ja. Eine Einkaufsmöglichkeit für uns: Nein.
Der Campingplatz interessierte uns, allerdings war das Anmelde-Häuschen nicht besetzt. Einige Autos vor den Holzhütten bestätigten aber, dass auf dem Platz Gäste waren. Weiter vorn fanden wir eine Parkmöglichkeit, um uns selbst eine kleine Erholung von der kurvenreichen Bergfahrerei zu gönnen. Wie immer gab's heißen Kaffee. Zwei Quarkschnecken fanden sich auch noch.
Einige Hütten waren belegt, die Anmeldung geschlossen.
Auf dem Pass Coll de Jou, 1480 m
Sant Llorenç de Morunys
Der Coll de Jou zählt schon zu den südlichen Ausläufern der Pyrenäen. Richtung Berga und dann Ripoll wird das Land flacher. Doch der Pass ist erst einmal noch ein Highlight, vor allem wegen der Aussicht. Unten im Tal sind ein großer See und daneben der Ort Sant Llorenç de Morunys zu sehen. Leider war der Himmel bedeckt.
Weit unten im Tal der Urlaubsort Sant Llorenç de Morunys
Gewerbegebiet von Sant Llorenç de Morunys
In Llorenç de Morunys gibt es eine Tankstelle. Unser Spritvorrat hätte nicht bis Sant Pere Pescador gereicht. Wir hatten Glück, denn die kleine Tankstelle schließt am Abend. Der Ort selbst ist Urlaubsgebiet, kein Wunder, Berge gibt es genug und der See Pantà de la Llosa del Cavall bietet viele Möglichkeiten, sich zu erholen.
Berga ist der erste Ort, der südwestlich vom Coll de Jou auf einer Ebene liegt. Hier kreuzen sich mehrere Hauptverkehrswege. Wir fuhren von Berga aus auf der C-26 Richtung Ripoll. Noch am Ortseingang von Berga war ich mir nicht sicher, wie wir fahren mussten. Ein netter junger Mann half uns. Unser Navi hatte Probleme, was auf der weiteren Fahrt noch mehrmals auftreten sollte. Später stellte sich heraus, dass der Stecker zum Bordnetz defekt war.
Der Ort Berga ist relativ groß, für uns ein Grund, unsere Reisezeit hier nicht zu opfern. Außerdem schoben sich wieder einmal dicke schwarze Wolken über die Ortschaft. Es sah ganz nach Regen aus. Es blieb dann aber doch trocken. Der Wind sorgte dafür, dass sich die Wolken an den Berghängen abregneten. Als wir in San Pere Pescador ankamen, schien bei blauem Himmel die Abendsonne, ein gutes Zeichen für den geplanten Kurzurlaub am Meer.
Sant Pere Pescador in der Bucht von Roses (Original: VISTA_AEREA_SANT_PERE_PESCADOR) 12
Die Brücke führt über den Ríu Fluvià nach San Pedro Pescador und letztlich zu den Campingplätzen am Meer.
Für uns war noch eine Hütte frei.
Vor 4 Wochen auf der Fahrt zum Jakobsweg waren wir 3 Tage auf dem Campingplatz. Wie lange wir dieses Mal auf der Rückfahrt bleiben würden, hing nicht nur vom Wetter ab.
So leer sieht es nur bis April aus.
Jedenfalls hatte uns gestern bei der Ankunft die Abendsonne begrüßt. Die nächsten Tage, so der Wetterbericht, sollte es schön bleiben. Der Platz war noch relativ leer und eine Hütte frei.
12 Sant Pere Pescador in der Bucht von Roses (Original: VISTA_AEREA_SANT_PERE_PESCADOR), Urheber: Ajuntamentspp 13. April 2006,
© nach CC BY-SA 4.0). Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:VISTA_AEREA_SANT_PERE_PESCADOR.jpg.
Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de, Zuschnitt: Peter Egon Burkhardt 2021, Foto-Weitergabe zu gleichen Bedingungen
Die Umgebung vom Campingplatz ist wahrlich kein exponiertes Wandergebiet. Zum gesunden Laufen bietet sich aber der sehr lange Strand an. Das flache Sandufer erlaubt, kilometerweit im Wasser zu waten. Ansonsten sind zwar längere Ausflüge ins Vogelschutzgebiet möglich. In der unmittelbaren Umgebung wüsste ich jedoch nicht, was mich besonders anziehen sollte.
Die Gipfel der Parenäen waren noch schneebedeckt.
Einen kleinen Rundgang etwas weiter weg vom Meer machten wir trotzdem. Der Weg führt auf der Landseite des Campingplatzes zu einem sehr gepflegten Anwesen. Der Gartenbereich vor dem Haus glänzte mit vielen Blumenbüschen. Auch die winterfeste Bepflanzung mit eher weiter südlich anzutreffenden Stauden und Büschen ist so nicht oft zu sehen.
Straße zum Campingplatz
An einem von den vier Tagen Camping wagten wir es, uns am Strand in die Sonne zu legen. Ohne unseren Windschutz wäre das nicht gegangen. Trotzdem, länger als vielleicht zwei Stunden hielten wir es nicht aus. Der Sand verlor sich bis in die letzte Taschenecke. Ein kurzes Bad und 5 Züge schwimmen mussten reichen. Mehr war wegen des kalten Wassers nicht möglich.
Das ist schon extremer Sport.
Im Hintergrund Rosses
Ohne Windschutz ging es nicht.
Da freuten wir uns richtig auf unsere Veranda mit dem heißen Kaffee. Am Supermarkt des Campingplatzes stand das Bäckerauto vor der Tür. Normalerweise wird früh geliefert, heute aber erst gegen 14 Uhr. Jedenfalls saßen wir pünktlich um 3 Uhr heiß geduscht am Kaffetisch, blinzelten gut durchgewärmt in die Sonne und beobachteten die Neuankömmlinge gegenüber.
Bucht von Roses, 6 km Strand
Roses kriecht langsam in die Berge.
Auf unserer Veranda bin ich König.
Bühne frei für die Sommergäste
Heute (Samstag der 2.5.) machten wir uns auf die Socken, sprich: Wir fuhren Richtung Heimat. Länger wollten wir nicht bleiben, schließlich hatten wir uns für die Heimreise noch Einiges vorgenommen. Wir wollten nochmals zu unseren Freunden nach Pforzheim, dann zur Verwandtschaft nach Gundelfingen und die mittelalterliche Stadt Rothenburg ob der Tauber stand auch noch auf dem Programm.
Auf Wiedersehen L'Àmfora
Ein wichtiger Gang stand uns aber noch bevor. Wir statteten dem uns schon bekannten Weingut ganz in der Nähe des Campingplatzes einen Besuch ab. Dort gibt es gute Weine aus der Region, allerdings nicht ganz so billig wie im Supermarkt. Irgendein Mitbringsel muss immer sein, der spanische Wein ist bei Freunden und der Verwandtschaft sehr beliebt. Die nötigen 5-Liter-Kanister konnten wir uns vor Ort kaufen.
Sant Pere Pescador > A9 Perpignan > A9 Sete > A9 Montpellier > A9 Nimes > A7 Avignon > A7 Valence > O-Umfahrg. Lyon > Genf > Lausanne > Yverdon-les-Bains, Hotel Migros (46.78847, 6.62190)
Eigentlich eine Schande, bei solch schönem Wetter nach Hause zu fahren. Aber was sein muss, muss sein. Wir kamen gut vorwärts, die Route war bekannt und übernachten würden wir, wenn der Tag vorbei ist. In Yverdon-les-Bains am Neuenburgersee (französisch: Lac de Neuchâtel) in der Schweiz war es dann soweit. Das kleine Hotel Migros im Expo-Center kannten wir bereits. Für 70 Euro die Nacht ist es relativ günstig (für Schweizer Verhältnisse).
Interessant ist die Geschichte von Yverdon. Der Ort wurde schon etwa 4000 vor Chr. von neolithischen Siedlern gegründet. In der Eisenzeit, etwa 800 vor Chr., wurde das Gebiet vom keltischen Stamm Helvetier besiedelt. Als die Römer im Jahre 58 vor Chr. die Stadt eroberten, fanden sie nur niedergebrannte Ruinen vor. Die Helvetier hatten vor ihrer Flucht nach Gallien das damalige Eburodunos (heute Yverdon) angezündet. (Nur Asche dem Feind!) Die Römer bauten die eroberte Stadt wieder auf. Doch schon im Jahre 260 überfielen die Alemannen den Ort und zerstörten ihn abermals. Der Wiederaufbau erfolgte erst im Jahre 370, nachdem die Römer die Stadt zurückerobert hatten. Im 5. Jh. überließen die Römer die Provinz Helvetien den Burgundern. Damit gaben die Römer Yverdon auf. Ab dem Jahre 443 hatten die Burgunder in Yverdon die Oberhand. Im Mittelalter wird Yverdon im Jahre 971 als "pago everdunense" bezeichnet. Der Neuenburgersee trug den Namen "lacus Everdunensis". Yverdon gehörte damals zum "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation". Die heutige Bezeichnung Yverdon entwickelte sich aus Everdun (1228) und später Yverdunum (1340). Die Stadtmauer entstand zwischen 1260 und 1272. Zu Beginn des 15. Jh. wurde der Platz knapp. Aufgrund des wirtschaftlichen Aufstiegs entstanden neue Siedlungen auch außerhalb der Stadtmauern. Mit der Kapitulation von Yverdon vor den eidgenössischen Schweizern hatte der Aufschwung ein Ende. Die bisher katholische Stadt wurde durch die "Berner Herren" protestantisch. Die alte Kirche, die von Peter von Savoyen auf dem Grund des ursprünglich römischen Castrum gebaut worden war, wurde zerstört.
756 km sind kein Pappenstiel, d.h. es hat gereicht. Vieles unterwegs war sehenswert, nichts haben wir gesehen, aus Zeitgründen. Allein Genf wäre einen Tag wert gewesen.
Die erst im Zusammenhang mit diesem Bericht recherchierte Geschichte weckt die Neugier, Yverdon näher kennenzulernen. Doch wie so oft: Wichtig waren die Dusche, ein kleines Abendbrot auf dem Zimmer und das Bett.
Die Berner Herrschaft brachte aber auch Recht und Ordnung. Die Stadtmauer wurde wieder aufgebaut und sogar mit Wehrtürmen versehen. Der sich abzeichnende Aufschwung wurde Ende des 16. Jh. durch die hugenottischen Flüchtlinge noch verstärkt. Das 18. und 19. Jh. bescherte Yverdon ähnliche Fortschritte wie sie in vielen Städten Mitteleuropas zu verzeichnen waren.
Für das 18. Jh. sei nur das Stichwort "Aufklärung" und für das 19. Jh. die "Industrielle Revolution" zu nennen. Heute ist Yverdon-les-Bains neben der Wirtschaft vor allem auch touristisch bedeutsam. Die mittelalterliche Altstadt existiert noch. Sehenswert sind auch das Schloss Yverdon (13. Jh.), die Kirche Notre-Dame (18. Jh.), das Rathaus (Hôtel de ville, 18. Jh.) und die klassizistische katholische Kirche Saint-Pierre (19. Jh.).
Nicht zu vergessen ist der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746 bis 1827), dessen Skulptur in Yverdon auf dem Pestalozzi-Platz steht. Das Denkmal stammt aus dem Jahre 1889. Ich erwähne das deshalb, weil Pestalozzi ein auch in der DDR anerkannter Schulreformer und Schriftsteller war. Einige Schulen und andere Objekte tragen seinen Namen. Die Errungenschaften Pestalozzis als Sozialreformer und Philosoph wurden weniger gewürdigt.
Ich habe diesen historischen Abriss nur hier mit aufgenommen, um am Beispiel Yverdon zu zeigen, wie wechselvoll die Geschichte für die meisten Städte Europas war. Geht man bei der geschichtlichen Recherche ins Detail, zeigen sich viele mysteriöse und amüsante Ungereimtheiten, deren wahre Hintergründe oft in den alten Dokumenten fehlen. Auskunft hätten nur die Zeitgenossen geben können. Die Geschichte zeigt aber auch, wie sehr Recht, Ordnung, Reichtum, Armut, Entwicklung, Stagnation, Religion, Weltanschauung usw. von den jeweiligen Herrschaftsverhältnissen und deren Wechsel abhängen. Als geprägtes Kind der DDR-Machtverhältnisse zusammen mit kommunistischer Ideologie-Doktrin in Verbindung mit dem abrupten ideologischen Umsturz in 1989 ist meine eigene Erfahrung, dass alles im schnellen Wandel ist, ohne Rücksicht auf das Bedürfnis nach Kontinuität in der eigenen Lebenszeit. Noch schlimmer ergeht es natürlich Denjenigen, die einen Krieg in ihre Biografie einbinden müssen.
Da das Hotel einen separaten Eingang hat, haben wir das Einkaufszentrum (Expo-Center) nie besucht bzw. besuchen müssen. Wenn wir unterwegs sind auch noch Shopping zu zelebrieren, ist nicht unser Ding. Wir sind Einkaufsmuffel. Das Beschaffen von lebensnotwendigen Dingen ist für uns oft genug weder sinnvolle Freizeitbeschäftigung noch ein Lusterlebnis, sondern eine zwar nötige, aber keinesfalls freudvolle Last.
Klein und zweckmäßig, aber günstig
Yverdon-les-Bains > Bern > Basel > A5 Freiburg > A5 Offenburg > A5 Rastatt > A8 Pforzheim
Die Fahrt von Yverdon-les-Bains nach Deutschland mussten wir in möglichst kurzer Zeit absolvieren. Früh gegen 9 losgefahren galt es, bis zur Kaffeezeit im Grundstück unserer Freunde zu sein. Angesagt war eine runde Geburtstagsfeier, die wir keinesfalls verpassen wollten.
In der Schweiz lag die Route ein großes Stück auf der A1, die zwar oft stark frequentiert ist, aber am heutigen Sonntag relativ frei befahrbar war. Ein Lob verdienen die Schweizer: Die Autobahnen sind durchweg gut in Schuss, vor allem Tunnel schaffen flüssiges Durchkommen ohne allzu nervig für die in näherer Umgebung wohnenden Leute zu sein. Ich denke da z.B. an die zwei A1-Tunnel in der Nähe von Murten (am Murtensee).
Der Abzweig nach und an Basel vorbei kostete etwas mehr Zeit. In Deutschland auf der A5 ging dann die Raserei wieder los. Für uns war zwar heute der Slogan "Freie Fahrt für freie Bürger" willkommen, da wir uns nicht auf 130 beschränken mussten, aber normalerweise halten wir uns bei der Geschwindigkeit etwas zurück, schon wegen der Spritkosten.
Nun, unser Ziel hatten wir erreicht. Die gesamte Geburtstagsrunde war zwar schon vorhanden, ausgelassen fröhlich und bereit, sich an der Kaffee-Tafel niederzulassen, aber wir kamen früh genug. Ich möchte wie immer hier nicht auf die Details eingehen. Den Abschluss an diesem Sonntag bildete dann ein Lagerfeuer mit vom Hausherrn hochgeschossenen Feuerwerksraketen, zwar im Mai nicht erlaubt, aber trotzdem schön.
Die nächsten zwei Tage brauchten wir nicht etwa zum Ausschlafen von der Geburtstagsfeier, sondern wir taten das, was man bei Freunden tut: Quatschen, gut essen und trinken und dazwischen ein paar Dinge erledigen, zu denen man sonst zu Hause nicht kommt.
Pforzheim > A8 Leonberg > A8 S-Umfahrg. Stuttgart > A8 Kirchheim unter Teck > A8 Dornstadt > A8 Eichingen > B16 Günzberg > B16 Gundelfingen an der Donau
Letzte Station vor unserer Heimfahrt war der Verwandtschaftsbesuch in Gundelfingen. Wir blieben zwei Nächte. Sehenswert in dieser bayrischen Kleinstadt ist das alte Zentrum. Es gibt sogar Reste der mittelalterlichen Stadtmauer.
Gundelfingen: oben ein Stadttor, unten die Hauptstraße
Mit 162 km war das die kürzeste Tagesetappe.
Der Besuch unserer Verwandtschaft in Gundelfingen gilt nicht nur den Lebenden.
Die kleinste Brücke in Gundelfingen über einem Seitenarm der Donau, sogar mit einem progressiven Geländer.
Gundelfingen an der Donau > A7 Heidenheim > A7 Ellwangen > A7 Feuchtwangen > A7 Rothenburg ob der Tauber > A7 > A6 Ansbach > A6 Nürnberg > A9 Bayreuth > A72 Plauen > A72 Zwickau > A72 Chemnitz
Rothenburg zu besichtigen war schon lange unser Wunsch. Die mittelalterliche Stadt mit Stadtmauer und vor allem mit vielen wirklich sehr alten Häusern ist touristischer Magnet auch vieler ausländischer Besucher. Die Stadt blieb von den Bomben des Zweiten Weltkrieges weitgehend verschont. Zerstörte Gebäude wurden dem historischen Vorbild entsprechend wieder aufgebaut.
Drei Bilder sollen hier genügen, der Rundgang ist Thema eines separaten Berichts. Wie so oft ergaben sich erst bei der nachträglichen Aufbereitung Einblicke in die Geschichte der Stadt. Die wenigen Stunden im Geflecht der Straßen und Plätze forderte unsere letzten Kräfte dieser 4-wöchigen Reise.
Spät abends waren wir froh, wieder zu Hause zu sein. Es dämmerte uns erst nach und nach, welchen Eindruck die Jakobsreise auf uns gemacht hatte. Pilgern ist, wie in einer anderen Welt wandeln, nicht physisch, aber mit den Gedanken. Es dreht sich alles um die Bedeutung dieses Weges, gepaart mit den persönlichen Wünschen. Bei uns war es jedenfalls so.
Eines der mittelalterlichen Stadttore. Auf der Stadtmauer kann man einen Rundgang machen.
Wie sagt doch Hape Kerkeling, der Bestseller-Autor, der letztendlich unsere Idee, auf dem Jakobsweg zu wandeln, um unseren ganz privaten Wünschen für unsere Familie Nachdruck zu verleihen, zu verantworten hat: "... dieser Weg ist nur einer von unendlichen Möglichkeiten. Der Camino ist nicht einer, sondern tausend Wege."
Genau so ist es. Deshalb schämen wir uns auch nicht, die Reise mit dem Auto unternommen zu haben. Von vorherein war klar: Wir gehen zum Eisernen Kreuz, um dort unsere und die Sorgen unserer Freunde abzulegen. Wir gehen zum Heiligen Jakob, um ihn zu bitten, dass in Erfüllung geht, was unser Herzenswunsch für unsere Tochter ist. Wir gehen zum ENDE DER WELT, um dort alle uns drückende Lasten, soweit möglich, abzuwerfen.
Das alles, nicht mehr und nicht weniger, wollten wir. Und wir haben es geschafft, wenn auch nicht mit der Mühsal der wochenlangen Wanderschaft, sondern bequem mit dem Auto. Wir haben aber auch nie vorgegeben, zu laufen. Ich denke da gerade an gewisse Wohnmobil-Touristen, die es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, um die Pilgerurkunde in Santiago zu bekommen.
Nochmals unter Bezug auf Hape Kerkeling: "Dieser Weg ist hart und wundervoll. Er ist eine Herausforderung und eine Einladung." Dem kann ich nur nach Konfuzius hinzufügen: Der Weg ist das Ziel. Die eigene Erfahrung, heilige Orte aufzusuchen, deren Magie zu spüren, sich umschlingen zu lassen von der einigenden Kraft des gemeinsamen Glaubens, diese eigene Erfahrung wirkt stärker als tausend Worte, wenn es um die Bewältigung des Widerspruchs zwischen Wunschdenken und Lebenswirklichkeit geht.
Nun sind mehr als 12 Jahre vergangen, und die Erlebnisse während unserer Jakobsreise sind uns immer noch glasklar präsent. Vor allem die geschöpfte Sinnhaftigkeit für unser eigenes Dasein hilft uns immer wieder, manche alltägliche Klippe zu überwinden.
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